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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 03.04.2003
Aktenzeichen: 3 UF 83/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, InsolvenzO


Vorschriften:

ZPO § 653
BGB § 1600 d
InsolvenzO § 40
Die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstandenen Unterhaltsansprüche sind Masseansprüche. Eine Verurteilung nach § 653 ZPO ist insoweit ausgeschlossen.

Unterhaltsansprüche nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nehmen an der Verteilung im Insolvenzverfahren nicht teil.

Mit der Behauptung der Leistungsunfähigkeit ist der Schuldner im Annex-Verfahren des § 653 ZPO nicht zu hören.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 UF 83/02 OLG Naumburg

verkündet am: 03. April 2003

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist sowie die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Wiedenlübbert

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 07. Mai 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köthen wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Berufungsstreitwert wird auf 8.163 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

I.

Die Parteien streiten um die Vaterschaft des Beklagten zur Klägerin und verbunden hiermit um den Unterhalt der Klägerin.

Wegen der Feststellungen des Amtsgerichts im Übrigen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt.

Er behauptet nach wie vor, nicht der Vater der Klägerin zu sein.

Er habe mit der Mutter der Klägerin in der gesetzlichen Empfängniszeit und auch sonst keine geschlechtlichen Beziehungen unterhalten.

Als Vater komme sein Halbbruder A. P. in Frage, der im Hause seiner Mutter gewohnt habe. Auch die Kindesmutter habe dort gewohnt. Er habe nur einmal Kontakt mit der Kindesmutter gehabt, als sie ihn nach einem von ihm unter starker Alkoholbeeinflussung verursachten Unfall von der Polizei abgeholt habe.

Er sei im Übrigen auch nicht in der Lage, Unterhalt zu zahlen, denn er sei leistungsunfähig. Am 02.10.2001 sei gegen ihn das Insolvenzverfahren eingeleitet worden.

Er beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Pt. und des Zeugen P. sowie Erholung eines ergänzenden Gutachtens nach der Methode des genetischen Fingerabdrucks.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.03.2003 haben beide Parteien den Unterhalt bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Beklagten am 02.10.2001 für erledigt erklärt.

II.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie hat jedoch keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat den Beklagten zu Recht als Vater der Klägerin festgestellt.

Die Kindesmutter hat vor dem Senat glaubhaft ihre Beziehungen zum Beklagten dargestellt und erklärt, dass sie in der gesetzlichen Empfängniszeit für die Klägerin das ist nach § 1600 d BGB die Zeit vom 30.01.1997 bis zum 29.05.1997 - nur mit dem Beklagten, nicht aber mit dem Zeugen P. Geschlechtsverkehr gehabt hat.

Der Beklagte habe sich auch nach der Geburt der Klägerin gekümmert, ihr Kleidung gekauft und auch sonst Unterstützungsleistungen erbracht. Sein Ansinnen, für das Kind ein Sparbuch einzurichten und monatlich 500 DM einzuzahlen habe sie zunächst davon abgehalten gerichtlich gegen ihn vorzugehen. Der Zeuge P. hat jeglichen Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter verneint.

Nach dem unter Einbeziehung des Zeugen P. eingeholten Gutachten des gerichtsmedizinischen Gutachten der Universität Halle-Wittenberg ist der Zeuge P. als Vater der Klägerin ausgeschlossen. Für den Beklagten allerdings gibt es keinerlei Ausschlussmöglichkeit; seine Vaterschaft steht zu 99,99 % fest und ist damit praktisch erwiesen, auch nach der Überzeugung des Senats.

Als festgestellter Vater hat der Beklagte der Klägerin Unterhalt zu zahlen.

Soweit es den Unterhalt bis zur Eröffnung des gegen ihn am 02.10.2001 eröffneten Insolvenzverfahrens anbetrifft, haben die Parteien den Unterhaltsanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass der Senat darüber nicht mehr zu entscheiden hat; das Urteil ist insoweit gegenstandslos.

Diese Unterhaltsansprüche, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden sind, sind Masseansprüche und können zur Konkurstabelle angemeldet werden (vgl. §§ 38, 40 Insolvenzordnung).

Im Übrigen steht der minderjährigen, einkommens- und vermögenslosen Klägerin nach § 653 ZPO Unterhalt - wie vom Amtsgericht ausgeurteilt, in Höhe der begehrten 100 % der Regelbeträge gemäß den Altersstufen nach der Regelbetrags-Verordnung zu; hierauf ist der in diesem Verfahren geltend gemachte Unterhalt auch begrenzt (vgl. § 653 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn gemäß § 40 Insolvenzordnung nehmen familienrechtliche Unterhaltsansprüche, soweit sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden sind, an dem Insolvenzverfahren nicht teil. Sie müssen und können unabhängig vom Insolvenzverfahren eingeklagt werden. Es handelt sich um eine insolvenzfreie Forderung und der Beklagte ist passivlegitimiert.

Mit der Behauptung der vollständigen oder teilweisen Leistungsunfähigkeit kann er in diesem Annex-Verfahren nicht gehört werden (vgl. § 653 Abs. 1 Satz 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a, 92 ZPO; die teilweise Erledigung des Unterhaltsanspruchs hat für die Klägerin keine negativen kostenrechtlichen Konsequenzen, denn die Tatsache der Insolvenz hat der Beklagte erst im Laufe des Rechtsmittelverfahrens mitgeteilt.

Ende der Entscheidung

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