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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 22.09.2009
Aktenzeichen: 3 UF 97/09
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 4
ZPO § 6
ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 119
ZPO § 121
ZPO § 301
ZPO § 301 Satz 1
ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 7
GKG § 21 Abs. 1 Satz 1
GKG § 47
GKG § 48 Abs. 1
Der Anspruch auf Zahlung von Zugewinn stellt sich als eine Gesamtsaldierung des Vermögens der Parteien dar. Eine derartige Gesamtabrechnung lässt sich nicht in Teilentscheidungen vollziehen (so auch OLG Brandenburg FamRZ 04, 384; OLG Köln FamRZ 89, 296).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 UF 97/09 OLG Naumburg

verkündet am: 22.09.2009

In der Familiensache

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, den Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und den Richter am Oberlandesgericht Materlik nach Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren auf die bis zum 15. September 2009 eingegangenen Schriftsätze am 22. September 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zerbst vom 3. Juni 2009, Az.: 7 F 130/05 GÜ, soweit es den Leistungsantrag des Klägers abweist (Ziffer 1, 3. Satz des Urteilstenors), aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung hierüber an das vorbezeichnete Amtsgericht - Familiengericht - zurückverwiesen, das auch über die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten für den Berufungsrechtszug wird abgesehen.

3. Die Revision ist nicht zugelassen.

und beschlossen:

1. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 32.686,50 Euro festgesetzt.

2. Der Beklagten wird für die Berufungsinstanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin J. aus Z. zu ihrer Vertretung bewilligt.

Gründe:

I.

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zerbst vom 24.11.2004, rechtskräftig seit dem 15.03.2003, Az.: 7 F 92/03, geschieden.

Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren im Wege der Stufenklage um Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Auskünfte und Zahlung von Zugewinn.

Auf den wechselseitigen Antrag der Parteien, die Vollständigkeit und Richtigkeit der jeweils erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern, hat das Amtsgericht - Familiengericht - Zerbst mit Teil-Urteil vom 03.06.2009, Az.: 7 F 130/05 GÜ, beide Parteien verurteilt, die "Richtigkeit" ihrer jeweils erteilten Auskünfte an Eides statt zu versichern. Im Übrigen hat es den Antrag des Klägers, die Beklagte zur Zahlung eines (Teil-)Zugewinnausgleichs von 32.686,50 Euro zu verurteilen, abgewiesen. Zur Begründung der Klageabweisung hat das Amtsgericht ausgeführt, der Kläger habe sich nicht mit den Einwendungen der Beklagten zur Höhe ihrer Passiva auseinandergesetzt und im Weiteren könne erst nach vollständiger Vorlage der Auskünfte und deren Richtigkeit darüber entschieden werden, ob und inwieweit dem Kläger überhaupt ein Anspruch auf Zugewinnausgleich zustehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des vorbezeichneten Urteils Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger, soweit darin sein Zahlungsantrag als unbegründet abgewiesen worden ist, mit seiner Berufung.

Er hält seinen Anspruch der Höhe nach für begründet, meint jedoch nunmehr aufgrund des den Parteien seitens der Senatsvorsitzenden prozessleitend erteilten rechtlichen Hinweises, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Abweisung seines Leistungsantrages verfahrensfehlerhaft ergangen sei.

Er beantragt daher,

das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zerbst vom 03.06.2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte schließt sich dem Antrag des Klägers an.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Gerichtsakte befindlichen, gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und auf die Gerichtsprotokolle Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg. Denn das vom Amtsgericht erlassene Teil-Urteil leidet betreffend die Abweisung des klägerischen Antrags auf Zahlung von Zugewinnausgleich in Höhe von 32.686,50 Euro an einem so erheblichen Verfahrensfehler, dass dieser Mangel nicht nur auf Antrag sondern auch schon von Amts wegen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht - Familiengericht - zur erneuten Verhandlung und einheitlichen Entscheidung rechtfertigt.

Nach § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO darf das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 ZPO erlassenes Teilurteil ist.

Die amtsgerichtliche Entscheidung steht nicht im Einklang mit § 301 ZPO.

Denn Grundvoraussetzung für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 Satz 1 ZPO ist, dass die Entscheidung über den Teilanspruch unabhängig von der Entscheidung über den verbleibenden streitigen Rest ergehen kann (OLG Brandenburg, Urteil vom 08.05.2003, Az.: 9 UF 113/02 = FamRZ 2004, 384 ff.).

Diese Voraussetzung ist im Entscheidungsfall nicht erfüllt.

Der Anspruch auf Zahlung von Zugewinnausgleich stellt sich nämlich als eine Gesamtsaldierung des Vermögens der Parteien dar, bezogen auf den maßgeblichen Stichtag. Eine derartige Gesamtabrechnung lässt sich indes nicht in Teilentscheidungen vollziehen (OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Köln, FamRZ 1989, 296). Ein solches Teilurteil könnte dazu führen, dass widersprüchlich entschieden wird. Denn auch wenn das Teilurteil rechtskräftig würde, würde es doch die noch offene Entscheidung über den Rest berühren, sodass zu bereits beurteilten Rechnungsposten abweichende Wertungen möglich wären, z. B. aufgrund ergänzenden oder neuen Vortrags, die zu den der Teilentscheidung zu Grunde gelegten Tatsachen konträr liefen. Um dies zu verhindern, ist aber die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache notwendig, damit über diesen Anspruch nach Gesamtsaldierung einheitlich befunden werden kann (OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O.).

Im Entscheidungsfall kann, wie das Amtsgericht in der Begründung seiner Entscheidung selbst sogar zutreffend ausgeführt hat, über das "Ob" und das "Inwieweit" des Anspruchs auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs erst nach Vorliegen der vollständigen und richtigen Auskünfte der Parteien im Rahmen einer Gesamtabrechnung entschieden werden. Soweit aber erkennbar die Voraussetzungen für eine solche einheitliche Saldierung noch nicht vorliegen, kann und darf nicht über den Anspruch eines möglichen Ausgleichsberechtigten, wie hier des Klägers gar abschlägig, entschieden werden.

Soweit das Amtsgericht dies bei seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft außer Betracht gelassen hat, war daher das angefochtene und insoweit unzulässige Teilurteil betreffend die Abweisung des Zahlungsanspruches aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung hierüber gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO an das Vordergericht zurückzuverweisen.

Nach alledem hatte die Berufung des Klägers Erfolg.

III.

Die Entscheidung über die Niederschlagung der Gerichtskosten für das Berufungsverfahren hat ihre Grundlage in § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG. Denn bei richtiger Sachbehandlung durch das Amtsgericht wären diese Kosten nicht entstanden.

Im Übrigen ist die Kostenentscheidung dem Amtsgericht vorzubehalten.

IV.

Die Revision gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts war nicht zuzulassen, denn die Rechtsache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).

V.

Die Festsetzung des Streitwertes für die Berufungsinstanz beruht auf den §§ 47, 48 Abs. 1 GKG in Verb. mit den §§ 4, 6 ZPO.

VI.

Der Beklagten war für die Rechtsverteidigung in der Berufungsinstanz gemäß den §§ 114, 115, 119, 121 ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, ist doch die Beklagte nach den vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen außer Stande, aus eigenen Mitteln die Kosten des Rechtsstreits aufzubringen.

Ende der Entscheidung

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