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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 3 WF 121/09
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1603
ZPO § 114
Einem Zerspaner, der maximal 48 Wochenstunden zu leisten hat, ist eine Nebentätigkeit zuzumuten, aus der er zwischen 100 bis 150 Euro erlösen kann.

Eine Berufung auf den Arbeitsvertrag, nach dem eine Nebentätigkeit nicht zulässig sei, ist nicht ausreichend, da der Arbeitgeber eine Nebentätigkeit nur verweigern darf, wenn Unternehmensinteressen entgegenstehen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG

BESCHLUSS

3 WF 121/09

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Materlik als Einzelrichter am 03. Juni 2009 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Burg vom 05. Mai 2009, Az.: 5 F 147/09 PKH 1, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen (§ 574 ZPO).

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Burg vom 05. Mai 2009 (PKH-Beiheft des Antragstellers, Bl. 28 ff. d. A.), aufgrund dessen das Gesuch des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die von ihm beabsichtigte Klage auf Abänderung seiner bestehenden Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinem minderjährigen Kinde, dem Antragsgegner, zurückgewiesen worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Denn zu Recht hat das Amtsgericht unter Hinweis auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheitsverpflichtung des Antragstellers nach § 1603 BGB die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO in objektiver Hinsicht erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der Abänderungsklage des Antragstellers verneint.

Zutreffend weist das Amtsgericht darauf hin, dass der Antragsteller im Rahmen der ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit gegenüber seinem minderjährigen unterhaltsbedürftigen Kinde verpflichtet war, zusätzlich zu seiner eigentlichen Arbeit eine entgeltliche Nebentätigkeit aufzunehmen, soweit sein Haupterwerbseinkommen nicht ausreicht, der ohnehin weit unterhalb des gesetzlichen Mindestunterhalts liegenden titulierten Unterhaltsverpflichtung in Höhe von monatlich 125,00 € gegenüber seinem minderjährigen unverheirateten Kinde nachzukommen.

Dass der Antragsteller hier überhaupt entsprechende Erwerbsbemühungen entfaltet hätte, ist von ihm, obgleich hierfür darlegungs- und beweisbelastet, nicht einmal konkret dargetan.

Dass ihm die Aufnahme einer Nebentätigkeit in Anbetracht seiner ausgeübten Vollerwerbstätigkeit als Zerspaner unzumutbar wäre, vermag der Senat nicht festzustellen. Nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag wird der Antragsteller gewöhnlich regelmäßig 40 Stunden je Woche mit seinem Hauptberuf beschäftigt. Da die regelmäßige Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz 48 Stunden wöchentlich beträgt, besteht für ihn auch ohne weiteres die Möglichkeit, ohne das gegen das vorgenannte Gesetz verstoßen würde, wöchentlich, z. B. am Wochenende, einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung, z. B. durch Austragen von Zeitungen, Gelegenheitskellnern etc., nachzugehen und hierdurch zusätzliches Einkommen zu erzielen, um den ohnehin geringen monatlichen Kindesunterhaltsanspruch seines minderjährigen Kindes befriedigen zu können.

Auch der bis vor kurzem vom Antragsteller geleistete Schichtdienst steht, jedenfalls derzeit, nicht der Ausübung einer solchen Nebentätigkeit entgegen.

Soweit sich der Antragsteller ferner auf § 9 seines Arbeitsvertrages beruft, und meint, ihm sei dadurch arbeitgeberseitig die Aufnahme einer Nebentätigkeit untersagt, vermag auch diese Argumentation nicht zu verfangen.

Denn nach § 9 des vom Kläger geschlossenen Arbeitsvertrages ist die Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht generell ausgeschlossen. Dies ist soll lediglich dann der Fall sein, wenn die Nebentätigkeit den Firmeninteressen zuwiderläuft. Im Übrigen bedarf sie nach dem Arbeitsvertrag lediglich einer schriftlichen Genehmigung seitens des Arbeitgebers, der im übrigen, so keine Unternehmensinteressen dem entgegenstehen, diese Nebentätigkeit vor dem Hintergrund von Art. 12 GG, dem Grundrecht der freien Berufswahl und - ausübung, zu genehmigen verpflichtet ist.

Ohne Erfolg wendet der Antragsteller ein, von seinem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 1.001,18 € seien berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von monatlich 283,80 € abzuziehen.

Ungeachtet dessen, dass diese, vermutlich für berufsbedingte Fahrten pauschal unter Zugrundelegung von 0,30 € je Kilometer, errechneten Aufwendungen nicht einmal substantiiert dargelegt worden sind, wäre deren tatsächliche Entstehung - so die Unterhaltsleitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg -, da hier ein Mangelfall vorliegt, auch nachzuweisen, was nicht geschehen ist. Hinzu kommt, und hierauf weist das Amtsgericht zu Recht hin, dass es dem Antragsteller ohnehin zuzumuten wäre, an seinen Arbeitsort nach K. zu ziehen, um so die anfallenden werktäglichen Fahrtkosten zu reduzieren. Es ist darüber hinaus auch nicht zu erkennen, wieso hier ein Umzug - wie der Antragsteller meint - unzumutbar sein sollte. Selbst wenn damit zunächst gewisse Umzugskosten verbunden wären, so ist auch nicht, wie vom Antragsteller angedeutet, erkennbar, wieso er am Arbeitsort in K. keine gleichfalls günstige Wohnung sollte finden können. Hinzu kommt, dass auch nach seinem Umzug an den Arbeitsort der Umgang des Antragstellers mit seinem Kinde gewährleistet wäre, jedenfalls würden hierdurch geringere Kosten anfallen, als beim werktäglichen Fahren zur Arbeitsstelle.

Schließlich wäre der Antragsteller auch gehalten, selbst wenn ein Umzug nicht zumutbar wäre, noch zumal er nunmehr nicht mehr im Schichtdienst beschäftigt ist, die kostengünstigeren öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, und hierdurch seine berufsbedingten Aufwendungen zu minimieren. Gegebenenfalls wäre auch daran zu denken, - soweit möglich - mit anderen Arbeitskollegen eine Fahrgemeinschaft zu bilden.

Dass der auch insoweit darlegungs- und beweisbelastete Antragsteller zu entsprechenden Sparmaßnahmen außerstande wäre, hat er im übrigen, obwohl er - wie bereits ausgeführt - darlegungs- und beweisbelastet ist, nicht dargetan.

Unter Berücksichtigung eines aus einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung erzielbaren Einkommens von monatlich rund weiteren 100 bis 150,00 € wäre aber der Beklagte ohne weiteres in der Lage, den bislang titulierten monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 125,00 € unter Wahrung des ihm zustehenden notwendigen Selbsthalts weiterhin zu zahlen.

Nach alledem hat das Amtsgericht zu Recht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der vom Antragsteller eingereichten Klage auf Unterhaltsabänderung verneint und das Prozesskostenhilfegesuch des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Beschwerde gegen diese Entscheidung muss jedenfalls ohne Erfolg bleiben.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens hat ihre Grundlage in § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit der laufenden Nummer 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet - wie aus § 127 Abs. 4 ZPO folgt - grundsätzlich nicht statt.



Ende der Entscheidung

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