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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 10.07.2002
Aktenzeichen: 3 WF 98/02
Rechtsgebiete: RegelbetragVO, ZPO, RPflG


Vorschriften:

RegelbetragVO § 2
ZPO § 642
ZPO § 652
ZPO § 655
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 648 Abs. 2
ZPO § 652 Abs. 1
ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 655 Abs. 3
RPflG § 11
Dem Gläubiger steht im sogenannten vereinfachten Verfahren gegen die Art und Weise der Berechnung und Anerkennung von Einwendungen nach § 648 ZPO nur die befristete Erinnerung nach § 11 RPflG zu, gegen die Kostenfestsetzung und Entscheidung die sofortige Beschwerde, sofern die Beschwer erreicht ist, unbeschadet der Möglichkeit, im Nachverfahren (§ 652 ZPO) den weitergehenden Anspruch zu verfolgen. Die sofortige Beschwerde nach §§ 648 Abs. 1 und 2 ZPO steht nur dem Schuldner zu. (Anmerkung: so auch 3 WF 151/02 vom 10.7.2002)
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

OLG Naumburg 3 WF 98/02

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die unterzeichnenden Richter am 10.07.2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die als Erinnerung zu wertende sofortige Beschwerde der Antragstellerin werden die Nichtabhilfeentscheidung vom 12.06.2002 und die Vorlageverfügung des Amtsgerichts Oschersleben vom 12.06.2002 ersatzlos aufgehoben.

Gründe:

Die Antragstellerin hat unter dem 26.04.2001 die Festsetzung des vom Antragsgegner zu zahlenden Unterhalts im vereinfachten Verfahren dahin begehrt, dass ab 01.05.2001 100 % des Regelbetrages an Unterhalt zu zahlen ist.

Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss, der Antragsgegner hat eine Stellungnahme nicht abgegeben, den ab 01.05.2001 zuzahlenden Unterhalt auf 100 % des Regelbetrages der dritten Altersstufe nach § 2 RegelbetragVO festgesetzt und bestimmt, dass sich der Betrag um 135 DM anzurechnendes Kindergeld vermindert.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

Sie meint, die Kindergeldanrechnung sei fehlerhaft und der rückständige Unterhalt vom 01.05.2001 bis 31.08.2001 nicht festgelegt worden; auch sei ihr Prozesskostenhilfe nicht bewilligt worden.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache vorgelegt.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung (vgl. Zöller/ Gummer, ZPO, 23. Auflage, Vor § 511, Rn 30) als Erinnerung gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 04.06.2002 zu werten.

Ob es Erfolg hat, vermag der Senat, da er zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht berufen ist, nicht zu beurteilen.

Denn entgegen der Auffassung des Rechtspflegers vertritt der Senat die Auffassung, dass der Antragstellerin gegen den angefochtenen Beschluss zur Festsetzung des Unterhalts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 652 Absatz 2 ZPO nicht zur Seite gestellt ist.

Das Gesetz stellt nur dem Antragsgegner in einem vereinfachten Unterhaltsverfahren - wie im Verfahren zur Anpassung von Unterhaltstiteln nach § 655 ZPO übrigens auch - die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel zur Verfügung, mit dem er gegen ihn belastende Beschlüsse vorgehen kann, und zwar beschränkt auf die dort genannten Einwendungen sowie die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung oder Kostenfestsetzung.

Soweit es also jedenfalls die Einwendungen nach § 648 Abs. 1 und § 648 Abs. 2 ZPO anbetrifft, steht nur dem Antragsgegner das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu.

Dass dem Antragsteller ein Beschwerderecht, vorausgesetzt die Beschwerdesumme ist erreicht (§ 567 Abs.2 ZPO a.F.), gegen die Kostenfestsetzung und Kostenentscheidung hat, steht für den Senat außer Frage, denn insoweit ergibt sich aus dem Gesetz keine Einschränkung der sofortigen Beschwerde auf den Antragsgegner.

Das hat der Senat in anderer Sache bereits entschieden (vgl. Beschluss vom 10.06.2002, 3 WF 151/02) und dort weiter ausgeführt:

"Damit sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit Stimmen der Praxis (vgl. u.a. Frauke Günther, Kind-Prax 1999, 37 ff.; Münch-Komm/Coester-Waltjen, ZPO, 2. Auflage, § 652 Rn 4 f.).

Der Senat übersieht aber auch nicht die Stimmen, die für beide Parteien das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde als zulässig erachten, und zwar uneingeschränkt für den Antragsteller... (vgl. u.a. OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 1160; Musielak/Borth, ZPO, § 652).

Die Auffassung wird u.a. damit begründet, dass die Gefahr widersprechender Entscheidungen bestünde, würde einerseits bei einem Rechtsmittel des Antragsgegners das Oberlandesgericht, andererseits bei einem Rechtsmittel des Antragstellers das Familiengericht entscheiden. In Abstandnahme von der bisherigen Auffassung (vgl. Zöller/Philippi , ZPO , 21. Auflage, § 652) sei, um "... solche Widersprüche zu vermeiden, ... beiden Parteien das Recht zur Beschwerde gegen die Unterhaltsfestsetzung zu gewähren..." (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Auflage, § 652, Rn 4). Diese Auffassung überzeugt nicht, denn immer dort, wo Gerichte im Instanzenzug zur Entscheidung berufen sind, muß auch mit voneinander abweichenden Entscheidungen gerechnet werden.

Überdies sieht sich diese Auffassung in Übereinstimmung mit der Begründung des Entwurfes des KindUG vom 25.03.1997.

Dem ist entgegenzutreten.

Zwar gibt die Begründung vom 25.03.1997 zum Entwurf des KindUG zu § 652 Abs.1 ZPO folgende Erläuterung:

" Zu § 652 ZPO

Zu Absatz 1

Die Regelung räumt den Parteien gegen den Festsetzungsbeschluß ...das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ein...

Zu Absatz 2

... Als Beschwerdegründe für die Parteien ...."

Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen und die in der Entwurfsbegründung insoweit folgenden ausdrücklich auf den Antragsgegner bezogenen Beschränkungen bezüglich der Einwendungsmöglichkeiten vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Denn die Nichtzulassung der Beschwerdemöglichkeit, insoweit es die Einwendungen nach § 648 Abs. 1 und 2 bzw. 655 Abs. 3 ZPO anbetrifft, stellt den Antragsteller nicht rechtlos. Ihm bleibt die Möglichkeit, die Unrichtigkeit der Berechnung u.s.w. mit der befristeten Erinnerung zu rügen, über die der Instanzrichter nach § 11 RPflG abschließend zu befinden hat."

Das ist mit Rücksicht auch auf die für das minderjährige Kind (für das das vereinfachte Verfahren geschaffen worden ist )bestehende Zuständigkeitsregelung in § 642 ZPO auch sachgerecht. Denn für das minderjährige Kind und seinen Vertreter bedeutet dies Sachnähe und auch Zeitersparnis.

Überdies bleibt dem Antragsteller- wie dem Gegner auch- die Möglichkeit, im Verfahren nach § 652 ZPO den Unterhalt überprüfen zu lassen.

Daher war der Nichtabhilfebeschluss und die Vorlageverfügung des Rechtspfleger beim Amtsgericht aufzuheben.

Die Sache ist dem Richter zur Entscheidung vorzulegen.

Ende der Entscheidung

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