Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 08.01.2004
Aktenzeichen: 4 U 102/03
Rechtsgebiete: ABEUV, VVG, StGB


Vorschriften:

ABEUV § 19 Abs. 3
ABEUV § 19 Abs. 3 S. 2
VVG § 1 Abs. 1 S. 2
StGB § 27
Zu den Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes gemäß § 19 Abs. 3 ABEUV, wenn die Erwerbsunfähigkeit der versicherten Person durch seine Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis verursacht worden ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 102/03 OLG Naumburg

verkündet am: 08. Januar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Berufsunfähigkeitsrente

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Mai 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,00 Euro.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 35.034,01 Euro festgesetzt.

Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte eine Berufsunfähigkeitsrente für ihren Sohn, J. N. , geboren am 19. Januar 1986, geltend.

Die Klägerin schloss für ihren Sohn, im Folgenden Versicherter genannt, beginnend ab dem 1. August 2001, eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung bei der Beklagten ab. Wegen des von der Beklagten ausgestellten Versicherungsscheins wird auf Anlage B 2, Anlagenband, Bezug genommen. Wegen der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen zur Erwerbsunfähigkeitsversicherung wird auf Anlage B 1, Anlagenband, Bezug genommen.

Der Versicherte traf sich am Nachmittag des 12. Oktober 2001 mit seinen Bekannten J. M. , M. Rt. , St. Sch. und R. H. auf einem Garagengrundstück in A. , Z. Straße . Dorthin kam auch der zu dieser Zeit 15 Jahre alte M. Rj. mit einem PKW der Marke Golf, den er zuvor von einem Bekannten erhalten hatte und mit dem er an einem Stock-Car-Rennen in A. teilnehmen wollte. Der PKW war nicht haftpflichtversichert. M. Rj. nahm die oben genannten Personen in seinem PKW von A. nach G. , Ortsteil K. , mit. Er legte sich schlafen, während die übrigen Personen eine Gaststätte besuchten. Gegen 1.00 Uhr des 13. Oktober 2001 wurde er durch diese geweckt. Er wurde gebeten, diesen seinen PKW zum Zwecke der Heimfahrt zu überlassen. Da M. Rj. wegen der Alkoholisierung der Genannten Bedenken hatte, diesen seinen PKW zur Verfügung zu stellen, entschloss er sich dazu, die Fahrt selbst durchzuführen. Alle sechs Personen stiegen in den PKW des M. Rj. , wobei der Versicherte vorne rechts auf dem Beifahrersitz Platz nahm. Zunächst fuhr M. Rj. mit den Genannten nach Ad. , wo sie eine Party besuchten.

Diese verließen sie jedoch bereits nach kurzer Zeit, um zurück nach G. , zum Elternhaus des M. Rj. , zu fahren. Gegen 2.05 Uhr befuhr M. Rj. die Ad. Straße in J. in Richtung der W. Straße . Zur gleichen Zeit befuhr G. J. mit ihrem PKW die W. Straße und hielt an der Kreuzung zur Ad. Straße an, weil die dort befindliche Lichtzeichenanlage für sie rot angezeigt hatte. Als diese auf grün umschaltete, fuhr G. J. an und stieß mit dem Fahrzeug des M. Rj. zusammen. Dieser hatte zuvor bemerkt, dass die Lichtzeichenanlage in seine Fahrtrichtung auf rot umgeschaltet war. Einer der Mitfahrenden forderte ihn mit Worten, "los, das schaffst Du noch," auf, weiterzufahren. M. Rj. schaltete das Licht aus, um Querverkehr besser erkennen zu können, und fuhr dann in die Kreuzung ein. Dort kam es zu einer Kollision mit dem Fahrzeug der G. J. .

M. Rj. ist durch Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 22. April 2002 wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, vorsätzlichen Führens eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung und fahrlässiger Körperverletzung zwischenzeitlich rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von 6 Monaten verurteilt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Strafakten, geführt bei der Staatsanwaltschaft Dessau unter dem Geschäftszeichen 562 Js 39614/01, Bezug genommen.

Der Versicherte erlitt als Folge des Unfalls neben knöchernen Verletzungen auch Hirnverletzungen. Als Unfallfolge ist ihm eine spastische rechtsbetonte Tetraplegie und ein schwerstes hirnorganisches Psychosyndrom verblieben. Er befand sich seit dem 30. November 2001 stationär in dem Neurologischen Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche, Fachklinik H. , in B. . Wegen des von dort unter dem 30. April 2002 erstellten Arztberichts wird auf Anlage B 5, Anlagenband, Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 12. August 2002 lehnte die Beklagte Versicherungsschutz für den streitgegenständlichen Unfall ab und berief sich darauf, dass der Sohn der Klägerin an einer Straftat beteiligt gewesen sei, bei der er verletzt worden sei. Demnach bestehe für die Unfallfolgen kein Versicherungsschutz. Diese Auffassung wiederholte sie mit Schreiben vom 6. September 2002 (Anlage B 8, Anlagenband).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten,

ihr Sohn sei im Rahmen des Verkehrsunfalls in keiner Weise an einer strafbaren Handlung beteiligt gewesen, so dass ein Ausschluss des Versicherungsschutzes nicht in Betracht komme. Sie hat behauptet, er habe keine Kenntnis darüber gehabt, dass M. Rj. nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis und dessen PKW nicht haftpflichtversichert gewesen sei.

Auch habe ihr Sohn M. Rj. nicht überredet, die Fahrt vorzunehmen. Dieser habe sich aus freien Stücken zu der Fahrt entschlossen.

Die Klägerin hat nach teilweiser Klagerücknahme zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Zeit vom 1. November 2001 bis zum 30. April 2003 eine rückständige Erwerbsunfähigkeitsrente für den Versicherten J. N. in Höhe von 10.510,20 Euro zu zahlen und

an sie ab dem 1. Mai 2003 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis zum Wiedererlangen der Erwerbsfähigkeit des Versicherten J. N. , höchstens jedoch bis zum 1. August 2040, von monatlich 583,90 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet,

alle Insassen des Fahrzeugs, auch der Versicherte, hätten aus den Äußerungen des M. Rj. beim ersten Zusammentreffen der Gruppe am Nachmittag in A. gewusst, dass das Fahrzeug nicht haftpflichtversichert und dieser nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis gewesen sei. Jedenfalls hätte der Versicherte gewusst, dass M. Rj. nicht volljährig gewesen sei. Sie hat die Auffassung vertreten, dass demnach der Versicherungsschutz gemäß § 19 Abs. 3 ABEUV ausgeschlossen sei.

Ferner hat sie behauptet, dass bei dem Versicherten keine bedingungsgemäße Erwerbsunfähigkeit eingetreten sei. Nach dem Arztbericht vom 30. April 2002 habe sich der Versicherte bereits auf dem Weg der Besserung befunden.

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau hat die Beklagte mit dem am 16. Mai 2003 verkündeten Urteil verurteilt, an die Klägerin rückständige Erwerbsunfähigkeitsrente von 10.510,21 Euro und ab dem 1. Mai 2003 eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 583,90 Euro zu zahlen. Die Beklagte sei nicht wegen einer Straftat des Versicherungsnehmers von der Leistungspflicht frei geworden. Da der Sohn der Klägerin nicht selbst gefahren sei, komme nur eine strafbare Beteiligung an den Verkehrsstraftaten des M. Rj. in Betracht. Eine solche sei nicht festzustellen.

Abzustellen sei ausschließlich auf die Rückfahrt von der Party in Ad. nach G. , denn nur diese Fahrt habe zu den Verletzungen des Sohnes der Klägerin geführt. § 19 Abs. 3 S. 2 ABEUV beziehe sich nur auf das Verhalten des Versicherten, das für den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit kausal geworden sei. Ein solches sei jedoch bei den folgenlos gebliebenen Fahrten von A. nach G. und von G. nach Ad. nicht feststellbar. Etwaige Verkehrsstraftaten im Zusammenhang mit der Fahrt nach Ad. seien mit dem Abstellen des Fahrzeugs dort materiell-rechtlich beendet gewesen, weil die Fahrtunterbrechung zu einer Zäsur zwischen den beiden Sachverhaltsabschnitten geführt habe. Umstände, die zur Bewertung als Dauerstraftat hätten führen können, ließen sich nicht feststellen, da die Parteien nicht vorgetragen hätten, welche Vorstellung die mitfahrenden Jugendlichen hinsichtlich der Rückfahrt gehabt hätten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung und ist der Auffassung, das Landgericht habe fehlerhaft eine einheitliche Beihilfehandlung mit dem Vorsatz, der den gesamten Tatkomplex umfasse, verneint. Es sei zu Unrecht zum Ergebnis gekommen, es lägen keine Umstände für einer Dauerstraftat vor und die Parteien hätten zu inneren Vorgängen der Jugendlichen und des Zeugen Rj. vor Beginn der Rückfahrt nicht weiter vorgetragen. Sie habe indes bereits mit der Klageerwiderung vorgetragen, dass der Versicherte J. N. den M. Rj. gemeinsam mit den Zeugen Rt. , Sch. und H. aufgeweckt habe, um ihn aufzufordern, ihnen seinen PKW zur Verfügung zu stellen, dass der Zeuge Rj. allen Beteiligten erzählt habe, dass er das Fahrzeug von einem Bekannten erhalten habe, um als unter 18-jähriger bei einem Stockcarrennen teilzunehmen, dass er auch geäußert habe, noch Nummernschilder an dem Golf anbringen zu wollen und dass deshalb auch der Versicherte gewusst habe, dass der Zeuge Rj. über keine Fahrerlaubnis verfügte. Durch die Zeugen könne nachgewiesen werden, dass der Versicherte von Anfang an Kenntnis von der fehlenden Fahrerlaubnis, der Minderjährigkeit und der fehlenden Zulassung gehabt habe, und dass er bei jedem der einzelnen der drei vom Landgericht festgestellten Fahrtabschnitte bewusst und aus eigenem Entschluss teilgenommen habe, weil er nämlich insgesamt hin und zurück habe befördert werden wollen. Damit seien die Vorraussetzung der psychischen Beihilfe in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt worden.

Die Beklagte beantragt,

das am 16. Mai 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Der erkennende Senat hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 2. Oktober 2003 in der mündlichen Verhandlung vom 20. Oktober 2003 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen St. Sch. und R. H. und in der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2003 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. Rj. , M. Rt. und J. M. . Wegen des Beweisbeschlusses wird auf Bl. 150 f. d. A. Bezug genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften (Bl. 164 f. und Bl. 178 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die beigezogenen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Dessau, Geschäftszeichen 562 Js 39614/01, waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO in ihrer seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) und in der Sache begründet, so dass das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen ist.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versicherungsleistung gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 VVG in Verbindung mit dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag, da die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes gemäß § 19 Abs. 3 ABEUV erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen, wenn die Erwerbsunfähigkeit durch vorsätzliche Ausführung oder den strafbaren Versuch eines Verbrechens oder Vergehens durch die versicherte Person verursacht worden ist.

Im Ergebnis der Beweisaufnahme geht der erkennende Senat davon aus, dass das Verhalten des Versicherten im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfall, durch den seine Erwerbsunfähigkeit verursacht worden ist, den Straftatbestand einer Beihilfe zum vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis des M. Rj. erfüllt (§§ 27 StGB, 21 StVG).

Die für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Ausschlusstatbestandes gemäß § 19 Abs. 3 ABEUV darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat entgegen der Auffassung des Landgerichts ein genügendes Maß an Tatsachen vortragen, die den notwendigen Schluss auf ein vorsätzliches strafbares Verhalten des Sohns der Klägerin rechtfertigen. Im Ergebnis der Beweisaufnahme hat sich das Vorbringen der Beklagten bestätigt. Demnach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Versicherte bei der in Rede stehenden Fahrt, die zu dem streitgegenständlichen Unfall geführt hat, die Straftat des M. Rj. unterstützt und gefördert hat und damit den Straftatbestand der Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis erfüllt hat.

Beihilfe ist gemäß § 27 StGB die dem Täter vorsätzlich geleistete Hilfe zur Begehung einer rechtswidrigen Tat. Von der Allein- oder Mittäterschaft unterscheidet sich die Beihilfe dadurch, dass der Gehilfe die Tat eines anderen unterstützt, über die dieser die Tatherrschaft hat. Die Beihilfehandlung muss noch nicht einmal für die Tat des Haupttäters im Sinne einer conditio sine qua non ursächlich sein; es reicht aus, wenn sie die den Tatbestand verwirklichende Handlung des Täters erleichtert oder fördert (BGH, NStZ 1983, 462; 1985, 318). Die im Rahmen der Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis des M. Rj. vorliegend in Betracht kommende psychische Beihilfe, ist eine Form der Beihilfe, die den Täter in seinem Tatentschluss bestärkt; letztlich hat diese eine die Bereitschaft zur Tat bestärkende Wirkung (BGH, NStZ 1998, 622).

Entgegen den Darlegungen des angefochtenen Urteils geht der erkennende Senat davon aus, dass die Beklagte auf der Grundlage der sich in der Strafakte befindlichen Zeugenaussagen substantiiert dargelegt hat, dass auch eine Handlung des Versicherten den Haupttäter M. Rj. jedenfalls in seinem Tatentschluss, die Fahrt von G. nach Ad. und zurück durchzuführen, unterstützt hat. Die überwiegend unstreitig gebliebenen Darlegungen der Beklagten, die sie insbesondere den diversen Aussagen der Beteiligten im Ermittlungsverfahren entnommen hat, sind in ihrer Gesamtschau geeignet, von einer Beihilfehandlung des Versicherten im Rahmen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis des Zeugen Rj. auszugehen.

Das Landgericht hat für seine abweichende Bewertung ausschließlich auf die nächtliche Fahrt von der Party in Ad. zurück nach G. zu dem Elternhaus des Zeugen Rj. abgestellt. Dem folgt der Senat nicht. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis ist eine Dauerstraftat, die jeweils erst mit dem Abschluss der Fahrt endet. Die Unterbrechung einer solchen, von vornherein für einen längeren Weg geplanten Fahrt führt nicht zu einer Beendigung der Dauerstraftat (BGHSt 22, 67, 76; VRS 48, 354, 49, 185). Auch die Hin- und Rückfahrt kann als Teil einer einheitlichen Tat gewertet werden, wenn auch die Rückfahrt dem ursprünglichen Fahrtziel entsprach und keine Umstände ersichtlich sind, die auf einen neuen und selbständigen Tatentschluss hinweisen (BayObLG, NZV 1995, 456). Vorliegend ergeben sich solche Umstände nicht.

Vielmehr ist unstreitig, dass der Versicherte und sämtliche Zeugen gemeinsam von dem Elternhaus des Zeugen Rj. in G. zu der Party in Ad. gefahren sind, und auch wieder zurück nach G. fahren wollten, weil sie die Nacht dort verbringen wollten. Auf der Grundlage der Aussagen der im Strafverfahren vernommenen Zeugen, die sich die Parteien zueigen gemacht haben, muss davon ausgegangen werden, dass alle PKW-Insassen zwar die Party in Ad. besuchen wollten, indes ihr Vorhaben, bei M. Rj. in G. übernachten zu wollen, nicht aufgegeben hatten. Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die den Schluss darauf zuließen, dass die Mitfahrer des M. Rj. eine Möglichkeit hatten, in Ad. zu übernachten. Insbesondere der Umstand, dass die Mitfahrer ursprünglich nach dem Besuch der Gaststätte in G. selbständig mit dem PKW des M. Rj. nach Ad. fahren wollten, lässt den Schluss zu, dass sie diesem den PKW nach dem Partybesuch wieder zurückgeben wollten.

Demnach ist vorliegend davon auszugehen, dass die Autofahrten des Zeugen Rj. von G. nach Ad. und zurück im Sinne einer Dauerstraftat im Hinblick auf das Fahren ohne Fahrerlaubnis zu bewerten ist.

Ferner ergibt sich aus dem unstreitigen Parteivorbringen, dass der Versicherte die oben dargestellte Dauerstraftat zumindest psychisch unterstützt hat. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass dieser die Fahrt ohne die unstreitig erfolgte Einwirkung der gesamten Gruppe, also auch des Versicherten, nicht unternommen hätte. Er hatte sich nämlich bereits schlafen gelegt und noch nicht einmal Lust gehabt, mit seinen Übernachtungsgästen die Gaststätte in seinem Wohnort zu besuchen. Den Entschluss, die Party in Ad. zu besuchen, hatten diese noch in der Gaststätte gefasst, ohne dass M. Rj. hieran in irgendeiner Weise beteiligt war. Unstreitig ist entsprechend den Angaben des Zeugen M. Rt. in seiner polizeilichen Vernehmung vom 26. November 2001 (Bl. 86 der beigezogenen Ermittlungsakten), dass M. Rj. zunächst nicht fahren wollte, dann aber durch die Gruppe überredet worden ist. Auch die Angaben des Zeugen J. M. im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung vom 26. November 2001 (Bl. 91 der beigezogenen Ermittlungsakten), wonach M. Rj. bemerkt habe, dass seine Gäste schon ziemlich angetrunken gewesen seien, so dass er sich dazu entschlossen habe, die Fahrt nach Ad. selbst vorzunehmen, sind im hiesigen Verfahren unstreitig geblieben. Schließlich hat auch M. Rj. selbst ausgesagt (Bl. 58 der beigezogenen Ermittlungsakten), dass er sich deshalb zu der Fahrt nach Ad. entschlossen habe, weil seine Bekannten angetrunken gewesen seien.

Unerheblich für das Vorliegen einer Beihilfehandlung des Versicherten ist, dass sein konkreter Beitrag im Rahmen der oben geschilderten Vorgänge nicht ermittelt werden kann. Nach dem unstreitigen Geschehensablauf, beginnend am Samstagabend auf dem Garagengrundstück in A. , sind sämtliche am Unfall beteiligten Personen gemeinsam mit zu dem Wohnort des M. Rj. gefahren. Gemeinsam wollten sie bei diesem übernachten. Gemeinsam wollten sie sodann noch zur Party nach Ad. , um dann wieder gemeinsam nach G. zu fahren. Dafür, dass irgendeiner eine so bedeutende Stellung innerhalb der Gruppe hatte, dass sämtliche Tatbeiträge der übrigen Personen zurückgetreten sind, bestehen keine Anhaltspunkte. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass M. Rj. die Fahrt nach Ad. auch ohne Einwirkung der übrigen Personen unternommen hatte. Immerhin hatte dieser sich schon zu Bett begeben. Die Initiative zur streitgegenständlichen Fahrt kam jedenfalls von dem Versicherten und seinen Freunden. Dass M. Rj. die streitgegenständliche Fahrt letztlich aus freien Stücken unternommen hat, ist unerheblich, da entsprechend den obigen Ausführungen für eine Strafbarkeit eine alleinige Ursächlichkeit nicht angenommen werden muss. Eine Mitursächlichkeit, die in Form des Förderns und Unterstützens besteht, genügt.

Nach alldem war der Senat gehalten, über die Frage, ob der Versicherte wusste, dass M. Rj. nicht über eine Fahrerlaubnis verfügte, Beweis zu erheben. Im Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Versicherte hiervon Kenntnis hatte, also auch die subjektiven Voraussetzungen der in Rede stehenden Beihilfestraftat in seiner Person zu bejahen sind.

Aufgrund der Aussagen der Zeugen Rj. , M. und Rt. sieht es der Senat als bewiesen an, dass der Versicherte darüber informiert war, dass der Zeuge Rj. nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war.

Der Zeuge Rj. hat ausgesagt, dass er den Versicherten und die Zeugen Sch. und H. erst am Abend vor dem Unfall kennen gelernt habe. Er habe beim ersten Treffen der Gruppe auf dem Garagengrundstück (in A. ) ausdrücklich bekannt gegeben, dass er über keine Fahrerlaubnis verfüge. Die anderen seien darüber informiert gewesen, worauf sie sich bei einer Fahrt mit ihm einließen. Der Zeuge Rt. hat ausgesagt, er selbst habe den anderen erzählt, dass der Zeuge Rj. keinen Führerschein habe. Der Zeuge M. hat ausgesagt, dass zur fraglichen Zeit über das Fehlen einer Fahrerlaubnis des Zeugen Rj. gesprochen worden sei.

Aus der Zusammenschau der drei Aussagen ergibt sich, dass auch der Versicherte spätestens seit dem Abend des 12. Oktober 2001, bevor man sich dazu entschlossen hatte, die erste Fahrt mit dem von dem Zeugen Rj. gesteuerten Fahrzeug zu seinem Wohnort zu unternehmen, darüber informiert war, dass der Zeuge Rj. nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war.

Der Senat bewertet die geschilderten Aussagen als glaubhaft und ist unter Berücksichtigung des Aussageverhaltens auch von der Glaubwürdigkeit der drei genannten Zeugen überzeugt. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die drei Aussagen inhaltlich in Teilaspekten voneinander abweichen. Die drei Zeugen, die zur Unfallzeit miteinander befreundet waren, und dies auch heute noch sind, haben offensichtlich vor ihren Aussagen keine Absprachen getroffen. Vielmehr hat jeder für sich mit eigenen Worten das Geschehen geschildert, so wie es sich für ihn in der Erinnerung noch darstellte.

Ferner ist im Hinblick auf die drei Zeugen keinerlei Interesse am Ausgang des Rechtsstreit ersichtlich. Der Zeuge Rj. ist wegen der ihn betreffenden Straftatbestände bereits rechtskräftig verurteilt worden. Die beiden Zeugen M. und Rt. haben sich mit ihren Aussagen selbst belastet, weil sie durch das Zugeständnis, dass alle von der nicht vorhandenen Fahrerlaubnis des Zeugen Rj. Kenntnis hatten, zugegeben haben, sich ebenfalls einer Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis strafbar gemacht zu haben.

Die geschilderten Aussagen sind auch nicht durch die Aussagen der Zeugen Sch. und H. widerlegt worden, denn diese sind zur Überzeugung des Senats nicht glaubhaft.

Der Zeuge H. hat ausgesagt, er habe M. Rj. erst am 12. Oktober 2001 kennen gelernt. Er sei groß gewesen und habe älter ausgesehen, so dass er durchaus schon wie 18 Jahre alt gewirkt habe. Dies bestätigte auch der Zeuge Sch. . Gleichwohl ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die beiden Zeugen H. und Sch. womöglich tatsächlich davon ausgegangen waren, dass der Zeuge Rj. über eine Fahrerlaubnis verfügt hat.

Dabei hat der Senat auch dem Umstand Rechnung getragen, dass sich nicht alle Insassen des Unfallfahrzeugs in gleicher Weise intensiv kannten. Unstreitig ist, dass sich die Zeugen Rj. , Rt. und M. gut kannten, wohingegen der Versicherte und die Zeugen Sch. sowie H. vor dem 12. Oktober 2001 nur den Zeugen M. kannten.

Dass aber nach den Angaben der Zeugen Sch. und H. der Zeuge Rj. vor zwei Jahren, also mit 15 Jahren, bereits wie ein 18-jähriger wirkte, kann aufgrund des heutigen Eindrucks, den sämtliche Zeugen vor dem Senat gemacht haben, nicht nachvollzogen werden.

Der Senat konnte sich zwar nicht einen persönlichen Eindruck von dem Versicherten verschaffen, jedoch hatte er Gelegenheit, die fünf genannten Zeugen und Mitinsassen des verunfallten PKW zu vernehmen. Nach seinem äußeren Erscheinungsbild stach zur Zeit der Vernehmung, rund zwei Jahre nach dem streitgegenständlichen Unfall, keiner der fünf Zeugen gegenüber den anderen als altersmäßig überlegen heraus. Ein Außenstehender muss vielmehr davon ausgehen, dass sie sich alle ungefähr in einem Alter befinden. Der Zeuge Rj. ist zur Zeit 17 Jahre alt. Die Zeugen Rt. , M. , Sch. und H. sind etwas älter, nämlich zwischen 18 und 19 Jahre alt. Auch heute ist der Eindruck, den der Zeuge Rj. macht, nach der Auffassung des Senats nicht so, dass er älter wirkt als die tatsächlich älteren anderen Zeugen. Selbst heute, zwei Jahre nach der Tat, hat ein Außenstehender Schwierigkeiten dabei, die fünf Zeugen als 18 Jahre alt oder sogar älter einzuordnen. Von ihrem Aussehen, ihrer Kleidung und ihrem Auftreten her, könnten sämtliche Zeugen durchaus auch erst 17 Jahre alt sein. Dass der zur Tatzeit 15 Jahre alte Zeuge Rj. damals älter und reifer wirkte als die übrigen Insassen des Fahrzeugs, kann vor diesem Hintergrund nicht angenommen werden.

Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen H. spricht zudem, dass er letztlich die Aussage des Zeugen M. im Rahmen der polizeilichen Vernehmung vom 26. November 2001, Bl. 91 der beigezogenen Ermittlungsakten, bestätigt hat. Dieser hatte nämlich ausgeführt, man habe den PKW des Zeugen Rj. bei der Ankunft am Elternhaus in G. zur Vermeidung der Erregung der Aufmerksamkeit der Mutter des Zeugen Rj. auf den Hof geschoben. Der Zeuge H. hat bestätigt, dass der PKW auf den Hof geschoben worden sei. Auf Nachfrage, ob er hierbei Zweifel an einer Fahrerlaubnis des Zeugen Rj. gehabt habe, hat er ausgeführt, sich nur gewundert zu haben. Dies kann in keiner Weise nachvollzogen werden. Es ist nicht erklärlich, warum jemand, der im Besitz einer Fahrerlaubnis sein sollte und ein funktionierendes Auto über die Landstraße geführt hat, bei der Ankunft zu Hause den Motor abstellt und es auf das Grundstück schiebt, statt zu fahren. Nach alledem sind die Aussagen der Zeugen Sch. und H. nicht geeignet, die Aussagen der übrigen Zeugen zu widerlegen.

Der Erwerbsunfähigkeit des Versicherten ist demnach durch seine Beteiligung an einer Straftat verursacht worden. Entscheidend ist, dass davon auszugehen ist, dass sich der Unfall infolge der vorsätzlichen Ausführung eines Vergehens ereignet hat. Ein solcher Zusammenhang liegt zwar schon nicht immer dann vor, wenn der Fahrer eines Fahrzeugs keine Fahrerlaubnis besitzt und einen Unfall verursacht. Es kann nämlich in Ausnahmefällen, zum Beispiel dann, wenn der Unfall von einem anderen Kraftwagen alleine verschuldet worden ist, die Kausalität fehlen (BGH, VersR 1963, 133). Im vorliegenden Fall ist der Unfall jedoch eindeutig auf die fehlende Fahrpraxis des M. Rj. und seine fehlende geistige Reife zum Führen eines Kraftfahrzeuges zurückzuführen. Der Unfall ist unstreitig allein deshalb verursacht worden, weil M. Rj. vor dem Unfall der Auffassung war, nachts bei ausgeschaltetem Licht gefahrlos eine Ampelkreuzung überfahren zu können. Dieser Sachverhalt lässt keine Zweifel an der Kausalität zwischen dem Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und dem Unfalleintritt.

Sonstige Gründe, die der Klage der Klägerin zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO. Dabei ist der bezifferte Anspruch in Höhe von 10.510,21 Euro zu berücksichtigen. Für die begehrte laufende Berufsunfähigkeitsrente ist gemäß § 9 ZPO der 3,5-fache Jahresbetrag in Ansatz zu bringen, da für die Anwendung des § 17 GKG kein Raum ist. Dieser beläuft sich auf 24.523,80 Euro (42 Monate x 583,90 Euro).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück