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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: 4 U 133/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, BauGB, WertV


Vorschriften:

ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1
BGB § 839
BauGB § 193
BauGB § 194
BauGB § 199
WertV § 3 Abs. 2
WertV § 5 Abs. 5 Satz 2
Im Rahmen der Verkehrswertermittlung gemäß § 194 BauGB hat der Gutachterausschuss jedenfalls nicht unerhebliche Baumängel und Gebäudeschäden in die Beurteilung einfließen zu lassen (§§ 3 Abs . 2, 5 Abs 5 S. 2 WertV). Übersieht er bei der Begutachtung den vorhandenen Schädlingsbefall (hier: Hausbockkäferbefall im Dachstuhl), weil er elementare und einfache Prüfungsmaßnahmen unterlassen und nur eine Sichtprüfung vorgenommen hat, liegt eine schuldhafte Verletzung seiner Amtspflicht vor.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 133/03 OLG Naumburg

verkündet am: 22.01.2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes auf Grund Amtspflichtverletzung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens auf die mündliche Verhandlung vom

8. Januar 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 25. Juni 2003 verkündete Grundurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,-- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer des beklagten Landes übersteigt 20.000,-- EUR.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 44.993,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 ZPO.

Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Begutachtung eines Gebäudes durch den Gutachterausschuss in Anspruch.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 03.05.1999 erwarb die Klägerin von der Gemeinde B. unter Vereinbarung eines umfassenden Gewährleistungsausschlusses das Gebäudegrundstück T. straße 9 in H. zum Preis von DM 281.000,00. Zusätzlich zum Kaufpreis waren von ihr u.a. auch die Kosten für ein Wertgutachten in Höhe von DM 1.860,16 zu zahlen. Dieses Verkehrswertgutachten des Gutachterausschusses für den Bereich des Katasteramtes M. vom 30.04.1998 sollte ausweislich des Kaufvertrages für die Vereinbarung des Kaufpreises maßgeblich sein. Das auf Antrag der Gemeinde B. erklärtermaßen zu Verkaufszwecken erstellte Gutachten wies einen als angemessen bezeichneten Kaufpreis von DM 272.000,00 aus. Die Vorbemerkungen zum Gutachten enthalten folgenden Hinweis:

"Feststellungen werden nur insoweit getroffen, wie sie augenscheinlich erkennbar und aus der Sicht des Gutachterausschusses nachhaltig wertrelevant sind; so werden z. B.

- vorhandene Abdeckungen von Wand-, Boden- und Deckenflächen nicht entfernt, - die Funktionsfähigkeit von Fenstern, Türen, Heizung, Beleuchtung usw. nicht ausdrücklich geprüft und - versteckte Mängel/Bauschäden, z. B. tierische und pflanzliche Schädlinge, Rohrleitungsfraß u. ä. möglicherweise nicht vollständig erfasst. - Im Haus T. straße 9 wurden nur zwei Wohnungen betreten, besichtigt und vermessen. - Auf die mit diesem Sachverhalt verbundene Gefahr der Ungenauigkeit des Verkehrswertgutachtens wird ausdrücklich hingewiesen" (vgl. Bd. I, Bl. 20).

Im Gutachten selbst wurde dann festgestellt, dass bis auf Schäden am Außenputz sowie Schiefstellungen der Pfeiler im Eingangsbereich keine wesentlichen Bauschäden und Baumängel hätten festgestellt werden können.

Die Klägerin hat, gestützt auf das Privatgutachten W. vom 09.06.2000, behauptet, sie habe bei der Sanierung im Jahre 2000 entdeckt, dass in einem Teil des Dachstuhls ein erheblicher Befall mit Hausbockkäfern vorliege. Dieser Befall habe schon vor 1998 bestanden und hätte von dem Gutachterausschuss bei seiner Besichtigung im April bis Juli 1998 erkannt werden müssen. Die Schadensbeseitigung werde DM 110.000,00 kosten. Hiervon lasse sie sich einen Abzug neu für alt in Höhe von DM 22.000,00 anrechnen, sodass ein Schaden von DM 88.000,00 verbleibe.

Die Klägerin hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, an sie 44.993,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.07.2000 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat behauptet, weder bei der Besichtigung am 30.07.1998 noch bei einer vorausgegangenen Besichtigung des Hauses am 09.07.1998 durch zwei Mitarbeiter der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses seien irgendwelche Anzeichen für den Schädlingsbefall (Ausfluglöcher, Nagsel) erkennbar gewesen. Das Land hat daher den Schädlingsbefall zum Zeitpunkt der Besichtigungen bestritten. Der Sachverständige W. habe den Befall ausweislich seines Gutachtens nur nach intensiver Untersuchung festgestellt; hierzu sei der Gutachterausschuss jedoch nicht verpflichtet gewesen, insbesondere habe er keine zerstörenden Untersuchungen durchführen dürfen. Seine Aufgabe sei lediglich die Wertermittlung gewesen, hierzu sei nur eine Inaugenscheinnahme des Objekts erforderlich. Diese sei durchgeführt worden und habe keine Anzeichen für einen Schädlingsbefall ergeben.

Das Landgericht hat gemäß Beschluss vom 05.03.2003 Beweis durch Vernehmung von Zeugen und Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. S. erhoben. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 04.06.2003 Bezug genommen. Sodann hat die Kammer die Berechtigung der Klage dem Grunde nach festgestellt, weil auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, dass der Gutachterausschuss den Schädlingsbefall habe erkennen können. Dabei hat sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des Sachverständigen S. bezogen. Dieser hat bekundet, dass der Schädlingsbefall angesichts des Umfangs, wie er vom sachverständigen Zeugen W. bestätigt worden sei, bereits im Jahre 1998 vorhanden gewesen sei. Die Befallsdauer gab er mit sechs bis acht Jahren, möglicherweise sogar länger, an. Er war der Meinung, dass er den Befall seinerzeit entdeckt hätte; auch die Mitglieder des Gutachterausschusses hätten seiner Meinung nach den Befall erkennen müssen, auch wenn sie keine Holzschutzsachverständigen seien. Man könne bei dem Holz regelmäßig drei Seiten sehen; das reiche aus um festzustellen, ob dort Hausbockbefall vorliege. Im Übrigen sei er der Meinung, dass auch die Mitglieder des Gutachterausschusses einen kleinen Stichel o. ä. hätten mitnehmen können, um zu testen, ob die Balken richtig stabil seien, dies hätten sie auch tun müssen. Bei nur oberflächlicher visueller Betrachtung müsse man Holzbockbefall nicht unbedingt erkennen, u. U. müsse man schon sehr dicht ans Holz heran, um die Ausfluglöcher zu erkennen. Wenn man nur mit der Hand gegen die Balken klopfe, könne man nicht sonderlich viel hören, man müsse dann schon einen Zimmermannshammer verwenden, weil man dann am Klangbild einen Befall erkennen oder eine Schädigung des Holzes feststellen könne, wenn die Hammerspitze ins Holz dringe.

Gegen dieses ihm am 16.07.2003 zugestellte Urteil wendet sich das beklagte Land mit seiner am 08.08.2003 eingegangenen und am 11.09.2003 begründeten Berufung. Es hält insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts für unzutreffend. Die Kammer habe auch verkannt, dass ein Verkehrswertgutachten nicht mit einem Bauschadengutachten gleich gesetzt werden könne. Außerdem behauptet das Land nunmehr, das Dachgeschoss sei im Jahre 1998 bereits zu ca. 70 % ausgebaut gewesen (linke Seite vom Treppenausstieg), dort habe das Gebälk gar nicht besichtigt werden können; in dem anderen Teil des Dachgeschosses seien, wie die Mitglieder des Gutachterausschusses bekundet hätten, keine Schäden vorgefunden worden. Außerdem behauptet sie nun, die Klägerin habe bereits am 07.07.2000 Originalfotos zur Schadensdokumentation eingereicht. Diese Dokumentation sei von der Klägerin selbst beschriftet worden; die Lichtbilder seien, wie sich aus dem Aufdruck auf der Rückseite ergebe, bereits im Mai 1998 erstellt worden. Da die Fotos teilweise mit den Lichtbildern des Gutachtens W. identisch seien, müssten dessen Angaben, er habe die Fotos im Juni 2000 aufgenommen, falsch sein. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Zeuge W. mit der Klägerin kollusiv zusammenarbeite.

Darüber hinaus habe die Klägerin die rechte Dachgeschosshälfte bereits seit dem 01.01.2000 an einen Herrn R. F. vermietet. Auch aus diesem Grunde könne es nicht richtig sein, dass der Zeuge W. das Dachgeschoss angeblich noch am 20.06.2000 besichtigt und die angeblichen Schäden am Gebälk festgestellt habe.

Das beklagte Land beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bestreitet, die Lichtbilder vom Bodenraum schon vor Abschluss des Kaufvertrages aufgenommen zu haben. Der Mieter F. habe im Januar lediglich den Mietvertrag abgeschlossen, eingezogen sei er jedoch erst im August, nachdem die Wohnung fertiggestellt gewesen sei.

Der Senat hat über das Herstellungsdatum der den Bauzustand wiedergebenden Lichtbilder Beweis durch Vernehmung des Zeugen W. erhoben; zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.12.2003 Bezug genommen.

II.

1.

Die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO; die Berufungssumme ist erreicht, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2.

Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch nicht gerechtfertigt. Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch gegen das beklagte Land zusteht. Dieser Anspruch folgt aus § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG (Amtspflichtverletzung).

a) Der Gutachterausschuss hat das Gutachten vom 30.07.1998 zunächst in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von § 839 BGB erstellt. Denn nach § 193 BauGB hat der Gutachterausschuss die Aufgabe, Gutachten über den Wert unbebauter und bebauter Grundstücke zu erstatten; mit dieser Pflicht und seinen Nebenaufgaben wird er im Rahmen des öffentlichen Baurechts hoheitlich tätig (vgl. BGH VersR 1982, 550 m. w. N.).

b) Da die Gutachterausschüsse gemäß § 1 der Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte des Landes Sachsen-Anhalt (VOGut LSA) als Einrichtungen des Landes gebildet werden, ist das Land Sachsen-Anhalt passivlegitimiert; dies wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

c) Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 VOGut LSA haben die Gutachter ihre Tätigkeit (Ermittlung des Verkehrswertes) nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben. Diese Amtspflicht oblag dem Gutachterausschuss auch gegenüber der Klägerin. Zwar war sie weder Eigentümerin des Grundstücks noch hatte sie die Begutachtung beantragt, wozu sie nach § 193 BauGB auch nicht berechtigt gewesen wäre. Sie war aber als potentielle Bewerberin in den Schutzbereich der dem Gutachterausschuss obliegenden Amtspflichten einbezogen.

Ebenso wie ein Kaufinteressent in den Schutzbereich eines zwischen Verkäufer und Sachverständigen abgeschlossenen Vertrages jedenfalls dann einbezogen wird, wenn die Vertragspartner davon ausgehen, dass die Prüfung auch im Interesse eines Dritten durchgeführt werden und das Ergebnis diesem Dritten als Entscheidungsgrundlage dienen soll (vgl. BGH NJW-RR 2002, 1528), kann ein Kaufinteressent darauf vertrauen, dass die zum Zwecke der Wertermittlung eines Grundstücks getroffenen Feststellungen einer öffentlichen Einrichtung zutreffend sind und sorgfältig ermittelt wurden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Wertgutachten - wie hier - ausdrücklich zu Verkaufszwecken erstellt wurde und dies im Gutachten so angegeben ist. In diesem Fall ist dem Gutachterausschuss bekannt, dass dem Kaufinteressenten die Wertermittlung zugänglich gemacht und dieser seine Entscheidung ganz wesentlich vom Gutachten abhängig machen wird. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zweifelhaft, dass die Amtspflichten des Gutachterausschusses als drittgerichtet anzusehen sind (vgl. auch BGH MDR 2003, 628 zur Drittgerichtetheit der Amtspflichten des Gutachterausschusses gegenüber dem Ersteher in der Zwangsversteigerung).

d) Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Gutachterausschuss seine Amtspflicht zur gewissenhaften Ermittlung des Verkehrswertes hier auch schuldhaft verletzt hat.

Bei der Verkehrswertermittlung hat der Gutachterausschuss gemäß § 194 BauGB den Preis zu ermitteln, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ... zu erzielen wäre. Die Einzelheiten der Wertberechnung ergeben sich über § 199 BauGB aus der Wertermittlungsverordnung. Nach § 3 Abs. 2 WertV bestimmt sich der zu berücksichtigende Zustand eines Grundstücks (§ 3 Abs. 1 WertV) ebenfalls nach der Gesamtheit der verkehrswertbeeinflussenden rechtlichen und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks. Hierzu gehören nach § 5 Abs. 5 Satz 2 WertV bei bebauten Grundstücken vor allem der Zustand der baulichen Anlage hinsichtlich der Gebäudeart, des Baujahres, der Bauweise und Baugestaltung, der Größe und Ausstattung, des baulichen Zustandes und der Erträge. Da der bauliche Zustand des Gebäudes zu berücksichtigen ist, war der Gutachterausschuss verpflichtet, jedenfalls nicht unerhebliche Baumängel und Schäden am Gebäude in die Beurteilung einfließen zu lassen. Diese Pflicht hat er schuldhaft verletzt.

Denn auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Schädlingsbefall zum Zeitpunkt der Besichtigung im Juli 1998 bereits vorlag, der Gutachterausschuss ihn fahrlässig nicht festgestellt und bei der Wertermittlung demnach nicht berücksichtigt hat.

Ausgehend von der Prämisse, dass der Sachverständige W. am 30.06.2000 in erheblichem Umfang Hausbockbefall festgestellt hat, lag ein Befall auch bereits im Juli 1998 vor. Dies hat der Sachverständige S. bei seiner Anhörung eindeutig bestätigt, indem er die Befallsdauer auf etwa sechs bis acht Jahre (seit der Besichtigung des Sachverständigen W. im Juni 2000) geschätzt hat, möglicherweise sogar länger (Bd. I, Bl. 109). Darüber hinaus hat der Sachverständige ausgeführt, auch die Mitglieder des Gutachterausschusses hätten den Befall erkennen müssen. Dies hat er daraus abgeleitet, dass die befallenen Holzteile von drei Seiten sichtbar gewesen seien; dies reiche aus, um einen Hausbockbefall festzustellen. Hinzu kommt, dass seiner Meinung nach eine Überprüfung der Balken mit einem Stichel (oder Zimmermannshammer) angezeigt gewesen wäre und auch auf diese W. eine Schädigung der Balken hätte festgestellt werden können. Jedenfalls dies haben die Mitglieder des Gutachterausschusses unstreitig unterlassen.

Dabei hat der Ausschuss auch fahrlässig gehandelt. Den begutachtenden Mitgliedern hätte bekannt sein müssen, dass ein Schädlingsbefall im Dachgebälk häufig anzutreffen und angesichts der dann regelmäßig erheblichen Sanierungskosten für die Bemessung des Verkehrswertes von wesentlicher Bedeutung ist. Darüber hinaus muss ihnen bekannt gewesen sein, in welcher W. Hausbockbefall festgestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund hätte ein verantwortungsbewusster Gutachter zwar keine Bauteile - jedenfalls nicht ohne konkreten Anlass - entfernen oder zerstören müssen, um geeignete Feststellungen zu treffen (vgl. auch die Vorbemerkungen zum Gutachten). Offenliegende und frei zugängliche Holzteile im Dachgeschoss hätte er aber in geeigneter Weise prüfen und hierbei auch leichtes und problemlos einzusetzendes Werkzeug wie z. B. Stichel oder Zimmermannshammer verwenden müssen. Das Abklopfen von Holzbalken stellt eine unabdingbare Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Begutachtung gerade eines älteren Gebäudes dar. Die Missachtung derart elementarer und einfacher Prüfungsmaßnahmen ist ohne weiteres als fahrlässiges Verhalten zu beurteilen. Dem stehen auch die Vorbemerkungen im Gutachten nicht entgegen; denn auf Besicht heißt nicht, dass lediglich eine oberflächliche Ansicht, sondern jedenfalls eine hinreichend sorgfältige Besichtigung stattgefunden habe.

e) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Klägerin die Schäden bei Abschluss des Kaufvertrages bereits bekannt gewesen wären und die fehlerhafte Begutachtung deshalb für den Kaufentschluss nicht ursächlich geworden wäre (vgl. etwa BGH NJW 2001, 512). Denn die Behauptung des beklagten Landes, die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder seien bereits im Jahre 1998 aufgenommen worden, ist in der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Der Zeuge W. hat widerspruchsfrei und glaubhaft bekundet, dass er die Lichtbilder anlässlich seiner Objektbesichtigung am 20.06.2000 aufgenommen habe. Aus welchem Grunde die Bilder auf ihrer Rückseite Daten aus dem Monat Mai 1998 aufweisen, konnte in der mündlichen Verhandlung nicht geklärt werden. Dass es sich hierbei aber jedenfalls nicht um die Aufnahmedaten handelt, ergibt sich zwingend aus dem Umstand, dass die Kamera, mit welcher der Zeuge W. die Bilder aufgenommen hat, ausweislich der im Termin vorgelegten Quittung erst am 12.09.1998 von der Klägerin gekauft wurde.

Soweit das beklagte Land behauptet hat, der Zeuge W. habe die Lichtbilder im Juni 2000 deshalb nicht aufnehmen können, weil das Dachgeschoss bereits seit Januar vermietet gewesen sei, hat die Klägerin hierzu in der Berufungserwiderung Stellung genommen; dem ist das beklagte Land nicht mehr entgegen getreten. Die Ausführungen im nicht nachgelassenen Schriftsatz des beklagten Landes vom 23.12.2003 sind dem Senat kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Streitwert und Beschwer sind gemäß §§ 2, 3, 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt worden. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor

Ende der Entscheidung

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