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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 4 U 155/03
Rechtsgebiete: BGB, DÜG


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 286
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 831
BGB § 831 Abs. 1 S. 2
BGB § 284 Abs. 3
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 284 Abs. 2
BGB § 284 Abs. 1
DÜB § 1
Auch wenn ein Energieversorgungsunternehmen einem Tiefbauunternehmen eine Schachtgenehmigung erteilt hat, ist dieses bei Unklarheiten zwischen dem angezeigten Schachtverlauf und der Schachtgenehmigung wegen seiner gesteigterten Sorgfaltspflichten gehalten, vor Beginn der Grabungsarbeiten ergänzende Überprüfungen anzustellen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 155/03

verkündet am: 05. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25. September 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 39.890,45 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2003 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Anschlussberufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,00 Euro nicht. Der Wert der Beschwer der Beklagten und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 39.890,45 Euro festgesetzt.

Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung einer Gasleitung geltend.

Die Beklagte beantragte am 18. Juli 2002 eine Aufgrabgenehmigung für die Verlegung von Kabel zur Netzanbindung im Rahmen der Erweiterung des Windparks F. . Die angezeigten Arbeiten umfassten 500 m parallele Kabelverlegung zur Landstraße L 72, die Querung der Landstraße im rechten Winkel und Fortführung der Kabelverlegung auf dem sich anschließenden Acker über 600 m. Dem Schreiben der Beklagten waren zwei Zeichnungen beigefügt, aus denen sich der Trassenverlauf ergeben sollte. Wegen des Schreibens nebst Anlagen wird auf Bl. 7 f. d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin war auf der Grundlage der Pläne nicht in der Lage, eine Zuordnung der Baustelle zu den bei ihr vorhandenen Plänen vorzunehmen. In der Folge kam es, unter anderem am 7. August 2002, zu Gesprächen zwischen dem Mitarbeiter der Klägerin, dem Zeugen H. , und dem Geschäftsführer der Beklagten über die Frage des Verlaufs der Grabungsarbeiten. Der Inhalt der Gespräche ist zwischen den Parteien streitig.

Unter dem 9. August 2002 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Bescheinigung über die Erkundigung zu Versorgungsanlagen. In dem vorgedruckten Text gab die Klägerin an, dass im Bereich des Bauvorhabens der Beklagten keine Versorgungsanlagen vorhanden seien. Die Beklagte erhielt auch einen Übersichtsplan mit dem Maßstab 1 : 25.000, dem zu entnehmen ist, dass im Bereich der streitgegenständlichen Schadensstelle eine Gasleitung der Klägerin mit der Leitungsnummer 340, einem Druck von 25 bar und einer Nennweite von 500 mm die Landstraße mit der Bezeichnung L 72 kreuzt.

Die Beklagte begann mit der Durchführung der Schachtarbeiten und beschädigte am 15. August 2002 mit einem Kabelpflug die Gasleitung der Klägerin im Bereich S. , und zwar in dem Bereich, wo diese die Landstraße L 72 kreuzt.

Die Klägerin hat behauptet,

weil der Verlauf der vorgesehenen Arbeiten im Verhältnis zur Gastrasse unklar gewesen sei, sei es zum Telefonat vom 7. August 2002 gekommen. Der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Zeugen H. erklärt, er kenne den Verlauf der Gasleistung, und die von ihm geplanten Arbeiten würden 200 m vor der Leitung der Klägerin enden. Es würde keine Näherungen geben. Daraufhin sei der Beklagten der Schachtschein erteilt worden. Entweder habe der Geschäftsführer der Beklagten den genauen Verlauf der vorgesehenen Grabungsarbeiten nicht gekannt, oder die Arbeiten seien an einer anderen Stelle ausgeführt worden, als von dem Geschäftsführer behauptet. Ferner habe sie der Beklagten unstreitig mit dem Genehmigungsschreiben einen genauen Übersichtsplan ausgehändigt, aus dem sich der Verlauf der Gasleitung ergeben habe. Die Beklagte hätte diese Angaben beachten müssen.

Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte in jedem Fall gehalten gewesen sei, vorsichtig zu arbeiten.

Der Schaden belaufe sich auf 39.890,45 Euro. 27.098,50 Euro entfallen auf den durch die Leitungsbeschädigung bedingten Gasverlust von 104.225 Kubikmeter zu einem Preis von je 0,26 Euro pro Kubikmeter. Im Hinblick auf die übrigen Schäden nehme sie auf ihr Schreiben vom 15. August 2002 Bezug.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.890,45 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet,

ihr Geschäftsführer habe zwar ein Telefonat mit dem Zeugen H. geführt, dabei habe er aber zum Ausdruck gebracht, dass er den genauen Verlauf der Gasleitung über die Landstraße (wohl L 72) nicht kenne. Dem Zeugen H. sei noch mitgeteilt worden, welche Windenergieanlagen miteinander verbunden werden sollten. Ihr Geschäftsführer habe tatsächlich keine Kenntnis von der Gasleitung gehabt, sondern nur gewusst, dass irgendwo auf dem Flurstück eine Gasleitung verlaufe. Die Klägerin sei gehalten gewesen, die Genehmigung zu versagen, wenn nicht klar gewesen sei, wo die Grabungen durchgeführt werden sollten. Sie habe davon ausgehen können, dass keine Leitungen im Baustellenbereich vorhanden seien.

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg hat die Beklagte mit dem am 25. September 2003 verkündeten Urteil verurteilt, an die Klägerin 27.923,32 Euro zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beklagte habe im Zuge der Schachtarbeiten die Gasleitung der Klägerin beschädigt und hafte demnach gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Sie habe dabei jedenfalls fahrlässig gehandelt, denn sie habe gegen ihre Pflicht, sich vor Durchführung der Arbeiten über den Verlauf von Versorgungsleitungen zu erkundigen verstoßen. Die Beklagte habe Zweifel an der Auskunft der Klägerin haben müssen. Sie habe zum einen die gelben Markierungspfähle nicht beachtet, die auf Gasleitungen hindeuten würden. Ferner habe sich aus dem Übersichtsplan, den die Klägerin der Beklagten übergeben habe, der Verlauf der Gasleistung ergeben. Die Beklagte habe deshalb dem Bescheid der Klägerin nicht vertrauen dürfen.

Die Klägerin müsse sich aber ein Mitverschulden zurechnen lassen, da sie aus dem überreichten Lageplan den Verlauf der Grabung nicht habe erkennen können. Sie sei gehalten gewesen, die Grabungsgenehmigung nur unter Auflagen, beispielsweise der Pflicht zur Durchführung einer Handschachtung zu erteilen. Der Verursachungsbeitrag der Beklagten überwiege aber, da für sie der Verlauf der Gasleitung anhand des von der Klägerin übermittelten Übersichtsplans erkennbar gewesen sei. Der Zinsanspruch beruhe auf §§ 286, 288 Abs. 2 BGB, da Verzug erst am 26. Dezember 2002 eingetreten sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie hafte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für einen Teil des von der Beklagten verursachten Schadens. Hätte die Beklagte angezeigt, im Bereich der Gasleitung graben zu wollen, hätte sie die Grabungsgenehmigung nicht erteilt. Auch habe die Beklagte vor den Arbeiten alles an die Hand bekommen, um einen Schaden zu vermeiden. Es sei nicht nachzuvollziehen, wieso die Beklagte die Grabungen ungeachtet der eindeutigen Kennzeichnung der später beschädigten Gasleitung durchgeführt habe. Soweit das Landgericht auf die nicht erteilte Auflage zur Durchführung einer Handschachtung abgestellt habe, sei darauf hinzuweisen, dass sich auf der der Beklagten überreichten Übersicht ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer Handschachtung ergebe. Diesen habe das Landgericht zu Unrecht nicht beachtet.

Die Klägerin beantragt,

das am 25. September 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 39.890,45 Euro nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11. Dezember 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung, das genannte Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, für den Schaden der Klägerin in keiner Weise zu haften. Sie habe von der Klägerin unstreitig die Auskunft erhalten, dass sich im Bereich ihres Bauvorhabens keine Versorgungsleitungen befinden würden. Ein Verschulden ihrerseits sei nicht festzustellen. Mit der Erklärung sei ein Übersichtsplan mit Maßstab 1 : 25000 übergeben worden, der nicht geeignet gewesen sei, eine Zuordnung zu der von ihr beabsichtigten Baumaßnahme zu ermöglichen. Sie habe keine Veranlassung gehabt, an der Richtigkeit der Auskunft der Klägerin zu zweifeln.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) und in der Sache überwiegend - mit Ausnahme eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs - begründet. Die als Anschlussberufung geltende Berufung der Beklagten ist hingegen unbegründet.

Das angefochtene Urteil ist auf die Berufung der Klägerin, wie aus dem Tenor ersichtlich, abzuändern, da die Klägerin gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 39.890,45 Euro gemäß §§ 831, 823 Abs. 1 BGB hat.

Indem ein Mitarbeiter der Beklagten, der als sein Verrichtungsgehilfe anzusehen ist, die streitgegenständliche Gasleitung der Klägerin beschädigt hat, hat dieser das Eigentum der Klägerin verletzt, damit den objektiven Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB erfüllt und der Klägerin widerrechtlich einen Schaden zugefügt.

Gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht der Beklagten für ein Verhalten ihres Mitarbeiters nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er - wie vorliegend - die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat, oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde. Vorliegend kann dahinstehen, ob die Beklagte den an der Baustelle tätigen Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt hat. Der erkennende Senat geht nämlich auf der Grundlage des unstreitigen Sach- und Streitstands davon aus, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis nicht geführt hat, die bei der Leitung der Schachtarbeiten notwendigen Sorgfaltspflichten ausreichend wahrgenommen zu haben.

Zu den Pflichten eines Tiefbauunternehmers, der öffentliche Straßenflächen bearbeitet, gehört es, die in diesen bereits vorhandenen Versorgungsleitungen vor Beschädigungen zu schützen (BGH, VersR 1971, 741; 1983, 152; 1985, 1147; NJW 1996, 387). Für im Bereich von Versorgungsleitungen tätige Tiefbauunternehmer sind, vor allem bei Verwendung von schweren Gerät, hohe Anforderungen an die Erkundigungs- und Sicherungspflichten bezüglich der verlegten Versorgungsleitungen zu stellen. Der Tiefbauunternehmer muss sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrungen die Kenntnisse verschaffen, die die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzen (BGH, VersR 1961, 236; 1971, 741; 1983, 152).

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass die Beklagte den ihr gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB obliegenden Entlastungsbeweis unter Beachtung dieser Grundsätze nicht geführt hat. Vielmehr ergibt sich aus dem Parteivorbringen, dass sie die gebotenen Erkundigungs- und Sicherungspflichten im Vorfeld der streitgegenständlichen Arbeiten nicht erfüllt hat.

Die Beklagte verkennt, dass es in erster Linie ihre Aufgabe war, sich genaue Klarheit darüber zu verschaffen, ob in dem Bereich der vorgesehenen Grabungsarbeiten Versorgungsleitungen vorhanden waren. Dieser Pflicht hat die Beklagte bereits nach ihrem eigenen Vortrag nicht entsprochen.

Die Beklagte hat nämlich dargelegt, wegen der unterschiedlichen Maßstäbe nicht in der Lage gewesen zu sein, den der Klägerin mit dem Antrag vom 18. Juli 2002 übergebenen Schachtplan (Bl. 8 d. A.) mit der von der Klägerin mit der Schachtgenehmigung zur Verfügung gestellten Karte in Verbindung zu bringen. Mit dieser Auffassung bestätigt die Beklagte, dass sie vor Beginn der Grabungsarbeiten die gebotenen Sorgfaltsanforderungen nicht beachtet hat, denn ihre Unwissenheit hätte sie vor Beginn der Arbeiten zu weiteren Nachfragen bei der Klägerin bewegen müssen. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Maßstäbe wäre es jedenfalls einem Tiefbauunternehmen, bei dem ein topographisches Grundwissen vorausgesetzt werden muss, möglich, eine Landkarte mit einem Maßstab von 1 : 2500 mit einer Landkarte mit einem Maßstab von 1 : 25000 in Verbindung zu setzen. Jedenfalls aber hätte ein Tiefbauunternehmen in der Lage sein müssen, den vorgesehenen Grabungsverlauf von unstreitig rund 500 m parallel zur Landstraße L 72 Richtung Süden und sodann von 600 m Richtung Westen unter Querung der Landstraße L 72 auf der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Landkarte zu verfolgen. Wäre die Beklagte dem nachgekommen, hätte sie feststellen können, dass eine Hochdruckgasleitung mit der Leitungsnummer 340, einem Druck von 25 bar und einer Nennweite von 500 mm die Landstraße L 72 den vorgesehenen Grabungsverlauf kreuzte.

Dafür, dass die Beklagte diese Leitung unter Heranziehung der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Landkarte nicht hätte erkennen können, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von ihr dargelegt worden. Als Fachunternehmen war die Beklagte vielmehr mit der Durchführung von Tiefbauarbeiten und den Besonderheiten im Hinblick auf die Beachtung von Versorgungsleitungen vertraut. Insofern ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte den Verlauf der Gasleitung mit der Bezeichnung 340, einem Druck von 25 bar und einer Breite von 500 mm auf dem von der Klägerin überreichten Übersichtskarte nicht erkennen konnte. Bei der gebotenen Sorgfalt hätte die Beklagte ferner in der Lage gewesen sein müssen, den Grabungsverlauf auf der von der Klägerin überlassenen Landkarte nachzuvollziehen.

Nach alledem ist nicht bewiesen, dass der Beklagten kein eigenes Organisationsverschulden zu Last zu legen ist, was vorliegend aber Voraussetzung für einen Entlastungsbeweis gemäß § 831 Abs. 1 S. 2 BGB wäre.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts mildert sich die Haftung der Beklagten auch nicht durch ein Mitverschulden auf Seiten der Klägerin (§ 254 BGB). Ein Mitverschulden könnte allenfalls darin gesehen werden, dass die Klägerin die Bescheinigung über das Vorhandensein von Versorgungsleitungen im Grabungsbereich womöglich verfrüht, ohne ausreichende Informationen der Beklagten erteilt hätte. Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen, da ein etwaiges Mitverschulden wegen der als schwerwiegend einzuordnenden Pflichtverletzungen der Beklagten vor und während der Grabungsarbeiten vollständig zurücktreten würde.

Der Geschäftsführer der Beklagten hätte die auf der Baustelle tätigen Mitarbeiter anweisen müssen, mit den Schachtarbeiten erst zu beginnen, nachdem die zu erstellende Trasse klar eingegrenzt und mit den Versorgungsunternehmen abgeklärt worden war (vgl. auch BGH, VersR 1983, 152, 153). Spätestens nach dem Studium des Bescheids der Klägerin vom 9. August 2002 und der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Karte mit der eingezeichneten Hochdruckgasleistung hätte er Veranlassung haben müssen, nochmals Rücksprache bei der Klägerin zu halten. Allerspätestens jedoch nach dem Auffinden der gelben Markierungspfähle, bei denen selbst viele Bürger wissen, dass diese auf Gasleitungen hindeuten, hätte die Beklagte die Grabungsarbeiten unterbrechen müssen, um die Problematik mit der Klägerin zu erörtern.

Nach der Auffassung des Senats hätte die Beklagte in Ansehung der Unklarheiten die Fortführung der Grabungsarbeiten bereits nicht veranlassen dürfen, so dass es darauf, ob sie die Mitarbeiter auf der Baustelle zu manuellen Probegrabungen hätte veranlassen müssen, schon nicht ankommt. Eine solche Vorsichtsmaßnahme wäre nämlich unter Berücksichtigung einer Auskunft der Klägerin entbehrlich gewesen, die unzweifelhaft zum Inhalt gehabt hätte, dass an der betreffenden Stelle eine Gasleitung verläuft.

Für ein Mitverschulden der Klägerin ist nach alledem kein Raum, da ein Versorgungsunternehmen nicht damit rechnen muss, dass ein Fachunternehmen mehrfache Hinweise auf Versorgungsleitungen ignoriert.

Im Hinblick auf die Schadenshöhe sind Bedenken nicht ersichtlich oder von der Beklagten dargelegt worden.

Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf §§ 284 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB (in ihrer seit dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung). Es ist davon auszugehen, dass Verzug der Beklagten 30 Tage nach der Fälligkeit, die die Klägerin in ihrer Rechnung vom 26. November 2002 auf den 10. Dezember 2002 bestimmt hat, begründet worden ist. Einen früheren Zinsbeginn hat die Klägerin nicht dargelegt; insbesondere genügte die einseitige Fälligkeitsbestimmung in der Rechnung vom 26. November 2002 nicht den Anforderungen des § 284 Abs. 2 BGB. Eine verzugsbegründende Mahnung gemäß § 284 Abs. 1 BGB hat die Klägerin ebenfalls nicht vorgetragen.

Ferner hat die Klägerin gemäß § 288 Abs. 1 BGB nur Anspruch auf einen Verzugszinssatz von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG. Sie hat nicht vorgetragen, woraus sich der abweichende Zinssatz ergeben sollte.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 ZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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