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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 13.05.2004
Aktenzeichen: 4 U 165/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VVG, GUB 95, AUB 88, AUB 61


Vorschriften:

ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1
BGB § 1922
VVG § 1 Abs. 1 Satz 2
VVG § 179 Abs. 1
GUB 95 § 1
GUB 95 § 7
GUB 95 § 7 I (1) Satz 2
AUB 88 § 7
AUB 61 § 8 II (1)
Der Hinweis, es sei mit einem Dauerschaden zu rechnen, genügt in der Regel nicht den Anforderungen, die an eine ärztliche Invaliditätsfeststellung im Sinne von § 7 I (1) Satz 2 GUB 95 zu stellen sind.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 165/03 OLG Naumburg

verkündet am: 13.05.2004

In dem Rechtsstreit

...

wegen Invaliditätsleistung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens auf die mündliche Verhandlung vom

15. April 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. September 2003 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.500,-- EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,-- EUR.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird bis zum 15.04.2004 auf 232.228,77 EUR, danach auf 230.081,34 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Invaliditätsleistung aus einer Unfallversicherung in Anspruch.

Der während des Rechtsstreits verstorbene Ehemann der Klägerin, G. W. , unterhielt seit April 1998 bei der Beklagten eine Unfallversicherung, in der eine progressive Invaliditätsleistung vereinbart war. Dem Vertrag lagen die Gothaer Unfallversicherungsbedingungen (GUB 95) zugrunde, die im wesentlichen mit den AUB 88 übereinstimmen und in zusätzlichen Bedingungen gewisse Verbesserungen für den Versicherungsnehmer erfahren haben (Bd. I, Bl. 103 ff.). Am 20.01.1999 war er gegen 13.10 Uhr als Fahrer seines Pkw Suzuki an einem Verkehrsunfall beteiligt, der von einem anderen Pkw-Fahrer allein verschuldet wurde. Der Unfallverursacher überholte im Gegenverkehr und kollidierte mit dem Fahrzeug des Herrn W. . Die Anstoßstelle lag vorn links. Herr W. kam nach der Kollision nach rechts von der Fahrbahn ab und blieb mit seinem Wagen in einem Graben neben der Straße liegen. Er war bei dem Unfall angeschnallt, auch die Airbags wurden ausgelöst. Nach dem Unfall stieg er aus dem Fahrzeug aus und setzte sich an den Straßengraben. Nach etwa einer Viertelstunde sammelte er die Scherben von der Straße auf und wurde nach etwa zwei Stunden von einem Arbeitskollegen abgeholt und nach Hause gebracht. Am Abend suchte er wegen Schmerzen im Kopf- und Wirbelsäulenbereich das Kreiskrankenhaus N. auf. Dort wurde anhand von Röntgenbildern eine Schädelprellung sowie eine BWS-Kontusion festgestellt. Der weiter behandelnde Hausarzt Dr. N. erstellte für die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners am 30.03.1999 einen Bericht, in welchem er als Unfallfolge zudem ein HWS-Schleudertrauma testierte. Da die Schmerzen im gesamten Wirbelbereich trotz Massagebehandlungen und krankengymnastischer Übungen anhielten, begab sich Herr W. in weitere fachärztliche Behandlung zu dem Facharzt für Allgemein- und Sportmedizin Dr. B. . Dieser hielt auf einem Rezept im Februar 2000 fest, dass laut CT mit einem Dauerschaden zu rechnen sei und weitere Untersuchungen veranlasst seien (vgl. Bd. I, Bl. 159 d. A.). In einer Stellungnahme vom 23.05.2000 gegenüber einer anderen Versicherung wies er darauf hin, dass Herr W. auf Grund des durchgemachten Traumas der Halswirbelsäule nicht mehr in der Lage sei, seinen beruflichen Verpflichtungen in vollem Umfang nachzugehen. Er sei noch in der Lage, täglich ein bis zwei Stunden Büroarbeit auszuüben; mit einer Verbesserung sei nicht zu rechnen.

Im Anschluss an eine CT-Untersuchung am 03.02.2000 erkannte Dr. Z. aus der Radiologischen Gemeinschaftspraxis K. in H. einen ausgeprägten Bandscheibenvorfall bei C 6/7. Bei fehlenden degenerativen Veränderungen sei in Verbindung mit dem Verkehrsunfall ein Jahr zuvor eine traumatische Ruptur des hinteren Längsbandes mit dadurch verursachtem Bandscheibenvorfall anzunehmen. Eine Kernspintomografie der Halswirbelsäule ergab am 17.02.2000 einen großen intraforaminalen Bandscheibenvorfall C 6/7 links mit Irritation der austretenden Nervenwurzel sowie einen intraforaminalen Bandscheibenvorfall bei C 5/6 links.

Unter Vorlage des Untersuchungsergebnisses vom 03.02.2000 machte Herr W. sodann am 04.02.2000 bei der Beklagten eine Dauerschädigung geltend, woraufhin diese eine ärztliche Untersuchung in der Orthopädischen Klinik Pf. in M. veranlasste. Der Gutachter Dr. Sch. bestätigte in seinem Bericht vom 11.07.2000 die beiden Bandscheibenvorfälle. Er widersprach Dr. Z. allerdings insofern, als dieser eine traumatische Ruptur des hinteren Längsbandes angenommen hatte. Vielmehr sei davon auszugehen, dass degenerative Schäden der Halswirbelsäule im Sinne eines Bandscheibenvorfalls vorlägen, die nicht durch das Unfallereignis vom 20.01.1999 ausgelöst worden seien (Bd. I, Bl. 33 ff). Seine Auffassung stützte er darauf, dass bei der Erstbehandlung im Krankenhaus keine neurologischen Primärsymptome nachweisbar gewesen seien, sodass eine Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule des Schweregrades 3 sicher nicht vorgelegen habe, allenfalls des Schweregrades 1 oder 2. Es habe keine Fraktur von Wirbelkörpern im Bereich der HWS sowie der BWS vorgelegen, ebenso wenig eine Luxationsfraktur bzw. Halswirbelkörperluxation. Die Ansicht von Dr. Z. sei auch nicht durch biomechanische Untersuchungen belegt.

Auf Grund dieses Gutachtens lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 24.07.2000 eine Invaliditätsleistung aus der Unfallversicherung ab. Im Anschluss daran wurde Herr W. noch mehrfach im Auftrag einer anderen Versicherung (A. ) untersucht. Prof. Dr. Neumann von der Universitätsklinik M. vertrat dabei in seinem Gutachten vom 09.11.2000 die Auffassung, dass für die Berufsunfähigkeit teilweise Krankheit und zum Teil sonstige Umstände ursächlich seien; eine genauere Differenzierung sei nicht möglich. In einem weiteren psychosomatischen Gutachten hielt der Sachverständige Prof. Dr. F. von der Universitätsklinik M. eine zusätzliche neurologische Begutachtung für erforderlich. Seiner Meinung nach liege bei Herrn W. unfallfolgebedingt eine Anpassungsstörung vor. In dem neurologischen Fachgutachten vom 09.08.2001 vertrat der Gutachter Prof. Dr. R. schließlich die Auffassung, dass der Verkehrsunfall möglicherweise eine erhebliche Gefügeverschiebung im Bereich der Halswirbelsäule verursacht habe.

Die Klägerin hat als alleinige Erbin das Verfahren nach dem Tod ihres Ehemannes fortgeführt. Sie hat behauptet, der Bandscheibenvorfall sei ausschließlich auf den Verkehrsunfall vom 20.01.1999 zurückzuführen. Deshalb stehe ihr nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen die vereinbarte Invaliditätsleistung zu. Zur Höhe hat sie zuletzt behauptet, es liege unfallbedingt eine Gesamtinvalidität von mindestens 60 % vor. Hieraus errechne sich unter Berücksichtigung der Progressionsvereinbarung ein Anspruch von DM 450.000,00 (Bd. I, Bl. 127/128); die Berechnungsweise ist zwischen den Parteien nicht streitig. Darüber hinaus macht sie einen Anspruch auf Krankentagegeld für die Dauer eines Jahres in Höhe von DM 4.200,-- geltend.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 232.228,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 06.05.2000 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, der Unfall sei nicht geeignet gewesen, einen Bandscheibenvorfall auszulösen; insoweit hat sie sich u. a. auf ein Privatgutachten des Instituts für ärztliche Begutachtung vom 30.08.2002 berufen. Außerdem seien die formellen Voraussetzungen für eine Invaliditätsleistung nicht gegeben, da die Invalidität nicht fristgerecht ärztlich festgestellt worden sei und Herr W. den Anspruch nicht fristgerecht geltend gemacht habe.

Das Landgericht hat gemäß Beschluss vom 29.10.2001 Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Gutachten der Sachverständigen Dr. Be. und Prof. Dr. G. sowie auf die Anhörung des Dr. Be. vom 27.08.2003 Bezug genommen. Die Kammer hat sodann die Klage abgewiesen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Klägerin habe nicht bewiesen, dass der Verkehrsunfall überwiegende Ursache für die Schädigung der Bandscheiben ihres Ehemannes gewesen sei. Zwar habe der Sachverständige Be. in seinem Gutachten die Kausalität mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bejaht; dennoch sei der Beweis für die überwiegende Ursächlichkeit des Unfalls nicht erbracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen diese ihr am 30.10.2003 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 01.12.2003 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 15.01.2004 an diesem Tag begründet hat. Sie hält insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts für unrichtig. So habe der Sachverständige bei seiner Anhörung gerade nicht erklärt, dass die Kausalität nach so langer Zeit nicht mehr nachweisbar sei; er habe lediglich dargelegt, so etwas sei nach so langer Zeit nicht zu 100 % nachweisbar. Die Kammer habe die Angaben des Sachverständigen auch insofern falsch gewürdigt, als sie angenommen habe, der Sachverständige habe anhand des ihm vorliegenden Befundberichts des Dr. K. eine Zerreißung des hinteren Längsbandes nicht bestätigt. Richtig sei vielmehr, dass der Sachverständige insofern eine eigene Beurteilung abgelehnt habe, weil er nicht über die erforderliche Fachkompetenz verfüge. Das Landgericht habe zudem ihren Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens verfahrensfehlerhaft übergangen.

In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2004 hat die Klägerin die Berufung in Höhe des Krankentagegeldes zurückgenommen. Sie beantragt daher zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 230.081,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

1.

Die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO; die Berufungssumme ist erreicht, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2.

Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch nicht gerechtfertigt. Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Invaliditätsleistung zusteht.

a)

Der Anspruch der Klägerin, die als Alleinerbin des Versicherungsnehmers gemäß § 1922 BGB aktivlegitimiert ist, auf Zahlung der Invaliditätsleistung setzt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 VVG i. V. m. § 179 Abs. 1 VVG und §§ 1, 7 GUB 95 voraus, dass der Ehemann der Klägerin einen unter die abgeschlossene Versicherung fallenden Unfall erlitten hat, der zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit geführt hat. Ob dies hier angenommen werden kann, erscheint nach den vorliegenden ärztlichen Berichten und unter Berücksichtigung allgemeiner medizinischer Erkenntnisse fraglich, kann aber dahingestellt bleiben; denn nach Auffassung des erkennenden Senats liegen bereits die (weiteren) formellen Voraussetzungen für den Anspruch nicht vor.

b)

Gemäß § 7 I (1) Satz 2 GUB 95 muss die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten und vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht worden sein; in den zusätzlichen Bedingungen wird (lediglich) die Frist für die Geltendmachung auf 18 Monate verlängert (vgl. Bd. I, Bl. 104 bzw. 107). Bei der Einhaltung dieser Fristen handelt es sich um eine echte Anspruchsvoraussetzung (BGH VersR 65, 505; NJW 1995, 2854, 2855), sodass die Nichteinhaltung grundsätzlich zum Verlust des Anspruchs führt.

Die bis zum 20.04.2000 laufende Frist für die ärztliche Feststellung ist hier nicht gewahrt.

Nach den zur Akte gereichten ärztlichen Befundberichten ist innerhalb dieser Frist von einer dauerhaften Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit keine Rede. Einzig und allein auf dem Rezeptvordruck des Dr. Bo. vom Februar 2000 (wohl der 04.02.2000) findet sich der Hinweis, dass laut CT mit einem Dauerschaden zu rechnen sei. Dies stellt jedoch keine ärztliche Invaliditätsfeststellung im Sinne des § 7 AUB 88 dar. Ob der Hinweis, es sei mit Dauerschäden zu rechnen, als ärztliche Feststellung im Sinne von § 7 AUB 88 angesehen werden kann, wird insbesondere in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Während Wussow/Pürckhauer (AUB 6. Aufl. 1990, § 7 Rn. 21) sowie Prölss/Martin/Knappmann (VVG 26. Aufl., § 7 AUB 88 Rn. 10) diese Formulierung für ausreichend halten, vertritt Grimm (Unfallversicherung 3. Aufl., § 7 Rn. 11) unter Berufung auf BGH VersR 81, 160 und OLG Frankfurt VersR 93, 174 die gegenteilige Auffassung, weil diese Erklärung nur besage, dass die Invalidität in der Zukunft voraussichtlich festgestellt werden könne. In diesem Sinne dürfte auch die Entscheidung BGH NJW 95, 2854 ff. zu verstehen sein. Dort hat der Bundesgerichtshof die Auffassung vertreten, dass etwa in dem Hinweis, die stationäre Behandlung werde voraussichtlich noch sechs bis acht Wochen andauern, eine MdE werde mit Sicherheit zurückbleiben, ebenfalls keine Invaliditätsfeststellung im Sinne des damals noch maßgeblichen § 8 II (1) AUB 61 gesehen werden könne; ebenso wenig darin, dass der Arzt eine Frage nach verbleibenden Dauerschäden bejaht, die Konkretisierung aber erst nach Abschluss der Behandlung als möglich bezeichnet hat (BGH a.a.O. Seite 2855 und 2856).

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung kann der Hinweis des Dr. Bo. nach Auffassung des erkennenden Senats nicht als eine ärztliche Invaliditätsfeststellung angesehen werden. Nach allgemeiner Meinung ist eine ärztliche Feststellung der Invalidität als Unfallfolge die von ärztlicher Sachkunde und Erfahrung getragene Beurteilung, ob und in welchem Umfang bestimmte Körperschäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind (Grimm a.a.O., § 7 Rn. 11). Es genügt danach nicht die Erhebung von Befunden, sondern es ist eine Wertung der Befunde dahin erforderlich, dass der Arzt aus ihnen tatsächlich die dauernde Arbeitsunfähigkeit geschlossen hat (OLG Frankfurt, VersR 93, 174; Grimm a.a.O., § 7 Rn. 11). Dies lässt sich der Bemerkung auf dem Rezept nicht entnehmen. Wenn mit dem Eintritt einer bestimmten Folge (nur) zu rechnen ist, so besagt dies nach allgemeinem Sprachverständnis gerade nicht, dass der Eintritt tatsächlich festgestellt wurde, sondern lediglich die Möglichkeit des Eintritts. Auch der Hinweis, dass weitere Untersuchungen veranlasst seien, macht deutlich, dass der zuvor erwähnte Dauerschaden nach Einschätzung des Dr. Bo. erst noch festgestellt werden müsse und nur als mögliche Unfallfolge in Betracht gezogen wurde. Dies genügt für eine Feststellung i.S. des § 7 AUB 88 nicht (so ausdrücklich auch OLG Frankfurt a.a.O.). Dies gilt ebenso für die inhaltsgleiche Vorschrift des § 7 GUB 95.

Fehlt es mithin an der erforderlichen ärztlichen Feststellung, so liegen die formellen Voraussetzungen für die Gewährung einer Invaliditätsleistung nicht vor.

c)

Der Versicherer handelt grundsätzlich auch nicht treuwidrig, wenn er sich auf eine Fristversäumung, die zum Verlust des Versicherungsanspruchs führt, beruft (BGH VersR 1978, 1036); dies gilt im vorliegenden Fall erst recht deshalb, weil die Beklagte frühzeitig mit Schreiben vom 17.02.1999 ausdrücklich auf diese Fristen hingewiesen hat. Auch wenn die Beklagte im Anschluss an das Schreiben des Herrn W. vom 04.02.2000 eine ärztliche Untersuchung veranlasst hat, wäre sie nach Treu und Glauben allenfalls gehindert gewesen, sich vor Fertigstellung des Gutachtens auf den Fristablauf zu berufen. Diese Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor, wobei hinzu kommt, dass in diesem Gutachten vom 11.07.2000 (Dr. Sch. ) ein Dauerschaden gerade verneint wurde. Mit diesem einmaligen Untersuchungsauftrag nach Fristablauf erweckte die Beklagte gegenüber dem Ehemann der Klägerin auch nicht den Eindruck, sie wolle die Zahlung der Entschädigungsleistung künftig jedenfalls nicht an der Versäumung der Frist zur ärztlichen Feststellung scheitern lassen.

Soweit die Klägerin meint, die Beklagte habe sich zu keinem Zeitpunkt auf die versäumte Frist berufen, was zur Folge habe, dass der Fristablauf nunmehr unberücksichtigt bleiben müsse, folgt der Senat ihr nicht. Zum einen hat die Beklagte bereits mit ihrem Schreiben vom 17.02.1999 zu verstehen gegeben, dass sie auf Einhaltung der Fristen des § 7 GUB bestehe. Hinzu kommt, dass die Beklagte bereits in der Klageerwiderung die Klage unter Hinweis auf die formellen Voraussetzungen auch des § 7 GUB als unschlüssig bezeichnet hat. Die Klägerin ist auf diesen Hinweis eingegangen und hat im Schriftsatz vom 06.06.2001 ausgeführt, dass die Frist zur Anmeldung der Invalidität nach den verbesserten Bedingungen der Beklagten auf 18 Monate verlängert sei. Dies macht deutlich, dass selbst die Klägerin, ebenso wie der erkennende Senat, den Hinweis der Beklagten auf die fehlende Schlüssigkeit der Klage auch auf die Nichteinhaltung der Fristen des § 7 GUB bezogen und damit die Nichteinhaltung der Fristen gerügt hat.

Zum anderen handelt es sich bei der Nichteinhaltung der Fristen des § 7 GUB nicht um eine Einrede, die vom Versicherer geltend gemacht werden muss. Auch wenn in zahlreichen Gerichtsentscheidungen die Rede davon ist, dass der Versicherer ggf. gegen Treu und Glauben verstoße, wenn er sich auf die Nichteinhaltung der Fristen des § 7 AUB (bzw. GUB) berufe, ändert diese Formulierung nichts daran, dass die Wahrung der Fristen nach ganz herrschender Auffassung, die vom erkennenden Senat geteilt wird, eine die Entschädigungspflicht des Versicherers begrenzende Anspruchsvoraussetzung darstellt (z. B. BGH VersR 1978,1036). Demzufolge muss ein vom Kläger unterbreiteter Sachvortrag auch unter diesem Gesichtspunkt vom Gericht (von Amts wegen) auf seine Schlüssigkeit überprüft werden. Die Nichteinhaltung der Fristen kann allerdings unter bestimmten Umständen nach Treu und Glauben unbeachtlich sein, und zwar etwa dann, wenn das Verhalten des Versicherers maßgeblich dazu beigetragen hat, dass der Versicherungsnehmer die Frist versäumt hat oder den Eindruck vermittelt hat, er werde die Versicherungsleistung unabhängig von der fehlenden fristgerechten ärztlichen Feststellung erbringen. Dies ist hier jedoch, wie ausgeführt, nicht der Fall.

Da mithin schon aus formellen Gründen ein Anspruch auf die Invaliditätsleistung nicht besteht, kommt es auf die vom Landgericht letztlich verneinte Frage, ob insbesondere der massive Bandscheibenvorfall Folge des Unfallereignisses vom 20.01.1999 war, nicht mehr an.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Streitwert und Beschwer sind gemäß §§ 2, 3, 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt worden. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Insbesondere kommt eine Revisionszulassung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage in Betracht, ob sich ein Versicherer auf die Nichteinhaltung der Fristen des § 7 AUB bzw. GUB berufen muss. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, da die Beklagte die Nichteinhaltung der formellen Voraussetzungen dieser Vorschrift nach Auffassung des Senats sehr wohl geltend gemacht hat. Ob der Fristablauf aufgrund des Verhaltens des Versicherers nach Treu und Glauben unbeachtlich ist, stellt eine Einzelfallentscheidung dar und ist deshalb gleichfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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