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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: 4 U 190/04
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, SGB VI, BGB, MB/KT 1994


Vorschriften:

ZPO § 540 Abs. 1 Ziffer 1
VVG § 1 Abs. 1 S. 2
SGB VI § 43 Abs. 2
BGB § 286 Abs. 1 S. 2
BGB § 288 Abs. 1
MB/KT 1994 § 1 Abs. 2
MB/KT 1994 § 1 Abs. 3
MB/KT 1994 § 4 Abs. 7
MB/KT 1994 § 9
MB/KT 1994 § 9 Abs. 1
MB/KT 1994 § 9 Abs. 3
MB/KT 1994 § 15
MB/KT 1994 § 15 Abs. 1 lit.
Zu den Voraussetzungen für Leistungen aus einem Krankentagegeldversicherungsvertrag.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 190/04 OLG Naumburg

verkündet am: 10.03.2005

In dem Rechtsstreit

wegen Leistungen aus einer Krankentagegeldversicherung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 03. März 2005 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Corcilius und der Richterin am Amtsgericht Küsel

für Recht erkannt:

Tenor:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das am 01. November 2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Stendal wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Verzugszinsen erst ab dem 12. Juli 2003 zu zahlen sind.

II.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte zu tragen.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

und beschlossen:

IV.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 6.900,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Krankentagegeld für den Zeitraum vom 14. Dezember 2002 ( fälschlich in der Akte als vom 13. Dezember 2002 beginnend bezeichnet ) bis zum 30. April 2003 ( 138 Kalendertage ) aus einem Krankenversicherungsvertrag, aus dem dem Kläger nach Ablauf einer Karenzzeit von 42 Tagen ein kalendertägliches Krankentagegeld in Höhe von 100,00 DM ( 51,13 Euro ) zustand. Bis zum 13. Dezember 2002 einschließlich zahlte die Beklagte das vereinbarte Krankentagegeld aus. Der Kläger erlitt Ende 2001 einen Bandscheibenvorfall und befand sich vom 02. bis zum 14. Dezember 2001 in stationärer Behandlung im Kreiskrankenhaus S. . Am 23. Januar 2002 wurde im O. kreis - Klinikum H. eine operative Revision des Bandscheibenvorfalles im Segment L 4/5 in mikrochirurgischer Technik durchgeführt. Seit dem 01. Mai 2003 ist der Kläger wieder ununterbrochen in seinem Beruf als Viehhändler und Viehtransporteur tätig. Die Beklagte wendet gegen den der Höhe nach unstreitigen Anspruch ein, dass bei dem Kläger entweder schon keine Arbeitsunfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne bestanden habe oder bei dem Kläger bereits am 13. September 2002 eine vertragsbeendende Berufsunfähigkeit vorgelegen habe. Die zum Bestandteil des Versicherungsvertrages gemachten Allgemeinen Versicherungsbedingungen ( Musterbedingungen 1994 des Verbandes der privaten Krankenversicherung [ MB/KT 1994 ] ) für die Krankentagegeldversicherung lauten auszugsweise:

§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

( 1 ) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er gewährt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.

( 2 ) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. ...

( 3 ) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

§ 4 Umfang der Leistungspflicht

( 7 ) Eintritt und Dauer der Arbeitsunfähigkeit sind durch Bescheinigung des behandelnden Arztes oder Zahnarztes nachzuweisen. Etwaige Kosten derartiger Nachweise hat der Versicherungsnehmer zu tragen. Bescheinigungen von Ehegatten, Eltern oder Kindern reichen zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit nicht aus.

§ 9 Obliegenheiten

( 1 ) Die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit ist dem Versicherer unverzüglich, spätestens aber innerhalb der im Tarif festgesetzten Frist, durch Vorlage eines Nachweises ( § 4 Abs. 7 ) anzuzeigen. ...

( 2 ) ...

( 3 ) Auf Verlangen des Versicherers ist die versicherte Person verpflichtet, sich durch einen vom Versicherer beauftragten Arzt untersuchen zu lassen.

§ 15 Sonstige Beendigungsgründe

( 1 ) Das Versicherungsverhältnis endet hinsichtlich der betroffenen versicherten Person

a) ...

b) mit Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Befund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Besteht jedoch zu diesem Zeitpunkt in einem bereits eingetretenen Versicherungsfall Arbeitsunfähigkeit, so endet das Versicherungsverhältnis nicht vor dem Zeitpunkt, bis zu dem der Versicherer seine im Tarif aufgeführten Leistungen für diese Arbeitsunfähigkeit zu erbringen hat, spätestens aber drei Monate nach Eintritt der Berufsunfähigkeit ;

c) ...

...

Wegen des Sachverhaltes wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 1 Ziffer 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteiles Bezug genommen.

Die 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Stendal hat die Beklagte durch das am 01. November 2004 verkündete Urteil zur Zahlung von 6.900,00 Euro nebst Zinsen seit dem 11. Juli 2003 verurteilt. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, dass dem Kläger Krankentagegeld für den Zeitraum vom 13. Dezember 2002 bis zum 30. April 2003 zustehe. Der Kläger sei in diesem Zeitraum arbeitsunfähig im Sinne von § 1 Abs. 3 MB/KT 1994 gewesen. Nach dem Gutachten des Dr. med. Sp. vom 31. Juli 2002 ( Bl. I/36 - 41 d.A. ) sei der Kläger aufgrund eines degenerativen Verschleißleidens der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule im Zeitpunkt der Untersuchung nicht in der Lage gewesen, die im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Viehhändler und Viehtransporteur zu leistenden schweren und mittelschweren körperlichen Tätigkeiten, wie insbesondere das Be- und Entladen des LKWs mit den zu transportierenden Großtieren, auszuüben. Nachvollziehbar habe die den Kläger behandelnde Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.- Med. K. W. aus S. zeugenschaftlich bekundet, dass bei dem Kläger nach der Bandscheibenoperation deutliche Restbeschwerden vorgelegen hätten, die eine Schmerzmitteltherapie und eine intensive Physiotherapie erforderlich gemacht hätten. Bis zum 30. April 2003 sei es zu keiner wesentlichen Besserung gekommen. Dem stehe das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dipl.- Med. B. H. aus K. vom 31. Januar 2003 ( Bl. I/72 - 83 d.A. ) nicht entgegen. Im Rahmen seiner Untersuchung am 28. Januar 2003 habe der Kläger u.a. über wiederkehrende Nackenbeschwerden mit gelegentlichem Hinterkopfschmerz und Rückenschmerzen im Lendenbereich geklagt. Aus seinem Ergebnis der Untersuchung, wonach die festgestellten dezenten Funktionsstörungen im Bereich der HSA - Region, weniger im Bereich der Lendenwirbelsäule, nur zu einer geringen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Klägers führten, könne nach der Bekundung des Zeugen Dipl.- Med. H. alleine der Schluss gezogen werden, dass eine Erwerbsunfähigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinne nicht vorliege. Die Arbeitsfähigkeit des Klägers habe nicht der Beurteilung des Zeugen oblegen. Ein Rückschluss von der von dem Dipl.- Med. H. festgestellten Erwerbsfähigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinne auf die Arbeitsfähigkeit im versicherungsvertraglichen Sinne könne nicht gemacht werden. Die festgestellten knöchernen Veränderungen und der Zustand nach einer Bandscheibenoperation hätten alleine keinen Krankheitswert. Die von dem Kläger glaubhaft geschilderten Nackenverspannungen mit Ausstrahlungsbeschwerden stellten indes Krankheitsbilder dar. Für die Entscheidung über die Arbeitsfähigkeit sei der Behandlungsverlauf von Bedeutung. Seine, des Zeugen, Diagnose der rentenversicherungsrechtlichen Erwerbsfähigkeit schließe jedenfalls eine Arbeitsunfähigkeit nicht aus. Der Kläger sei in dem streitgegenständlichen Zeitraum auch gemäß § 1 Abs. 2 MB/KT 1994 von der Zeugin Dipl.- Med. W. behandelt worden.

Die Beklagte sei nicht wegen Berufsunfähigkeit des Klägers leistungsfrei geworden. Ob tatsächlich eine vertragsbeendende Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994 vorgelegen habe, könne dahinstehen, denn § 15 MB/KT 1994 sei einschränkend dahingehend auszulegen, dass der maßgebliche Zeitpunkt für den Eintritt der Berufsunfähigkeit der sei, in dem ein tatsächlich erhobener medizinischer Befund die Berufsunfähigkeit attestiere. Damit solle sichergestellt werden, dass die Berufsunfähigkeit nur aufgrund einer neutralen und lege artis durchgeführten Untersuchung festgestellt werden könne. Ein solcher medizinischer Befund liege nicht vor. Dr. Sp. aus M. habe es in seinem Gutachten vom 31. Juli 2002 nicht vermocht, eine Berufsunfähigkeit festzustellen. Er habe lediglich ausgeführt, dass eine Berufsunfähigkeit drohe, wenn sich keine wesentliche Besserung der bestehenden Funktionseinbußen in den nächsten drei Monaten einstellen werde ( Bl. I/14 d.A. ). Eine solche Feststellung sei auch nicht in den ärztlichen Attesten der Dipl.- Med. W. vom 13. September 2002 ( Bl. I/42 d.A. ) und vom 04. November 2002 ( Bl. I/45 d.A. ) enthalten. Sie habe den Kläger darin zwar für auf Dauer arbeitsunfähig gehalten, weil zu diesem Zeitpunkt keine wesentliche Besserung der Funktionsstörungen des Klägers eingetreten gewesen sei. Die Heilung einer so ausgeprägten Nervenschädigung, wie sie beim Kläger vorgelegen habe, könne Monate dauern. Allerdings seien beide Atteste alleine im Hinblick auf die Ingangsetzung eines Rentenverfahrens erstattet worden. Zwar setze die Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht voraus, dass der formal erforderliche ärztliche Befund ausdrücklich zum Zwecke der Feststellung der Berufsunfähigkeit erhoben worden sei. Ausreichend sei auch ein genügend gründlich erhobener allgemeiner Befund. Diesen Anforderungen genügten die beiden Atteste der Dipl.- Med. W. jedoch nicht. Als Zeugin habe sie vor dem Landgericht bekundet, dass sie mit den beiden schriftlichen Äußerungen weder eine verbindliche Prognose hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit noch eine Entscheidung über eine Berufsfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne habe treffen wollen. Es sei nur darum gegangen, dass ein Rentenantrag auf den Weg gebracht werde. Der Rentenversicherungsträger hole nach der Einleitung eines Verfahrens ohnehin ein Gutachten zur weiteren Klärung des Sachverhaltes ein und verlasse sich nicht auf einfache Atteste der Hausärzte. Damit habe es sich bei den beiden Stellungnahmen der Dipl.- Med. W. aber nur um vorläufige Beurteilungen gehandelt. Für ebenso wahrscheinlich habe sie eine Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers gehalten. Schließlich enthalte auch das Gutachten des Orthopäden Dipl.- Med. H. keine Beurteilung der Berufsunfähigkeit. Dieser habe die rentenversicherungsrechtliche Erwerbsfähigkeit im Auftrage der Landesversicherungsanstalt Sachsen - Anhalt zu klären gehabt. Berufsunfähigkeit im Sinne der MB/KT 1994 und Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialgesetzbuches seien jedoch unterschiedliche juristische Begriffe. Auch die ergänzende Vernehmung des Zeugen Dipl.- Med. H. in Verbindung mit seinem Gutachten lasse nicht den Schluss der Berufsunfähigkeit zu. Der Zeuge sei der Auffassung gewesen, dass die Beschwerden behandelbar seien und nicht zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit führten.

Gegen dieses der Beklagten am 04. November 2004 zugestellte Urteil hat sie am Montag, den 06. Dezember 2004 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und dieses durch einen am 03. Januar 2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte nimmt auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, dass der Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichtes in dem streitgegenständlichen Zeitraum entweder nicht vollständig arbeitsunfähig oder berufsunfähig gewesen sei.

Der Kläger sei am 13. September 2002 berufsunfähig im Sinne von § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994 gewesen. Soweit das Landgericht eine solche nicht festgestellt habe, sei es der Bekundung der Zeugin Dipl.- Med. W. unkritisch gefolgt, obwohl sie selbst nach dem Vortrag des Klägers wenigstens zwei Gefälligkeitsatteste ausgestellt habe, was ihre Glaubwürdigkeit in einem zweifelhaften Licht erscheinen lasse. Stelle der Mediziner fest, dass die Restleistungsfähigkeit des Versicherungsnehmers im Vergleich zu seinem beruflichen Anforderungsprofil eingeschränkt sei, liege zunächst eine Arbeitsunfähigkeit vor. Stelle der Mediziner dann weiterhin die Prognose auf, dass mit einer nachhaltigen Besserung der Leistungseinschränkung nicht gerechnet werden könne, liege Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994 vor, wenn die Berufsausübungsfähigkeit zu mehr als 50 % nachhaltig eingeschränkt sei. Die daraus resultierende Beendigung des vertraglichen Anspruches auf Krankentagegeld sei Ausdruck der Lohnersatzfunktion einer Krankentagegeldversicherung, die nur das Risiko eines vorübergehenden krankheitsbedingten Verdienstausfalles absichere. Der Tatbestand des § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994 erfordere nicht zwingend, dass der Versicherte auf Dauer zu mehr als 50 % im bisher ausgeübten Beruf erwerbsunfähig sei, sondern es genüge, dass die Einschränkung auf nicht absehbare Zeit bestehe. In zeitlicher Hinsicht komme es auf den Zeitpunkt der ersten Erhebung des Befundes an, der objektiv die Feststellung der Berufsunfähigkeit rechtfertige, wobei die Befundfeststellung nicht zum Zwecke der Feststellung einer Berufsunfähigkeit erfolgt sein müsse. Falls also die Feststellungen der Dipl.-Med. W. im Attest vom 13. September 2002 ( Bl. I/42 d.A. ) richtig gewesen seien, wonach eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe und prognostisch eine Arbeitsfähigkeit nicht mehr erreicht werde, hätten genau die tatbestandlichen Voraussetzungen für die zwingende Annahme einer Berufsunfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne vorgelegen. Ihre innere Absicht, mit der Feststellung nur ein Rentenverfahren in Gang setzen zu wollen, sei unerheblich. Mache der Kläger dagegen einen Irrtum der Dipl.- Med. W. geltend, dann sei davon auszugehen, dass keine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, denn eine Änderung des medizinischen Befundes habe sich seit dem 13. September 2002 nicht ergeben.

Richtig sei es zwar, dass Dr. med. Sp. am 30. Juli 2002 eine Berufsunfähigkeit noch nicht habe feststellen können, weil er es nicht habe ausschließen können, dass eine Besserung noch eintreten werde. Er sei allerdings der Auffassung gewesen, dass eine Berufsunfähigkeit eingetreten sein werde, wenn nicht innerhalb von drei Monaten eine Besserung des Gesundheitszustandes eintreten werde. Die dann durch die Dipl.- Med. W. vorgenommene ärztliche Untersuchung habe am 13. September 2002 ( Bl. I/42 d.A. ) ergeben, dass eine Änderung zum Vorbefund nicht eingetreten sei. Sie habe auf Befragen und auf einem Formblatt der Beklagten ausdrücklich geäußert: "aF wird m.E. nicht mehr erreicht". Diese Prognose sei in Kenntnis der Definition der Berufsunfähigkeit erstellt worden, die auf dem verwendeten Formular der Beklagten unten abgedruckt sei. Dasselbe habe Dipl.- Med. W. nochmals am 04. November 2002 bestätigt. Die Zeugin habe sich vor dem Landgericht dann anders geäußert und bekundet, dass die Atteste geschrieben worden seien, um einen Rentenantrag auf den Weg zu bringen. Diese Bekundung sei jedoch mit den objektiven Daten nicht in Einklang zu bringen und von daher habe das Landgericht der Zeugin nicht folgen dürfen. Das Attest vom 13. September 2002 ( Bl. I/42 d.A. ) sei weder vom Kläger noch von der Beklagten im Zusammenhang mit einem Rentenantrag angefordert worden. Die Beklagte, die mit dem Rentenbewilligungsverfahren gar nichts zu tun gehabt habe, habe lediglich angefragt, ob der Kläger noch vollständig arbeitsunfähig sei. Ferner sei eine Prognose über die gesundheitliche Entwicklung erbeten worden. Die Zeugin Dipl.- Med. W. habe schriftlich erklärt: "af wird m.E. nicht mehr erreicht". Eine Einschränkung im Hinblick auf ein auf den Weg zu bringendes Rentenbewilligungsverfahren sei nicht gemacht worden. Gleiches gelte für das Attest vom 04. November 2002 ( Bl. I/45 d.A. ). Es sei darin aus Sicht der Beklagten nur um eine Bestätigung der Prognose vom 13. September 2002 gegangen. Dipl.- Med. W. habe erklärt: "Ich halte den o.g. Patienten für arbeitsunfähig auf Dauer. Es müsste eine Berentung erfolgen." Eine Einschränkung der Ernstlichkeit ihrer Prognose enthalte auch diese Erklärung nicht. Es könne auch nicht richtig sein, so wie es die Zeugin vor dem Landgericht bekundet habe, dass beide Erklärungen im Hinblick auf eine Verrentung des Klägers abgegeben worden seien. Beide Erklärungen seien die Antwort auf Fragen des Krankentagegeldversicherers und nicht des Rentenversicherers. Obwohl sich der Zustand des Klägers nach dem Scheitern des Rentenantrages im März 2003 ( Bescheid der Landesversicherungsanstalt Sachsen - Anhalt vom 18. März 2003 [ Bl. I/15 - 17 d.A. ] ) nach der Bekundung der Zeugin Dipl.- Med. W. nicht gebessert habe, habe er seine Tätigkeit ab dem 01. Mai 2003 wieder aufgenommen. Entweder liege in der Arbeitsaufnahme eine überobligatorische Leistungsanstrengung, dann sei die im September 2002 erhobene Feststellung der Berufsunfähigkeit weiterhin richtig, oder es liege keine überobligationsmäßige Anstrengung darin, dann sei die Feststellung der vollständigen Arbeitsunfähigkeit unrichtig gewesen.

Das Landgericht habe ferner zu Unrecht angenommen, dass der Kläger in dem streitgegenständlichen Zeitraum vollständig arbeitsunfähig gewesen sei. Das Landgericht habe auf der Grundlage der Bekundung der Zeugin Dipl.- Med. W. Arbeitsunfähigkeit angenommen, obwohl die Zeugin aus den vorgenannten Erwägungen nicht glaubwürdig sei. Die Arbeitsunfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne liege nach § 1 Abs. 3 MB/KT 1994 nur dann vor, wenn die versicherte Person ihre konkrete berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben könne, sie auch nicht ausübe und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgehe. Insoweit sei dieser Begriff der Arbeitsunfähigkeit nicht deckungsgleich mit der Arbeitsunfähigkeit im arbeitsvertraglichen Sinne. Entsprechend dem Zweck einer Krankentagegeldversicherung als einer Verdienstausfallversicherung sei der Begriff der Arbeitsunfähigkeit besonders eng auszulegen. Die Krankentagegeldversicherung greife nur dann ein, wenn der Versicherte durch seine Krankheit völlig aus seinem Beruf herausgerissen werde und seinen beruflichen Wirkungskreis gleichsam herrenlos verlassen müsse. Der Krankentagegeldversicherer sei nicht mehr leistungspflichtig, wenn der Versicherte seine Arbeitsfähigkeit auch nur teilweise wieder erlange. Für das Vorliegen einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit sei der Versicherungsnehmer darlegungs- und beweisbelastet. Der Versicherte genüge seiner Darlegungslast nicht, wenn er auf ärztliche Atteste verweise und allein die Behauptung aufstelle, nicht mehr arbeitsfähig zu sein. Zunächst habe der Versicherte seinen Tagesablauf im Detail zu schildern. Sodann habe er die konkreten Beeinträchtigungen der körperlichen Leistungsfähigkeit durch die behauptete Erkrankung darzulegen. Da dem der Kläger nicht nachgekommen sei, habe das Landgericht keine Tatsachen für die Feststellung des körperlichen Anforderungsprofiles gehabt. Bei einem Viehhändler und Viehtransporteur dürfte es eher auf das Geschick bei dem Umgang mit Großvieh ankommen und weniger auf die körperliche Kraft, denn der Wille einer Kuh, nicht auf den LKW eines Viehhändlers gehen zu wollen, lasse sich nicht durch Schieben und Ziehen überwinden. Ferner stünden sich die Feststellungen der beiden Ärzte entgegen. Während die Hausärztin des Klägers Dipl.- Med. W. bekundet habe, dass bis Ende April 2003 keine wesentliche Besserung eingetreten sei, habe der Dipl.- Med. H. im Januar 2003 festgestellt, dass etwaige Funktionsstörungen die Leistungsfähigkeit des Klägers nur geringfügig beeinträchtigt hätten. Es lägen ferner keine Befunde im Sinne von § 9 MB/KT 1994 vor.

Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Klägers sei es nicht behelflich, dass der Zeuge Dipl.- Med. H. geäußert habe, von der von ihm festgestellten Erwerbsfähigkeit im rentenversicherungsrechtlichen Sinne nicht auf die Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit des Klägers schließen zu können. Der Zeuge habe im Rahmen seiner Untersuchung festgestellt, dass nur geringfügige Leistungsbeeinträchtigungen vorlägen. Dieser Befund könne für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit beigezogen werden, denn jedenfalls ohne Leistungseinschränkungen könne nicht angenommen werden, dass eine vollständige Arbeitsunfähigkeit vorliege. Die von dem Kläger angegebenen Nackenverspannungen mit Ausstrahlungsbeschwerden würden von der Beklagten bestritten, denn der Zeuge Dipl.- Med. H. habe sie objektiv nicht feststellen können. Soweit der Zeuge dann weiter ausgeführt habe, die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit sei eine Frage der ärztlichen Heilkunst, sei dies nicht nachvollziehbar. Nach dem eigenen Vortrag habe der Kläger zugestanden, dass er in dem streitgegenständlichen Zeitraum nicht vollständig arbeitsunfähig gewesen sei. Im Schriftsatz vom 22. September 2003 ( Bl. I/46 - 51 d.A. ) habe er selbst vorgetragen, dass er Vieh aufgekauft und verkauft habe. Wenigstens sei er in der Lage gewesen, die anfallenden kaufmännischen Arbeiten zu erledigen und das Auf- und Abladen der Tiere zu delegieren. Er habe im Schriftsatz vom 13. Februar 2004 erklärt, dass er bis sechs Stunden pro Tag arbeiten könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichtes Stendal vom 01. November 2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil, nimmt auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug und behauptet weiter, dass schon unklar sei, ob die Beklagte nun behaupte, er, der Kläger, sei berufsunfähig gewesen oder nicht vielmehr, dass er arbeitsfähig gewesen sei. Schon aus der Tatsache, dass er, der Kläger, seit dem 01. Mai 2003 wieder ununterbrochen in seinem Beruf tätig sei, ergebe sich indiziell, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum keine Berufsunfähigkeit vorgelegen habe. Die Zeugin Dipl.- Med. W. habe nachvollziehbar bekundet, warum sie dem Kläger ein Gefälligkeitsattest ausgestellt habe. Regelmäßig laufe das Krankengeld nach 18 Monaten aus. Damit es zu keiner Versorgungslücke bei dem Patienten komme, rate sie bereits sechs Monate vor dem Ablauf, einen Rentenantrag zu stellen. Schon aus der Tatsache, dass sich der Kläger in ständiger ärztlicher Behandlung befunden habe, ständig physiotherapeutische Behandlungen erfahren habe und verschiedene Ärzte aufgesucht habe, mache deutlich, dass er die Tätigkeit eines selbständigen Viehhändlers nicht habe ausführen können.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung ergänzte der Kläger seinen Vortrag in tatsächlicher Hinsicht. Er habe vor seiner Erkrankung einen selbständigen Großviehhandel als einen Ein - Mann - Betrieb geführt. Vertraglich sei er mit dem Großviehhändler L. verbunden gewesen und habe einen territorial geschützten Raum gehabt. Mit der Erkrankung habe er zunächst zwei Mitarbeiter angestellt, der Großviehhändler L. habe dann aber später seinen LKW, seine Leute und seinen Kundenstamm übernommen und dem selbständigen Viehhändler W. Hn. überlassen. Im Gegenzug habe sich L. verpflichtet, die Raten für seinen LKW zu bezahlen. Während dieser Zeit habe er keine Bürotätigkeiten ausgeübt und habe nur versucht, so schnell als nur möglich wieder gesund zu werden. Seinen Beruf habe er auch nicht im Büro erledigen können, denn die Entscheidung über den Ankauf des Großviehs werde vor Ort getroffen und der Preis für das Großvieh werde vor Ort ausgehandelt. Erst zum 01. Mai 2003 habe er den LKW und den Kundenstamm wieder zurück erhalten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird im einzelnen auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, der gerichtlichen Sitzungsniederschriften und des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

II.

Die Berufung gegen das am 01. November 2004 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichtes Stendal ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden ( §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO ).

Sie hat aber in der Sache bis auf einen Zinstag keinen Erfolg.

III.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 6.900,00 Euro gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 VVG iVm dem Versicherungsvertrag vom 13. Juni 2001 nebst Zinsen zu.

1.) Der Kläger war während des streitgegenständlichen Zeitraumes im Sinne von § 1 Abs. 3 MB/KT 1994 arbeitsunfähig erkrankt.

a) Die Arbeitsunfähigkeit im versicherungsvertragsrechtlichen Sinne setzt voraus, dass die berufliche Tätigkeit während der gesamten Dauer des Zeitraumes, für den Krankentagegeld verlangt wird, von der versicherten Person in keiner Weise ausgeübt werden kann und eine sog. 100 %ige bzw. völlige Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser tatbestandlichen Voraussetzung ist allein der von dem Versicherten konkret ausgeübte Beruf, der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegt. Der Versicherer vermag sich daher der Leistung des Krankentagegeldes grundsätzlich nicht durch die Verweisung auf einen anderen Beruf zu entziehen, der von dem Versicherten mit dem ihm verbliebenen Rest seiner beruflichen Möglichkeiten noch ausgeübt werden könnte. An der Arbeitsfähigkeit in diesem Sinne fehlt es nicht schon dann, wenn der Versicherte nicht mehr sämtliche Bereiche seines versicherten Berufes ausüben kann, sondern Arbeitsunfähigkeit liegt erst dann vor, wenn er nicht mehr als nur ganz geringfügige und unbedeutende Teil seiner Tätigkeit ausüben kann. Im Gegensatz dazu steht die Arbeitsunfähigkeit im arbeitsvertraglichen Sinne, die bereits dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer die ihm nach dem Arbeitsvertrag obliegende Arbeit nicht verrichten kann. Von besonderer Bedeutung ist die Anspruchsvoraussetzung der 100 %igen Arbeitsunfähigkeit gerade bei der Versicherung von Selbständigen, weil deren Erwerbstätigkeit in aller Regel auch leitende und aufsichtsführende Tätigkeiten mit umfasst. Sofern auf diesen Teil selbständiger Tätigkeit abgestellt wird, muss dem Versicherten wenigstens in einem geringen Umfang noch eine eigenständige wertschöpfende Tätigkeit möglich sein, so dass die Koordination und die Anleitung im Ergebnis nur dann der Arbeitsunfähigkeit entgegenstehen, wenn die Angeleiteten selbst für das Unternehmen wertschöpfend tätig sind und deren Anleitung wirtschaftlich sinnvoll ist ( BGH VersR 1997, 1133; OLG Karlsruhe VersR 2003, 761; OLG Karlsruhe VersR 2000, 1007 [ 1008 ]; OLG Karlsruhe VersR 1996, 617; Prölss / Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage, § 1 MB/KT 94 RdNr. 6 und 9; Bach / Moser, Private Krankenversicherung, 2. Auflage, § 1 MB/KT RdNr. 13f; Wilmes / Müller - Frank, VersR 1990, 345 [ 346f ] ).

b) Nach diesen Grundsätzen liegt eine vollständige Arbeitsunfähigkeit des darlegungs- und erforderlichenfalls beweisbelasteten Klägers vor.

aa) Für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit hat der Versicherte gemäß § 4 Abs. 7 MB/KT 1994 zunächst auf eigene Kosten ein Attest des ihn behandelnden Arztes beizubringen. Der Versicherer ist sodann nach § 9 Abs. 3 MB/KT 1994 frei, den Versicherten von einem selbst beauftragten Arzt untersuchen zu lassen. In der Rechtsprechung ist aus dem Zusammenspiel dieser beiden Normen bzw. der Vorgängernormen in den AVB für die Krankentagegeldversicherung teilweise geschlossen worden, dass die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht bis zu einem Rechtsstreit in der Schwebe bleiben solle. Der Versicherte habe ein schutzwürdiges Interesse an einer Entscheidung über die Zahlung von Krankentagegeld. Komme daher der Versicherte seiner Pflicht zur Vorlage eines Attestes nach und nehme der Versicherer dieses Attest entgegen, ohne auf einer Untersuchung durch einen Gesellschaftsarzt zu bestehen, sei der Versicherer im Prozess mit einem Bestreiten der Richtigkeit des von dem Versicherten beigebrachten Attestes ausgeschlossen ( BGH VersR 1977, 833 [ 834 ]; OLG Köln VersR 1994, 547 [ 548 ]; OLG Köln r + s 1988, 379; OLG Hamm VersR 1988, 796; OLG Hamm VersR 1987, 1085 [ 1086 ] ). Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Auffassung in einer neueren Entscheidung nicht angeschlossen ( BGH VersR 2000, 841; vergl. ferner Wilmes VersR 1994, 548 [ 549 ] ). Die erforderliche ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ( § 1 Abs. 2 MB/KT 1994 ) kann der Versicherte danach als Teil seiner Anzeigeobliegenheit gemäß § 9 Abs. 1 MB/KT 1994 nur in der Form des § 4 Abs. 7 MB/KT 1994 erbringen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, auf dessen Verständnismöglichkeit bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen abzustellen ist, entnimmt § 4 Abs. 7 MB/KT 1994 hingegen nicht, dass er die Arbeitsunfähigkeit mit der Abgabe des Attestes bewiesen hat. Entscheidend für die Frage der Bindungswirkung ist letztlich, dass es dem Versicherer nicht verwehrt ist, die Arbeitsunfähigkeit zu bestreiten, wenn er eine Untersuchung des Versicherten in Auftrag gegeben hat und dieser Arzt zum Ergebnis einer Arbeitsunfähigkeit gekommen ist. Die MB/KT 1994 enthalten nämlich keinen Anhalt dafür, dass der Versicherer an die Stellungnahme dieses Arztes als Quasi - Schiedsgutachter gebunden ist. Zum anderen setzt auch der Vertrauensschutz nicht die Bindung des Versicherers an das beigebrachte Attest voraus. Das Krankentagegeld wird mit der Vorlage des ärztlichen Attestes fällig. Leistet der Versicherer dennoch nicht, können für den Versicherten keine Zweifel daran bestehen, dass die Leistungspflicht streitig ist. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann bei dem Versicherten durch die Unterlassung der Anordnung einer Untersuchung nach § 9 Abs. 3 MB/KT 1994 demzufolge nicht entstehen. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung dieser neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an.

bb) Nach diesen Grundsätzen sind von dem Kläger die Voraussetzungen für seine vollständige Arbeitsunfähigkeit dargelegt worden. Im Schriftsatz vom 22. September 2003 ( Bl. I/46 - 51 d.A. ) hat er das von ihm bis zum Bandscheibenvorfall ausgeübte Berufsbild dargelegt. Unrichtig hat die Beklagte in diesem Zusammenhang in der Berufungsbegründung dann behauptet, dass der Kläger in diesem Schriftsatz zugestanden habe, in dem streitgegenständlichen Zeitraum Vieh aufgekauft und verkauft zu haben. Er hat im Gegenteil behauptet, für sämtliche Arbeiten zunächst zwei Arbeitnehmer eingestellt zu haben. Ebenso unrichtig wird von der Beklagten behauptet, dass der Kläger im Schriftsatz vom 13. Februar 2004 ( Bl. I/62 - 65 d.A. ) zugestanden habe, im streitgegenständlichen Zeitraum sechs Stunden pro Tag arbeiten gekonnt zu haben. Der Kläger hat nur ausgeführt, dass in dem ihm zu diesem Zeitpunkt unbekannten Gutachten dargelegt worden sei, dass er sechs Stunden hätte arbeiten können. Diesen Ausführungen hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung im Rechtsgespräch Ergänzungen hinzugefügt, die von der Beklagten inhaltlich nicht in Zweifel gezogen worden sind. Insbesondere hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er die Tätigkeiten, die er nach dem Gutachten von Dr. Sp. noch habe ausführen können ( Seite fünf [ Bl. I/40 d.A. ] ), tatsächlich nicht ausgeführt habe, sondern sich während des gesamten Zeitraumes auf die Genesung konzentriert habe und als Teil der Therapie täglich Schwimmen gegangen sei. Für die Beurteilung der vollständigen Arbeitsunfähigkeit ist letztlich der Umstand entscheidend, dass der versicherte Beruf eines selbständigen Viehhändlers voraussetzt, dass er vor Ort nach der Großviehbeschau auf dem Bauernhof die Entscheidung über den Ankauf trifft und der Preis unmittelbar mit dem Landwirt ausgehandelt wird. Diesen Kern konnte der Kläger gerade nicht mehr ausführen und auch durch Telefongespräche mit den Landwirten über deren Verkaufsabsichten von Großvieh nicht ersetzen. Damit war es dem Kläger nicht möglich, sein Gewerbe gewinnbringend zu betreiben, was auch von Dr. Sp. bestätigt wird. Dieser Auffassung steht für den streitgegenständlichen Zeitraum auch das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dipl.- Med. H. vom 31. Januar 2003 nicht entgegen. Der Gutachter hat nach der Feststellung von zeitweisen Rückenbeschwerden im Lumbalbereich und Nackenbeschwerden mit Hinterkopfschmerzen ausgeführt, dass der Kläger als LKW - Kraftfahrer vollschichtig einsatzfähig sei und eine Erwerbsunfähigkeit nicht vorliege. Dipl- Med. H. hat dann aber vor dem Landgericht als Zeuge bekundet, dass er einen Rückschluss von der Feststellung der vollschichtigen Erwerbsfähigkeit auf die Arbeitsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit nicht machen könne. Die von dem Kläger geschilderten wiederholt auftretenden Nackenverspannungen mit Ausstrahlungsbeschwerden stellten ein Krankheitsbild dar und die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sei unter dieser Voraussetzung eine Frage der ärztlichen Heilkunst, weil es auf den Behandlungsverlauf ankomme. Das Landgericht hat diese Bekundung seiner Überzeugung von der vollständigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers zugrunde gelegt und es bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen.

2.) Der Kläger ist während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraumes von der Zeugin Dipl.- Med. W. ärztlich behandelt worden. Die Zeugin bekundete, dass sich die Heilung von so ausgeprägten Nervenschädigungen, wie sie bei dem Kläger Ende 2001 vorgelegen hätten, über Monate hinziehe. Er habe in dieser Zeit Schmerzen und neurologische Ausfälle, darunter auch ein Taubheitsgefühl im Bein, gehabt. Zur Behandlung habe sie Schmerzmittel und eine intensive Physiotherapie verordnet.

3.) Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Krankentagegeldes endete nicht wegen Eintrittes einer Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994. Zu Recht hat es das Landgericht aus formalen Gründen dahingestellt sein lassen, ob im Zeitraum vom 14. September 2002 bis zum 30. April 2003 bei dem Kläger tatsächlich eine Berufsunfähigkeit eingetreten war.

a) Bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit im Sinne von § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994 ist auf den Umstand abzustellen, ob der Versicherte noch in der Lage ist, den durchschnittlichen Arbeitsanfall in seinem Beruf zu wenigstens 50 % zu bewältigen. Ferner muss eine solche Einschränkung auf nicht absehbare Zeit bestehen. Insoweit besteht ein Unterschied zur vollen Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI, die darauf abstellt, dass der Versicherte noch für die Dauer von drei Stunden zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbsfähig sein muss. Allerdings ergibt die Auslegung dieser Klausel aus der für die Auslegung erheblichen Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, dass eine rückschauende Bewertung der Berufsunfähigkeit ausscheidet. Die Formulierung "auf nicht absehbare Zeit" in § 15 Abs. 1 lit. b MB/KT 1994 bedeutet nämlich, dass mit der Feststellung eine prognostische Entscheidung verbunden sein muss. Sie bildet keine Grundlage für eine Einschränkung der Leistungsverpflichtung der Beklagten für den Fall, dass nachträglich und rückschauend eine Berufsunfähigkeit festgestellt wird. Die Prognose ist nach dem Befund vorzunehmen, der die medizinische aktuelle Berufsunfähigkeit festgestellt hat ( OLG Düsseldorf VersR 1999, 354; OLG Hamm VersR 1993, 600 [ 601 ]; OLG Zweibrücken VersR 1991, 292; Prölss / Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Auflage, § 15 MB/KT RdNr. 26 und 26a; teilweise a.A. Castellvi VersR 1996, 673 ).

b) Allerdings muss der medizinische Befund nicht ausdrücklich zum Zwecke der Feststellung der Berufsunfähigkeit erhoben worden sein. Es genügt jeder fundierte Befund, der die erforderliche Prognose enthält, die nach einer teilweise vertretenen Auffassung sogar noch nicht einmal explizit formuliert sein muss.

c) Nach diesen Grundsätzen liegt eine mit einer Prognose verbundene Befundauswertung mit dem Ergebnis der Berufsunfähigkeit nicht vor.

aa) Der von der Beklagten beauftragte Dr. Sp. vom Institut für medizinische Begutachtung in M. führte in seinem Gutachten vom 31. Juli 2002 ( Bl. I/9 - 14 d.A. ) aus, dass auf der Basis der am 30. Juli 2002 vorgenommenen Befunderhebung noch nicht die Prognose der Berufsunfähigkeit abgegeben werden könne, weil noch nicht feststehe, dass die Beschränkung der Erwerbsfähigkeit auf nicht absehbare Zeit vorliegen werde. Der Gutachter gab nur an, dass Berufsunfähigkeit im versicherungsrechtlichen Sinne drohe, wenn sich nicht innerhalb von drei Monaten eine Besserung einstellen werde.

bb) Auch das Attest der den Kläger behandelnden Hausärztin Dipl.- Med. W. vom 13. September 2002 ( Bl. I/42 d.A. ) enthält eine solche prognostische Entscheidung bei Lichte betrachtet nicht. Zunächst erklärt sie, dass gegenüber dem Vorbefund eine Änderung nicht eingetreten sei, wobei offen bleibt, von welchem Vorbefund sie ausgegangen ist. Sie führt zwar weiter aus, dass sie prognostisch nicht mehr mit dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit rechne und mag im Allgemeinen damit das umschreiben, was versicherungsvertragsrechtlich als Berufsunfähigkeit verstanden wird. Dennoch genügt das Attest auf einem Formblatt der Beklagten nicht den formalen Voraussetzungen für die Feststellung der Berufsunfähigkeit. Zum einen erhebt sie nicht die Daten zur beruflichen Anamnese, indem sie die meisten Fragen zur beruflichen Tätigkeit des Klägers unbeantwortet lässt, was aber für die Prüfung der Berufsunfähigkeit im versicherungsvertraglichen Sinne von entscheidender Bedeutung ist. Zum anderen ist aus dem Attest nicht nachvollziehbar, welche Untersuchungen sie vorgenommen hat, um eine qualifizierte Äußerung zur Frage der Berufsunfähigkeit vornehmen zu können. Schließlich stellt sie eine Berufsunfähigkeit im Sinne der MB/KT 1994 gerade nicht fest, weil die Frage im Formblatt der Beklagten futurisch gestellt wird. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.- Med. W. hat nur erklärt, dass sie auf der Grundlage ihres Wissens mit einem ( zukünftigen ) Eintritt der Berufsunfähigkeit rechne. Inwieweit sie als Zeugin bei ihrer Bekundung, das Attest sei nur geschrieben worden, um die Landesversicherungsanstalt Sachsen - Anhalt zur Durchführung eines Rentenverfahrens zu veranlassen, im Hinblick darauf, dass genau dieses Attest aus einem Formblatt der Beklagten besteht, die mit der Erwerbsunfähigkeitsrente nichts zu tun hat, glaubwürdig ist, bedurfte keiner Entscheidung mehr.

cc) Das Gutachten des Orthopäden Dipl.- Med. H. enthält keine Anhaltspunkte für die Annahme einer Berufsunfähigkeit.

4.) Die Verurteilung zur Zahlung von Zinsen beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Danach ist wie erfolgt über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichtes Stendal zu entscheiden.

IV.

1.) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreites beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3.) Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Weder haben die hier entschiedenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Fortbildung des Rechtes oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ( § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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