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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 19.08.2004
Aktenzeichen: 4 U 66/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 280
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 281 Abs. 1 S. 1 n. F.
BGB § 323 Abs. 2
BGB § 323 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 323 Abs. 2 Nr. 3
BGB § 447
BGB § 448
BGB § 633
BGB § 634 Nr. 2
BGB § 634 Nr. 3
BGB § 634 Nr. 4
BGB § 635
BGB § 637 Abs. 1
BGB § 637 Abs. 2
ZPO § 278
ZPO § 529 Abs. 1 Ziffer 1
ZPO § 520 Abs. 3 Ziffer 3
Baut ein Werkunternehmer in einen PKW einen Austauschmotor ein, so sind Schäden an dem Motor oder an sonstigen Teilen des PKW, die erst durch den mangelhaften Einbau verursacht worden sind, einer Nachbesserung gemäß § 637 Abs.1 BGB nicht zugänglich. Eine Aufforderung zur Nacherfüllung ist konsequenterweise entbehrlich.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 66/04 OLG Naumburg

verkündet am: 19.08.2004

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Wandelung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 5. August 2004 unter Mitwirkung des Richters am Oberlandesgericht Feldmann, der Richterin am Oberlandesgericht Mertens und des Richters am Oberlandesgericht Dr. Strietzel

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23. April 2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Dessau unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.541,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2002 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen der Kläger zu 2/9 und die Beklagte zu 7/9. Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 1/11 und die Beklagte zu 10/11.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer der Parteien übersteigt 20.000,00 Euro nicht.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.995,22 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen einer mangelhaften Autoreparatur geltend.

Im August 2002 beauftragte er die Beklagte mit der Reparatur eines am 29. Juli 2002 erfolgten Motorschadens an seinem PKW der Marke Mercedes Benz, amtliches Kennzeichen ... . Zu diesem Zweck erwarb der Kläger bei der Firma Mercedes B. in D. einen Austauschmotor, den er der Beklagten zur Verfügung stellte. Die Beklagte führte den Auftrag noch am selben Tag durch und der Kläger fuhr mit seinem Fahrzeug nach H. zurück. Die Beklagte erteilte dem Kläger über ihre Leistungen unter dem 6. August 2002 eine Rechnung über 1.261,76 Euro.

Dort stellte ein vom ihm am 16. September 2002 beauftragter Sachverständiger fest, dass erhebliche Schäden am Motor vorlägen. Wegen des Gutachtens vom 25. September 2002 wird auf Bl. 5 ff. d. A. Bezug genommen. Der Sachverständige erteilte dem Kläger eine Rechnung über 391,37 Euro.

Der Kläger beauftragte die Firma K. GmbH & Co. KG mit der Reparatur des Motors seines PKW. Wegen der Rechnung der genannten Firma vom 8. Oktober 2002 über 5.568,82 Euro wird auf Bl. 14 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger nahm über einen Zeitraum von 19 Tagen vom 11. September bis 30. September 2002 einen Mietwagen in Anspruch. Die Mietwagenfirma S. erteilte ihm unter dem 30. September 2002 eine Rechnung über 1.037,27 Euro brutto.

Der Kläger teilte der Beklagten erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 9. Oktober 2002 mit, dass es erneut zu einem Motorschaden gekommen sei.

Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 15. November 2002 eine Schadensersatzpflicht ab.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten,

die Beklagte habe die Reparaturkosten über 5.568,82 Euro, die Gutachterkosten über 391,37 Euro und Mietwagenkosten in Höhe von 1.037,27 Euro zu ersetzen. Seine Ansprüche folgten aus § 634 Nr. 4 BGB, denn eine Nacherfüllung sei ihm aufgrund umgehender Wiederherstellungsbedürftigkeit und der großen Entfernung zu der Beklagten nicht zumutbar gewesen.

Er hat behauptet, die Beschädigung der Kolben des Austauschmotors seien durch Fremdkörper verursacht worden, die über die Ventile in die Verbrennungsräume gelangt seien. Aufgrund der schweren mechanischen Beschädigungen sei davon auszugehen, dass es sich bei den Fremdkörpern um metallische Gegenstände gehandelt habe. Die Reparatur sei auf der Grundlage des Gutachtens erfolgt. Richtigerweise sei demnach auch der Katalysator, das Auspuffrohr und der Stoßdämpfer ausgetauscht worden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.997,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 12,75 % seit dem 19. November 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet,

die von dem Kläger behaupteten Schäden seien nicht auf ihre Montagearbeiten zurückzuführen. Sie hat die Auffassung vertreten, es handele sich nicht um einen Mangelfolgeschaden, so dass sie gemäß § 635 BGB zur Nachbesserung berechtigt gewesen sei. Die Reparatur, die die Firma K. durchgeführt habe, hätte sie ebenfalls durchführen können.

Die 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Dessau hat auf der Grundlage des Beweisbeschlusses vom 3. April 2003 (Bl. 57 f. d. A.) Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. H. W. . Wegen seiner Feststellungen wird auf sein Gutachten vom 2. Februar 2004 Bezug genommen. Des Weiteren hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2004 Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen. Wegen seiner Ausführungen wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 98 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Kammer hat die Beklagte mit dem am 23. April 2004 verkündeten Urteil verurteilt, an den Kläger 5.995,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. November 2002 zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Schadensersatzanspruch des Klägers ergebe sich aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB. Dieser scheitere nicht daran, dass der Kläger die Beklagte nicht gemäß § 635 BGB zur Nachbesserung aufgefordert habe, denn dies sei in der konkreten Situation nicht erforderlich gewesen. Die Beseitigung des hier geltend gemachten Motorschadens sei im Wege der Nacherfüllung unmöglich gewesen. Bei dem Motorschaden habe es sich um einen bereits eingetretenen Schaden außerhalb der eigentlichen werkvertraglichen Leistungspflicht gehandelt. Die Beklagte sei nämlich vertraglich lediglich zum Austausch, also zur Erbringung von Montageleistungen verpflichtet gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe auch fest, dass die Werkleistung der Beklagten mangelhaft gewesen sei. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Kolbenböden vom 1. und 3. Zylinder Einkerbungen von Fremdkörpern aufgewiesen hätten. Ähnliche Beschädigungen seien am Zylinderkopf festgestellt worden. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass es sich um Bruchstücke des zerstörten Kolbens vom ersten Motorschaden handele. Durch eine nicht penible Reinigung des Ansaugkrümmers nach Eintritt des ersten Motorschadens seien diese Teile über den Ansaugtrakt und geöffnete Ventile in den 1. und 3. Zylinder gelangt. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass ihm der Kläger die Teile, die er begutachtet habe, zur Verfügung gestellt habe. Dass nicht im gleichen Umfang die beschädigten Teile vorhanden gewesen seien, die im DEKRA Gutachten vom 25. September 2002 dokumentiert worden seien, sei unerheblich. Zwar sei nicht auszuschließen, dass die Schadensursache im ausgetauschten Basismotor gelegen habe; konkrete Hinweise auf eine derartige Schadensverursachung habe die Beklagte jedoch nicht behauptet. Als Schadenspositionen seien die Gutachterkosten in Höhe von 391,37 Euro und wegen seiner Gehbehinderung die Mietwagenkosten in Höhe von 1.037,27 Euro (11.09. - 30.09.) zu berücksichtigen. Die Reparaturkosten könne der Kläger aber nur in Höhe von 4.566,58 Euro beanspruchen, da der Nettorechnungsbetrag von 4.789,58 Euro um die Positionen Stoßdämpfer und Auspuffrohr (46,00 Euro und 898,90 Euro) zu reduzieren sei (= 3.844,68 Euro). Hinzu zu rechnen sei die Gutschrift über 92,03 Euro für das alte Auspuffrohr, da diese mit den von der Beklagten zu ersetzenden Positionen nicht im Zusammenhang stehe (= 3.936,71 Euro netto; 4.566,58 Euro brutto).

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Auch nach der Reform des BGB sei der Begriff der Nacherfüllung gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 BGB n. F. kein anderer als im Rahmen des § 635 BGB a. F. Der Kläger habe unstreitig die Beklagte beauftragt, einen vom Kläger zur Verfügung gestellten Basismotor fachgerecht einzubauen. Infolge einer angeblich fehlerhaften Montage sollten Teile des Motors beschädigt worden sein. Die werkvertragliche Verpflichtung sei es gewesen, den Motor so einzubauen und zu montieren, dass an ihm keine Schäden entstehen könnten. Damit stehe die Montage in einem so engen Zusammenhang mit der Schädigung des Motors, dass der Schaden direkt am Werk eingetreten sei. Sie hätte bei rechtzeitiger Fristsetzung mit ihrem eigenen Abschleppdienst das Fahrzeug des Klägers abgeholt und kostenlos nachgebessert.

Ferner seien die Feststellungen des Landgerichts zur Mangelhaftigkeit ihrer Werkleistungen unvollständig. Mit Schriftsatz vom 3. März 2004 habe sie darauf hingewiesen, dass die Reparaturrechnung der Firma K. eine völlig andere Motornummer aufweise, als sie der Sachverständige in seinem Gutachten aufgezeigt habe. Das Erstgutachten vom 25. September 2002 enthalte überhaupt keine Motornummer. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Erklärung des Klägers, auf der Rechnung müsse offensichtlich die Motornummer des alten Motors aufgeführt sein, ausreichend sei. Ferner habe sie vorgetragen, dass es sich bei dem von dem Kläger zur Verfügung gestellten Motor um einen schadhaften gehandelt haben müsse. Auch habe sie die Stellungnahme des Sachverständigen G. mit Schriftsatz vom 17. März 2004 vorgelegt, wonach Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens bestünden. Der Sachverständige G. habe festgestellt, dass der Ansaugkrümmer, der sich im Motor oberhalb der Ventile und der Verbrennungskammern befinde, die angesaugte Luft durch ein geöffnetes Ventil in die Verbrennungskammern befördere, die unterhalb des Ansaugkrümmers lägen. Wenn sich also Kolbenteile des ursprünglich zerstörten Motors im Ansaugkrümmer befunden haben sollten, so müssten diese entgegen der Schwerkraft und entgegen der Saugwirkung nach oben gewandert sein. Der Sachverständige habe auf Blatt 4 seines Gutachtens festgestellt, dass die Kolbenböden vom 1. und 3. Zylinder Einkerbungen von Fremdkörpern aufgewiesen hätten. Die Fotodokumentation zeige weder den geschädigten Zylinderkopf, noch seien alle Ventile festgehalten worden. Vielmehr seien nur 6 Ventile dargestellt. Es sei somit nicht auszuschließen, dass an dem Gebrauchtmotor ein Ventil abgerissen sei und zu den Schäden geführt habe. Untersuchungen hierzu habe der Sachverständige nicht durchgeführt. Die Laufleistung des Motors sei nicht bekannt, so dass dieser durchaus einen sogenannten Kolbenfresser bekommen haben könnte. Der Sachverständige W. habe sich offensichtlich auf das Gutachten des Sachverständigen R. vom 25. September 2002 gestützt, denn er habe den Motor nicht mehr in seinem zerstörten Zustand besichtigen können. Ob sich die tatsächliche Schadensursache noch rekonstruieren lasse, sei fraglich; dies gehe aber zu Lasten des Klägers.

Die Beklagte beantragt,

das am 23. April 2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Dessau abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen und das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) und sachlich teilweise gerechtfertigt.

Der Kläger hat entsprechend den Ausführungen des Landgerichts gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 634 Nr. 4, 633, 280 BGB in Form der geltend gemachten Reparatur-, Mietwagen- und Gutachterkosten. Dieser beläuft sich aber nicht auf 5.995,22 Euro, sondern auf 5.541,87 Euro, so dass das angefochtene Urteil teilweise abzuändern ist.

Die geltend gemachten Kosten der Selbstvornahme scheitern nicht daran, dass der Kläger der Beklagten keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben hat. Grundsätzlich kann allerdings ein Besteller vom Unternehmer Selbstvornahmekosten nur gemäß §§ 637 Abs. 1, Abs. 2, 633, 323 Abs. 2 BGB verlangen.

Voraussetzung eines Anspruch auf Ersatz der Selbstvornahmekosten ist gemäß § 637 Abs. 1 BGB, dass der Besteller dem Unternehmer eine zur Nacherfüllung angemessene Frist gesetzt hat. Unstreitig erfolgte vorliegend eine Fristsetzung des Klägers nicht. Der Kläger hat zwar behauptet, unmittelbar nach dem Eintritt des Schadens telefonisch mit einem M. J. Kontakt aufgenommen zu haben, allerdings ist dem Vortrag nicht zu entnehmen, dass er hierbei der Beklagten mit dem erforderlichen Nachdruck eine Frist zur Beseitigung des Mangels gesetzt hat. Im Übrigen hat der Kläger für seine von der Beklagten bestrittene Behauptung lediglich seine Parteivernehmung als Beweismittel angeboten, deren Voraussetzungen gemäß § 447 BGB oder § 448 BGB nicht vorliegen.

Die Fristsetzung zur Beseitigung des Mangels war vorliegend auch nicht gemäß §§ 637 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich. In Ermangelung einer entsprechenden Aufforderung gegenüber der Beklagten kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese die Mängelbeseitigung endgültig und ernsthaft verweigert hat.

Auch ist gemäß §§ 637 Abs. 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht ersichtlich, dass ein besonderes Interesse des Klägers vorliegend die Fristsetzung entbehrlich gemacht hat. Es lagen keine besonderen Umstände vor, die die sofortige Geltendmachung der Sekundärrechte aus § 634 Nr. 2 bis 4 BGB gerechtfertigt hätten. In Betracht käme nur, dass dem Kläger eine Reparatur seines PKW durch die Beklagte nicht zumutbar gewesen wäre. Hierfür sind aber keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von dem Kläger dargelegt worden. Zwischen dem Sitz der Beklagten und dem Wohnsitz des Klägers wäre zwar eine erhebliche Strecke zurückzulegen gewesen, da die Beklagte aber über ein Abschleppunternehmen verfügt, hätte dies einer Nachbesserung durch sie nicht entgegengestanden. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verhalten der Beklagten das Verhältnis zwischen den Parteien so nachhaltig erschüttert hat, dass dem Kläger eine Zusammenarbeit mit der Beklagten nicht mehr hätte zugemutet werden können.

Allerdings handelt es sich bei den von dem Kläger geltend gemachten Mängeln der Werkleistung der Beklagten nicht um solche, die durch eine Nacherfüllung oder Nachbesserung der Beklagten hätten beseitigt werden können; vor diesem Hintergrund war eine Fristsetzung des Klägers entbehrlich.

Nach der Schuldrechtsmodernisierung werden die früher von der Rechtsprechung entwickelten sogenannten nahen und entfernten Mangelfolgeschäden im Werkvertragsrecht grundsätzlich sogleich über §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB abgedeckt. Inhaltlich ist in diesem Zusammenhang eine Änderung der früheren Rechtslage nicht erfolgt. Begehrte ein Kläger Ersatz für Vermögensschäden, die zu dem Zeitpunkt, zu dem er den Unternehmer zur Beseitigung eines Mangels hätte auffordern können, bereits entstanden waren, kam es auf eine Nachbesserung nicht an. Diese Schäden waren nämlich der Nachbesserung nicht zugänglich (BGH, NJW 1985, 381; 2000, 2020). Dies entspricht auch der heutigen Rechtslage. Im geltenden Recht muss die Abgrenzung im Hinblick darauf erfolgen, dass ein Mangelschaden, der im Minderwert der gelieferten oder zum Gebrauch überlassenen Sache liegt, durch Nacherfüllung beseitigt werden kann, wohingegen solche Nachteile, die durch die Sache im Vermögen des Gläubigers bereits definitiv entstanden sind, nicht aufgrund der Versäumung einer gesetzlichen Nachfrist relevant sind.

Die Fristsetzung soll dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit geben, das noch mit Mängeln behaftete Werk in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, ehe er mit den einschneidenden Gewährleistungsansprüchen überzogen wird (BGH, NJW 1985, 381, 382). Gegenüber Schäden, die durch eine Mängelbeseitigung des Unternehmers nicht mehr berührt werden können, versagt dieser Zweck, so dass eine Fristsetzung entbehrlich und nicht Voraussetzung für einen Ersatzanspruch des Bestellers ist (BGH, NJW 1985, 381, 382; 2000, 2020; NJW-RR 2003, 1285). Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Die Beklagte schuldete auf der Grundlage des Werkvertrags den Einbau eines von dem Kläger gelieferten Austauschmotors. Der Kläger beruft sich darauf, dass Fremdkörper, wohl metallische Gegenstände, während oder nach der Montage des Austauschmotors über die Ventile in die Verbrennungsräume des 1. und 3. Zylinders und des Zylinderkopfes gelangt seien. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer Entscheidung vom 9. Januar 1989 (NJW 1989, 1489) über einen Fall einschieden, in dem der Unternehmer aus dem 6. Zylinder eine Zündkerze ausgebohrt hatte und Bohrspäne in den Verbrennungsraum gelangt waren. Es hat ohne weitere Begründung ausgeführt, dass eine Fristsetzung entbehrlich gewesen sei, da der Schaden auf der Fahrt bereits entstanden und eine Nachbesserung also nicht möglich gewesen sei. Die Werkleistung der Beklagten bestand im Einbau eines Austauschmotors, nicht hingegen im Reparieren eines oder mehrerer Zylinder des eingebauten Austauschmotors. Insofern ist vorliegend ein Schaden anzunehmen, der durch eine Nachbesserung der Beklagten bezüglich ihrer ursprünglich geschuldeten Werkleistung nicht ausgeglichen werden konnte.

Ferner war die Werkleistung der Beklagten nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme auch mangelhaft. Die Prüfungsdichte des Berufungsgerichtes ist nach der Neuordnung des Berufungsrechtes im Rahmen der ZPO-Reform durch den Gesetzgeber eingeschränkt worden. Auch wenn das Berufungsgericht noch Tatsachengericht geblieben ist, hat es grundsätzlich gemäß §§ 529 Abs. 1 Ziffer 1, 520 Abs. 3 Ziffer 3 ZPO als den Kernbestimmungen des neuen Berufungsrechtes von den von dem Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Eine erneute Beweisaufnahme und damit ein Abweichen von den Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtes kommt daher nur dann in Betracht, wenn eine gewisse, nicht nur theoretische Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen unrichtiger oder unvollständiger Feststellungen besteht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die beweiswürdigenden Erwägungen einer festen Tatsachengrundlage entbehren, also nur Vermutungen wiedergeben, sie lückenhaft sind oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder schließlich bei einer Verkennung der Beweislastverteilung und wenn dies zu einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung geführt hat (OLG Naumburg, JMBl. LSA 2003, 181, 184; Zöller-Gummer/Heßler, ZPO, 24. Auflage, § 529 RdNr. 2d ff). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die Feststellungen des Landgerichts für den Senat bindend. Die ausführlichen Erwägungen zur Beweiswürdigung bieten keinen Anlass zur Beanstandung. Soweit die Berufung angreift, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen eine Reserveursache nicht auszuschließen sei, ist dem nicht zu folgen. Der Sachverständige hat allerdings ausgeführt, es sei auch möglich, dass Metallrückstände des eingebauten Motors zu dem in Rede stehenden Schaden geführt hätten. Jedoch komme dies vorliegend nicht in Betracht. Hätten sich metallische Teile von vornherein auf den Kolben des Austauschmotors befunden, wäre dies sofort zu hören gewesen. Da davon auszugehen ist, dass Mitarbeiter der Beklagten nach dem Einbau des Motors eine Probefahrt unternommen haben, ist diese Schadensursache aber unwahrscheinlich. Bei einer Probefahrt hätten die durch Metallteile verursachten Geräusche sofort auffallen müssen.

Ferner wiederholt die Beklagte ihre Argumentation, wonach es unvorstellbar sei, dass sich Kolbenteile des ursprünglich zerstörten Motors im Ansaugkrümmer befunden hätten, weil diese entgegen der Schwerkraft nach oben gewandert sein müssten. Dieses ist aber durch die auch einem Laien nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen W. in seinem Gutachten, Blatt 6, und in der mündlichen Verhandlung widerlegt worden. Die Metallteile sollen nach dem ersten Motorschaden zunächst zum Ansaugkrümmer gelangt sein. Entgegen der schriftlichen Stellungnahme des von der Beklagten bemühten Ingenieurs G. ist eine derartige Teilewanderung möglich, weil die einzelnen Kolben und Zylinderbereiche eines Motors im unteren Bereich zusammenlaufen und keine jeweils geschlossenen Systeme darstellen. Die bei einem Kolbenfresser freiwerdenden Kräfte sind ebenfalls geeignet, einen Beitrag für die Teilchenwanderung zu leisten. Über den Ansaugkrümmer konnten die Metallteile sodann durch die geöffneten Ventile auf die Kolben des 1. und 3. Zylinders gelangt sein und den hier streitgegenständlichen Motorschaden verursacht haben. Der Senat hält die Ausführungen des Sachverständigen W. nach alledem für geeignet, die Mangelhaftigkeit der Werkleistung der Beklagten als bewiesen anzusehen.

Der demnach dem Kläger zu ersetzende Schaden umfasst zum einen die Reparaturkosten in Höhe von 4.566,58 Euro brutto, die das Landgericht richtig und von der Berufung auch nicht beanstandet, ermittelt hat. Zum anderen sind auch die Gutachterkosten in Höhe von 391,37 Euro umfasst, da das Gutachten unstreitig zur Verfolgung etwaiger Gewährleistungsrechte diente. Der Kläger war als Laie nicht zu der Feststellung in der Lage, ob und in welchem Umfang der neuerliche Motorschaden mit Arbeiten der Beklagten im Zusammenhang gestanden hat.

Mietwagenkosten kann der Kläger jedoch nur in Höhe von 583,92 Euro beanspruchen.

Grundsätzlich war der Kläger berechtigt, sich einen Mietwagen zu beschaffen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger sein Fahrzeug nicht sehr intensiv nutzte. Er hat in der Zeit zwischen der Erstellung des ersten Gutachtens (17. September 2002) und des zweiten Gutachtens (2. Februar 2004), also in rund 16 Monaten 14.911 km (mtl. 931,9 km, täglich 31 km) zurückgelegt (Differenz zwischen 239.673 km und 254.584 km). Aus der Mietwagenrechnung ergibt sich, dass er zwischen dem 11. und 30. September 2002 613 km zurückgelegt hat, was ebenfalls einer täglichen Kilometerleistung von rund 31 km entspricht. Einen geringen Fahrbedarf, der der Inanspruchnahme eines Mietwagens entgegensteht, kann aber erst bei einer täglichen Fahrleistung von etwa 20 km und weniger angenommen werden (OLG Frankfurt, VersR 1992, 620; OLG München, VersR 1993, 769; OLG Hamm, DAR 2001, 389).

Bedenken bestehen aber gegen die Anzahl der für den Nutzungsausfall in Ansatz gebrachten Tage, denn der Kläger kann Mietwagenkosten nur für die Zeit der Reparatur und für eine angemessene Überlegungs- und Überprüfungsfrist beanspruchen. Der streitgegenständliche erneute Motorschaden entstand am 11. September 2002, denn an diesem Tag nahm der Kläger bereits den Mietwagen in Anspruch. Die Begutachtung durch die Dekra erfolgte erst am 17. September 2002. Die Reparatur war schließlich erst am 8. Oktober 2002 abgeschlossen. Der Kläger hat zwar nicht dargelegt, in welcher Zeit die Reparatur durchgeführt worden ist, jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich diese vom 25. September 2002 (dem Datum des Gutachtens) bis zum 8. Oktober 2002 hingezogen hat; falls doch, wäre dies jedenfalls kein angemessener Reparaturzeitraum. Es sind keine Umstände ersichtlich oder von dem Kläger dargelegt worden, dass die Ersatzteilbeschaffung und Reparatur des streitgegenständlichen gängigen deutschen PKW länger als 7 Tage in Anspruch genommen hat. Unter Berücksichtigung einer Überlegungsfrist, der Zeit, die für die Gutachtenerstellung erforderlich war, und einer angemessenen Reparaturdauer geht der Senat davon aus, dass der Kläger Ersatz seiner Mietwagenkosten über insgesamt 14 Tage beanspruchen kann.

Im Hinblick auf die Höhe der Mietwagenkosten ist ein Abzug vorzunehmen, weil der streitgegenständliche PKW des Klägers bereits am 19. Mai 1988 erstmals für den Straßenverkehr zugelassen worden ist. Ausweislich der Mietwagenrechnung ist ihm jedoch ein Mercedes Benz E 220, also kein gleichwertiges Fahrzeug zur Verfügung gestellt worden. Unter Anwendung des § 278 ZPO hält es der Senat deshalb für angemessen, von dem abgerechneten Preis in Höhe von 583,62 Euro für die Nutzung über 14 Tage einen Abzug von 25 % vorzunehmen. Es ergibt sich eine Zwischensumme von 437,72 Euro. Zusätzlich zu der 15 %-igen Servicegebühr ergeben sich in Ansatz zu bringende Mietkosten in Höhe von 503,38 Euro netto und 583,92 Euro brutto.

Nach alledem beläuft sich der Gesamtanspruch des Klägers gegen die Beklagte auf 5.541,87 Euro (4.566,58 Euro + 391,37 Euro + 583,92 Euro).

Sonstige Gründe, welche der Berufung vollumfänglich zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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