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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.08.2006
Aktenzeichen: 4 UF 11/06
Rechtsgebiete: ZPO, VAÜG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 517
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
VAÜG § 2 Abs. 1 Nr. 1b
VAÜG § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a
BGB § 1587b Abs. 1
Systemangleichende Umrechnungen haben immer die aktuelle BarwertVO zugrunde zu legen. Es kommt also nicht auf das Ende der Ehezeit an.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

4 UF 11/06 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 4. Familiensenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Zettel, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Amtsgericht Meier am 4. August 2006 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Halle vom 27. Februar 2006 dahin abgeändert, dass vom Versicherungskonto Nr. ... des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 13,30 € monatlich, bezogen auf den 31.03.2003 (Ehezeitende), auf das Versicherungskonto Nr. ... der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen werden.

Der genannte Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Der aktuelle Rentenwert (Ost) zum Ende der Ehezeit, nämlich 22,70 €, ist für die Ermittlung der Entgeltpunkte (Ost) mit dem Angleichungsfaktor 1,0014384 zu vervielfältigen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten Ziffer 3 auferlegt.

3. Der Beschwerdewert wird auf 2.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Nach Aufnahme des zunächst ausgesetzten Verfahrens über den Versorgungsausgleich hat das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.02.2006 den Versorgungsausgleich durchgeführt, wobei eine weitere Auskunft der Beteiligten Ziffer 3 vom 28.02.2006 nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Aus diesem Grunde hat die Beteiligte Ziffer 3 gegen den ihr am 08.03.2006 zugestellten Beschluss am 06.04.2006 Beschwerde eingelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6, 517 ZPO zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die vom Familiengericht getroffene Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist aufgrund der berichtigten Auskunft der Beteiligten Ziffer 3 vom 28.02.2006 (Bl. 78 ff. d.A. zum VA) entsprechend der nachfolgenden Berechnung abzuändern.

Die Parteien haben in der Ehezeit vom 01.06.1963 bis 31.03.2003 folgende Anrechte erworben:

a) der am 03.11.1940 geborene Antragsteller: Ges. Rentenvers. (Ost), monatlich 865,62 EUR, angleichungsdynamisch,

b) die am 05.01.1943 geborene Antragsgegnerin:

Zusatzversorgung, monatlich 73,88 EUR, VBL, Ges. Rentenvers. (Ost), monatlich 784,84 EUR, angleichungsdynamisch.

Die nicht volldynamische Zusatzversorgung ist wie folgt zu bewerten:

a) Monatsbetrag nach Auskunft 73,88 EUR

b) Jahresbetrag (12 * a) 886,56 EUR

c) Alter der Antragsgegnerin 60

d) Barw.Faktor Tab. 1 mit Anm. 2 13,5000

e) Barwert (b * d) 11.968,56 EUR

f) Rechengröße zur Umrechnung von Barwerten in Entgeltpunkte 0,0001754432

g) Entgeltpunkte (e * f) 2,0998

h) Aktueller Rentenwert 25,86

i) Rentenanwartschaft (g * h) 54,30 EUR

Danach ergeben sich folgende Ausgleichsbilanzen:

Bilanz der Westanrechte:

Antragsgegnerin

Zusatzversorgung| 54,30 EUR

Antragsteller

 keine Anrechte 0,00
 54,30 EUR
Wertunterschied 54,30 EUR
Hälfte 27,15 EUR

Bilanz der Ostanrechte:

Antragsteller

Ges. Rentenvers. Ost| 865,62 EUR

Antragsgegnerin

 Ges. Rentenvers. Ost 784,84 EUR
 80,78 EUR
Wertunterschied 80,78 EUR
Hälfte 40,39 EUR

In beiden Bilanzen hat jeweils eine andere Partei die höheren Anrechte. Die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 1b VAÜG ist damit nicht erfüllt. Weil der Leistungsfall eingetreten ist, ist der Ausgleich dennoch durchzuführen, und zwar mit Hilfe des Angleichungsfaktors gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a VAÜG wie folgt:

Antragsteller

G. Rentenv. Ost 865,62 EUR x 1,0014384 =| 866,87 EUR

Antragsgegnerin

 Zusatzversorgung 54,30 EUR
G. Rentenv. Ost 784,84 EUR x 1,0014384 = 785,97 EUR
  840,27 EUR
Wertunterschied 26,60 EUR
Hälfte 13,30 EUR

Der Angleichungsfaktor ist wie folgt berechnet worden:

a) Aktueller Rentenwert für Ehezeitende: 25,86

b) Akt. Rentenwert(Ost) für Entscheidungsdatum: 22,97

c) Akt. Rentenwert(Ost) für Ehezeitende: 22,70

d) Aktueller Rentenwert für Entscheidungsdatum: 26,13

AGF = (a x b) : (c x d),

also (25,86 x 22,97) : (22,70 x 26,13) = 1,0014384.

Der Ausgleich erfolgt nach § 1587b Abs. 1 BGB durch Splitting in Höhe von 13,30 EUR. Auf diesen Betrag ist der im angefochtenen Beschluss aufgeführte Ausgleichsbetrag abzuändern.

Die Kostenentscheidung zu Lasten der mit ihrem Rechtsmittel erfolgreichen Beschwerdeführerin folgt aus § 97 Abs. 3 und 2 ZPO (vgl. Kuntze, in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 64 Rdnr. 131 m. w. N.). Da sie bereits mit Schreiben vom 22.11.2005 unter Hinweis auf den Rentenbezug der Antragsgegnerin ab 01.03.2006 um erneute Auskunft gebeten wurde, ist nicht nachvollziehbar, wieso die letztlich zutreffende Auskunft dem Familiengericht nicht rechtzeitig vor Erlass der Entscheidung am 27.02.2006 vorgelegt wurde. Dies gilt um so mehr, als der Beschwerdeführerin unter dem 08.02.2006 ein Berechnungsentwurf mit Frist zur Stellungnahme bis 17.02.2006 übersandt worden ist. Da sie angesichts der gesetzten Frist damit rechnen musste, dass eine Entscheidung des Familiengerichts unmittelbar bevorstand, hätte die Beschwerdeführerin zumindest um Fristverlängerung nachsuchen müssen. Auf diese Weise hätte die richtige Auskunft noch in das Verfahren eingeführt werden können, so dass das Rechtsmittel entbehrlich gewesen wäre (zur Kostenentscheidung zu Lasten des Versicherungsträgers bei erfolgreicher Beschwerde vgl. auch OLG Naumburg, Beschluss vom 13.01.2003, 8 UF 147/02, sowie vom 18.08.2000, 14 UF 115/00, jeweils zitiert nach Juris).

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 49 Nr. 3 GKG (vgl. Hartmann, Kostengesetze 36. Aufl., § 49 GKG, Rdn. 7 mit Hinweis auf OLG Stuttgart, FamRZ 2006, 53).

Die Voraussetzungen des § 621 e Abs. 2 ZPO für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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