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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 02.10.2007
Aktenzeichen: 4 UF 123/07
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 119 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 121 Abs. 2
ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2
FGG § 14
FGG § 20
BGB § 1626 Abs. 3 Satz 2
BGB § 1685 Abs. 1
Großeltern haben ein Recht zum Umgang, wenn dies dem Wohl des Kindes dient. Untersagt der sorgeberechtigte Elternteil den Umgang, ist es folglich Sache der Großeltern schlüssig darzutun und notfalls zu beweisen, dass der gleichwohl beantragte Umgang dem Wohl des Kindes dient.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

4 UF 123/07 OLG Naumburg

In der Familiensache

betreffend den Umgang mit

hat der 4. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Joost und die Richterin am Amtsgericht Meier am 02. Oktober 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die befristete Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 30. Mai 2007, Az.: 11 F 302/06 (UG), wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. aus W. zu ihrer Vertretung bewilligt.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen nach einem Geschäftswert von 3.000 € die Antragsteller.

Gründe:

I.

Die befristete Beschwerde der Großeltern gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 30. Mai 2007 (Bl. 121 bis 123 d. A.) ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 621 e Abs. 1 und 3 Satz 2 ZPO in Verb. mit den §§ 517, 520, 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 20 FGG.

Über das zulässige Rechtsmittel kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da der Sachverhalt schon im ersten Rechtszug hinreichend geklärt worden ist (Finger, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl. 2000, § 621 e Rn. 61). In dem sorgfältig betriebenen Verfahren wurden die Großmutter, die Kindesmutter und die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Sch. als Zeugin angehört. Der Senat kann die Ergebnisse der Tatsachenermittlung durch das Familiengericht verwerten und auf eine erneute Anhörung der Beteiligten verzichten (BayObLG, NJW-RR 1991, 777 ff.), zumal im Beschwerdeverfahren keine entscheidungserheblichen neuen Tatsachen vorgetragen sind. Der Senat kommt auch nicht im Detail oder Ergebnis zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Vielmehr erweist sich das Rechtsmittel in der Sache vollen Umfanges als unbegründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht Wernigerode den Antrag der Großeltern auf Einräumung eines Umgangsrechts mit ihren Enkelkindern Patricia und Chantal zurückgewiesen.

Der Senat schließt sich nach nochmaliger Überprüfung und eigenständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage unter besonderer Berücksichtigung sowohl des erst- als auch des zweitinstanzlichen Vorbringens der Beschwerdeführer den zutreffenden Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung an.

Nur ergänzend sei Folgendes bemerkt:

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Umgang zwischen den Großeltern und ihren Enkelkindern Patricia und Chantal derzeit, wie geboten, dem Wohl der Kinder entspricht.

Gemäß § 1685 Abs. 1 BGB haben Großeltern nur ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient. Untersagen die sorgeberechtigten Eltern - wie hier die Kindesmutter - den Umgang mit dem Kind, ist es folglich Sache der Großeltern, schlüssig darzutun und notfalls zu beweisen, dass der gleichwohl beantragte Umgang dem Wohl des Kindes dient. Eine entsprechende Vermutung rechtfertigt, wie sich unzweifelhaft aus § 1626 Abs. 3 Satz 2 BGB ergibt, nicht allein schon das Verwandtschaftsverhältnis.

Es kommt entscheidend darauf an, ob die beantragte Anordnung eines Umgangskontaktes sich positiv auf die Entwicklung der Kinder auswirken könnte, d. h. sie zu fördern vermöchte.

Allein davon kann in Anbetracht der Umstände nicht ausgegangen werden. Das persönliche Verhältnis der Parteien ist so tiefgreifend gestört, dass es ihnen jedenfalls im Moment nicht gelingt, unter Ausklammerung ihrer eigenen Konflikte normal miteinander umzugehen. Der Kontakt fände, vor dem Hintergrund inzwischen bis hin zu Strafanzeigen gediehener Vorwürfe, gegen den nachdrücklich erklärten Willen der Kindesmutter in einer spannungsgeladenen Atmosphäre statt. Die Kinder wären damit hilflos dem beträchtlichen, ihnen wenigstens intuitiv nicht verborgen bleibenden Spannungsverhältnis zwischen den Erwachsenen ausgesetzt, was ihrer Entwicklung nichts weniger als förderlich sein dürfte und zudem psychisch belastende Loyalitätskonflikte heraufbeschwören könnte.

Dass die Parteien nahezu verfeindet sind, ergibt sich - wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat - aus den bisherigen Verfahren zwischen den Parteien und der erneuten Anhörung am 09. Mai 2007. Die Antragsteller haben in der Vergangenheit versucht, der Antragsgegnerin hinterherzuspionieren. Sie nahmen Kontakt mit Einrichtungen wie Kindergarten und Jugendamt auf, um etwas über die Antragsgegnerin und die Kinder herauszufinden. Auch im vorliegenden Verfahren haben sie am 09. November 2006 ohne Wissen und Billigung der Antragsgegnerin das Kind Chantal in der Schule aufgesucht. Es zeigt sich zudem, dass die Antragsteller versuchen, die Antragsgegnerin zu kontrollieren. So möchten sie laut ihrem Beschwerdevorbringen anhand der Anwesenheitsliste der Heimunterbringung feststellen lassen, wann das Kind Patricia zu Hause war oder im Heim verbleiben musste.

Bis auf weiteres werden daher die Großeltern den Wunsch der Kindesmutter auf Ausschluss jeglichen Kontaktes zwischen ihnen und den Enkelkindern zu respektieren haben, da die Voraussetzungen für eine gegenteilige Entscheidung von Gesetzes wegen nach Maßgabe des § 1685 Abs. 1 BGB wenigstens derzeit nicht als erfüllt angesehen werden können.

II.

Der Kindesmutter war allein auf Grund ihres Obsiegens in erster Instanz für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter notwendiger Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten zu bewilligen, und zwar entsprechend ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Zahlungsverpflichtung, §§ 114, 115, 119 Abs. 1 Satz 2, 121 Abs. 2 ZPO in Verb. mit den §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO sowie § 14 FGG.

III.

Die Kostenentscheidung entspricht § 131 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KostO sowie § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG in Verb. mit den §§ 621 a Abs. 1 Satz 1, 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

Die Festsetzung des Geschäftswertes für die Beschwerdeinstanz beruht auf § 131 Abs. 2 KostO in Verb. mit § 30 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KostO.

Ende der Entscheidung

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