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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 11.07.2002
Aktenzeichen: 5 W 29/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888 Abs. 1
Hängt die Ausführung einer Maßnahme, die regelmäßig ohne weiteres von Dritten erledigt werden kann, davon ab, dass ein Dritter sie duldet, kann auch ein Zwangsgeld gegen den Schuldner festgesetzt werden. (§ 888 Abs. 1 ZPO).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

5 W 29/02 OLG Naumburg

In dem Zwangsvollstreckungsverfahren

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 11. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Braun und die Richterinnen am Oberlandesgericht Hahn und Henze-von Staden beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 14. Januar 2002 wird zurückgewiesen.

Der Schuldner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 8.180,67 Euro.

Gründe:

A.

Die Gläubiger erwirkten am 17. November 2000 gegen den Schuldner ein vorläufig vollstreckbares Versäumnisurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle, in dem es unter anderem heißt:

"Der Beklagte wird verurteilt, 1. den in den Wohngebäuden F. Str. 17, 18 befindlichen echten Hausschwamm am Deckengewölbe der Kellerräume, auf der Mauerwerkswand und in dem Versorgungsschacht zum EG durch die Vornahme geeigneter Maßnahmen auf seine Kosten zu beseitigen; 2. geeignete Maßnahmen im Wohngebäude F. Str. 18 in H. zu treffen, die verhindern, dass sich der echte Hausschwamm in das Nachbargebäude F. Str. 17 in H. ausbreitet."

Die Gläubiger befinden sich im Besitz einer vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils. Der Schuldner hat die ihm aufgegebenen Handlungen bisher nicht ausgeführt. Mit Beschluss vom 23. April 2001 hat das Landgericht die Gläubiger ermächtigt, die fraglichen Maßnahmen auf Kosten des Schuldners vornehmen zu lassen und den Schuldner verpflichtet, das Betreten seines Hauses durch das zu diesem Zwecke von den Gläubigern eingeschaltete Unternehmen zu dulden. Gegen diese, ihm am 27. April 2001 zugestellte Entscheidung hat der Schuldner kein Rechtsmittel eingelegt.

Am 14. Dezember 2001 haben die Gläubiger bei dem Landgericht beantragt, ein Zwangsgeld gegen den Schuldner festzusetzen, weil er ihnen untersagt habe, die Erdgeschosswohnung seines Hauses zum Zwecke der Beseitigung des Hausschwamms zu betreten. Er habe ferner den Mieter der Wohnung veranlasst, sich diesem Verbot anzuschließen.

Das Landgericht hat daraufhin durch Beschluss vom 14. Januar 2002, auf den verweisen wird (Bl. 38 bis 40 d.A.) "wegen der Nichtvornahme der ihm durch das ... Urteil ... vom 17. November 2001 (richtig: 2000) ... auferlegten Maßnahmen ..." ein Zwangsgeld in Höhe von 6.000,-- Euro, ersatzweise Zwangshaft gegen den Schuldner festgesetzt.

Der Beschluss ist dem Schuldner am 24. Januar 2002 zugestellt worden. Er hat am 7. Februar 2002 sofortige Beschwerde eingelegt. Seiner Ansicht nach bietet das Versäumnisurteil vom 17. November 2000 mangels genauer Bezeichnung der betroffenen Kellerräume keine hinreichende Grundlage für die Vollstreckungsmaßnahme. Über den Willen der Mieter hinsichtlich des Zugangs zu ihren Wohnungen könne er sich nicht hinwegsetzen. Zudem sei das Zwangsgeld überhöht. Auf den weiteren Inhalt der Beschwerdeschrift wird Bezug genommen (Bl. 45 f. d.A.). Ferner macht er geltend, dass im Bereich der fraglichen Wohnung, die zudem auch nicht ausdrücklich in dem Vollstreckungstitel genannt werde, kein Schwammbefall festgestellt worden sei. Gleichwohl habe er sicherheitshalber das aufgehende Mauerwerk, die Gewölbedecke und die Holzelemente behandeln lassen.

Die Gläubiger haben um die Zurückweisung der Beschwerde gebeten.

Mit Beschluss vom 8. April 2002 hat das Landgericht es abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

B.

Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des Landgerichts Halle vom 14. Januar 2002 ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793, 888 Abs. 1, 891, 569 Abs. 1 und 2 ZPO), aber unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht ein Zwangsgeld und ersatzweise Zwangshaft gegen den Schuldner festgesetzt, um ihn zur Vornahme der nach dem Versäumnisurteil vom 17. November 2000 geschuldeten Handlungen anzuhalten (§ 888 Abs. 1 ZPO).

Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (§§ 704 Abs. 1, 724 f., 750 Abs. 1 ZPO) sind erfüllt. Die titulierte Verpflichtung des Schuldners ist in dem Versäumnisurteil hinreichend bestimmt. Insbesondere steht dem nicht entgegen, dass die Kellerräume, in denen der Schuldner die fraglichen Maßnahmen zu treffen hat, nicht näher gekennzeichnet wurden. Offensichtlich sind alle Kellerräume der fraglichen Häuser gemeint.

Zwar ist die Verpflichtung des Schuldners auf die Vornahme von Maßnahmen gerichtet, die regelmäßig ohne weiteres von Dritten erledigt werden können. Ihre zwangsweise Durchsetzung hat daher grundsätzlich gemäß § 887 Abs. 1 ZPO im Wege der Ermächtigung der Gläubiger zur Ersatzvornahme stattzufinden. Hängt indes die Ausführung solcher Handlungen davon ab, dass ein Dritter, beispielsweise der Mieter der betroffenen Räume, sie duldet, kann auch ein Zwangsgeld gegen den Schuldner festgesetzt werden (§ 888 Abs. 1 ZPO). Allein der Schuldner ist auf Grund einer nach § 887 Abs. 1 ZPO ergangenen gerichtlichen Anordnung zur Duldung der Ersatzvornahme verpflichtet. Deshalb kann nur sein Widerstand, nicht aber auch der eines Dritten gemäß § 892 ZPO beseitigt werden (Zöller-Stöber, ZPO, 23. Aufl., § 892 Rn. 1). Dem Gläubiger ist infolgedessen bei mangelnder Duldungsbereitschaft des Dritten die Möglichkeit der Ersatzvornahme genommen. Die Duldung des Dritten zu erwirken, obliegt auf Grund der titulierten Handlungspflicht dem Schuldner, der dazu ggfls. gerichtlich gegen den Dritten vorgehen muss. Daher ist er in solchen Fällen durch die Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Vornahme der geschuldeten Handlung anzuhalten (Zöller-Stöber, a. a. O., § 888 Rn. 2).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Gläubiger wurden dadurch an der Ersatzvornahme gehindert, dass der Mieter des Schuldners ihnen den Zutritt zu den fraglichen Räumen verweigerte. Dass die Räume des Mieters nicht ausdrücklich in dem Vollstreckungstitel aufgeführt sind, spielt angesichts der Verurteilung des Schuldners zu umfassenden Schwammbeseitigungs- und vorbeugungsmaßnahmen in den betroffenen Häusern keine Rolle.

Der Festsetzung des Zwangsgeldes steht nicht die von den Gläubigern bestrittene Behauptung des Schuldners entgegen, er habe die titulierte Verpflichtung bereits erfüllt.

Zwar haben Anordnungen nach den §§ 887 Abs. 1, 888 Abs. 1 ZPO zu unterbleiben, wenn nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien feststeht, dass die geschuldete Handlung schon vorgenommen wurde. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist im Vollstreckungsverfahren nach §§ 887 Abs. 1, 888 Abs. 1 ZPO indes nur zu beachten, wenn er außer Streit steht. Sofern der Gläubiger die Erfüllung bestreitet, ist der Schuldner auf die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 Abs. 1 ZPO) verwiesen (OLG Köln, Rpfleger 1986, 310; OLG München, NJW-RR 1998, 22, 23 m. w. Nachw.; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 887 Rn. 4, § 888 Rn. 7).

Auch gegen die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes und gegen die Bemessung der Zwangshaft bestehen keine Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 891 Satz 3, 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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