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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 20.06.2002
Aktenzeichen: 7 U (Hs) 59/01
Rechtsgebiete: GWB, AktG, EnWG, KWKG, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

GWB § 1
AktG § 15
EnWG § 10
EnWG § 3 Abs. I
EnWG § 10 Abs. I S. 1
KWKG § 5 Abs. I
KWKG § 2 Abs. I S. 1
KWKG § 2 Abs. I S. 3 Nr. 2
KWKG § 3 Abs. I S. 1 2. Alt.
KWKG § 4 Abs. I S. 1
KWKG § 4 Abs. II
KWKG § 3
KWKG § 2 Abs. II
KWKG § 5
KWKG § 5 Abs. I
ZPO § 91
ZPO § 97
ZPO § 101
ZPO § 264 a.F.
ZPO § 523
ZPO § 711
ZPO § 543 n.F.
ZPO § 528 Abs. I
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 528 Abs. II a.F.
EGZPO § 26 Nr. 7
Dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz unterfallen nur solche Energieversorgungsunternehmen, die Strom an Letztverbraucher aufgrund allgemeiner Bedingungen und Tarife liefern (§ 10 EnWG).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 U (Hs) 59/01 OLG Naumburg

verkündet am: 20. Juni 2002

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung nach KWKG

hat der 7. Zivisenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Corcilius und den Richter am Amtsgericht Dr. Koch auf die mündliche Verhandlung vom 07. Mai 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. Mai 2001 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsrechtszuges einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte und die Nebenintervenienten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 14.000,- Euro abzuwenden, wenn nicht die Beklagte und die Nebenintervenienten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 412.908,03 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Zahlung eines Belastungsausgleichs nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG).

Die Klägerin ist Eigentümerin und Betreiberin der Infrastruktureinrichtungen des Chemiestandorts L. . Sie bezieht über die L. GmbH i.L. (L. ) und die K. GmbH (K. ) Strom, der in Kraftwerken mit Kraft - Wärme - Kopplungsanlagen (KWK - Anlagen ) erzeugt wird. Bei diesen KWK - Anlagen handelt es sich um 1994 bzw. 1998 in Betrieb genommene Gas- und Dampf-Turbinen-Anlagen, in denen auf der Basis von Erdgas Strom und Dampf erzeugt werden. Die Verträge zum Bezug des Stromes aus den KWK - Anlagen wurden am 15. Mai 1996 mit der L. GmbH und am 13. März 1997 mit der M. abgeschlossen. Der letztgenannte Vertrag wurde durch Überleitungsvertrag vom 16. Dez./28. Dez. 1998/18. Jan. 1999 auf die 100%ige M. Tochter K. übertragen. Ein zwischen der Klägerin und der Beklagten 1996 geschlossener "Vertrag über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit", der u.a. auch die Ausspeisung von Strom aus dem Netz der Klägerin in das Netz der Beklagten regelte, wurde zum 31. Dez. 1999 gekündigt.

Auf Antrag vom 26. Juli 2001 wurde der Klägerin unter dem 09. Oktober 2001 durch das Ministerium für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt die Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit Elektrizität gemäß § 3 Abs. I Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) erteilt. Die Genehmigung von Allgemeinen Tarifen über die Versorgung mit elektrischer Energie in Niederspannung wurde unter dem 10. Dez. 2001 mit Wirkung zum 01. Jan. 2002 erteilt.

Mit Schreiben vom 09. Juni 2000 erteilte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über die Vergütung von Strom nach dem KWK-Gesetz in Höhe von insg. 1.073.232,- DM. Hierauf antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 19. Juni 2000, mit dem sie der Klägerin einen Fragebogen zur Nachweisführung bezüglich der Einstufung der Anlagen als KWK - Anlagen nach dem KWKG übersandte. Zugleich erklärte sie, die Rechnungsposition 1 sei unstreitig und die Position 2 zu korrigieren; hinsichtlich der Position 3 bedürfe es einer gesonderten Nachweisführung. Die Rechnung wurde sodann hinsichtlich der Rechnungsposition 2 unter dem 12. Juli 2000 korrigiert. Nach weiterem Schriftverkehr brachte die Beklagte sodann die Rechnungsposition 1 in Höhe von netto 543.960,- DM zum Ausgleich und erklärte, wegen unterschiedlicher Ansichten zur Auslegung des KWKG die weiteren Positionen zunächst zurückstellen zu müssen.

Unter dem 07. Sept. 2000 erteilte die Klägerin der Beklagten sodann eine weitere Rechnung für die Lieferung von Strom in Höhe von 200.609,09 DM.

Diese Rechnung sowie die Position 1 der Rechnung vom 09. Juni 2000 waren Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht.

Zwischenzeitlich hat die Klägerin unter dem 06. März 2002 eine weitere Rechnung an die Beklagte erteilt, aus der sie die Position 1 in Höhe von 174.444,41 Euro als Vergütung für Strom aus der Anlage GuD S. im Wege der Klageerweiterung geltend macht.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 06. Dez. 2000 der V. AG den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und hat ihrerseits der B. AG sowie der H. AG mit Schriftsatz vom 14. März 2001 den Streit verkündet. Die B. AG ist dem Rechtsstreit ebenfalls auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, hinsichtlich der Rechnungsposition 2 aus der Rechnung vom 09. Juni 2000 in der korrigierten Fassung stehe ihr ein Anspruch auf Belastungsausgleich nach § 5 Abs. I KWKG i.V.m. § 2 Abs. I S. 3 Nr. 2 KWKG zu. Sie habe im Zeitraum vom 18. bis 31. Mai 2000 Strom im Umfang von 9.072 MWh aus der GuD K. abgenommen, wofür die Beklagte als vorgelagerte Netzbetreiberin Belastungsausgleich in Höhe von 3 Pfg./KWh, mithin 30,- DM/MWh, zu zahlen habe.

Dazu hat sie behauptet, sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen, da sie als Netzbetreiberin Strom aus KWK - Anlagen aufnehme und hierfür Zahlungen leiste. Sie versorge auf dem Gelände des Chemiestandorts gewerbliche und freiberuflich tätige Abnehmer sowie private Abnehmer mit Strom und sei daher als allgemeiner Versorger von Letztverbrauchern im Sinne des KWKG anzusehen. Dieser Begriff sei mit dem Begriff des § 10 EnWG nicht identisch, da nach dem Zweck des KWKG nicht nur kommunale Anlagen oder kommunale Energieversorger gefördert werden sollten, sondern auch die industrielle Kraft-Wärme-Kopplung. Zudem beziehe sich § 2 Abs. I S. 3 Nr. 2 KWKG, der eine eigene Anspruchsgrundlage darstelle, auf jedes Energieversorgungsunternehmen, welches auf Grund von Verträgen, die vor dem 01. Jan. 2000 geschlossen sind, Strom aus KWK - Anlagen beziehe. Da sie Zahlungen nach § 3 Abs. I S. 1 2.Alt. KWKG zu leisten habe, sei sie auch belastet und damit anspruchsberechtigt.

Weiter hat die Klägerin behauptet, ihr stehe für Stromeinspeisungen in das Netz der Beklagten im Umfang von 1.921,543 MWh im August 2000 ein Anspruch von 90,- DM/MWh aus § 4 Abs. I S.1. KWKG zu, wie sie ihn der Beklagten mit Schreiben vom 07. Sept. 2000 in Rechnung gestellt habe. Für die Anwendung des § 4 Abs. II KWKG sei insoweit kein Raum, als der Vertrag über energiewirtschaftliche Zusammenarbeit, den sie mit der Beklagten 1996 geschlossen habe und auf dessen Grundlage die Einspeisung von Strom in das Netz der Beklagten erfolgt sei, gekündigt sei.

Da die Einspeisung auch nach der Kündigung erfolgt sei, sei die Vorschrift des § 3 KWKG anwendbar. Gemäß § 4 Abs. I S. 1 KWKG betrage die Vergütung mindestens 9 Pfg. pro KWh. Soweit die Beklagte für die Einspeisung nur einen Betrag von 3 Pfg./KWh als Belastungsausgleich anerkannt habe, sei dies unzutreffend.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 263.829,39 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 04. August 2000 sowie weitere 200.609,09 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 28. Dezember 2000 zu zahlen.

Die Beklagte und die Streitverkündeten zu 1. und 2. haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe ein Belastungsausgleich nicht zu. Ein Anspruch auf Belastungsausgleich stehe nur dem Berechtigten zu, der Tarifabnehmer mit Strom versorge und ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen sei, welches die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne von § 10 Abs. I S. 1 EnWG sicherstelle. Zudem müsse der Berechtigte eine KWK - Anlage betreiben, da nur dann Belastungsausgleichsansprüche geltend gemacht werden könnten. Schließlich müssten kumulativ dazu auch die Prozentwerte des § 2 Abs. II KWKG erfüllt sein, damit ein Anspruch der Klägerin bestehe. An diesen drei Voraussetzungen fehle es aber bei der Klägerin.

Die V. AG (Streitverkündete zu 1.) hat die Ansicht vertreten, die Klägerin, die Strom nicht selbst herstelle, sondern einkaufe, um ihn dann weiterzuverkaufen, handele als Wirtschaftsunternehmen gewinnorientiert und unterfalle daher nicht dem KWKG. Das Stromnetz der Klägerin sei nicht an das Netzsystem der allgemeinen - öffentlichen - Versorgung angeschlossen, sondern beschränke sich auf das L. -Gelände, weshalb ebenfalls die Regelungen des KWKG keine Anwendung finden könnten.

Weiter hat sie die Ansicht vertreten, bei der Klägerin handele es sich nicht um ein Energieversorgungsunternehmen der Allgemeinversorgung, wie es für einen Anspruch aus § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG i.V.m. § 5 KWKG erforderlich sei. Es fehle insoweit an der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern im Sinne von § 10 EnWG: Weder versorge die Klägerin Tarifkunden innerhalb eines bestimmten Gemeindegebiets auf Grundlage veröffentlichter Allgemeiner Versorgungsbedingungen und Tarife noch bestehe eine Anschlusspflicht.

Die Klägerin sei auch nicht belastet im Sinne von § 5 KWKG, da sie ihrerseits keine Zahlungen nach §§ 3, 4 KWKG erbringe. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Klägerin eine Mindestvergütung von 9 Pfg./KWh an die Betreiber der L. - und K. - Anlagen zahle.

Die Streitverkündete zu 1. vertritt weiter die Ansicht, das KWKG sei europarechtswidrig. Das Gesetz sei gemäß Art. 88 Abs. III EGV der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt worden, diese sei aber bislang nicht erfolgt, so dass das Gesetz nicht anwendbar sei. Zudem beinhalte die Regelung des KWKG zur Abnahme- und Vergütungspflicht eine unzulässige Beihilfe nach Art. 87 Abs. I EGV. Schließlich verstoße das Gesetz auch gegen den Grundsatz der Freiheit des Warenverkehrs nach Art. 28 EGV, weil der Zugang zum deutschen Markt für EU-Anbieter durch die gesetzliche Abnahmeverpflichtung von deutschem KWK-Strom erschwert werde.

Schließlich sei das KWKG auch verfassungswidrig, da es gegen die Grundsätze der Finanzverfassung, Art. 105 ff. GG, verstoße. Die Vergütungspflicht nach KWKG stelle insofern eine unzulässige Inanspruchnahme Dritter dar. Zudem verstießen die Regelungen des KWKG gegen Art. 12 Abs. I GG, da die Netzbetreiber durch die Abnahme- und Vergütungspflicht in ihrer unternehmerischen Vertrags- und Preisgestaltungsfreiheit eingeschränkt würden.

Die B. AG (Streitverkündete zu 2.) hat die Ansicht vertreten, ein Anspruch der Klägerin bestehe weder nach §§ 5 Abs. I, 2 Abs. I S. 1 KWKG noch nach §§ 5 Abs. I, § 2 Abs. I S. 3. Ziff. 2 KWKG. Insoweit fehle es bereits daran, dass die Klägerin kein Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 10 Abs. I EnWG sei. Der Anwendungsbereich des KWKG sei auch nicht über § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG auf die Klägerin erweitert, da auch hierfür nach dem Wortlaut sowie nach Zielsetzung und Entstehungsgeschichte des Gesetzes notwendig sei, dass es sich um ein Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung handele. Der Belastungsausgleich sei nur für die Einspeisung von Strom aus KWK - Anlagen in die allgemein Versorgung vorgesehen, woran es ebenfalls fehle, da die Klägerin ein öffentliches Netz nicht unterhalte.

Zudem verstoße der Liefervertrag der Klägerin mit den KWK - Anlagenbetreibern auf Grund der darin enthaltenen Gesamtbedarfsdeckungsklausel und der Demarkationsabsprache in Verbindung mit der zwanzigjährigen Laufzeit gegen § 1 GWB und Art. 81 Abs. I EGV.

Das Landgericht Halle - 1. Kammer für Handelssachen - hat die Klage mit Urteil vom 31. Mai 2001, welches in RdE 2001, 195 veröffentlicht worden ist, abgewiesen.

Der Klägerin stehe weder ein Anspruch aus §§ 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2, 5 KWKG noch aus §§ 3 Abs. I, III, 4 KWKG zu, da sie nicht unter den Schutzzweck des KWKG falle. Abzustellen sei darauf, ob das Energieversorgungsunternehmen ein solches sei, das die allgemeine Versorgung im Sinne des § 10 EnWG betreibe. Dies setze voraus, dass es sich um die Allgemeinversorgung von Tarifkunden im Rahmen allgemeiner Versorgungsbedingungen und Tarife handele, die behördlich genehmigt seien. Der Begriff der allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern entspreche im Rahmen des KWKG dem Terminus des EnWG. An einer solchen Allgemeinversorgung fehle es bei der Klägerin aber, da deren Hauptabnehmer Industriebetriebe seien. Auch ein Anspruch auf Belastungsausgleich bestehe nicht, da nur Strom aus industriellen KWK - Anlagen in den Schutzzweck des Gesetzes einbezogen sei, der in das Versorgungsnetz eines Energieversorgungsunternehmens der allgemeinen Versorgung gelange. Daran fehle es vorliegend. Für einen Anspruch aus § 4 Abs. I KWKG fehle eine hinreichende Darlegung der Klägerin dazu, wie viel Strom sie konkret woher beziehe, so dass die Abrechnung nicht nachvollziehbar sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung.

Zur Begründung trägt sie vor, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Vortrag zu Mengen und Bezugsquellen des abgerechneten Stroms unsubstantiiert sei: Soweit es die Einspeisung von Strom in das Netz der Klägerin aus der GuD-Anlage der K. angehe, habe die Beklagte in ihrem vorgerichtlichen Schreiben vom 19. Juni 2000 die Mengenangaben zwar angezweifelt und um Korrektur gebeten. Die daraufhin von der Klägerin vorgenommene Korrektur sei insbesondere im Hinblick auf die Liefermengen dann nicht mehr bestritten worden. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen sei zudem unzulässig, da die Mengenangaben in der Rechnung aus der von der K. erteilten Abrechnung übernommen worden seien, deren Alleingesellschafterin die Beklagte sei.

Soweit hinsichtlich der Einspeisung von Strom in das Netz der Beklagten die Herkunft dieses Stromes vom Landgericht als nicht hinreichend dargelegt angesehen worden sei, sei auch dies unzutreffend: Dieser Strom stamme aus den KWK - Anlagen, die auf dem Standort L. betrieben würden und an das Netz der Klägerin angeschlossen seien, und werde direkt in das Netz der Klägerin eingespeist. Die Beklagte als Mit- bzw. Alleingesellschafterin der KLM- und S. - Anlagen und Betreiberin des dem Netz der Klägerin vorgelagerten Netzes erfasse sämtliche ein- und ausgespeisten Mengen über eigene Messeinrichtungen selbst; die Ermittlung der eingespeisten Mengen beruhe auf den konkreten Angaben der Beklagten selbst, so dass diese den Vortrag der Klägerin in unzulässiger Weise bestreite.

Weiter vertritt die Klägerin die Ansicht, ihr stehe sowohl ein Anspruch auf Belastungsausgleich als auch auf Vergütung zu, da sie dem KWKG unterfalle: Soweit das Landgericht davon ausgehe, dass der Begriff des Energieversorgungsunternehmens im Sinne insb. von § 2 Abs. I S. 3 Nr. 2 KWKG mit dem Begriff des § 10 EnWG identisch sei, sei dies fehlerhaft. Einen einheitliche verwendeten und definierten Begriff der allgemeinen Versorgung gebe es nicht, die Verwendung sei unterschiedlich. Im KWKG diene der Begriff der allgemeinen Versorgung nur dem Ausschluss der reinen Industrieversorgung. Eine solche betreibe die Klägerin aber nicht, da sie ein offenes Netz unterhalte, an das alle im Chemiestandort L. Ansässigen angeschlossen seien bzw. angeschlossen werden könnten.

Die Klägerin vertritt diesbezüglich die Ansicht, sie sei auch ein Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 10 EnWG: Dies ergebe sich aus der vom Ministerium für Wirtschaft und Technologie des Landes Sachsen-Anhalt erteilten Genehmigung vom 09. Okt. 2001. Die Allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie seien genehmigt und öffentlich bekannt gegeben worden; auf ihrer Grundlage erfolge ab Januar 2002 die Versorgung diverser Letztverbraucher.

§ 2 Abs. I S. 3 Nr. 2 KWKG stelle eine eigene Anspruchsgrundlage dar, den sog. 3. Förderweg. Da hier das Energieversorgungsunternehmen anders als in § 2 Abs. I S. 1 KWKG nicht die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern betreiben müsse, sondern die Abnahme und Vergütung von Strom auf Grund von Verträgen ausreichend sei, seien die Voraussetzungen für einen Anspruch erfüllt und die Klägerin könne über § 5 i.V.m. § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG einen Belastungsausgleich verlangen.

Zudem könne sie entgegen der Auffassung des Landgerichts auch einen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte geltend machen: Als Netzbetreiberin des Chemiestandorts sei sie nach § 3 KWKG zur Abnahme und Vergütung des in den GuD - Anlagen erzeugten Stroms verpflichtet. Für die KLM- und S. - Anlagen ergebe sich diese Pflicht aus den geschlossenen Lieferverträgen, § 3 Abs. I S. 1, 2.Hs. KWKG. Die Einspeisung in das Netz der Beklagten sei bis einschließlich Dezember 1999 auf Grundlage des Vertrages über die energiewirtschaftliche Zusammenarbeit aus dem Jahre 1996 erfolgt. Nach der Kündigung diese Vertrages sei die Einspeisung weiter fortgesetzt worden; da ab Jan. 2000 eine vertragliche Grundlage fehle, richte sich die Vergütungspflicht der Beklagten nunmehr nach § 4 Abs. I KWKG und betrage 9 Pfg./KWh.

Klageerweiternd verfolgt die Klägerin nunmehr einen weiteren Rechnungsposten aus einer der Beklagten am 06. März 2002 gelegten Rechnung. Dazu behauptet sie, bezüglich Pos. 1 dieser Rechnung stehe ihr ebenfalls ein Anspruch auf Belastungsausgleich in der geltend gemachten Höhe zu, da der gesamte in der GuD Anlage S. (S. ) erzeugte Strom in ihr Netz eingespeist werde, wobei der Bezug auf Grundlage des Liefervertrages vom 15. Mai 1996 erfolge. Der Anspruch ergebe sich aus § 5 Abs. I i.V.m. § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des am 31. Mai 2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle, Aktenzeichen 10 O 134/00, zu verurteilen, an die Klägerin 263.829,39 DM (134.893,83 Euro) nebst 5 % Zinsen seit dem 04. August 2000 sowie weitere 200.609,09 DM (102.569,80 Euro) nebst 5 % Zinsen seit dem 28. September 2000 sowie weitere 175.444,41 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 28. März 2002 zu zahlen.

Die Beklagte und die Streitverkündeten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags und führen ergänzend aus.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, ein Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung liege nicht bereits vor, wenn ein "offenes" Netz betrieben werde, sondern nur, wenn jeder Kunde des betreffenden Gebiets angeschlossen und versorgt werden müsse.

Wenn die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin selbst Betreiberin der KWK - Anlagen sei, so sei für sie der Förderweg nach § 2 Abs. I S. 1 KWKG eröffnet, nicht aber für die Klägerin. Zudem sei hinsichtlich der Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nicht dargelegt, dass das Netz der Klägerin technisch nicht in der Lage sei, die Einspeisungen aufzunehmen. Bezüglich des geltend gemachten Belastungsausgleichs sei mit dem LG Berlin (RdE 2001, 233 ff.) davon auszugehen, dass der sog. 3. Förderweg nach § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG leer laufe, daraus also Ansprüche nicht hergeleitet werden könnten.

Zur Klageerweiterung vertritt die Beklagte die Ansicht, auch der damit verfolgte Anspruch stehe der Klägerin nicht zu, da auch insoweit die Förderfähigkeit fehle. Zudem behauptet sie, Strom wie in der Abrechnung vom 06. März 2002 aufgeführt sei an sie nicht geliefert worden. Zudem dürfe USt. für den KWKG - Belastungsausgleich nicht berechnet werden, so dass die Rechnung wegen dieses Fehlers auch nicht fällig sei.

Die Streitverkündete zu 1. vertritt die Ansicht, die Klägerin sei - wovon das Landgericht zutreffend ausgegangen sei - nicht förderfähig nach dem KWKG. Es fehle an den Voraussetzungen eines Energieversorgungsunternehmens der allgemeinen Versorgung im Sinne des § 10 EnWG. Der Begriff sei einheitlich zu verwenden. Zwar sei die Klägerin ein Energieversorgungsunternehmen, aber sie betreibe keine allgemeine Versorgung, da sie keine Versorgungspflicht habe. Vielmehr sei die Klägerin allein zu dem Zweck ins Leben gerufen worden, um die Infrastruktur der Chemiestandorts zu unterhalten. Sie betreibe zu diesem Zweck eine gezielte Versorgung einer bestimmten und abgrenzbaren Kundengruppe und damit eben keine allgemeine Versorgung.

Weiter vertritt sie die Ansicht, die Klägerin habe die Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem KWKG bereits nicht hinreichend dargelegt, da die Angaben zum Bezug des Stroms einerseits und der Einspeisung andererseits zu unkonkret seien: Der Strom müsse aus KWK - Anlagen stammen, was aber nicht im Einzelnen vorgetragen sei. Insbesondere habe sich die Klägerin zu dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 10. April 2001 nicht weiter erklärt, wo es heiße, dass der Strom aus der K. - Anlage zunächst in das Netz der Beklagten eingespeist werde.

Da die Klägerin nicht förderfähig sei, stehe ihr ein Anspruch auf Belastungsausgleich nicht zu: § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG stelle nach dem Gesetzeszweck nur eine Zurechnungsnorm dar, was zur Folge habe, dass ein Anspruch nur bestehe, wenn die Voraussetzungen des § 2 Abs. I S. 1 KWKG erfüllt seien, woran es bei der Klägerin fehle.

Auch ein Vergütungsanspruch bestehe mangels Förderungsberechtigung der Klägerin nicht. Die Beklagte ihrerseits sei im Verhältnis zur Klägerin bereits nicht abnahme- und vergütungspflichtig.

Die Streitverkündete zu 2. vertritt ebenfalls die Ansicht, die Klägerin sei nicht förderfähig nach dem KWKG, da sie kein Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung sei. Die Klägerin betreibe ein reines Industrienetz, ohne dass eine Versorgungspflicht für sie bestehe. Auch über § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG entstehe eine Förderfähigkeit nicht, da eine Gleichstellung hier voraussetze, dass der Strom in ein Netz der allgemeine Versorgung eingespeist werde, woran es gerade fehle.

Zudem sei nicht dargelegt, woher und auf welcher Grundlage die Klägerin Strom beziehe: Es fehle bereits an der Darlegung dazu, dass zwischen der Klägerin und der K. ein Liefervertrag vor dem 01. Jan. 2000 geschlossen sei. Der Vertrag vom 13. März 1997 beziehe sich allein auf das Verhältnis Klägerin - S. . Die Voraussetzungen des § 3 KWKG seien ebenfalls nicht hinreichend dargetan.

Ansprüche der Klägerin auf Belastungsausgleich und Einspeisungsvergütung bestünden mangels Förderfähigkeit nicht. § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG stelle allein eine Zurechnungsnorm dar, so dass keine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des KWKG auf andere als Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung gegeben sei. Nach Kündigung des Vertrages über die Einspeisung in das Netz der Beklagten stehe der Klägerin ein Anspruch weder aus § 4 Abs. I noch aus § 4 Abs. II KWKG zu. Die Beklagte sei auch nicht die nächstgelegene Netzbetreiberin im Sinne des § 3 Abs. I S. 2 KWKG, dies sei vielmehr die Klägerin selbst. Auch sei nicht dargetan, dass das Netz der Klägerin technisch nicht zur Aufnahme des eingespeisten Stroms geeignet sei.

Die erteilte Genehmigung vom 09. Okt. 2001 ändere an der Sachlage nichts: Eine Rückwirkung komme dieser Genehmigung nicht zu. Zudem sei nach § 2 Abs. I S. 1 KWKG erforderlich, dass das Energieversorgungsunternehmen bereits vor dem 01. Jan. 2000 als solches der allgemeinen Versorgung nach § 10 Abs. I EnWG tätig gewesen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien und das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO).

Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 23. April 2002 die Klage um einen Betrag in Höhe von 175.444,41 Euro erweitert hat, bestehen hiergegen keine Bedenken. Eine derartige Klageerweiterung ist gemäß §§ 523, 264 ZPO a.F. auch im Berufungsrechtszug möglich [vgl. zur ZPO a.F. nur Zöller/Gummer, ZPO, 22. Aufl., § 528, Rn. 9]. Der Klageerweiterung liegt im Wesentlichen der bereits zur Begründung der in I. Instanz geltend gemachten Ansprüche dargestellte Lebenssachverhalt zu Grunde. Eine Zurückweisung nach § 528 Abs. I, II ZPO a.F. kommt nicht in Betracht.

2.

Die Berufung ist in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Landgericht hat zurecht die Anwendbarkeit des KWKG auf die Klägerin verneint.

Soweit die Klägerin mit der Klage bzw. der Klageerweiterung in II. Instanz Ansprüche aus dem KWKG geltend macht, handelt es sich zum einen um Ansprüche auf Zahlung des sog. Belastungsausgleichs nach §§ 5 Abs. I, 3 Abs. I, III KWKG (ursprüngliche Klageforderung und Klageerweiterung II. Instanz), zum anderen um Ansprüche auf Vergütung des in das Netz der Beklagten eingespeisten Stroms, § 4 KWKG (Klageerweiterung I. Instanz).

a) Um derartige Ansprüche geltend machen zu können, muss die Klägerin - bevor überhaupt auf die Tatbestandsmerkmale der einzelnen Anspruchsgrundlagen einzugehen ist - dem persönlichen Anwendungsbereich des KWKG unterfallen.

Der Anwendungsbereich des KWKG ist in § 2 KWKG geregelt. Diese Vorschrift bestimmt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die mit dem KWKG letztlich bezweckte Förderung zu erhalten. Dabei werden in § 2 Abs. I KWKG insgesamt drei sog. "Förderwege" eröffnet:

aa) Den Grundfall (1. Förderweg) regelt dabei § 2 Abs. I S. 1 KWKG, wonach der Anwendungsbereich des Gesetzes dann eröffnet ist, wenn der maßgebliche Strom in den näher beschriebenen KWK - Anlagen erzeugt wird und die Anlage von einem Energieversorgungsunternehmen betrieben wird, welches die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellt und als Energieversorger bereits am 31. Dez. 1999 tätig war.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin unstreitig nicht: Sie betreibt die fraglichen Anlagen, aus denen sie den Strom bezieht, nicht selber, sondern kauft den Strom von den Betreibern der Anlagen.

bb) Der sog. 2. Förderweg ergibt sich aus § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 1 KWKG. Danach ist dem Strom des 1. Förderwegs derjenige Strom gleichgestellt, der aus KWK - Anlagen stammt, an deren Betreiberunternehmen das Energieversorgungsunternehmen am 31. Dezember 1999 mit mindestens 25 % beteiligt war oder mit dem es im Sinne von § 15 AktG verbunden war.

Auch diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt.

cc) Als 3. Förderweg sieht das KWKG schließlich vor, dass Strom nach § 2 Abs. I S. 1 KWKG, der Strom aus KWK - Anlagen gleichgestellt ist, der auf Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 01. Jan. 2000 abgeschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird, § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG.

Hierauf beruft sich die Klägerin und trägt vor, § 2 Abs. I S. 3 Nr. 2 KWKG, der eine eigene Anspruchsgrundlage darstelle, beziehe sich auf jedes Energieversorgungsunternehmen, welches auf Grund von Verträgen, die vor dem 01. Jan. 2000 geschlossen sind, Strom aus KWK - Anlagen beziehe. Demgegenüber behaupten die Beklagte und die Streitverkündeten - mit teilweise unterschiedlichen Begründungen -, die Vorschrift beinhalte keine eigenständige Anspruchsgrundlage, sondern sei nur eine Zurechnungsnorm, so dass nicht jedes Energieversorgungsunternehmen hiernach förderfähig sei, sondern nur ein solches, das auch § 2 Abs. I S. 1 KWKG unterfalle.

Das LG Halle hat in seiner Entscheidung darauf abgestellt, dass auch über § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG nur Energieversorgungsunternehmen förderfähig sind, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern betreiben. Hinsichtlich des Begriffs der "allgemeinen Versorgung" hat es auf § 10 EnWG abgestellt und daran anknüpfend festgestellt, dass eine solche nur vorliegt, wenn das Energieversorgungsunternehmen auf Grund veröffentlichter Allgemeiner Bestimmungen und Tarife die Versorgung durchführt und verpflichtet ist, jedermann anzuschließen und zu versorgen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat es dann in Bezug auf die Klägerin verneint.

Dieser Ansatz des Landgerichtes ist zutreffend:

In der Literatur wird dabei zum Teil die Auffassung vertreten, der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG die Förderung nicht ohne weiteres auf alle industriellen Anlagen ausweiten wollen, sondern nur solchen Strom fördern wollen, der für die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern genutzt werde [Köster/Scholtka, Anm. zu LG Halle, Urt. v. 31.05.2001, in RdE 2001, S. 196 f.].

Weiter wird die Auffassung vertreten, eine Förderung über den sog. 3. Förderweg könnten nur solche Energieversorgungsunternehmen in Anspruch nehmen, die zugleich die Voraussetzungen des sog. 1. Förderwegs erfüllten [Kaiser-Stockmann/Kasche, Anm. zu LG Berlin, Urt. v. 14.06.2001, RdE 2001, S. 235 ff.].

Dem stehen andere Stimmen der Literatur gegenüber, die die Vorschrift ohne weitere Einschränkungen auf alle Energieversorgungsunternehmen beziehen wollen, soweit diese Strom aus KWK - Anlagen bezögen und dafür zahlten [so i.E. Friedrich, RdE 2001, S. 9 ff.; Voswinkel, RdE 2001, S. 134 ff.; Salje, ET (Energiewirtschaftliche Tagesfragen) 2001, 601 ff.; Moraing in Ludwig/Odenthal, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, § 2 KWKG, Rn. 12].

In der Rechtsprechung haben sich neben dem LG Halle das LG Berlin [RdE 2001, S. 233 ff.] und das LG Essen [Urt. v. 27. Nov. 2001, 12 O 317/01] mit der Vorschrift auseinander setzen müssen, wobei allerdings die Ausgangskonstellation von der hier zu Grunde liegenden jeweils abweicht.

Die Fragestellung, ob die Klägerin dem persönlichen Anwendungsbereich des KWKG unterfällt, lässt sich nur nach dem Zweck des Gesetzes beantworten. Dieser ergibt sich zunächst aus dem Gesetzentwurf zum KWKG [BT-Drs. 14/2765]: Danach sollten durch das KWKG sog. "stranded investments" im Bereich bestehender KWK - Anlagen der allgemeinen Versorgung vermieden werden. Bei diesen Anlagen standen die vergleichsweise hohen Stromerzeugungskosten den mit der Liberalisierung des Strommarktes einhergehenden sinkenden Strombezugspreisen gegenüber, was zu einer Unwirtschaftlichkeit des Betriebs von KWK - Anlagen führen konnte. Dies sollte durch die Regelungen des KWKG aufgefangen werden, wobei es in der Begründung des Entwurfes zugleich auch heißt, dass industrielle KWK im sog. KWK - Aufbaugesetz berücksichtigt werden sollen [BT-Drs. 14/2765, S. 4].

Der ursprüngliche Entwurf ist dann nach Beratung im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie auf Grund der Beschlussempfehlung [BT-Drs. 14/3007] unter Änderungen als KWKG verabschiedet worden. Im Bericht des Abgeordneten Jung heißt es dabei unter III., dass der Gesetzentwurf den Anwendungsbereich auf bestehende KWK - Anlagen der allgemeine Versorgung beschränkt, während durch die Beschlussempfehlung auch Strom aus industriellen KWK - Anlagen einbezogen werden soll, die für die allgemeine Versorgung der Letztverbraucher Strom liefern [BT-Drs. 14/3007, S. 4, IV.]. Daraus folgern neben dem LG Halle auch das LG Berlin und das LG Essen, dass mit dem KWKG allein die Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung gefördert werden sollen.

Dieser Auffassung ist entgegen der Ansicht der Klägerin zu folgen:

Dass § 2 Abs. I S. 1 KWKG nur Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung im Auge hat, ist allgemein unstreitig [vgl. Friedrich, a.a.O.; Hermann, a.a.O.; Moraing, a.a.O., Rn. 4 - 7; Salje, KWKG, § 2, Rn. 2, ebenso LG Berlin, a.a.O.; LG Essen, Urt. v. 27. Nov. 2001, 12 O 317/01 S. 8]. Als Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung wird dabei nahezu einhellig das Energieversorgungsunternehmen angesehen, das zum Anschluss und zur Versorgung von jedermann auf Grund veröffentlichter Bestimmungen und Tarife verpflichtet ist [so etwa Moraing, a.a.O., Rn. 7]. Dies entspricht dem Verständnis der allgemeinen Versorgung des § 10 EnWG, auf den das LG Halle hier abgestellt hat.

Auch das KWKG spricht selbst von allgemeiner Versorgung (so § 1, § 2 Abs. I S. 1). Das mit § 2 Abs. I S. 3 Ziff. 2 KWKG hier eine Erweiterung bezweckt ist, lässt sich der Beschlussempfehlung nicht entnehmen. Dort ist nämlich in der Begründung der Änderung des § 2 angeführt, dass Strom aus industriellen KWK - Anlagen einbezogen werden soll, die für die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern Strom liefern. Gestützt wird diese Auffassung auch durch den Gesetzentwurf zum sog. KWK - Ausbaugesetz [BT-Drs. 14/7024]: Dort heisst es in der Begründung unter A. [BT-Drs. 14/7024 S. 9], dass nach dem KWKG ein Anspruch auf Vergütung für Strom aus KWK - Anlagen besteht, die von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen. Nach dem Ausbaugesetz sollen nun jetzt auch solche KWK - Anlagen in den Anwendungsbereich fallen, die nicht von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, die die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern sicherstellen.

Aus dieser Begründung kann aber nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass dem KWKG nur solche Energieversorgungsunternehmen unterfallen, die Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 10 EnWG darstellen. Ein solches Energieversorgungsunternehmen war die Klägerin aber nicht:

Die Klägerin lieferte den Strom an Letztverbraucher nicht auf Grund allgemeiner Bedingungen und Tarife, sondern auf Grund einzelvertraglicher Vereinbarungen. Sie war zudem nicht verpflichtet, Anschluss und Versorgung der Abnehmer durchzuführen.

Ob das Netz der Klägerin dabei "offen" in dem Sinne war, dass die Klägerin zur Versorgung auch privater und freiberuflicher oder sonstiger nichtindustrieller Abnehmer bereit war, ist dabei unbeachtlich.

Daraus folgt, dass die Klägerin im Zeitpunkt der landgerichtlichen Entscheidung nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des KWKG fiel und daher im Hinblick auf die ursprüngliche Klage nicht anspruchsberechtigt ist.

Auch die zwischenzeitlich erteilte Genehmigung zur Aufnahme der Versorgung anderer mit Elektrizität vom 09. Okt. 2001 ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Genehmigung kann allenfalls Wirkung für die Zukunft und damit für die klageerweiternd in der Berufungsinstanz geltend gemachte Forderung haben. Eine Rückwirkung kann ihr nicht zukommen.

Insoweit stellt sich aber die weitere Frage, ob allein das Vorliegen einer solchen Genehmigung zur Förderfähigkeit der Klägerin führt oder ob auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist. Ließe man allein das Vorliegen der Genehmigung ausreichen, so könnten auch rein industrielle Versorger dadurch förderfähig werden, dass ihnen eine entsprechende Genehmigung erteilt wird, ohne dass überhaupt eine allgemeine Versorgung betrieben wird. Auch dies ist mit dem Zweck des KWKG nicht vereinbar: Es kann nicht darauf ankommen, ob eine Genehmigung vorliegt, sondern allein darauf, ob tatsächlich eine allgemeine Versorgung im Unterschied zu einer gezielten Versorgung stattfindet. Hierfür wird man auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellen müssen. Die Klägerin betreibt vorliegend die Stromversorgung auf dem Chemiestandort L. , wobei nach ihrem eigenen Vortrag ganz überwiegend nichtprivate Abnehmer versorgt werden. Zu diesem Zweck ist die Klägerin auch u.a. ins Leben gerufen worden. Auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse und der räumlichen Eingrenzung des Netzes der Klägerin auf den Chemiestandort L. kann aber dann von einer allgemeinen Versorgung nicht die Rede sein, da der Kreis der Abnehmer in jedem Fall begrenzt ist.

Damit unterfällt die Klägerin nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des KWKG, da sie kein Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung ist. Ist das KWKG aber nicht anwendbar, so kann die Klägerin auch keine Ansprüche nach diesem Gesetz gegen die Beklagte geltend machen.

Auf die Fragen, ob das KWKG europarechts- oder verfassungswidrig ist, kommt es damit nicht mehr an.

3.

Die Berufung und die Klage sind damit insgesamt ohne Erfolg.

Die zu treffende Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97, 101 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision gegen das Urteil ist zuzulassen: Anzuwenden ist gemäß § 26 Nr. 7 EGZPO die Vorschrift des § 543 ZPO n.F., da die mündliche Verhandlung über die Berufung nach dem 01. Jan. 2002 stattgefunden hat. Die Angelegenheit hat auch grundsätzliche Bedeutung, da ihr zunächst reine Rechtsfragen zu Grunde liegen, die in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich behandelt werden und deren Klärung durch das Revisionsgericht nicht nur für den Einzelfall von Bedeutung ist.

Ende der Entscheidung

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