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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 08.03.2004
Aktenzeichen: 7 W (Hs) 3/04
Rechtsgebiete: HGB, GVK, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

HGB § 84 Abs. 1
HGB § 86
HGB § 92a
HGB § 92a Abs. 1
GVK § 17a Abs. 4 Satz 3
ZPO §§ 567 ff
ZPO § 349 Abs. 2
ZPO § 349 Abs. 3
ZPO § 568 Satz 1
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3
ArbGG § 5 Abs. 1
ArbGG § 5 Abs. 1 S. 1
ArbGG § 5 Abs. 3
ArbGG § 5 Abs. 3 S. 1
Zur Abgrenzung des selbstständigen Handelsvertreters vom Arbeitnehmer.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

7 W (Hs) 3/04 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

wegen Ansprüchen aus Vermögensberatervertrag

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Corcilius und den Richter am Landgericht Ehm

am 08.03.2004 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Dessau vom 29.12.2003 abgeändert:

Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für unzulässig erklärt. Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht Dessau verwiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.206,67 Euro festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Beklagte war für die Klägerin als Handelsvertreterin ("Vermögensberaterin im Hauptberuf in der Stufe Agenturleiterin") tätig und wird nach Kündigung des Vertrages auf Schadenersatz in Anspruch genommen, weil sie in dem Glauben, den Vertrag zum 31.12.2002 beendet zu haben und nicht erst zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin (30.09.2003) im Jahre 2003 keine Tätigkeit mehr für die Klägerin entfaltet hat.

Die Parteien streiten darum, ob für derartige Ansprüche der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder zu den Arbeitsgerichten eröffnet ist.

Die Klägerin hat unter Berufung auf eine Entscheidungsserie des Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.1999 die Auffassung vertreten, die Beklagte sei als selbständige Handelsvertreterin im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB anzusehen, so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei und die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch nicht ausnahmsweise gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 92a HGB gegeben sei.

Sie hat zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Beklagte unstreitig in einer Eingangs- und Ausbildungsphase zunächst einem Vermögensberater zugewiesen war, dann als Vermögensberaterassistentin im Nebenberuf tätig war und schließlich als "Handelsvertreter im Hauptberuf in der Stufe eines Agenturleiters" beschäftigt war. Sie hat weiter darauf verwiesen, dass die Beklagte unstreitig nicht in einem Büro der Klägerin tätig war, sondern in einem Büro des Handelsvertreters K. , der wie die Beklagte zur Vertriebsstruktur der Klägerin gehört und der Beklagten gegenüber Betreuungsaufgaben wahrzunehmen hatte, sie insbesondere bei ihrer eigenen Vermittlungstätigkeit zu unterstützen und ihr bürotechnische Dienstleistungen einschließlich einer Onlineanbindung an den Zentralrechner der Beklagten zur Verfügung zu stellen hatte.

Die Klägerin hat weiter behauptet, eine Anwesenheitspflicht habe es nicht gegeben: Wie die Beklagte die bürotechnischen Arbeiten zeitlich organisierte, sei allein ihre Sache gewesen, wobei allerdings gewisse sachliche Zwänge zu berücksichtigen gewesen seien, wie etwa der Umstand, dass Beratungsgespräche üblicherweise erst nach dem üblichen Feierabend der Interessenten und Kunden stattfinden konnten.

Ferner sei der bereits erwähnte Handelsvertreter K. auch nicht gegenüber der Beklagten weisungsbefugt gewesen. Vielmehr sei er selbst Handelsvertreter der Klägerin gewesen, wenn auch auf einer höheren Provisionsstufe.

Sei damit davon auszugehen, dass die Beklagte selbständig im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB gewesen sei, dann ergebe sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch nicht aus § 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 92a Abs. 1 HGB. Die Beklagte sei keine Einfirmenvertreterin im Sinne von § 92a Abs. 1 HGB gewesen. Insbesondere ergebe sich dies nicht daraus, das die Beklagte nach dem Vertrag unstreitig "für die Ausübung einer anderweitigen Beratungs-, Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit .... der vorherigen schriftlichen Einwilligung durch die Gesellschaft" bedurfte. Diese Klausel wiederhole lediglich die aus § 86 HGB folgenden gesetzlichen Gebote. Darüber hinaus sei auch die zweite Voraussetzung des § 5 Abs. 3 ArbGG nicht dargelegt. Bei der Bewertung der dort genannten Einkommensgrenzen sei nämlich zu berücksichtigen, dass die Beklagte ihre Tätigkeit vor Ablauf des rechtlichen Bestandes des Vertragsverhältnisses eingestellt habe, so dass entgegen dem Wortlaut der genannten Vorschrift auf die letzten sechs Monate abzustellen sei, in denen das Vertragsverhältnis von der Beklagten noch störungsfrei erfüllt wurde. Im übrigen seien die von der Beklagten vorgelegten Provisionsabrechnungen offenbar bewusst unvollständig.

Die Beklagte hat gemeint, die Arbeitsgerichte seien zuständig, weil sie Arbeitnehmerin sei. Dies ergebe sich aus der hierarchischen Vertriebsstruktur bei der Klägerin sowie daraus, dass sie unstreitig nicht von zu Hause aus gearbeitet hat. Sie sei auch nicht frei im Einsatz ihrer Arbeitskraft gewesen, weil sie allein die von der Klägerin angebotenen Produkte habe vertreiben dürfen und sie ihre Einnahmen durch direkt von ihr vermittelte Geschäfte erhalten habe.

Jedenfalls sei aber aufgrund von § 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 92a HGB der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.

Die Vertragsklausel, nach der ihr eine anderweitige Vertretertätigkeit nur mit Genehmigung der Klägerin erlaubt sei, führe dazu, dass ihr eine solche anderweitige Tätigkeit derzeit untersagt sei, so dass sie als Einfirmenvertreterin anzusehen sei.

Auch die zweite Voraussetzung des § 5 Abs. 3 ArbGG sei gegeben: Mit Schreiben vom 30.11.2002 habe sie zum 31.12.2002 gekündigt, und in den vorangegangenen 6 Monaten habe sie durchschnittlich 795,47 € verdient.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 29.12.2003 ausgesprochen, dass der beschrittene Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte sei keine Arbeitnehmerin i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG, weil die ihr auferlegten Beschränkungen nicht über die gesetzlichen Beschränkungen hinausgehen. Auch nach § 5 Abs. 3 ArbGG sei nicht der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet, denn ein Handelsvertreter sei nach dem Urteil des BAG vom 15.12.1999 (VersR 2000, 1496, 1500) erst dann als Einfirmenvertreter anzusehen, wenn der Prinzipal von der vertraglich vorgesehenen Möglichkeit, die Einwilligung in eine weitere Tätigkeit des Handelsvertreters zu verweigern, Gebrauch mache. Dafür gebe es im Streitfall aber keine Anhaltspunkte. Die von der Beklagten für die gegenteilige Rechtsauffassung in Anspruch genommene Entscheidung des BAG vom 24.10.2002 stehe dem nicht entgegen, denn diese beziehe sich nicht auf die hier relevante Frage, sondern nehme lediglich eine Abgrenzung der prozessualen Gleichstellung der Ein-Firmen-Vertreter zu Arbeitnehmern nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG zur Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften und Grundsätze auf das Rechtsverhältnis des selbständigen Ein-Firmen-Vertreters vor.

Gegen diesen am 05.01.2004 zugestellten Beschluss hat die Beklagte sofortige Beschwerde einlegen lassen, die am 14.01.2004 beim Landgericht eingegangen ist.

Zur Begründung hat die Beklagte auf 6 Urteile des BAG vom 15.12.1999 verwiesen, in denen allerdings die Frage, ob die dort betroffenen Kläger als Einfirmenvertreter anzusehen seien, nicht entschieden worden sei.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 15.01.2004 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, über die bereits in dem angefochtenen Beschluss genannten Gründe hinaus sei die Beklagte auch deshalb nicht der Regelung des § 5 Abs. 3 ArbGG zu unterstellen, weil sie bereits in den letzten 6 Monaten vor der Beendigung ihres Vertragsverhältnisses am 30.09.2003 ihre Tätigkeit eingestellt und dadurch unter 1.000,00 € monatlich verdient habe, weil sie unstreitig zu dieser Zeit bereits für ein Konkurrenzunternehmen tätig gewesen sei.

B.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVK i.V.m. §§ 567 ff ZPO statthaft und in zulässiger Weise, insbesondere frist- und formgerecht erhoben worden.

Über sie hat der Senat zu entscheiden, denn der nach § 349 Abs. 2, 3 ZPO an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ist nicht Einzelrichter im Sinne von § 568 Satz 1 ZPO (BGH zitiert nach JURIS KORE 312642004).

Sie hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist nicht eröffnet, da nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3; 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 92 a HGB die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte begründet ist. Deshalb ist auf die sofortige Beschwerde der Beklagten der angefochtene Beschluss abzuändern und der Rechtsstreit an das örtlich und sachlich zuständige Arbeitsgericht Dessau zu verweisen (§ 17 a Abs. 2 S. 1 ZPO).

1.

Allerdings hat das Landgericht zu Recht und in unangefochtener Weise angenommen, dass die Beklagte nicht Arbeitnehmerin im Sinne des § 5 Abs. 1 ArbGG ist.

a)

Zur Abgrenzung des selbständigen Handelsvertreters vom Arbeitnehmer gilt folgendes (vgl. hierzu ausführlich zusammenfassend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 11. Mai 2000, Az: 4 Sa 1694/98, zit. nach JURIS Nr: KARE600002561 mit zahlreichen Nachweisen, unter anderem auf BAG, Urt. v. 15.12.1999 - 5 AZR 770/98; Urt. v. 15.12.1999 - 5 AZR 169/99):

Nach § 84 Abs. 2 i.V.m. § 92 Abs. 2 HGB gilt als Angestellter, wer Geschäfte vermittelt, ohne selbständig im Sinn des § 84 Abs. 1 Abs. 1 zu sein. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB wiederum sieht zwei Tatbestandsmerkmale vor: Die Freiheit, seine Arbeitszeit frei zu bestimmen ("Arbeitszeithoheit"), und die Freiheit, seine Tätigkeit zu gestalten ("Tätigkeitsgestaltungsfreiheit"). Allein diese beiden Kriterien sind maßgeblich und stehen nicht zur Disposition der Rechtsprechung. Zwar sind dabei alle Umstände des Falles in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen; die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich jedoch diesen gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen.

Eine Beschränkung der Grundfreiheiten i.S.d. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch Vertrag oder Weisung ist dann nicht gegeben, wenn sie dem gesetzlichen Leitbild des Handelsvertreters entspricht. Ansatzpunkt für die Ermittlung des Leitbildes sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen der Tätigkeit des Handelsvertreters, die vor allem durch die Vorschriften der §§ 84 ff. HGB gesteckt werden. Erst dann, wenn die vertragliche Handhabung zwischen den Parteien stärkere Einschränkungen vorsieht, als sie aufgrund gesetzlicher Regelungen und Obliegenheiten geboten sind, kann dies die Annahme eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Dabei ist für die Frage, ob der Handelsvertreter in seiner Arbeitszeithoheit eingeschränkt ist, allein auf das rechtliche Dürfen gegenüber dem Unternehmer abzustellen. Faktische Zwänge (z.B. Kundenwünsche bzgl. der Gesprächstermine) bleiben unberücksichtigt. Die Arbeitszeithoheit des Vertreters wird insoweit nur dann in statuserheblicher Weise tangiert, wenn ihm genaue Terminvorgaben oder Abschlussfristen gemacht werden, er also hier letztlich nicht mehr autonom entscheiden kann, wann er tätig wird und wann nicht (vgl. LAG Hamm, a.a.O. mit Nachweisen).

Hinsichtlich der Tätigkeitsgestaltungsfreiheit gilt, dass es mit dem Selbständigenstatus eines Handelsvertreters durchaus vereinbar ist, wenn er einem Weisungsrecht unterliegt. Bei Weisungen ist zu unterscheiden, ob sie auf das Produkt oder ob sie sich auf Berichtspflichten oder sonstige Anzeigepflichten beziehen. Weisungen, die sich auf das Produkt beziehen, beeinträchtigen nicht die Selbständigkeit des Vertreters, weil der Vertreter kein eigenes Produkt vertreibt, sondern das Produkt eines anderen vermittelt. Den Inhalt des Vertragsangebots bestimmt allein das Versicherungsunternehmen. Davon zu unterscheiden sind Weisungen, die sich auf Berichtspflichten oder sonstige Anzeigepflichten beziehen. Einer umfassenden Kontrolle unterliegt nur der Arbeitnehmer; der Selbständige braucht sich Kontrollen nicht in gleichem Maße gefallen zu lassen. Solche Weisungen beeinträchtigen die Handlungsfreiheit des Vertreters, wenn ihm kein ausreichender Spielraum mehr verbleibt.

b)

Unter Anwendung dieser Grundsätze sind dem Vortrag beider Parteien keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Beklagte nicht selbständig im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB sein könnte:

Soweit sie vorträgt, es sei erwartet worden, dass sie ab ca. 9.00 Uhr morgens in den Geschäftsräumlichkeiten anwesend sei, ist dieser Vortrag nicht geeignet, um hinreichend konkret darzulegen, dass es ihr rechtlich nicht möglich gewesen sei, ihre Arbeitszeit frei zu bestimmen, sie also letztlich nicht mehr autonom habe entscheiden können, wann sie tätig wird und wann nicht.

Auch der Hinweis auf die Pflicht zur Teilnahme an verschiedenen Schulungen zu festen Terminen (vgl. Bl. 48 d. A.) greift nicht durch, denn insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beklagte sich zunächst in ihre Tätigkeit einzuarbeiten hatte, stellt die Pflicht zur Teilnahme an Schulungen, die auf wenige Termine beschränkt waren und zu deren Dauer nichts vorgetragen ist, keinen Eingriff in die in § 84 Abs. 1 HGB genannten Freiheiten dar (vgl. dazu BAG, Urteil vom 15. Dezember 1999, Az: 5 AZR 169/99, BAGE 93, 132-150 = VersR 2000, 1501 - 1506).

Zu Unrecht meint sie auch, sie sei schon deshalb Arbeitnehmerin gewesen, weil sie keinen Einfluss auf die von ihr vertriebenen Produkte der Klägerin gehabt habe, denn insofern handelt es sich um produktbezogene Weisungen, die die dem gesetzlichen Leitbild des selbständigen Handelsvertreters entsprechende Selbständigkeit nicht beeinträchtigen.

Weiterer konkreter Vortrag zu Beschränkungen der beiden in § 84 Abs. 1 HGB genannten Freiheiten sind dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen.

2.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist aber gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3; 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 92a HGB eröffnet, denn die Beklagte war Einfirmenvertreterin im Sinne des § 92a HGB und hatte in dem gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG maßgeblichen Zeitraum keine höheren als die dort genannten Einkünfte.

a)

Die Beklagte war durch die vorzitierte Klausel im Vermögensberatervertrag im Sinne des § 92a Abs. 1 HGB gehindert, für weitere Unternehmen tätig zu sein. Nach dieser Klausel bedurfte diese Tätigkeit der Einwilligung der Klägerin, so dass ihr eine solche Tätigkeit vor Erteilung dieser Einwilligung untersagt war. Dies genügt, um die Beklagte als Einfirmenvertreterin im Sinne des § 92 a Abs. 1 HGB anzusehen. Insbesondere ist ohne Bedeutung, ob die Klägerin die Einwilligung erteilt hätte, wenn die Beklagte dies gewünscht hätte (vgl. Landesarbeitsgericht Nürnberg 7. Kammer Beschluss vom 21. Mai 2001, Az: 7 Ta 95/01, NZA-RR 2002, 327-328 unter Hinweis auf die einhellige Meinung in Rechtsprechung und Lehre, vgl. OLG Stuttgart, BB 66, 1396; MK-HGB, Komm., Rn. 10 zu § 92 a; Schlegelberger, HGB-Komm., 5. Aufl., Rn. 3 zu § 92 a).

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.12.1999 (5 AZR 3/99, BAGE 93, 112 -131 = VersR 2000, 1496-1501) steht dem nicht entgegen. Zwar hat das BAG in dieser Entscheidung ausgeführt, nicht schon der Umstand, dass die Aufnahme einer zusätzlichen Tätigkeit von der vorherigen Zustimmung des Prinzipals abhängig sei, habe Einfluss auf den Status des Handelsvertreters als Selbständiger, sondern erst die Verweigerung der gewünschten Zustimmung durch den Prinzipal. Damit hat das BAG aber lediglich eine Aussage dazu getroffen, unter welchen Umständen die in § 84 Abs. 1 HGB vorausgesetzte Weisungsfreiheit in einer Weise beeinträchtigt sein könnte, dass die Selbständigkeit des Handelsvertreters in Frage gestellt sein könnte. Nicht damit zu verwechseln ist die Frage, unter welchen Umständen ein - selbständiger (!) - Handelsvertreter deshalb gemäß § 5 Abs. 3 ArbGG in den Genuss des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten kommen soll, weil er als Einfirmenvertreter anzusehen ist. Diese Frage hat das LAG Nürnberg in der vorstehend zitierten Entscheidung zutreffend beantwortet.

b)

Die Beklagte hat auch während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses monatlich nicht mehr als 1.000,00 € auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen (§ 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG)

Nach ihrem unbestritten gebliebenen Vortrag im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.09.2003 (Bl. 19, 21 d.A.) hat sie in den letzten Monaten vor dem 31.12.2002 im Durchschnitt 795,47 € verdient.

Soweit die Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 08.10.2003 (Bl. 25, 34) auf die Rechtsprechung verwiesen hat, nach der es ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt der rechtswirksamen Beendigung des Vertragsverhältnisses ankommt, sondern auf die Bezüge in den letzten sechs Monaten, in denen das Vertragsverhältnis vom Handelsvertreter noch störungsfrei erfüllt wurde, greifen diese Bedenken nicht durch. Unstreitig hat die Beklagte bis Ende 2002 das Vertragsverhältnis grundsätzlich störungsfrei erfüllt. Der Vortrag der Klägerin in der Klageschrift (S. 5), bereits vor März 2003 habe die Klägerin "ihre Tätigkeit erheblich eingeschränkt" (Bl. 5), ist zu unsubstantiiert, als dass er dieser Annahme entgegenstehen könnte.

Die von der Beklagten vorgelegte Aufstellung über ihre Einkünfte in den letzten 6 Monaten trägt aber gerade diesem Umstand Rechnung, dass sie ab Januar 2003 nicht mehr für die Klägerin tätig war: Die Beklagte trägt nicht die Einkünfte vor, die sie in den letzten 6 Monaten vor dem Zeitpunkt erzielt hat, zu dem der Vertrag jedenfalls durch ordentliche Kündigung beendet worden wäre. Sie trägt vielmehr unter Berücksichtigung der von der Klägerin angeführten Rechtsprechung gerade die Einkünfte vor, die sie in den letzten 6 Monaten ihrer Tätigkeit für die Klägerin erzielt hat. Insoweit geht die Hilfsbegründung im Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts von unzutreffenden Erwägungen aus.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 25 Abs. 2 GKG, § 3 ZPO.

Der Streitwert des Zwischenstreits über den zulässigen Rechtsweg entspricht - zumindest in der Rechtsmittelinstanz - nicht dem des Hauptsachewertes. Die Entscheidung über den richtigen Rechtsweg betrifft lediglich eine Prozessvoraussetzung. Weil über die Ansprüche der Klägerin nicht entschieden wird, liegt das Interesse der Klägerin erheblich unterhalb des Hauptsacheinteresses. Der Senat hält als Streitwert ein Drittel der Hauptsacheforderung für angemessen (vgl. Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 21. Mai 2001, Az: 7 Ta 95/01, NZA-RR 2002, 327-328).

Das Landgericht hat den Streitwert für das Verfahren vorläufig auf 30.620,02 € festgesetzt, was keinen Bedenken des Senates begegnet. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt damit 30.620,02 / 3 = 10.206,67 €.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich. Weder hat die hier entschiedene Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung noch weicht der Senat von der Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes ab (§ 17 a Abs. 4 GVG).

Ende der Entscheidung

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