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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 01.08.2003
Aktenzeichen: 7 Wx 2/03
Rechtsgebiete: UmwG, FGG, ZPO, DMBilG, GmbHG


Vorschriften:

UmwG § 264
UmwG § 264 Abs. 1
FGG § 20 Abs. 2
FGG § 27 Abs. 1
ZPO § 546
DMBilG § 16 Abs. 3
GmbHG § 5
GmbHG § 7
GmbHG § 8
GmbHG § 9
GmbHG § 19
GmbHG § 24
GmbHG § 30
GmbHG § 31
GmbHG §§ 58 ff.
Auch bei einer formwechselnden Umwandlung bleiben die von einer Rangrücktrittserklärung betroffenen Verbindlichkeiten bei der Berechnung des Vermögens, das den Nennbetrag des Stammkapitales erreichen muss, außer Betracht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

7 Wx 2/03 OLG Naumburg

In der Genossenschaftsregistersache

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel und die Richter am Oberlandesgericht Corcilius und Dr. Tiemann am 01. August 2003 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 30.06.2003 werden der Beschluss des Landgerichts Stendal vom 19. Juni 2003 - Geschäftsnummer 31 T 2/03 - und der Beschluss des Amtsgerichtes Stendal - Registergericht - vom 14. April 2003 - Geschäftsnummer GnR 127 - aufgehoben.

Das Amtsgericht Stendal - Registergericht - wird angewiesen, die Eintragung der formwechselnden Umwandlung der Antragstellerin in das Register nicht deshalb zu verweigern, weil das Reinvermögen der formwechselnden Gesellschaft nicht vorhanden sei.

Die Verfahren der Erstbeschwerde und der weiteren Beschwerde sind gerichtsgebühren- und auslagenfrei.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weitere Beschwerde wird auf 19.548,33 EUR festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin ist eine eingetragene landwirtschaftliche Genossenschaft, die ihrerseits aus der ehemaligen LPG (T) DSF Sch. hervorgegangen ist.

Am 28./30.09.1992 schlossen die DG Bank Deutsche Genossenschaftsbank und die Antragstellerin hinsichtlich von Altkreditforderungen der Genossenschaftsbank Berlin (GBB), bzw. deren Rechtsvorgängerin der Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft, welche die GBB an die DG Bank abgetreten hatte und der darauf entfallenden Zinsen eine Rangrücktrittsvereinbarung entsprechend § 16 Abs. 3 des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (D-Markbilanzgesetz - DMBilG). Wegen des Wortlauts der Vereinbarung wird auf Bl. 168 ff. v. Bd. I der Registerakten Bezug genommen.

Unter dem 26.02.2002 meldete für die Antragstellerin der Notar D. Sch. in O. mit UR-Nr. 293/2002 die formwechselnde Umwandlung der Antragstellerin in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma Agrargesellschaft N. mbH zur Eintragung in das Register an.

In einer am 18.02.2002 erstellten gutachtlichen Äußerung des Fachprüfungsverbandes von Produktivgenossenschaften in Mitteldeutschland e. V. war ein berücksichtigungsfähiges Vermögen der Antragstellerin im Sinne des § 264 Abs. 1 UmwG nach den Buchwerten der Bilanz zum 30.06.2001 in Höhe von 1.408.269,08 DM angenommen worden.

Die Gutachter kamen zu diesem Ergebnis, indem sie die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank, der Rechtsnachfolgerin der DG Bank Deutsche Genossenschaftsbank in Höhe von 1.262.505,60 DM samt den dafür bis zum 30.06.2001 angefallenen und gestundeten Zinsen in Höhe von 722.799,18 DM wegen der getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung nicht von den bilanzierten Vermögenswerten in Abzug brachten.

Die o.a. Eintragungsanmeldung wurde durch das Amtsgericht Stendal mit Beschluss vom 10.12.2002 zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf Bl. 134 v. Bd. I d. Registerakten Bezug genommen.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das Landgericht Stendal mit Beschluss vom 16. Januar 2003 - 31 T 1/03 - den Beschluss des Amtsgerichts auf und verwies zur erneuten Sachentscheidung an das Amtsgericht zurück.

Mit Beschluss vom 14. April 2003 wies das Amtsgericht den Antrag erneut zurück und stützte sich zur Begründung darauf, dass das nach Abzug der Schulden verbleibende Vermögen der Antragstellerin den Nennbetrag des Stammkapitals der Gesellschaft, die aus dem Rechtsformwechsel hervorgehen solle, nicht erreiche. Die vorliegende Rangrücktrittsvereinbarung zwischen der Rechtsvorgängerin der DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank und der Antragstellerin vom 28./30.09.1992 beseitige nur die bilanzielle Überschuldung. Diese Verbindlichkeiten blieben aber trotzdem bestehen, auch wenn sie jetzt nicht geltend gemacht würden und seien demzufolge nicht als Kapital anzusehen, das der Genossenschaft zur Verfügung stehe. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung des Amtsgerichts wird auf den Beschluss vom 14. April 2003 (Bl. 183 v. Bd. I der Registerakten) und den Nichtabhilfebeschluss vom vom 14. Mai 2003 (Bl. 1 f. v. Bd. II der Registerakten) Bezug genommen.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht Stendal mit Beschluss vom 19. Juni 2003 - 31 T 1/03 - zurückgewiesen und zur Begründung auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses Bezug genommen. Es hat ergänzend ausgeführt, dass seiner Ansicht nach die vorliegende Rangrücktrittserklärung nicht die erforderliche Reichweite habe.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde, mit der die Antragstellerin ihren Rechtsstandpunkt weiter verfolgt, wonach die vorliegende Rangrücktrittserklärung nicht lediglich eine bilanzielle Überschuldung beseitigt habe, sondern auch zur Folge habe, dass im Zeitpunkt der Eintragung eine Vermögensdeckung vorliege. Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Antragstellerin wird auf die von ihr eingereichten Schriftsätze und Anlagen, insbesondere die in Kopie vorliegende Rangrücktrittserklärung und das Schreiben der DZ Bank AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank vom 28. November 2002 (Bl. 132 v. Bd. I der Registerakten) Bezug genommen.

B.

I. Die weitere, an keine Frist gebundene Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft und in der rechten Form eingelegt worden (§§ 27, 29 Abs. 1 FGG).

Die Beschwerdebefugnis der Antragstellerin folgt bereits aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde, weil sie die Entscheidung der Vorinstanz durch das Rechtsbeschwerdegericht prüfen lassen können muss (BGHZ 31, 92 ff. [95]; BayObLG NJW-RR 1988, 873).

II. Die weitere Beschwerde hat auch Erfolg.

Die Erstbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stendal - Registergericht - vom 14. April 2003 war zulässig, was zu prüfen dem Senat von Amts wegen obliegt (BGH NJW 1982, 224 ff. [226]; BayObLG GmbHR 2000, 493; OLG Hamm OLGZ 1990, 401 ff. [405]; KG OLGZ 1991, 1 ff. [2]; OLG Naumburg OLG-RP. 1998, 35; Keidel/Kunze/ Winkler-Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit Teil A, 14. Aufl., § 27 Rn. 15). Die Antragstellerin ist durch die Ablehnung ihres Antrages auf Eintragung der formwechselnden Umwandlung in ihren Rechten gemäß § 20 Abs. 2 FGG beeinträchtigt.

Die angefochtene Entscheidung des Landgerichtes Stendal vom 19. Juni 2003 beruht auf einer Verletzung des Gesetzes im Sinne der §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO. Zu Unrecht ist das Landgericht mit dem Amtsgericht davon ausgegangen, dass die vorliegende Rangrücktrittserklärung nur die bilanzielle Überschuldung beseitige, ohne dass dadurch davon ausgegangen werden könne, die Gesellschaft habe das bilanziell ausgewiesene Vermögen.

Zutreffend ist das Amtsgericht zwar davon ausgegangen, dass die Vermögensermittlung im Sinne des § 264 Abs. 1 UmwG darauf abziele, festzustellen, dass das Stammkapital der durch den Formwechsel entstehenden Gesellschaft im Sinne der Sachgründungsregeln gedeckt ist und dass diese Vermögensermittlung daher die Ermittlung des Reinvermögens der formwechselnden Genossenschaft erfordere (Schwarz in Widmann-Mayer, Umwandlungsrecht, § 264 Rn. 2; Vossius, a.a.O., § 220 Rn. 16, 18). Dabei kommt es jedoch darauf an, ob im Zeitpunkt der Eintragung eine Reinvermögensdeckung vorliegt. Auf Grund der vorliegenden Rangrücktrittsvereinbarung der Rechtsvorgängerin der DZ BANK AG Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank und der Antragstellerin vom 28./30.09.1992 in Verbindung mit der Erklärung der DZ BANK vom 28. November 2002, dass sie nach dem rechtswirksam vollzogenen Formwechsel das Altkreditengagement zu den bisherigen Bedingungen uneingeschränkt fortführen werde, ist dies der Fall.

Die rechtliche Einordnung einer Rangrücktrittsvereinbarung ist zwar umstritten (vgl. hierzu Teller, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 2.A., S. 91 ff. m.w.Nw.). Auch ist die bilanzielle Behandlung in der Literatur umstritten (vgl. nur einerseits Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17.A., § 42 Rn. 226 und Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15.A., § 42 Rn. 40 oder Roth/Altmeppen, GmbHG, 3.A., § 42 Rn. 36 andererseits, sowie BFH in DB 1993, 1266 f. und Großfeld, Bilanzrecht, 3. A., Rn. 404). Einigkeit besteht aber darin, dass eine Rangrücktrittsvereinbarung, wenn sie bestimmten Anforderungen genügt, und zwar denen die denjenigen des § 16 Abs. 3 des DMBilG entsprechen, was vorliegend der Fall ist, eine sonst gegebene Überschuldung der Gesellschaft beseitigt (Teller, a.a.O., S. 143; BFH, a.a.O.; BGH DB 1987, 979 und BGHZ 146, 264 ff. (271); Clemm/Nonnenmacher in Beck Bil-Komm, 3. A., § 247 Rdn. 232).

Ist dies aber so, so bedeutet das gleichzeitig, dass ein dementsprechendes Reinvermögen der Gesellschaft bezogen auf den Bilanzstichtag der hierfür maßgeblichen Überschuldungsbilanz vorhanden ist. Es ist kein Raum dafür, einerseits eine Überschuldung zu verneinen und andererseits, was hierzu in logischem Widerspruch stünde, das Fehlen des entsprechenden Reinvermögens zu konstatieren.

Dass bei allenfallsigen Pflichtverletzungen der Kreditnehmerin, ebenso wie beim Vorliegen sonstiger nach allgemeinem Bank- und Kreditrecht denkbaren außerordentlichen Kündigungsmöglichkeiten die den Rangrücktritt erklärt habende Gläubigerin hiervon wieder abrücken könnte, ist eine mögliche Entwicklung in der Zukunft, die jedoch die auf den Stichtag der Umwandlung zu beziehende Beurteilung nicht zu verändern vermag.

Dass diese Betrachtungsweise zutreffend ist, ergibt auch die vergleichende Betrachtung des allgemeinen GmbH-Gründungsrechts. Auch im Recht der GmbH-Gründung ist es erforderlich aber auch ausreichend, dass das Gründungskapital sei es in Form einer Einzahlung des Mindestkapitals, sei es in Form einer Sacheinlage, im Gründungszeitpunkt, konkret im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung vorhanden ist, was durch die §§ 5, 7, 8, 9, 19, 24 des GmbHG abgesichert wird (Hueck, Gesellschaftsrecht, 19. A., § 35 I. 3. B; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17.A., § 8 Rn. 12 ff.; OLG Düsseldorf, BB 98, 1497; unstr.).Im weiteren dienen zwar die §§ 30, 31 GmbHG der Erhaltung des einmal festgesetzten Stammkapitals und schützen die §§ 58 ff. GmbHG die Gläubiger bei einer Kapitalherabsetzung. Vor einer Aufzehrung des Stammkapitals durch Verluste sind hingegen die Gläubiger der Gesellschaft nicht effektiv geschützt (Roth/Altmepppen, GmbHG, 3. A., § 5 Rn. 10).

So ist es auch bei der formwechselnden Umwandlung zu betrachten. Liegt im Zeitpunkt der Umwandlung eine Sach- und Rechtslage vor, die eine Geltendmachung der Altkredite nicht erlaubt, mit der Folge, dass diese in der Überschuldungsbilanz nicht zu passivieren sind, existiert -wie auch von dem Fachprüfungsverband von Produktivgenossenschaften in Mitteldeutschland e. V. für die Antragstellerin testiert - ein bilanzielles Vermögen, welches sich unter Außerachtlassung der Altkreditverbindlichkeiten errechnet, womit § 264 UmwG Genüge getan ist.

Demzufolge ist es nicht möglich, mit den vom Amts- und Landgericht angestellten Erwägungen die Eintragung der formwechselnden Umwandlung abzulehnen. Entsprechend sind die ergangenen Beschlüsse aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO (vgl. ergänzend Korinthenberg/Lappe/Bengen/Heumann-Lappe, Kostenordnung, 14. Aufl., § 131 Rn. 15).

Ende der Entscheidung

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