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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 06.12.2002
Aktenzeichen: 7 Wx 3/02
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, GewO, KostO


Vorschriften:

FGG § 20 Abs. 2
FGG § 27
FGG § 27 Abs. 1 S. 1
FGG § 27 Satz 2
FGG § 28
FGG § 29 Abs. 1 S. 1
FGG § 29 Abs. 1 S. 2
ZPO § 546
ZPO § 559
GewO § 34 c
KostO § 30
KostO § 31
Die Eintragung einer Zweigniederlassung einer Limited nach englischem Recht in ein deutsches Handelsregister kann nicht allein unter Hinweis auf die von dem Bundesgerichtshof bislang vertretene gesellschaftsrechtliche Sitztheorie verweigert werden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

7 Wx 3/02 OLG Naumburg

In der Handelsregistersache

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Zettel, den Richter am Oberlandesgericht Corcilius und den Richter am Amtsgericht Dr. Koch am 6. Dezember 2002 beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde vom 06.05.2002 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dessau - Kammer für Handelssachen - vom 16.04.2002 wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer und Führer der weiteren Beschwerde meldete unter der Urkundennummer 600/2001 der Notarin B. G. mit Sitz in A. als Geschäftsführer (Direktor) der F. Limited , einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung englischen Rechts mit Sitz in England und Wales, zur Eintragung im Handelsregister am 11.07.2001 an, dass die Gesellschaft unter der Firma F. Limited in B. eine Zweigniederlassung errichtet habe und sich die Geschäftsräume in B. , A. straße 44 befänden. Die Zweigniederlassung beschäftige sich mit der Ausführung von Arbeiten aus den Bereichen Maurer & Betonbauer, Fliesen-, Platten- & Mosaikleger, Gerüstbau & Baubetreuung. Er, der Anmelder, sei alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft und habe als Manager/Direktor Alleinvertretungsbefugnis.

Mit Zwischenverfügungen vom 26.07. und 06.08.2001 forderte die Registerrichterin die Notarin G. auf, durch Vorlage eines übersetzten beglaubigten Auszuges aus dem zuständigen Register den Nachweis darüber zu erbringen, dass der Beschwerdeführer zum Direktor bestellt worden sei und wie er vertrete. Daneben sei zum angemeldeten Gegenstand die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich, weshalb eine Bestätigung der Handwerkskammer Halle darüber vorzulegen sei.

Unter dem 31.07.2001 teilte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau mit, dass zumindest die Eintragung in die Handwerksrolle für die Tätigkeit "Ausführung von Arbeiten aus den Bereichen Maurer, Betonbauer, Fliesen-, Platten- & Mosaikleger, Gerüstbau" sowie die Sondergenehmigung gemäß § 34 c Gewerbeordnung für "Baubetreuung" bezüglich der Zweigniederlassung erforderlich seien. Ferner müsse ein geeigneter Nachweis geführt werden, dass die für die Zweigniederlassung angemeldete Tätigkeit auch dem maßgeblichen Tätigkeitsgebiet der Hauptniederlassung im B. , England entspreche. Weiterhin sei es nach deutschem Gesellschaftsrecht erforderlich, dass die ausländische Gesellschaft, die in Deutschland eine Zweigniederlassung errichte, auch rechtsfähig sei. Diese Rechtsfähigkeit des Hauptsitzes sei dem deutschen Registergericht nachzuweisen, z. B. durch Vorlage der Bilanzen der Hauptniederlassung, der Telefonrechnungen der Hauptniederlassung oder des Mietvertrages der Hauptniederlassung.

Die Schreibweise der Firma der Hauptniederlassung laut Registereintragung und der Satzung laute: F. LIMITED , während die Firma der Zweigniederlassung laut Anmeldung der Handelsregistereintragung der Zweigniederlassung laute: F. Limited . Ob diese andere Schreibweise eintragungsfähig sei, sei dem Registergericht zu überlassen.

Die Registerrichterin gab durch Zwischenverfügungen vom 05.09. und 28.09.2001, zuletzt vom 07.11.2001, unter Fristsetzung Gelegenheit zur Behebung der Eintragungshindernisse, und zwar der Vorlage der Genehmigung nach § 34 c Gewerbeordnung bzw. eines entsprechenden Vorbescheids, des Nachweises der Rechtsfähigkeit der Hauptniederlassung und des Nachweises, dass auch für das Hauptunternehmen die zur Eintragung der Zweigniederlassung angemeldeten Tätigkeiten maßgeblich seien.

Schließlich wies das Registergericht mit Beschluss vom 18.12.2001 den Antrag auf Eintragung in das Handelsregister unter Hinweis auf die bestehenden Eintragungshindernisse zurück.

Mit Schreiben vom 21.12.2001 bestätigte die Handwerkskammer Halle/Saale, dass die F. Limited für die Gewerke "Maurer & Betonbauer, Fliesen-, Platten- & Mosaikleger, Gerüstbauer" die Voraussetzung zur Eintragung in die Handwerksrolle nachgewiesen habe.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts legte der Anmelder Beschwerde ein. Er reichte dabei u. a. folgende Unterlagen ein: die Gründungsurkunde und Satzung der F. Limited vom 13.06.2001, eine Bescheinigung des Führers des Gesellschaftsregisters für England und Wales über die am 13.06.2001 erfolgte Eintragung der Gesellschaft im Gesellschaftsregister für England und Wales unter der Firmennummer 4234085 und ein Protokoll über die zweite Versammlung der Direktoren in der Niederlassung der Firma in Deutschland vom 13. Juni 2001, wonach u. a. beschlossen wurde, dass die Niederlassung ausschließlich die Ausführung von Arbeiten aus den Bereichen Maurer & Betonbauer, Fliesen-, Platten- & Mosaikleger, Gerüstbau & Baubetreuung zum Gegenstand hat. Außerdem übergab er Mietvertrag vom 28.11.2001 zwischen der F. Limited und der A. Limited über die Anmietung eines Büroraumes in 11, K. Road C. -B. in England für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2002.

Erläuternd trug er vor, dass die Hauptaufgabe der Firma in der Bauleitung bzw. Bauüberwachung bestehe und nicht in der Baubetreuung im engeren Sinne, so dass eine Genehmigung nach § 34 c Gewerbeordnung nicht erforderlich sei.

Die Registerrichterin hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dies darauf gestützt, dass die Genehmigung nach § 34 c Gewerbeordnung bzw. ein entsprechender Vorbescheid hinsichtlich des Unternehmensgegenstandes Baubetreuung fehle und die Rechtsfähigkeit der Hauptniederlassung nicht nachgewiesen sei.

Das Landgericht hat mit dem mit der weiteren Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 16.04.2002 die Beschwerde zwar als zulässig angesehen, jedoch als in der Sache unbegründet zurückgewiesen.

Es hat es damit begründet, dass dahinstehen könne, ob der Beschwerdeführer hinreichend den Nachweis der Rechtsfähigkeit der Hauptniederlassung geführt habe. Deshalb bedürfe es auch keiner Entscheidung darüber, ob an der sogenannten "Sitztheorie" festzuhalten sei.

Im Ergebnis zu Recht habe das Registergericht den Antrag auf Eintragung der Zweigniederlassung zurückgewiesen, denn es fehle an der Genehmigung gemäß § 34 c Gewerbeordnung bzw. am Vorliegen eines entsprechenden Vorbescheids der zuständigen Behörde für die Tätigkeit "Baubetreuung". Ausweislich des vorgelegten Protokolls der zweiten Versammlung der Direktoren der F. Limited vom 13.06.2001 sei unter Ziffer 4 beschlossen worden, dass die Niederlassung u. a. die Ausführung von Arbeiten aus dem Bereich Baubetreuung zum Gegenstand habe. An dieser Erklärung müsse sich der Beschwerdeführer festhalten lassen.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Anmelders. Mit dieser legt er die Beschlüsse der 3. Versammlung der Direktoren in der Niederlassung der Firma in Deutschland vom 3.5.2002 vor, aus denen sich ergibt, dass beschlossen worden ist, dass die Niederlassung ausschließlich die Ausführung von Arbeiten aus den Bereichen Maurer & Betonbauer, Fliesen-, Platten- & Mosaikleger und Gerüstbauer zum Gegenstand hat (Ziffer 2) und dass die Baubetreuung nicht mehr Gegenstand der Ausführung ist (Ziffer 3).

An der Sitztheorie könne angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) nicht mehr festgehalten werden.

Außerdem lasse sie sich - was er näher ausführt - auch aus Gründen des Gläubigerschutzes nicht mehr sinnvoll rechtfertigen. Vielmehr müsse die Rechtsfähigkeit der Hauptniederlassung einfach nach dem dortigen Recht beurteilt werden. Sei sie dort gegeben, müsse das in jedem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaft anerkannt werden, sofern keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Gemeinschaftsrechts ersichtlich seien.

Da es für die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung englischen Rechts (Limited) anstelle einer GmbH nach deutschem Recht eine Reihe guter Gründe gebe, was er näher ausführt, stelle sie keinen Missbrauch von Gemeinschaftsrecht dar.

II.

Die weitere Beschwerde des Anmelders ist zulässig. Sie ist nach § 27 Abs. 1 S. 1 FGG statthaft und wurde in der durch § 29 Abs. 1 S. 1 und 2 FGG vorgesehenen Form eingelegt. Eine Beschwerdefrist (§§ 29 Abs. 2 und 4, 22 Abs. 1 S. 1 FGG) war nicht zu wahren, da die Zurückweisung des Eintragungsantrages nicht mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden musste, sondern nur der nicht fristgebundenen einfachen Beschwerde unterlag. Die Beschwerdeberechtigung folgt bereits aus der Zurückweisung der Erstbeschwerde durch das Landgericht Dessau (§§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 2 FGG).

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Gesetzesverletzung im Sinne der §§ 27 FGG, 546 ZPO.

Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht von der Zulässigkeit der Erstbeschwerde des Anmelders gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Dessau vom 18.12.2001 ausgegangen, was der Senat von Amts wegen zu prüfen hat (BGH NJW 1982, 224 ff.; BayObLG NJW-RR 1988, 873; OLG Hamm OLGZ 1990, 401 ff; KG OLGZ 1991, 1 f.; OLG Naumburg FGPrax 1998, 67; Keidel-Kahl, FGG, Teil A 13.A., § 27 Rdn. 15).

Sowohl die Beschwerde wie auch die weitere Beschwerde ist von dem anmeldenden Geschäftsführer der Gesellschaft selbst eingelegt worden. Dieser ist auch beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 2 FGG), denn er ist bei der deklaratorisch wirkenden Eintragung der Niederlassung der Gesellschaft zur Anmeldung zum Handelsregister verpflichtet (§§ 13, 13 b Abs. 2, 13 g HGB) gewesen, sodass seine Anmeldung zurückgewiesen worden ist (so auch BayOblG in st.Rspr. seit BayObLGZ 1954, 203 ff.; zuletzt BayObLGZ 1972, 277 ff. und 1985, 189 ff.; Hüffer in Großkommentar zum HGB, 4.A., § 14 Rdn. 15; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 30.A., § 14 Rdn. 2; MünchKommHGB/Bokelmann, § 14 Rdn. 8; Scholz-Schneider, GmbHG, 9.A., § 39 Rdn. 11; Bumiller/Winkler, FGG, 7.A., § 20 Rdn. 32; Keidel/Schmatz/Stöber, Registerrecht, 5.A., Rdn. 1405; Schmidt, Handbuch der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, Rdn. 1689; aA Ulmer in Hachenburg, GmbHG, 8.A., § 78 Rdn. 12;Mertens in Hachenburg, aaO, § 39 Rdn. 8; Lutter/Hommelhof, GmbHG, 15.A., § 78 Rdn. 8; OLG Frankfurt DnotZ 1978, 750; offen gelassen von BGHZ 105, 324 ff.). Lediglich die auf die Herbeiführung einer konstitutiven Eintragung gerichtete Anmeldung zum Handelsregister ist durch die Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft vorzunehmen, sodass die Gesellschaft beschwerdeberechtigt im Sinne des § 20 Abs. 2 FGG ist (so für die GmbH BGH aaO; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17.A., § 54 Rdn. 2; Ulmer aaO, § 78 Rdn. 12; Lutter/Hommelhoff, aaO, § 78 Rdn. 8; Lutter in Kölner Kom.z.AktG, 2.A., § 184 Rdn. 5; für den Vorverein im Anschluss an BGH BayObLGZ 1991, 52 ff.).

Das Landgericht Dessau hat zu Recht die Eintragung der Niederlassung der F. Limited zurückgewiesen, weil es an der Genehmigung gemäß § 34 c GewO, bzw. eines entsprechenden Vorbescheids der zuständigen Behörde für die Tätigkeit "Baubetreuung" fehlte. Dabei war ausweislich des vorgelegten Protokolls der zweiten Versammlung der Direktoren der Gesellschaft vom 13.06.2001 (Bl. 100 d. GA.) unter Ziffer 4 beschlossen worden, dass die Niederlassung u.a. die Ausführung von Arbeiten aus dem Bereich "Baubetreuung" zum Gegenstand hat. Das entsprechende Dokument hat der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdeschrift vom 05.02.2002 selbst vorgelegt. Dass die Beschwerde dazu ausführt, die Hauptaufgabe der Firma liege in der Bauleitung, bzw. Bauüberwachung und nicht im engeren Sinne in der Baubetreuung kann diesen Beschluss über die Tätigkeitsfelder der Gesellschaft im Rechtssinn nicht entkräften.

Das Landgericht hat somit in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise die Tatsache, dass der Firmengegenstand u.a. Baubetreuung umfasst, zugrunde gelegt. Auch ist im Zeitpunkt der Entscheidung der Sachverhalt von ihm ausreichend (§ 12 FGG) erforscht gewesen.

Auf dieser Tatsachengrundlage verweigerte das Landgericht zu Recht die Eintragung wegen des Fehlens der nach § 34 c GewO erforderlichen Genehmigung oder auch eines entsprechenden positiven Vorbescheids der zuständigen Behörde.

Hieran vermag der Senat als Rechtsbeschwerdegericht, für den die verfahrensfehlerfrei getroffenen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts gemäß §§ 27 Satz 2 FGG, 559 ZPO bindend sind, einen Rechtsfehler nicht zu erkennen. Der Umfang der Prüfung der angefochtenen Entscheidung durch den Senat beschränkt sich darauf, ob der Tatrichter den maßgebenden Sachverhalt ausreichend erforscht hat, bei der Erörterung eines Beweisstoffes alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften oder gegen die Denkgesetze oder feststehenden Erfahrungssätze und den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen hat. Eine Nachprüfung der tatsächlichen Verhältnisse ist ausgeschlossen (OLG Köln GmbHR 1990, 82 f.; Keidel-Kahl, FGG, Teil A, 14.A., § 27 Rdn. 42 mwN). Neue Tatsachen und Beweismittel können weder durch die Beteiligten noch von Amts wegen in das Verfahren eingeführt werden. Der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Beschwerdeentscheidung bestimmt die tatsächliche Entscheidungsgrundlage (Jansen, FGG, 2.A., § 27 Rdn. 38). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur dann berücksichtigt werden, wenn sie eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden (z.B. OLG Karlsruhe FamRZ 77, 148, vgl. hierzu auch Bumiller/Winkler, FGG, 7.A., § 27 Rdn. 15 ff. m.w.Nw.).

Von dieser Verfahrensrechtslage ausgehend ist es dem Senat verwehrt, den Sachverhaltsvortrag der weiteren Beschwerde, wonach die dritte Versammlung der Direktoren in der Niederlassung der Gesellschaft in Deutschland vom 03.05.2002 beschlossen habe, dass die Niederlassung ausschließlich die Ausführung von Arbeiten aus den Bereichen Maurer & Betonbauer, Fliesen-, Platten- & Mosaikleger und Gerüstbauer zum Gegenstand hat und dass die Baubetreuung nicht mehr Gegenstand der Ausführung sei, zu berücksichtigen.

Dann aber ist die weitere Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen, da die auf die o. a. Tatsachengrundlage gestützte Entscheidung des Landgerichts Dessau vom 16.04.2002 keine Rechtsfehler erkennen lässt.

Wenn der Anmelder die Anmeldung wiederholen und dabei die mit der weiteren Beschwerde - aus Verfahrensgründen wie o. a. erfolglos - vorgetragenen Tatsachen vorbringen sollte, weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass das Amtsgericht die Eintragung der Niederlassung der betroffenen Gesellschaft nicht unter Hinweis auf die sog. Sitztheorie wird verweigern können, da dem die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vom 09.03.1999 (Centros) (EuGH in ZIP 1999, 438 = NJW 1999, 2027 = DB 1999, 625 ff.; hierzu Roth Gründungstheorie: Ist der Damm gebrochen? In ZIP 1999, 861 ff. und Werlauff Ausländische Gesellschaft für inländische Aktivität in ZIP 1999, 867 ff.) und vom 5. November 2002 in der Rechtssache C-208/00 (Überseering BV ./. NCC) (GmbHR 2002, 1137) entgegenstehen.

Die Sitztheorie des internationalen Gesellschaftsrechts nach der Rechtsprechung des BGH ebenso wie der h. L. machte zum Anknüpfungspunkt für das Personalstatut juristischer Personen des Privatrechts den Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes (bisher st. Rspr des Bundesgerichtshofes, z.B. BGHZ 97, 269, 271 = ZIP 1986, 643, 644, dazu EwiR 1986, 627 (Großfeld); BGHZ 78, 318, 334 = ZIP 1981, 31, 36 m. Anm. Hanisch, S. 569; BGH NJW 1996, 54, 55, dazu EwiR 1995, 1187 (Geimer) und BGH NJW 1995, 1032; Palandt/Heldrich, BGB, 60. Aufl. Anh. Zu Art. 12 EGBGB Rdn. 2 m.w.N.).

Danach beurteilt sich die Frage, ob eine Gesellschaft rechtsfähig ist, im Gegensatz zur Gründungtstheorie, wonach sich die Rechtsfähigkeit nach dem Recht des Staates bestimmt, in dem die Gesellschaft gegründet worden ist, nach demjenigen Recht, das am Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes gilt. Dies soll auch dann gelten, wenn eine Gesellschaft in einem anderen Staat wirksam gegründet worden ist und anschließend ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in die Bundesrepublik Deutschland verlegt.

Danach konnte eine solche Gesellschaft, soweit ihre Rechtsfähigkeit nach deutschem Recht zu beurteilen war, weder Träger von Rechten und Pflichten noch Partei in einem Gerichtsverfahren sein, es sei denn, sie gründete sich in der Bundesrepublik Deutschland in einer Weise neu, die zur Rechtsfähigkeit nach deutschem Recht führte. Zuletzt modifizierte der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung dahingehend, dass eine solche Gesellschaft nach deutschem Recht jedenfalls eine rechtsfähige Personengesellschaft und damit zumindest vor den deutschen Gerichten aktiv und passiv parteifähig sei (GmbHR 2002, 1021 f.= NotBZ 2002, 373 f.).

Der Bundesgerichtshof begründete seine Rechtsprechung wie folgt:

Lösungsansätze, bei denen durch Berücksichtigung unterschiedlicher Anknüpfungspunkte, die Rechtstellung einer Gesellschaft nach mehreren Rechtsordnungen beurteilt werde, führten zu Rechtsunsicherheit, weil es schwierig sei, die Regelungsbereiche, die verschiedenen Rechtsordnungen unterstellt werden sollten, eindeutig voneinander abzugrenzen.

Die Gründungstheorie vernachlässige die Interessen dritter Personen und des Staates, in dem sich der tatsächliche Verwaltungssitze befinde, sofern dieser sich in einem anderen Staat als dem Gründungsstaat befinde.

Die Sitztheorie verhindere demgegenüber, dass die gesellschaftsrechtlichen Vorschriften des Staates des tatsächlichen Verwaltungssitzes, mit denen bestimmte grundlegende Interessen geschützt werden sollten, durch eine Gründung im Ausland umgangen würden. Dabei gehe es zum einen um den Schutz der Interessen von Gläubigern der Gesellschaft. Die Rechtsvorschriften über die GmbH gewährten ihnen Schutz durch Regelungen über die Einzahlung und Erhaltung des Gesellschaftskapitals. Bei Verbindungen von Unternehmen seien auch die abhängigen Gesellschaften und deren Minderheitsgesellschafter durch die Regeln des Konzernrechts oder bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen die Regeln über Entschädigung und zur Abfindung der durch diese Verträge benachteiligten Gesellschafter geschützt.

Schließlich schützten die nicht in allen Mitgliedstaaten vergleichbar vorhandenen deutschen Mitbestimmungsvorschriften die Arbeitnehmer.

Da dem Bundesgerichtshof die Vereinbarkeit seiner Rechtsprechung mit der in den Artikeln 43 und 48 EG-Vertrag in der Fassung vom 02. Oktober 1997 garantierten Niederlassungsfreiheit nach dem oben zitierten Centros-Urteil des EuGH fraglich erschien, legte er diesem in der o. a. Rechtssache C-208/00 Fragen zur Vorabentscheidung vor (Beschluss v. 30.03.2002 - VII ZR 370/98 - ZIP 2000, 967 ff., hierzu Roth Die Sitzverlegung vor dem EuGH in ZIP 2000, 1597 ff.), die der Europäische Gerichtshof in seiner o. a. Entscheidung wie folgt beantwortet:

1. Es verstößt gegen die Artikel 43 EG und 48 EG, wenn einer Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, gegründet worden ist und von der nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats angenommen wird, dass sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz dorthin verlegt hat, in diesem Mitgliedstaat die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit vor seinen nationalen Gerichten für das Geltendmachen von Ansprüchen aus einem Vertrag mit einer in diesem Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft abgesprochen wird.

2. Macht eine Gesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaats gegründet worden ist, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren satzungsmäßigen Sitz hat, in einem anderen Mitgliedstaat von ihrer Niederlassungsfreiheit Gebrauch, so ist dieser andere Mitgliedstaat nach den Artikeln 43 EG und 48 EG verpflichtet, die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit zu achten, die diese Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaats besitzt.

Erläuternd führt er aus: Es lasse sich nicht ausschließen, dass zwingende Gründe des Gemeinwohls, wie der Schutz der Interessen der Gläubiger, der Minderheitsgesellschafter, der Arbeitnehmer oder auch des Fiskus unter bestimmten Umständen und unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können.

Solche Ziele könnten es jedoch nicht rechtfertigen, dass einer Gesellschaft, die in einem anderen Mitgliedstaat ordnungsgemäß gegründet worden ist und dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat, die Rechtsfähigkeit und damit die Parteifähigkeit abgesprochen werde. Eine solche Maßnahme komme nämlich der Negierung der den Gesellschaften in den Artikeln 43 EG und 48 EG zuerkannten Niederlassungsfreiheit gleich.

Hieraus folgt für den Senat, dass die Eintragung der F. Limited nicht unter Berufung auf die bisher vom Bundesgerichtshof vertretene Sitztheorie abgelehnt werden darf (ebenso LG Bonn Beschluss vom 18.04.2000 - 11 T 7/00 -, LG Magdeburg Beschluss vom 14.08.2002 - 31 T 7/02 (003); LG Kassel Beschluss vom 23.08.2002 und OLG Düsseldorf Beschluss vom 06.11.2002 - 3 Wx 111/02 - sämtlich unveröffentlicht; zur Rechtslage vgl. allgemein auch Forsthoff, Abschied von der Sitztheorie, BB 2002, 318 ff.).

Der Senat, der früher selbst die Sitztheorie vertreten hat (Urteil vom 19.12.1995 - 7 U 146/95 - unveröffentlicht), hält daran nicht mehr fest und hätte demzufolge der weiteren Beschwerde stattgegeben, wenn ihm nicht die Beschränkung der Nachprüfung auf den vom Beschwerdegericht verfahrensfehlerfrei festgestellten Sachverhalt die Berücksichtigung des neuen tatsächlichen Vorbringens in der weiteren Beschwerde - wie o. a. - verwehrt hätte.

Er hätte sich hieran jedoch durch die gegenteilige Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 26.08.1998 - 3 Z BR 78/98 (NJW-RR 1999, 401; ebenso wenn auch nicht als Gericht der weiteren Beschwerde: OLG Brandenburg Urteil vom 31.05.2000 - 14 U 144/99 (ZIP 2002, 1616 f.)) gehindert gesehen, von der er in diesem Fall abgewichen wäre. Die Sache wäre deshalb gemäß § 28 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen gewesen. Die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Brandenburg hätte zwar nicht zur Vorlage an den Bundesgerichtshof gezwungen, denn die Vorlage wegen Abweichung von der Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichts nach § 28 FGG setzt voraus, dass die entgegengesetzte Entscheidung in einem Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen ist (Bumiller/Winkler, FGG, 7.A., § 28 Rdn. 8; Keidel/Kahl, FGG, 14.A., § 28 Rdn. 23). Dies wäre allerdings hinsichtlich der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts der Fall gewesen. Auch die Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hätte für sich genommen, ebenfalls die Vorlage gerechtfertigt (Keidel/Kahl, a.a.O., § 28 Rdn. 27; Bumiller/Winkler, a.a.O., § 28 Rdn. 9).

Sie wäre auch nicht deshalb entbehrlich gewesen, weil der Senat nach seinem Verständnis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gefolgt wäre.

Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschränkung der Nachprüfbarkeit des Senats als Gericht der weiteren Beschwerde mit dem vordergründigen Unterliegen der weiteren Beschwerde im Ergebnis als Zeitgewinn für den Antragsteller. Zwar ist seine weitere Beschwerde erfolglos geblieben.

Es ist jedoch nach dem oben Gesagten zu erwarten, dass einem erneuerten Eintragungsantrag bereits vom Amtsgericht - Registergericht - entsprochen werden wird.

Eine ausdrückliche Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Pflicht zur Tragung der Gerichtskosten unmittelbar aus § 131 Abs. 1 S. 1 Ziffer 1 KostO ergibt.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf §§ 30, 31 KostO.

Ende der Entscheidung

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