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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 20.02.2008
Aktenzeichen: 8 UF 20/08
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 517
SGB XII § 90
Wiedereinsetzung ist nicht zu gewähren, wenn zwar die Partei fristgerecht ein vollständiges Gesuch auf Prozesskostenhilfe einreicht, aus diesem sich aber zweifelsfrei ergibt, dass sie über Barvermögen verfügt, das den Schonbetrag erheblich übersteigt. In diesem Fall durfte die Partei daher nicht darauf vertrauen, dass ihr Prozesskostenhilfe bewilligt wird.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 UF 20/08 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg am 20. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Feldmann, die Richterin am Amtsgericht Koch und den Richter am Oberlandesgericht Harms beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das am 20. Dezember 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Halle (Saale) zur Gesch.-Nr. 23 F 662/07 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

3. Der Gebührenstreitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 1.431,12 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Das angefochtene Urteil wurde der Beklagten am Freitag, dem 28. Dezember 2007, zugestellt. Die einmonatige Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) lief demnach am Montag, dem 28. Januar 2008, ab. Innerhalb der Berufungsfrist ging am 23. Januar 2008 ein Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 21. Januar 2008 für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren, verbunden mit der Ankündigung, nach Prozesskostenhilfebewilligung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und Berufung einzulegen, ein. Mit Beschluss des Senats vom 01. Februar 2008, der Beklagten zugestellt am 07. Februar 2008, wurde der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten wegen Fehlens der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfebewilligung zurückgewiesen. Mit am 18. Februar 2008 bei dem Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage hat die Beklagte Berufung gegen das angefochtene Urteil eingelegt, diese gleichzeitig begründet und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

II.

1. Das Gesuch um Wiedereinsetzung hat im Ergebnis keinen Erfolg:

Das Gesuch ist unbegründet, denn die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden gehindert, die Notfrist des § 517 ZPO für die Einlegung der Berufung einzuhalten (§ 233 ZPO). Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Durchführung des Rechtsmittels Prozesskostenhilfe beantragt, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nämlich nur zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen nicht hinreichend nachgewiesener Bedürftigkeit rechnen musste (BGH FamRZ 2005, 1901 f.; BGH FamRZ 2006, 32 f.). Letzteres ist hier nicht der Fall, denn die Klägerin hat in ihrer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 16. Januar 2008, die dem Prozesskostenhilfeantrag für die beabsichtigte Berufung vom 21. Januar 2008 beigefügt war, angegeben, sie verfüge über ein Girokonto bei der Postbank L. mit einem Guthaben von 9.783,20 €. Damit hat die Beklagte Vermögen, dessen Einsatz ihr zumutbar ist (§ 115 Abs. 3 ZPO). Der Schonbetrag von 2.600,00 € gemäß § 90 SGB XII wird nämlich deutlich überschritten, was bereits in den Gründen des Senatsbeschlusses vom 01. Februar 2008 ausgeführt ist. An dieser Sachlage ändert sich auch dann nichts, wenn man - entsprechend den Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 18. Februar 2008 - berücksichtigt, dass sich zwei weitere Bankkonten der Beklagten im Soll befanden und sie außerdem Rücklagen gebildet hat, um im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit die Klageforderung ausgleichen zu können. Selbst dann verbleibt nämlich ein das Schonvermögen der Beklagten übersteigender Betrag von 1.168,88 €, mit dem sie die von ihr bei einem Gebührenstreitwert von 1.431,12 € zu tragenden Gerichts- und Rechtsanwaltskosten ohne weiteres ausgleichen kann. Daher durfte die Beklagte bereits von Beginn der Berufungsfrist an vernünftigerweise nicht darauf vertrauen, dass sie bedürftig im Sinne der Kriterien für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist.

2. Da keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist (§ 517 ZPO) in Betracht kommt, musste der Senat die Berufung der Beklagten als unzulässig verwerfen (§ 522 Abs. 1 ZPO).

3. Der Schriftsatz der Beklagten vom 21.01.2008 ist nicht als Berufungsschrift anzusehen. Dies käme nur dann in Betracht, wenn sich aus den Begleitumständen nicht mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergäbe, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt ist (vgl. BGH FamRZ 2007, 1726 ff.). An der hinreichenden und jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit in diesem Sinne lässt es der Schriftsatz vom 21.01.2008 aber nicht fehlen, denn er ist mit "Antrag auf Prozesskostenhilfe" überschrieben, und die Parteien sind im Rubrum der Antragsschrift mit "Antragstellerin" und "Antragsgegner" bezeichnet, nicht aber mit "Kläger und Berufungsbeklagter" bzw. "Beklagte und Berufungsklägerin". Darüber hinaus beantragt die Beklagte im Schriftsatz vom 21.01.2008 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren, und sie kündigt an, nach Prozesskostenhilfebewilligung werde sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen und Berufung einlegen.

4. Die Festsetzung des Gebührenstreitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 S. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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