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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 29.01.2003
Aktenzeichen: 8 WF 200/02
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 11 Abs. 1
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 32 Abs. 1
Wird der Rücknahmeschriftsatz dem Beklagten erst zugestellt, nachdem dieser auf Grund der früheren Zustellung der Klage einen Prozessauftrag erteilt hat, so ist von diesem Rechtsanwalt die volle Prozessgebühr der §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 BRAGO verdient worden, wenn er vor der Rücknahmemitteilung einen Schriftsatz im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO eingereicht hat.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 WF 200/02 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert, Bisping und Hellriegel

am 29. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 29.08.2002 in Gestalt der Nichtabhilfeentscheidung vom 02.10.2002 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 224,- €.

Gründe:

Die gemäß §§ 104, Abs. 3 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG zulässige sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss, in dem die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten festgesetzt worden ist, ist unbegründet. Die in dem angefochtenen Beschluss festgesetzte Prozessgebühr für den Bevollmächtigten der Beklagten ist gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO entstanden, so daß der Kläger auf Grund der Klagerücknahme und der hieraus resultierenden Kostengrundentscheidung des Amtsgerichts auch diese Gebühr tragen muss. Dass die Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 23.08.2001 vor der Verteidigungsanzeige des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei Gericht eingegangen ist, ändert an der Entstehung der Prozessgebühr nichts. Die Übersendung der Klagerücknahme wurde ausweislich der Gerichtsakte erst am 27.08.2001 verfügt. Da sich zu diesem Zeitpunkt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten noch nicht bestellt hatte, ist die Absendung am 28.08.2001, wiederum aus der Prozessakte ersichtlich, an die Beklagte persönlich abgesandt worden. Am gleichen Tag ist die auf Grund einer Vollmacht der Beklagten vom 14.08.2001 gefertigte Verteidigungsanzeige mit einer Klageerwiderung sowie einem Abweisungsantrag bei Gericht eingegangen. D. h., weder zum Zeitpunkt der Fertigung der Verteidigungsanzeige und der Klageerwiderung, noch als diese bei Gericht einging, hatte die Beklagte von der Klagerücknahme Kenntnis. Wird jedoch der Rücknahmeschriftsatz dem Beklagten erst zugestellt, nachdem dieser auf Grund der früheren Zustellung der Klage einen Prozessauftrag erteilt hat, so ist von diesem Rechtsanwalt die volle Prozessgebühr der §§ 31 Abs.1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Satz 2 BGAGO verdient worden, wenn er vor der Rücknahmemitteilung einen Schriftsatz im Sinne des § 32 Abs. 1 BRAGO eingereicht hat (vergl Hartmann, Kostengesetze, 28. Auflage, § 31 Rz 35; § 32, Rz. 34). So liegt der Fall hier. Die entstandene Prozessgebühr ist hier auch erstattungsfähig. Maßstab bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit ist die Beantwortung der Frage, ob die verlangten Kosten zweckentsprechend und notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO waren. Zweckentsprechend ist eine Maßnahme, die eine verständige Partei bei der Führung des Rechtsstreits in dieser Lage als sachdienlich ansehen musste (Zöller ZPO, 23. Auflage, Herget, § 91 ZPO, Rz. 12). Hier war der Beklagten die Klage gemäß § 253 ZPO zugestellt, eine Reaktion in Form eines Erwiderungsschriftsatzes mit einem Abweisungsantrag insoweit grundsätzlich sachdienlich und damit zweckentsprechend. Da weder der Beklagten persönlich, noch dem Bevollmächtigten der Beklagten die nach Rechtshängigkeit erklärte Klagerücknahme bekannt waren, bestand auch kein Anlass, mit der Erwiderung zuzuwarten. Insoweit ist auch nicht entscheidungserheblich, ob zwischen der Beklagten persönlich und dem Bevollmächtigten des Klägers Verhandlungen stattgefunden haben. Eine Klagerücknahme für den Fall der Einigung ist der Beklagten nach dem Vortrag des Klägers nicht angeboten worden, lediglich eine Erledigungserklärung war im Gespräch. Die Beklagte konnte also bis zu dem Zeitpunkt in dem sie von der Klagerücknahme Kenntnis erhielt, davon ausgehen, dass selbst für den Fall einer Einigung eine Klageerwiderung oder die Stellung eines Kostenantrages im Rahmen eine Verfahrens nach § 91 a ZPO durch ihren Bevollmächtigten notwendig sein würde.

Ende der Entscheidung

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