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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 11.04.2001
Aktenzeichen: 8 Wx 1/01
Rechtsgebiete: BVormVG, BGB, FGG


Vorschriften:

BVormVG § 1
BGB § 1836 n.F.
BGB § 1836 a.F.
BGB § 1836 Abs. 2 n.F.
BGB § 1836 Abs. 1 Satz 2
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1836 Abs. 2 Satz 2
FGG § 67 Abs. 3 Satz 3
FGG § 13 a Abs. 1
Der Zeitaufwand des Betreuers für die Durchsetzung seines Vergütungsanspruches ist nicht vergütungsfähig.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 Wx 1/01 OLG Naumburg 2 T 390/00 LG Halle 14 XVII 11/94 AG Merseburg

In der Betreuungssache

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 30. Januar 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Beschwerdewert: DM 2.843,12.

Gründe:

I.

Mit Beschluss vom 22. März 2000 bestellte das Vormundschaftsgericht den Beschwerdeführer zum Berufsbetreuer des Betroffenen. Der Beschwerdeführer beantragte für seine Tätigkeit in der Zeit vom 22. März bis 06. Juli 2000 die Festsetzung eines Betrags von DM 6.279,13 und für die Zeit vom 07. Juli bis 06. Oktober 2000 die Festsetzung weiterer DM 3.390,39 aus dem Vermögen des Betroffenen. In diesen Beträgen ist ein Betrag von insgesamt DM 2.220,62 einschließlich Umsatzsteuer enthalten, der sich daraus ergibt, dass der Beschwerdeführer statt eines Stundensatzes von DM 60,-- abzgl. 10 % (d.s. DM 54,--) einen Stundensatz von DM 75,-- ohne Abzug zzgl. USt. in Rechnung gestellt hat. Außerdem enthalten die Abrechnungen einen Betrag von insgesamt DM 622,50 einschließlich Umsatzsteuer für die Dokumentation der Betreuertätigkeit. Das Amtsgericht hielt diese Beträge nicht für vergütungsfähig. Das Landgericht wies die sofortige Beschwerde des Betreuers gegen diesen Beschluss zurück und ließ die sofortige weitere Beschwerde zu.

II.

Die - vom Landgericht zugelassene - sofortige weitere Beschwerde im Verfahren nach § 67 Abs. 3 Satz 3 FGG ist statthaft (§§ 27, 29, 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG). Es handelt sich um eine sofortige Beschwerde (§ 29 Abs. 2 FGG), gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen; die Beschwerdefrist ist gewahrt (§ 22 Abs. 1 FGG). Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet.

Die Beschwerde ist als Rechtsbeschwerde anzusehen (§§ 56 g Abs. 5 Satz 2, 27 Abs. 1 FGG). In welcher Höhe dem Berufsbetreuer eine Vergütung zu gewähren ist (vgl. § 1 BVormG), unterliegt der Beurteilung des Tatrichters. Dessen Würdigung kann der Senat nur auf Rechtsfehler überprüfen, d.h. darauf, ob der Tatrichter einen unbestimmten Rechtsbegriff verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zu Stande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze verstoßen hat. Eine Nachprüfung der tatsächlichen Verhältnisse ist ausgeschlossen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO; vgl. Senat, Beschl. v. 12.09.00 -8 Wx 8/00-).

1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Vergütungsanspruch richte sich für den in Frage kommenden Abrechnungszeitraum nach § 1908 i Abs. 1 in Verbindung mit § 1836 Abs. 2 BGB n.F. Danach bestimme sich die Höhe der Vergütung u.a. nach dem Umfang der Betreuungsgeschäfte. Vergütungsfähig seien zunächst Tätigkeiten, die der Betreuer im Rahmen der Vertretung des Betroffenen (§ 1902 BGB) in den ihm zugewiesenen Aufgabenkreisen ausführe und die erforderlich seien, um die Angelegenheiten des Betreuten rechtlich zu besorgen (§ 1901 Abs. 1 BGB). Außerdem seien Tätigkeiten zu vergüten, zu denen der Betreuer gesetzlich verpflichtet sei, wie etwa die Erstellung eines Vermögensverzeichnisses einschließlich der notwendigen Vorbereitungshandlungen (§ 1802 BGB), die jährliche Rechnungslegung über die Vermögensverwaltung (§ 1840 Abs. 2 BGB), der Zeitaufwand für Genehmigungsanträge (§§ 1821, 1822, 1904 ff. BGB), die Verpflichtung des Betreuers und das Einführungsgespräch (§ 69 b FGG), die Erteilung von Auskünften (§ 1839 BGB) und die jährliche Berichterstattung über persönliche Verhältnisse des Betreuten (§ 1840 BGB).

Die Erstellung der Einzeltätigkeits- und Aufwendungsübersicht sei kein Betreuungsgeschäft. Sie diene weder einer Auskunft auf Verlangen des Gerichts (§ 1839 BGB) noch beinhalte sie einen Bericht über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten (§ 1840 BGB). Die Einzeltätigkeits- und Aufwendungsübersicht könne auch nicht als Vorbereitung solcher Tätigkeiten angesehen werden, sondern diene vielmehr ausschließlich der Abrechnung des Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruchs und damit eigenen Interessen des Betreuers. Mit Rücksicht darauf sei der Betrag von DM 622,50 einschließlich Umsatzsteuer nicht vergütungsfähig.

Dies gelte auch für den Betrag von DM 2.220,62 einschließlich Umsatzsteuer. Die hier festzusetzende Höchstsatz der Vergütung betrage DM 60,--/Std. abzgl. 10 % (d.s. DM 54,--/Std.) zzgl. USt. Der Stundensatz von DM 60,-- ergebe sich aus § 1 BVormVG. Diese Bestimmung sei zwar nicht unmittelbar anwendbar, wenn das Vermögen des Betroffenen oberhalb der Grenze der Mittellosigkeit (§§ 1836 d, 1836 c Ziffer 2 BGB) liege. Für diesen Fall böten die Stundensätze nach § 1 BVormVG aber eine wesentliche Orientierungshilfe. Sie dürften daher nur überschritten werden, wenn die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies gebiete. Letzteres sei hier nicht der Fall. Der Abzug von 10 % ergebe sich aus Art. 4 des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998 (BGBl. I, S. 1580 ff.).

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG; § 550 ZPO) stand.

a)aa) Das Landgericht geht zutreffend davon aus, dass sich die Vergütung für den Zeitaufwand des Betreuers nach der - am 01. Januar 1999 in Kraft getretenen - Bestimmung zu § 1836 BGB n.F. richtet (Art. 5 Abs. 2 des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998). Dem Berufsbetreuer (§ 1908 i Abs. 1 i.V.m. § 1836 Abs. 1 Satz 2 BGB) ist danach eine Vergütung zu bewilligen, für deren Höhe die für die Betreuung nutzbaren Fachkenntnisse des Betreuers sowie der Umfang und die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte maßgebend sind (§ 1836 Abs. 2 Satz 1, 2 BGB). Für sonstige Tätigkeiten besteht keine Vergütungspflicht.

bb) Das Landgericht hat diese Grundsätze beachtet.

Es durfte den Zeitaufwand des Betreuers für die Durchsetzung seines Vergütungsanspruchs nicht als vergütungsfähig ansehen (vgl. BayObLG, FamRZ 1999, 1233 f., 1606 f.; OLG Schleswig, FamRZ 1999, 462 [jeweils zu § 1836 BGB a.F.]). Nicht die Bearbeitung des Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruchs, sondern die rechtliche Besorgung von Angelegenheiten des Betreuten (§ 1901 Abs. 1 BGB) bei größtmöglicher Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 1901 Abs. 1, 2 BGB) ist Aufgabe des Betreuers, der sich in dem erforderlichen Umfang auch persönlich um den Betreuten kümmern soll (§ 1897 Abs. 1 BGB). In erster Linie soll die Betreuung ehrenamtlich geführt werden. Auch der ehrenamtliche Betreuer erhält keinen Ausgleich für allgemeine Geschäftskosten. Erst in zweiter Linie kommt die Betreuung durch berufsmäßig Handelnde in Betracht. Die Vergütungsregelung für Berufsbetreuer führt zu einer Gleichstellung mit Freiberuflern wie z.B. Rechtsanwälten, bei denen die allgemeinen Bürokosten - zu denen der Aufwand für die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs gehört (vgl. Gerold/Schmidt/v.Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 25, Rdn. 2) - ebenfalls durch die Vergütung abgegolten wird (vgl. BVerfGE 101, 331, 353, 358).

Der abweichenden, zu § 1836 BGB a.F. vertretenen Auffassung, die den gesamten Zeitaufwand des Betreuers als vergütungspflichtig ansieht (vgl. Knittel, BtG, § 1836 Rdn. 34; Zimmermann, FamRZ 1998, 524), vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

b)aa) Im übrigen greift das Landgericht hinsichtlich der Höhe der im vorliegenden Fall festzusetzenden Vergütung zutreffend auf die Stundensätze nach § 1 BVormVG zurück. Die Bestimmung findet zwar weder unmittelbare noch entsprechende Anwendung, wenn der Betreute - wie im vorliegenden Fall - nicht mittellos und die Vergütung deshalb nicht ohne Rückgriffsmöglichkeit auf die Staatskasse zu zahlen ist. Dies ergibt sich aus § 1908 i Abs. 1 in Verbindung mit § 1836 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach sich die Höhe der Vergütung nicht nach starren Sätzen, sondern nach den für die Führung der Betreuung nutzbaren Fachkenntnissen des Betreuers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte richtet (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1836, Rdn. 13 m.w.N.). Die Stundensätze nach § 1 BVormVG sind aber nach dem Willen des Gesetzgebers für die Höhe der Vergütung des Betreuers eines vermögenden Betreuten eine wesentliche Orientierungshilfe, wie das Landgericht zutreffend ausführt. Dies bedeutet zum einen, dass die Stundensätze Mindestsätze darstellen, die nicht unterschritten werden dürfen, und zum anderen, dass sie im Regelfall angemessen sind und nur überschritten werden dürfen, falls die Schwierigkeit der Betreuungsgeschäfte dies gebietet (BGH, LM BGB § 1836, Nr. 4 = BGHR BGB 1836 Abs. 2 S. 2 - Stundensatz 1 -, = BGHR BGB § 1836 a - Betreuter, vermögender -, = FamRZ 2000, 1569 ff. = FGPrax 2000, 233 ff. = BtPrax 2001, 30 ff. = NJW 2000, 3709 ff. = MDR 2001, 91 f. = Rpfleger 2001, 27 ff. = ZEV 2001, 33 ff. = JurBüro 2001, 39 ff.).

Auch dies hat das Landgericht beachtet. Ob im vorliegenden Fall die tatsächlichen Voraussetzungen für die Bewilligung eines höheren Stundensatzes als nach § 1 BVormVG erfüllt sind, hat der Senat nicht zu prüfen. Denn die sofortige weitere Beschwerde des Betreuers ist ihrem Wesen nach eine Rechtsbeschwerde, so dass die Beurteilung des Tatrichters nur daraufhin überprüft werden kann, ob der Tatrichter einen unbestimmten Rechtsbegriff verkannt hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zu Stande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Acht gelassen oder gegen Denkgesetze verstoßen hat (Senat, Beschl. v. 12.09.00 - 8 Wx 8/00 -). Letzteres ist nicht ersichtlich und wird auch vom Beschwerdeführer nicht gerügt.

bb) Der Abzug von 10 % ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats gemäß Art. 4 des Betreuungsrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1998 gerechtfertigt (Senat, Beschl. v. 12.09.00, a.a.O., m.w.N.).

Die sofortige weitere Beschwerde war mit der Kostenfolge aus § 13 a Abs. 1 FGG zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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