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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 8 Wx 12/07
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 184
Das Vormundschaftsgericht kann einen Betreuer nur dann entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder wenn ein anderer wichtiger Grund für seine Entlassung vorliegt.

Die Tatsache, dass der Betreuer nach § 184 StGB rechtskräftig bestraft wurde, ist für sich gesehen kein Entlassungsgrund.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 Wx 12/07 OLG Naumburg

In der Betreuungssache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Feldmann und die Richter am Oberlandesgericht Harms und Bisping

am 06. Juni 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere sofortige Beschwerde des Berufsbetreuers wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 26. April 2007 abgeändert.

Der Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Magdeburg vom 21. Dezember 2006 wird ersatzlos aufgehoben.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Verfahrens beträgt EUR 3.000.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des Vormundschaftsgerichts vom 07. Februar 1994 zum Betreuer des volljährigen Betroffenen bestellt.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 09. Mai 2005 wurde der Beschwerdeführer wegen Besitzes pornographischer Schriften, die sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben und ein tatsächliches und wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben (Vergehen nach § 184 Abs. 5 S. 2 StGB in der bis zum 31. März 2004 geltenden Fassung), zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Dem Beschwerdeführer wurde vorgeworfen, am 28. Juli 2003 auf seinem Computer Bilder mit kinderpornographischen Darstellungen abgespeichert zu haben.

Daraufhin wurde der Beschwerdeführer mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Beschluss des Vormundschaftsgerichts als Betreuer entlassen. Seine sofortige Beschwerde wurde mit dem besagten Beschluss des Landgerichts vom 21. Dezember 2006 zurückgewiesen.

II.

1. Die zulässige weitere sofortige Beschwerde des Berufsbetreuers (§§ 27 ff., § 69g Abs. 4 Nr. 3 FGG) ist begründet:

Das Vormundschaftsgericht hat einen Betreuer nur dann zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder wenn ein anderer wichtiger Grund für seine Entlassung vorliegt (§ 1908b Abs. 1 S. 1 BGB). Dabei hat das Gericht bei dem Betreuer - wie beim Vormund (§ 1779 Abs. 2 S. 1 BGB) - auch die persönlichen Verhältnisse einschließlich der charakterlichen Eigenschaften in die Betrachtung miteinzubeziehen (v.Staudinger/Bienwald, BGB, 13. Auf-lage, § 1897 Rn 18 m.w.N.). Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn polizeiliche Führungszeugnisse eingeholt werden, sofern sich das Gericht nur der begrenzten Aussagekraft derartiger Auskünfte bewusst ist und seine Eignungsprüfung nicht auf diese Auskünfte beschränkt (Bienwald, Betreuungsrecht, 2. Auflage, § 1897 Rn 20). Denn bei der Entlassung eines Betreuers ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Auflage, § 1908b Rn 11). So darf ein Betreuer nicht entlassen werden, wenn dem Betreuten von Seiten des Betreuers lediglich abstrakte Gefahren drohen; vielmehr müssen sich konkrete Gefahren für das Wohl des Betreuten (§ 1897 Abs. 4 S. 1 BGB) feststellen lassen (BayObLG, FamRZ 1997, 1358, 1359). Mit Rücksicht darauf hat man eine Bestrafung wegen eines Vermögensdelikts lediglich zum Anlass genommen, den Betreuer von dem Aufgabenkreis der Vermögenssorge zu entbinden (Münchener Kommentar/Schwab, BGB, 4. Auflage, § 1908b Rn 6). Und im Rahmen des Vormundschaftsrechts, dessen Grundsätze wie gesagt entsprechend gelten, wurde nur ein wegen Kindesmisshandlung Vorbestrafter als ungeeigneter Vormund eines Minderjährigen angesehen. Im Übrigen hat man erst eine "erhebliche kriminelle Vergangenheit" als Hindernisgrund für eine Vormundschaft angesehen (Münchener Kommentar/Wagenitz a.a.O., § 1779 Rn 5).

Derart gravierende Eignungsmängel lassen sich in der Person des Beschwerdeführers nicht feststellen. Der Beschwerdeführer hat nämlich keine Menschen misshandelt oder geschädigt, sondern ist seinen Pflichten als Betreuer stets ohne Beanstandungen nachgekommen. Infolgedessen lassen sich auch keine begründeten Zweifel an seiner Eignung feststellen, die auf eine konkrete Gefährdung des Wohles des Betroffenen schließen lassen könnten. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts kann also keinen Bestand haben.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 Abs. 3 KostO i.V.m. § 13a FGG. Legt ein Betreuer gegen seine Entlassung Beschwerde ein, so ist das Rechtsmittel - bei der gebotenen großzügigen Betrachtung - als im Interesse des Betreuten eingelegt zu werten (Hartmann, Kostengesetze, § 131 KostO Rn 20 m.w.N.). Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich selbst zu tragen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz lässt sich im vorliegenden Verfahren nicht ersehen. Die Entscheidung über den Geschäftswert des Verfahrens beruht auf § 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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