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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 17.05.2004
Aktenzeichen: 8 Wx 3/04
Rechtsgebiete: BVormG


Vorschriften:

BVormG § 1 Abs. 1
BVormG § 1 Abs. 3 S. 3
Konnte ein Berufsbetreuer, der vor dem 01.01.1999 mindestens zwei Jahre tätig war, die ihm bisher bewilligten Stundensätze wegen der nach neuem Recht erforderlichen Qualifikation nicht mehr erhalten, konnte das Vormundschaftsgericht nach § 1 Abs. 1 BVormG übergangsweise von dem neuen gesetzlichen Stundensatz abweichen und die bisher bewilligte Vergütung festsetzen; diese Regelung, die bis zum 30.06.2001 befristet war, ist auf Grund der Ermächtigung nach § 1 Abs. 3 S. 3 BVormG vom Landesgesetzgeber bis zum 30.06.2002 verlängert worden (VO vom 26.6.2001, GVBl. LSA 2001, 228).

Für die Zeit ab Juli 2002 besteht keine entsprechende Ermächtigung; die Vergütung richtet sich nur noch nach der aktuellen Rechtslage.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 Wx 3/04

In dem Betreuungsverfahren

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Bisping und Wiedenlübbert am 17. Mai 2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Halle vom 02.02.2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Am 12.06.2001 ist die Beteiligte zu 1) für die Dauer von 5 Jahren zur Berufsbetreuerin des chronisch alkoholkranken Betroffenen durch Beschluss des Amtsgerichts Merseburg bestellt worden. Am 31.07.2003 beantragte die Beteiligte zu 1) die Vergütung und Aufwendungen ihrer Tätigkeit im Zeitraum 01.01. bis 30.06.2003 auf insgesamt 3.705,38 Euro festzusetzen. Am 26.11.2003 setzte das Vormundschaftsgericht beim Amtsgericht Merseburg durch die Rechtspflegerin die Vergütung der Beteiligten zu 1) wie beantragt fest. Die Beteiligte zu 2) legte am 10.12.2003 gegen die Festsetzung sofortige Beschwerde beim Landgericht Halle ein und begründete diese am 18.12.2003. Im Wesentlichen wurde die Beschwerde damit begründet, dass der Beteiligten zu 1) nur ein Stundensatz von 20,70 Euro gemäß der 2. Vergütungsgruppe nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG abzüglich 10 % Ost-Abschlag zustehe. Die Beteiligte zu 1) habe lediglich am Institut zur Ausbildung von Ingenieurpädagogen Magdeburg in der Fachrichtung Chemie mit der Abschlussbezeichnung Ingenieurpädagoge eine Abschlussprüfung abgelegt, die einer abgeschlossenen Lehre im Sinne der vorgenannten Vorschrift gleichstehe. Eine Vergleichbarkeit mit einer abgeschlossenen Hochschulausbildung im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG bestehe auch angesichts der Bescheinigung des Regierungspräsidiums Dessau vom 05.03.1996 nicht. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde stattgegeben und die Vergütung der Betreuerin entsprechend einer Eingruppierung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BVormVG festgesetzt.

Das Landgericht hat in seiner Entscheidung die weitere Beschwerde zugelassen. Mit Schriftsatz vom 13.02.2004 erfolgte die Einlegung der sofortigen weiteren Beschwerde beim Landgericht Halle.

II.

Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) ist aufgrund der Zulassung durch das Landgericht gem. §§ 27, 29, 56 g Abs. 5 Satz 2 FGG statthaft. Es handelt sich gem. §§ 56 g Abs. 5 Satz 1, 29 Abs. 2 FGG um eine sofortige weitere Beschwerde.

Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Betreuertätigkeit der Beteiligten zu 1) für den Zeitraum 01.01. bis 30.06.2003 lediglich mit einem Stundensatz in Höhe von 20,70 Euro zu vergüten ist. Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Berufsvormündern in Verb. mit Art. 4 BetreuungsänderungsG trägt die nach § 1836 a BGB aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für jede Stunde der für die Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 16,10 Euro (90 % von 17,90 Euro). Diese erste Stufe erhöht sich auf 20,70 Euro (90 % von 23,00 Euro) wenn der Betreuer über Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, und wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind. Verfügt der Betreuer über Kenntnisse durch ein Hochschulstudium oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erhöht sich der Stundensatz auf 27,90 Euro (90 % von 31,00 Euro). § 1 Abs. 3 Satz 3 BVormVG normiert, dass das Gericht für den Zeitraum bis zum 30.06.2000 bei der Festsetzung der Vergütung für einen Betreuer, der bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.07.1998 über einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren Betreuungen berufsmäßig geführt hat, abweichend von Abs. 1 der Vorschrift einen höheren, 31,00 Euro jedoch nicht übersteigenden Stundensatz zugrunde legen kann. Der Landesgesetzgeber wiederum hat mit der Verordnung zur Verlängerung einer Vergütungsregelung nach dem BVormVG vom 26.06.2001 (GVBl. LSA S. 228) geregelt, dass die in § 1 Abs. 3 Satz 1 BVormVG bestimmte Frist für Betreuer, die sich bis einschließlich zum 30.09.2001 zu der im Ausführungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zum BVormVG vom 25.01.2000, Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Sachsen-Anhalt Seite 116 geregelten Prüfung angemeldet haben und die Zulassungsvoraussetzungen nach § 2 BVormVG und den §§ 5 und 6 der Berufsvormünderprüfungsverordnung erfüllen bis zum Ablauf der 30.06.2002 verlängert wird.

Hier ist zunächst festzustellen, dass mit der Beschwerde die Rechtsauffassung des Landgerichts, dass die Beteiligte zu 1) die formalen Voraussetzungen für eine Einstufung in der dritten Stufe nicht erfüllt angegriffen wird. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht festgestellt, dass das von der Beteiligten zu 1) absolvierte Fachschulstudium nicht einem Hochschulstudium gleichgestellt ist und dass eine entsprechende Urkunde über die Gleichstellung des Fachschulstudium mit einem Fachhochschulabschluss von der Beschwerdeführerin auch nicht vorgelegt worden ist.

Rechtlich zutreffend ist auch die Auffassung des Landgerichts, dass aus dem Festsetzungsbeschluss vom 28.05.1999 in dem der Beschwerdeführerin die dritte Vergütungsstufe bewilligt worden ist, keine Bindung hinsichtlich der dort zugrunde gelegten Stundensätze herleiten lässt. Dies ergibt sich schon aus dem Regelungszweck des § 1 Abs. 3 BVormVG. Nach dieser Übergangsbestimmung kann für einen Vormund, der bereits vor dem Inkrafttreten des BVormVGesetzes einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren berufsmäßige Vormundschaften geführt hat, für die Zeit bis 30.06.2001 abweichend von § 1 Abs. 1 BVormVG ein 31,00 € nicht übersteigender Stundensatz festgesetzt werden. Hieraus ergibt sich, dass § 1 Abs. 3 BVormVG eine Übergangsregelung darstellt, mit der verhindert werden soll, dass Berufsbetreuer durch die Anwendung neuen Rechts Einkommensbußen erleiden, ohne dass sie während der 18-monatigen Übergangszeit Gelegenheit hatten, durch eine nach § 2 BVormVG vorgesehene Ausbildung eine Qualifikation zu erreichen, die nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormVG einen Stundensatz von 31.- € rechtfertigt (OLG Naumburg, Beschluss v. 18.06.2001, 8 Wx 6/01, FamRZ 2002, 58 f.; OLG Hamm, FamRZ 2000, 560, 561). Die Übergangsvergütung dient mithin dazu, die Zeit bis zur weiteren Qualifizierung des Betreuers zu überbrücken (BayObLG, FamRZ 2000, 1250). Dies bedeutet, dass selbst wenn die Beschwerdeführerin zum damaligen Zeitpunkt nicht über einen Abschluss verfügte, der die Einstufung in die dritte Stufe rechtfertigte, ihr gleichwohl eine höhere Vergütung zugebilligt werden konnte, ohne dass hieraus ein Vertrauenstatbestand auf die dauerhafte Festschreibung dieses Vergütungssatzes begründet werden konnte. Im Gegenteil, durch diese Bestimmung wird eindeutig geregelt, dass ohne eine weitere Qualifikation diejenigen Betreuer ohne Hochschulabschluss oder einen vergleichbaren Abschluss, die bis dahin u.U. nach der 3. Stufe vergütet worden sind, auf ein Fortbestehen dieses Umstandes nicht vertrauen konnten.

Auch die jeweiligen Festsetzungsbeschlüsse aus den Jahren 2002 und 2003 begründen keinen Vertrauenstatbestand derart, als dass eine Bindungswirkung auch für die Zukunft an die dort zugesprochene Vergütungsgruppe besteht. Da diese Festsetzungsbeschlüsse nicht mehr mit Rechtsmitteln anfechtbar sind, besteht hier allenfalls ein Vertrauenstatbestand derart, dass eine Rückforderung möglicherweise zuviel gezahlter Vergütung ausgeschlossen ist.

Auch die Argumentation der Beschwerdeführerin, die Schwierigkeit der Betreuung sei bei der Höhe der Vergütung mit zu berücksichtigen, geht fehl. Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung durch das BVormVG ist es gerade, eine einheitliche und leichtere Handhabung der Vergütungsregelung zu erreichen. Dies soll dadurch geschehen, dass die Höhe der Vergütung sich gerade nicht an der Schwierigkeit der Betreuung zu orientieren hat, sondern vielmehr an der Qualifikation des Betreuers (OLG Dresden, FamRZ 2000, 225-224; OLG Hamm, FamRZ 2000, 684-685).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 131 KostO, 13 a FGG.



Ende der Entscheidung

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