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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 21.12.2007
Aktenzeichen: 8 Wx 34/07
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 70c
§ 70c FGG schließt die Anhörung durch einen ersuchten Richter aus. Die Anhörung durch einen beauftragten Richter der zur Entscheidung berufenen Kammer ist hingegen zulässig (so auch BayObLGZ 1981, 306).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 Wx 34/07 OLG Naumburg

In der Unterbringungssache

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richter am Oberlandesgericht Harms und Bisping am 21. Dezember 2007 beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 10. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert beträgt EUR 3.000.

Gründe:

I.

Die (am 14. August 1963 geb.) Betroffene wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Magdeburg vom 14. Mai 2003 unter Betreuung gestellt. Unter dem 15. Oktober 2007 beantragte die Betreuerin die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung.

Nachdem das Vormundschaftsgericht zunächst mit einer einstweiligen Anordnung vom 16. Oktober 2007 die vorläufige Unterbringung der Betroffenen genehmigt hatte, genehmigte es - nachdem es am 23. November 2007 den Verfahrenspfleger bestellt, diesen zum Anhörungstermin vom selben Tage geladen und dann die persönliche Anhörung der Betroffenen durchgeführt hatte - auf Grund eines psychiatrischen Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. D. vom 19. November 2007 mit Beschluss vom 23. November 2007 die endgültige Unterbringung, und zwar bis längstens 22. August 2008 (§ 70f FGG).

Gegen diese Entscheidung legte die Betroffene am 27. November 2007 sofortige Beschwerde ein (§ 70m FGG). Eine beauftragte Richterin der 3. Zivilkammer hörte am 07. Dezember 2007 die Betroffene sowie ihren Verfahrenspfleger persönlich an. Anschließend wies die Kammer die sofortige Beschwerde mit Beschluss vom 10. Dezember 2007 zurück.

II.

Die zulässige - weitere - sofortige Beschwerde der Betroffenen (§§ 27 ff., 70m FGG) ist unbegründet:

Weitere Beschwerden sind ihrem Wesen nach reine Rechtsbeschwerden (§ 27 FGG), so dass der Senat die Beurteilung des Tatrichters nur darauf überprüfen darf, ob der Tatrichter von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Acht gelassen, gegen Denkgesetze verstoßen oder einen unbestimmten Rechtsbegriff verkannt hat.

1. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Insbesondere schließt die Vorschrift zu § 70c FGG lediglich die persönliche Anhörung durch einen ersuchten Richter eines anderen Spruchkörpers aus; die persönliche Anhörung durch die beauftragte Richterin der zuständigen 3. Zivilkammer des Landgerichts war mithin zulässig (vgl. BayObLGZ 1981, 306 ff.).

2. Die angefochtene Entscheidung hält auch im Übrigen einer Überprüfung stand:

Nach § 1906 BGB ist eine Unterbringung eines Betreuten durch seinen Betreuer, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zulässig, solange sie zum Wohle des Betreuten erforderlich ist, weil krankheits- oder behinderungsbedingt die Gefahr eines Suizids oder einer erheblichen gesundheitlichen Selbstschädigung des Betreuten besteht.

Insoweit hat das Landgericht unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten von Dr. D. (§ 70e FGG) festgestellt, dass die Betroffene an einer paranoid-halluzinatorischen Psychose des schizophrenen Formenkreises mit zurzeit wieder akut produktiv psychotischer Symptomatik leidet und diese Krankheit dringend einer kontinuierlichen psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlung bedarf, damit die Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit der Betroffenen wiederhergestellt wird. Die Betroffene sei weder krankheits- noch therapieeinsichtig, wie sie insbesondere auch bei ihrer persönlichen Anhörung (§ 70c FGG) zum Ausdruck gebracht hat. Sie empfinde sich nicht als krank und brauche nach eigenem Dafürhalten auch keine medikamentöse Behandlung. Ohne eine sofortige Behandlung sei es allerdings absehbar, dass sich die wahnhafte Symptomatik schnell wieder zuspitze und in noch stärker angstbesetzte Zustände mit zunehmenden Fehlverhaltensweisen und schließlich auch manifestsuizidalen Gedanken einmünde. Dies bedeute, dass die Konsequenzen im ungünstigsten Fall auch lebensbedrohlicher Natur sein könnten. Nach alledem sei eine Unterbringung unerlässlich, und zwar nach dem Sachverständigengutachten für eine Dauer von ca. neun Monaten. Solange sei nach dem Gutachten eine Heilbehandlung nötig, damit der Gesundheitszustand der Betroffenen stabilisiert wird.

Diese - nicht nur auf dem besagten Sachverständigengutachten, sondern auch auf dem persönlichen Eindruck der Kammer von der Betroffenen beruhenden - Feststellungen sind denkfehlerfrei und werden auch durch das Beschwerdevorbringen der Betroffenen nicht in Frage gestellt:

Die Angriffe gegen das Sachverständigengutachten sind unbegründet. So mag es zwar durchaus sein, dass die Betroffene anderen gegenüber immer wieder Krankheits- und Therapieeinsicht äußert und sich in der Vergangenheit auch schon selbst in Behandlung begeben hat. Dies schließt allerdings die gegenläufigen Feststellungen des Sachverständigen nicht aus, die nicht nur auf der langjährigen Krankengeschichte der Betroffenen (paranoide Schizophrenie mit Rettungseinsatz) beruhen, sondern auch bei ihrer ausgiebigen Untersuchung durch den Sachverständigen selbst sowie anlässlich der Befragung des behandelnden Oberarztes gewonnen worden sind. So hat die Betroffene gegenüber dem Sachverständigen angegeben, lediglich deshalb "krank" und krankheitsbedingt erwerbsunfähig zu sein, weil ihre Krankheit bei einer früheren stationären Krankenhausbehandlung medikamentös mit einer "Spritze" behandelt worden ist. Dann erhob sie sich und verließ den Raum mit den Worten: "Das reicht ..., ich möchte nach Hause ...", "ich brauche kein Heim". Dies, obgleich sie bei der Exploration selbst angegeben hat, dass sie sich in dem Zeitraum vor ihrer stationären Aufnahme "offenbar nicht mehr adäquat selbst versorgen" konnte und - wie auch vor den vorangegangenen stationären Aufenthalten - in einem äußerlich verwahrlosten Zustand zur stationären Aufnahme erschienen ist. Sie habe sich zwar auch schon aus eigenem Antrieb bei der Notaufnahme gemeldet. Später habe sie ihre Einwilligung aber wiederrufen, wodurch das vorliegende Unterbringungsverfahren erst ausgelöst worden ist.

Die Feststellungen des Sachverständigen und die von ihm gegebene Empfehlung, die Betroffene unterzubringen, haben sich bei ihrer persönlichen Anhörung durch die ersuchte Richterin - bei der ihr behandelnder Arzt zum gegenwärtigen Krankenstand gehört worden ist - bestätigt.

Demzufolge hat das Rechtsmittel der Betroffenen keinen Erfolg.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 30 Abs. 2, 128b KostO in Verbindung mit § 13a FGG.

Ende der Entscheidung

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