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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 26.08.2004
Aktenzeichen: 8 Wx 5/04
Rechtsgebiete: BVormVG, FGG


Vorschriften:

BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
FGG § 27
FGG § 29
FGG § 29 Abs. 2
FGG § 56 Abs. 5 S. 1
FGG § 56 g Abs. 5 S. 2
Dem Betreuer steht eine erhöhte Vergütung zu, wenn er über besondere für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt und diese durch eine abgeschlossene Ausbildung erworben hat (hier: Dipl.-Ing. (FH)).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

8 Wx 5/04 OLG Naumburg

In der Betreuungssache

...

hat der 8. Zivilsenat - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Friederici sowie die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Wiedenlübbert am 26. August 2004 beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Dessau vom 20.02.2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung für die Beteiligte zu 2). Diese ist durch Beschluss des Amtsgerichts als Betreuerin für die Betroffene eingesetzt worden. Das Amtsgericht hat die Vergütung für die Betreuerin für den Zeitraum vom 14.02.2003 bis 30.06.2003 festgesetzt und dabei einen Stundensatz von 27,90 Euro (31,00 € - 10 % Abschlag). Gegen die Höhe dieser Vergütung hat sich die Bezirksrevisorin gewendet mit dem Argument, der Betreuerin stünde lediglich ein Stundensatz von 20,70 Euro (23 - 10 % Ostabschlag) zu, weil sie nicht die Voraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG erfülle. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und die weitere sofortige Beschwerde in seiner Entscheidung ausdrücklich zugelassen.

Das Rechtsmittel der Bezirksrevisorin ist auf Grund der Zulassung durch das Landgericht gemäß § 27, 29, 56 g Abs. 5 S. 2 FGG statthaft. Es handelt sich gemäß § 56 Abs. 5 S. 1, 29 Abs. 2 FGG um eine sofortige weitere Beschwerde.

Die sofortige weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Entscheidung des Landgerichts nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Betreuertätigkeit der Beteiligten zu 2) mit einem Stundensatz in Höhe von 27,90 Euro zu vergüten ist. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG steht dem Betreuer eine erhöhte Vergütung dann zu, wenn er über besondere für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt und diese durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das formale Ausbildungskriterium, nämlich eine einem Hochschulstudium vergleichbare abgeschlossene Ausbildung, ist durch den Ausbildungsweg der Betreuerin erfüllt. Die Bezirksrevisorin übersieht bei ihrer Stellungnahme, mit der sie feststellen will, dass der Bescheid des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt vom 13.09.1994 falsch sei, nach dem die Betreuerin die Berufsbezeichnung Dipl.-Ing. (FH) führen darf, dass die Betreuerin hier zum einen einen Fachschulabschluss im Jahre 1985 erworben hat, nachdem sie die Berufsbezeichnung Agrar-Ing. führen darf und darauf aufbauend bis 1989 in einem postgradualem Studium mit Fachabschluss eine Ausbildung zum Ingenieurpädagogen durchlaufen hat. Insofern ist nicht, wie die Bezirksrevisorin meint, lediglich von einem Fachschulabschluss als Agrar-Ing. auszugehen, sondern von einer aufbauend auf diesem Erstausbildungsweg erfolgten Weiterbildung mit einem entsprechenden Abschluss im Jahre 1989. Gründe, warum der Bescheid des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt vom 13.09.1994 insoweit falsch sein sollte, sind nicht ersichtlich. Das heißt, im Ergebnis ist davon auszugehen, dass die Betreuerin hier einen Ausbildungsweg durchlaufen hat, der sie im Ergebnis berechtigt, die Berufsbezeichnung Dipl.-Ing. (FH) zu führen. Dies wiederum bedeutet, dass ihre Ausbildung einem Fachhochschulabschluss gleichgestellt ist. Dass wiederum ein Fachhochschulabschluss einem Hochschulabschluss als gleichwertig anzusehen ist, ist unstreitig und allgemein anerkannt.

Darüber hinaus hat die Betreuerin hier auch entsprechend den Anforderungen gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse durch die Ausbildung erlangt. Die entsprechend erworbenen Kenntnisse sind für die Führung von Betreuungen dann allgemein nutzbar, wenn sie bezogen auf ein bestimmtes Fachgebiet über ein Grundwissen deutlich hinausgehen, wobei das Grundwissen nach Bildungsstand bzw. Ausbildung mehr oder weniger umfangreich sein kann (Bayerisches Oberstes Landesgericht, FamRZ 2001, 187 m. w. N.). Das Kriterium nutzbar für eine Betreuung ist dann erfüllt, wenn die Fachkenntnisse ihrer Art nach betreuungsrelevant sind und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben zum Wohle des Betreuten besser und effektiver zu erfüllen und somit eine erhöhte Leistung zu erbringen.

Hier hat die Betreuerin nach den von ihr vorgelegten Qualifikationen und Zeugnissen unter anderem Fachkenntnisse im Bereich sozialistischer Betriebswirtschaft und im sozialistischen Recht erworben. Es ist zwar davon auszugehen, dass die im Bereich sozialistischer Betriebswirtschaft und sozialistischem Recht erworbenen Kenntnisse nach dem Beitritt im Bundesgebiet nicht unmittelbar ohne weiteres anwendbar sind, gleichwohl haben sie die Betreuerin befähigt, zum Beispiel im Rahmen der Regelung vermögensrechtlicher Angelegenheiten Kosten-Nutzen-Rechnungen bzw. auch Bilanzen und Haushaltspläne zu erstellen und zu verstehen. Darüber hinaus hat sie im Rahmen ihrer Ausbildung zur Dipl.-Ing. auch Kenntnisse im Bereich der Lehrlings- und Erwachsenenausbildung und beim Erreichen des Fachabschlusses Berufspädagogik unter anderem auch die Theorie und Methodik der Erziehung, Methodik des berufspraktischen Unterrichts und der Psychologie erlernt. Diese jeweiligen Einzelleistungen vermitteln durchaus Kenntnisse, die bei der Ausübung der Betreuung nutzbar sind und die über den allgemeinen Kenntnisstand hinausgehen. Durch diese Kenntnisse ist die Betreuerin in der Lage, insbesondere die speziellen Bedürfnisse der Betreuten nicht nur zu erkennen, sondern auch entsprechend darauf einzugehen und auch im Hinblick auf das soziale Umfeld der Betreuten die sprechenden Maßnahmen zu ergreifen.

Darüber hinaus ist zwar in Anbetracht des Wesens der Betreuung als rechtliche Betreuung besonderes Augenmerk auf die rechtlichen Kenntnisse zu legen, aber auch in diesem Bereich ist davon auszugehen, dass entsprechendes Wissen im Rahmen der Ausbildung vermittelt worden ist. Zwar ist die Ausbildung im Bereich sozialistisches Recht nicht mit dem nunmehr geltenden Recht unmittelbar vergleichbar. Gleichwohl ist auch im Bereich des sozialistischen Rechts die Frage der Methodik und der Auslegung von Gesetzen durchaus vermittelt worden. Diese Fähigkeiten kommen gerade im Bereich der rechtlichen Betreuung durchaus zum Tragen, allein schon deshalb, weil sie der Betreuerin ermöglichen, entsprechende rechtliche Zusammenhänge leichter zu erkennen und auch zu begreifen und dann unter Umständen auch dem Betreuten zu vermitteln.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 131 KostO, 13 a FGG.

Ende der Entscheidung

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