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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.09.2000
Aktenzeichen: 9 U 106/00
Rechtsgebiete: AGBG, ZPO


Vorschriften:

AGBG § 9
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Beim sog. einfachen Makleralleinauftrag kann der Auftraggeber provisionsfrei Eigengeschäfte abschließen. Ein provisionsfreies Eigengeschäft kann auch bei Beteiligung eines anderen Maklers in Betracht kommen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen dem anderen Makler und dem Auftraggeber kein Vertragsverhältnis besteht, der Makler unaufgefordert an den Auftraggeber herantritt und diesem einen konkreten Interessenten benennt. Kommt mit diesem Interesssenten der Kaufvertrag zustande, ist von einem "freien" Eigengeschäft auszugehen, weil der Makler in keiner Weise interessenwahrend für den Auftraggeber tätig geworden ist, nicht in "seinem Lager" steht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 U 106/00 OLG Naumburg

verkündet am: 05. September 2000

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Klier, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Tiemann und des Richters am Landgericht Dr. Otparlik auf die mündliche Verhandlung vom 5.9.2000 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 10.4.2000 verkündete Urteil des Landgerichts Halle ( 8 O 462 / 99 ) abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt nicht 60.000,-- DM.

Tatbestand:

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung ( pVV ) zu.

Bei dem Vertrag vom 9.9.1999 ( Bl. 7 / 8 ) handelt es sich um einen "einfachen" Makleralleinauftrag. Die Hinzuziehungs- und Verweisungsklausel in Nr. 3 des Vertrages ist wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam, was das Landgericht ( LGU S.5 - Bl. 55 - ) zutreffend - und von der Klägerin auch in der Berufungsinstanz nicht beanstandet - festgestellt hat. Solche Klauseln können nur in Individualverträgen ausgehandelt werden ( h.M. dazu: Palandt / Sprau, BGB, 59. Aufl., § 652, Rn 61 m.w.N. ). Bei Nr. 3 des Vertrages handelt es sich aber unstreitig um eine AGB-Klausel.

Beim "einfachen" Makleralleinauftrag steht dem Auftraggeber ( = Beklagten ) weiterhin das Recht zu, Eigengeschäfte provisionsfrei zu schließen ( h.M. dazu: Schwertner, Maklerrecht, 4. Aufl., Rn. 997 m.w.N. auf die Rechtsprechung ). Dies folgt aus der auch beim Alleinauftrag grundsätzlich weiter bestehenden Abschlussfreiheit des Auftraggebers. Es liegt deshalb - entgegen der Ansicht des Landgerichts ( LGU S. 5 - Bl. 55 - ) im Regelfall kein Mißbrauch der Abschlussfreiheit vor, wenn der Auftraggeber beim "einfachen" Alleinauftrag ein Eigengeschäft tätigt.

Entscheidungserheblich ist somit im vorliegenden Fall die ( in Rechtsprechung und Literatur nicht abschließend geklärte ) Frage, wann von einem Eigengeschäft des Auftraggebers auszugehen ist, wenn ein - anderer - Makler beteiligt ist. Der BGH ( NJW 1973, 1194, 1195 = BGHZ 60, 373, 377 ), hat dies bislang offen gelassen. Er hat lediglich ausgeführt, dass es "fraglich" sein könne, ob der Auftraggeber mit einem von einem anderen Makler unverlangt zugesandten Interessenten ein ( gemeint offenbar: provisionsfreies bzw. keine Schadensersatzpflicht auslösendes ) Eigengeschäft abschließen könne. In der Literatur wird ( ohne Begründung ) teilweise davon ausgegangen, dass dem Makler in einem solchen Fall ein Schadensersatzanspruch zustehe ( Staudinger / Reuter BGB, 13. Bearbeitung - 1994 -, §§ 652,653, Rn. 203 unter Hinweis auf BGH NJW 1973, 1194, wo dies - wie dargelegt - aber gerade offen bleibt; offenbar im Ergebnis ebenso - allerdings auch ohne Begründung - Schwerdtner a.a.O., Rn. 990 ).

Mit dem Abschluss des Alleinauftrages soll lediglich sichergestellt werden, dass sich der Auftraggeber nicht zu Lasten des ( Provisionsanspruchs des ) Auftragnehmers der Hilfe eines weiteren Maklers bei der - hier - Veräußerung des Objekts bedienen kann. Im Gegenzug trifft den Makler eine weitergehende Verpflichtung zum Tätigwerden. Wenn dem Auftraggeber aber mangels individualvertraglicher Vereinbarung weiter das Recht zusteht, Eigengeschäfte abzuschließen, dann kann es ihm nicht verwehrt werden, sich selbst - auch aktiv - um einen Interessenten zu bemühen. Tritt bei diesen Bemühungen ein Interessent an den Auftraggeber heran, darf er das Eigengeschäft abschließen. Nichts anderes kann dann gelten, wenn dieser Interessent über einen Makler an den Auftraggeber herantritt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zwischen dem anderen Makler und dem Auftraggeber kein Vertragsverhältnis besteht, der Makler unaufgefordert an den Auftraggeber herantritt und diesem einen konkreten Interessenten benennt. Kommt mit diesem Interessenten der Kaufvertrag zustande, ist von einem "freien" Eigengeschäft auszugehen, weil der Makler in keiner Weise interessenwahrend für den Auftraggeber tätig geworden ist, nicht in "seinem Lager" steht. Eine andere Betrachtungsweise wäre lebensfremd, weil ein Großteil von Grundstückverkäufen über Makler abgewickelt wird und die grundsätzlich bestehende Berechtigung des Auftraggebers, beim "einfachen" Alleinauftrag "freie" Direktverträge abzuschließen, unangemessen eingeschränkt würde, wenn er den Auftragnehmer in jedem Fall beteiligen müßte, wenn ein "im Lager" des Vertragspartners stehender anderer Makler unaufgefordert an ihn herantritt. Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers folgt daraus nicht, weil es ihm freisteht, eine Hinzuziehungs- oder Verweisungsklausel individualvertraglich zu vereinbaren.

Bei Anwendung dieser Grundsätze besteht ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht. Die Klägerin ist für alle ihren Schadensersatzanspruch begründenden Umstände beweispflichtig ( OLG München NJW-RR 1995, 1525, 1526 ). Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vorgetragen, dass es nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Maklerin S. nur noch das Telephonat im Mai 1999 gegeben hat. Zu diesem Telephonat bzw. zur Benennung von Kaufinteressenten hatte der Beklagte die Maklerin S. - unstreitig - nicht aufgefordert. Selbst wenn der Kaufvertrag mit den - dort - von der Maklerin benannten Interessenten zustande gekommen ist, folgt daraus nicht der Abschluss eines Maklervertrages mit dem Beklagten ( was das Landgericht ohne nähere Begründung LGU S.6 - Bl. 56 - annimmt ). Dass der Beklagte eine Provision an die Maklerin S. gezahlt hat, was ein Vertragsverhältnis nahelegen würde, hat die darlegungs- und beweispflichtige Klägerin bereits nicht hinreichend vorgetragen. Soweit es im Schriftsatz vom 1.3.2000 ( S. 2 - Bl. 37 - ) heißt, "eine solche Provision ist aller Voraussicht nach gezahlt worden", handelt es sich ersichtlich um eine Behauptung ins Blaue hinein, der mangels Benennung von tatsächlichen Anknüpfungspunkten nicht nachzugehen war. Zudem hat die Klägerin in der Berufungserwiderung ( S.2 - Bl. 81 - ) ihre Behauptung nicht wiederholt, nachdem der Beklagte in der Berufungsbegründung ( S.3 - Bl. 70 - ) noch einmal dargelegt hat, dass eine Provision nicht vereinbart war. Sie trägt insoweit (a.a.O. ) lediglich vor, dass ein Maklervertrag auch ohne Provisionsvereinbarung zustande kommen könne. Im Ergebnis läßt sich aus dem einfachen Umstand, dass der Beklagte mit der Maklerin S. über das Objekt gesprochen und der Kaufvertrag auch mit den von ihr benannten Interessenten zustandegekommen ist, nicht folgern, dass es zu einer vertraglichen Bindung gekommen ist. Stand die Maklerin S. - jedenfalls ist dies nicht bewiesen - somit nicht "im Lager" des Beklagten, handelt es sich bei dem Verkauf um ein "freies" Direktgeschäft, für das der Beklagte der Klägerin nicht schadensersatzpflichtig ist.

Die Klage ist somit insgesamt abzuweisen, ohne dass die Frage abschließend beantwortet werden muß, ob der Schaden der Klägerin mit der Höhe der Provision identisch ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Die Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 546 Abs. 1 S. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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