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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 23.10.2000
Aktenzeichen: 10 UF 2299/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361
BGB § 1578
Zur Berechnung des angemessenen Bedarfs der Ehefrau ist bei ehelichen Kindern der Tabellenkindesunterhalt, bei nicht- (und vorehelichen) Kindern der Zahlbetrag abzusetzen.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

10 UF 2299/00 1 F 489/99 AG Ansbach

Verkündet am 23. Oktober 2000

Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In der Familiensache

hat der 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. September 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Ansbach vom 30. Mai 2000 wie folgt abgeändert:

1. Der Beklagte hat an die Klägerin für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 31. Mai 2000 noch 12.531,67 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 4. Mai 2000 zu bezahlen.

2. Der Beklagte hat an die Klägerin für die Monate Juni, Juli und August 2000 einen monatlichen, monatlich vorauszahlbaren Unterhalt von 1.301,00 DM und ab September 2000 von 1.180,00 DM monatlich zu bezahlen.

II. Von den Kosten erster Instanz tragen die Klägerin 4/10, der Beklagte 6/10.

Von den Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Klägerin 1/3, der Beklagte 2/3.

III. Das Urteil vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt

29.353,55 DM

(Berufung Ehefrau:

Rückstände bis 5/99 über Ersturteil

hinaus: 519,00 DM x 6 = 3.114,00 DM + 396,00 DM = 3.510,00 DM laufend: 1.840,00 DM - 1.489,00 DM = 351,00 DM x 12 = 4.212,00 DM 7.722,00 DM

Berufung Ehemann: Rückstand bis 5/99: 3.763,55 DM laufend: 1.489,00 DM x 12 = 17.868,00 DM 21.631,55 DM

Gesamt also: 29.353,55 DM).

Gemäß § 543 Abs. 1 ZPO wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist gemäß § 1361 BGB unterhaltsberechtigt. Sie betreut das am 11. April 1993 geborene gemeinschaftliche Kind i, das im Herbst 1999 eingeschult wurde. Bei dem Alter des Kindes ist sie zu einer Erwerbstätigkeit, auch in dem früher ausgeübten Umfang, nicht verpflichtet. Die früher ausgeübten Tätigkeiten kann sie zudem nach dem Umzug nicht ohne weiteres wieder aufnehmen. Soweit sie Einkünfte aus journalistischer Tätigkeit erzielt, sind diese zum einen gering, ferner stehen den Einnahmen Werbungskosten gegenüber. Das allenfalls verbleibende geringe Einkommen ist aus unzumutbarer Tätigkeit erzielt und bei den hier gegebenen Einkommensverhältnissen nicht anzurechnen, § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Die ehelichen Lebensverhältnisse sind geprägt durch das Arbeitseinkommen des Ehemanns sowie Einkünfte der Ehefrau im Jahre 1998 aus ihrer stillen Beteiligung an dem Sägewerk der Eltern und ab dem Jahre 1999 aus den Einkünften der ausbezahlten und in ein Darlehen umgewandelten Beteiligung. Die Klägerin hat dargelegt, daß die Beteiligung aus familiären Gründen aufgelöst wurde. Die Zuflüsse der letzten Jahre können daher nicht fiktiv weiterhin zugerechnet werden. Ab dem Jahre 1999 fließen daher nunmehr die vom Amtsgericht bereits angesetzten Zinseinkünfte von 267,00 DM monatlich aus der darlehensweisen Hingabe von 100.000,00 DM an. Die Verwendung von 40.000,00 DM für trennungsbedingte und andere Aufwendungen ist auch im Hinblick auf die dem Ehemann geschuldete Solidarität in der Verwendung des Vermögens vertretbar.

Damit ergibt sich folgende Unterhaltsberechnung:

1. Für Dezember 1998

Einkommen des Ehemannes bei Steuerklasse III laut Ersturteil und nicht angegriffen: 6.142,50 DM Steuererstattungen im Jahre 1998 sind nicht vorgetragen. abzüglich Fahrtkosten Heroldsbach-Arbeitsstätte wie Erstgericht: 293,33 DM Berufsunfähigkeitsversicherung: 150,00 DM Direktversicherung: 284,00 DM Vermögenswirksame Anlage: 52,00 DM Unfallversicherung: 16,87 DM Unterhaltspflicht eheliches Kind N 519,00 DM Abzüge insgesamt: 1.315,20 DM Verbleibendes Einkommen: 4.827,30 DM

Auch die Aufwendungen für Direktversicherung und Vermögenswirksame Anlage sind als Abzugsposition jedenfalls während der Trennung anzuerkennen, da diese Aufwendungen auch in der Ehe erfolgten.

Hinsichtlich des nichtehelichen Kindes setzt der Senat nur den Zahlbetrag, nicht wie bei ehelichen Kindern den Tabellenunterhaltsbetrag an (vgl. Anm. von Graba zu BGH, FamRZ 99, S. 367, 370 ff.). Das für die nichtehelichen Kinder bezahlte Kindergeld ist niemals der ehelichen Familie zugeflossen, abgeflossen ist nur der tatsächliche Zahlbetrag; nur dieser Abfluß hat damit die ehelichen Verhältnisse geprägt. Auch nach dem Zusammenleben des Beklagten mit der Mutter der nichtehelichen Kinder kann für die frühere eheliche Familie nichts anderes gelten. Der Senat steht mit diesem Ansatz auch nicht im Widerspruch zu der genannten Entscheidung des BGH vom 25. November 1998, da der Bundesgerichtshof in dem Urteil nur ausführt, daß das Oberlandesgericht rechtlich bedenkenfrei sowohl bei dem ehelichen als auch dem nichtehelichen Kind den Tabellenunterhalt zur Ermittlung des Ehegattenunterhalts abgesetzt habe.

Von dem oben dargestellten Einkommen von 4.827,30 DM ist der bezahlte Unterhalt zuzüglich des hälftigen staatlichen Kindergeldes für das eheliche Kind abzuziehen, somit 524,00 DM.

Die nun verbleibenden 4.303,00 DM sind um den Erwerbsbonus von 10 % zu bereinigen, somit um 430,00 DM. Das für die Berechnung des Ehegattenunterhalts anzusetzende Einkommen des Ehemannes beträgt somit 3.873,00 DM.

Im Jahre 1998 hat die Ehefrau aus ihrer Beteiligung Einkünfte in Höhe von 16.990,00 DM, somit monatlich 1.416,00 DM, erzielt. Auch wenn diese Einkünfte Zahlungen aus den Vorjahren beinhalteten, sind sie doch im Jahre 1998 zugeflossen und müssen hier angesetzt werden.

Im Dezember 1998 hatten die Ehegatten somit ein gemeinsames Einkommen von 5.289,00 DM. Nach Hälfteteilung beträgt der eheangemessene Bedarf beider Ehegatten je 2.644,00 DM. Hiervon kann die Ehefrau aus ihren Einkünften 1.416,00 DM selbst decken, so daß der Ehemann 1.228,00 DM schuldet.

2. Im Jahre 1999 verändert sich das Einkommen des Ehemannes infolge der veränderten Steuerklasse auf unstrittig 5.494,00 DM.

Hinzuzusetzen ist die in diesem Jahr zufließende Steuererstattung aus der Steuererklärung für das Kalenderjahr 1997 in Höhe von insgesamt 2.471,00 DM, somit monatlich 206,00 DM. Diese prägt die ehelichen Lebensverhältnisse, auch wenn dieser Zufluß zur Schuldentilgung verwandt worden sein mag.

Abzusetzen sind wiederum wie in 12/98 insgesamt 1.315,00 DM sowie 524,00 DM Tabellenunterhalt. Es verbleiben 3.861,00 DM abzüglich 10 % = 3.475,00 DM.

Das Einkommen der Ehefrau beträgt nun - wie oben ausgeführt - 267,00 DM, die Einkünfte beider Ehegatten somit 3.742,00 DM; nach Hälfteteilung beträgt der Bedarf jedes Ehegatten 1.871,00 DM. Hiervon kann die Ehefrau 267,00 DM selbst decken, so daß 1.604,00 DM offener Unterhaltsbedarf und Anspruch bestehen.

3. Ab März 1999 verändern sich die Fahrtkosten des Ehemannes. Diese sind als noch angemessen anzuerkennen. Der Fahrtaufwand beträgt nach den bayerischen Leitlinien 75 km x 2 x 220 Tage : 12 x 0,40 DM = 1.100,00 DM.

Gegenüber der obigen Berechnung, in die ein Fahrtaufwand von 293,00 DM eingeflossen war, besteht daher nun ein weiterer Fahrtbedarf von 807,00 DM. Dieser verringert sich allerdings durch die Möglichkeit der steuerlichen Absetzung um ca. 40 % (§ 287 ZPO). Zur Erhaltung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit ist der Beklagte verpflichtet, diese steuerliche Entlastung unverzüglich beim Finanzamt geltend zu machen.

Das Einkommen des Ehemannes verringert sich daher von 3.861,00 DM um 484,00 DM auf 3.377,00 DM. Hiervon ist der Erwerbsbonus mit 337,00 DM abzuziehen, so daß 3.340,00 DM verbleiben. Das gemeinschaftliche Einkommen der Ehegatten beträgt nun 3.303,00 DM, nach Halbteilung entfallen auf jeden Ehegatten 1.653,50 DM. Hiervon kann die Ehefrau 267,00 DM selbst decken, so daß ihr offener Bedarf und Anspruch 1.387,00 DM beträgt.

4. Ab April 1999 erhöht sich der Tabellenunterhaltsbedarf für das eheliche Kind auf 636,00 DM. Das oben festgehaltene bereinigte Einkommen des Ehemannes von 3.377,00 DM verringert sich damit um weitere 112,00 DM auf 3.265,00 DM. Nach Abzug von 10 % Erwerbsbonus und der Einkünfte der Ehefrau von 267,00 DM beträgt das gemeinschaftliche Einkommen 3.205,00 DM, nach Hälfteteilung fallen auf jeden Ehegatten 1.602,50 DM. Der offene Bedarf der Ehefrau beträgt nun 1.336,00 DM.

5. Ab Juli 1999 erhöht sich der Tabellenunterhaltsbedarf für wegen der Veränderung der bayerischen Leitlinien um weitere 11,00 DM. Dies führt zu einer Reduzierung des Ehegattenunterhalts auf 1.331,00 DM.

Im Mai 1999 tritt durch die vom Ehemann vorgetragene Darlehensaufnahme keine zu berücksichtigende Änderung der ehelichen Verhältnisse ein. Das nach der Trennung durch den Ehemann aufgenommene Darlehen hat die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten nicht geprägt. Diese Aufwendungen können nur, soweit sie zwingend notwendig waren, als trennungsbedingter Mehrbedarf bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit Berücksichtigung finden (vgl. Wendel/Staudigel, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 4, Rdnr. 295, § 1, Rdnr. 532 ff. ). Der Beklagte hat bei Ansatz der Leistungsfähigkeitsgrenze während der Trennung mit 1.500,00 DM aber noch Spielraum, um diese Darlehensaufnahme zu bedienen. Auch könnte er auf eine Einschränkung der Vermögensbildung verwiesen werden.

Für das Jahr 2000 und die Folgejahre kann die jährlich zu erwartende Steuererstattung - ohne Ansatz der erhöhten Fahrtkosten, die bereits gesondert angesetzt sind - gemäß dem Steuerbescheid vom 30. August 2000 mit 1.569,00 DM + 106,00 DM = 1.665,00 DM jährlich, somit monatlich ca. 140,00 DM, angesetzt werden (§ 287 ZPO). Da bei der früheren Berechnung eine Steuererstattung von 206,00 DM berücksichtigt war, verringert sich das Einkommen des Ehemannes nun um ca. 66,00 DM. Sein Einkommen verändert sich nun wie folgt:

3.254,00 DM - 66,00 DM = 3.188,00 DM, abzüglich 10 % Erwerbsanreiz = 2.869,00 DM.

Das Familieneinkommen beträgt daher nun 3.136,00 DM, der angemessene Bedarf jedes Ehegatten 1.568,00 DM. Da die Ehefrau eigene Einkünfte in Höhe von 267,00 DM hat, beträgt ihr Anspruch nun 1.301,00 DM.

6. Ab September 2000 verändert sich diese Berechnung durch die Geburt des weiteren nichtehelichen Kindes des Beklagten. Anzusetzen ist wiederum der geschuldete Zahlbetrag, wobei der Senat nun einen höheren freiwillig anerkannten Unterhalt nicht zu Lasten der Ehefrau ansetzt. Aufgrund der nunmehrigen finanziellen Verhältnisse und der Vielzahl der Unterhaltsberechtigten (Abstufung) ist das Kind nun in die Gruppe 3 der bayerischen Leitlinien einzustellen, der Unterhaltsanspruch beträgt somit 405,00 DM, abzüglich 135,00 DM hälftiges staatliches Kindergeld = 270,00 DM.

Die obige Rechnung verändert sich nun wie folgt:

3.188,00 DM - 270,00 DM = 2.918,00 DM, abzüglich 10 % Erwerbsaufwand, zuzüglich 267,00 DM Einkommen Ehefrau, ergibt sich ein Gesamteinkommen von 2.893,00 DM. Nach Hälfteteilung beträgt der Bedarf jedes Ehegatten 1.446,50 DM, der Bedarf der Ehefrau nun ca. 1.180,00 DM.

Für die genannten Beträge ist der Beklagte leistungsfähig, da ihm bei Hinzurechnung des Erwerbsbonus immer deutlich mehr als der während der Trennungsphase zu belassende notwendige Selbstbehalt von 1.500,00 DM verbleibt. Er kann damit - wie oben ausgeführt - auch das Darlehen jedenfalls insoweit bedienen, als es notwendig trennungsbedingt aufgenommen wurde.

Für die Zeit von Dezember 1998 bis Mai 2000 sind somit folgende Beträge geschuldet:

12/98 1.228,00 DM 1-2/99 (1.604,00 DM x 2) 3.208,00 DM 3/99 1.387,00 DM 4-6/99 (1.336,00 DM x 3) 4.008,00 DM 7-12/99 (1.331,00 DM x 6) 7.986,00 DM 1-5/2000 (1.201,00 DM x 5) 6.505,00 DM somit insgesamt 24.322,00 DM.

Für diesen Zeitraum wurden (siehe Schriftsatz vom 19. Juli 2000) 11.790,33 DM bezahlt, so daß 12.531,67 DM offen sind.

Eine Aufrechnung mit einem strittigen Schadensersatzanspruch über 288,00 DM wegen unnütz aufgewendeter Fahrtkosten wegen eines nicht zustandegekommenen Umgangs mit dem gemeinsamen Sohn scheitert schon an § 394 BGB.

Dieser Betrag ist gemäß dem Berufungsantrag mit 4 % ab 4. Mai 2000 zu verzinsen (§ 288 BGB).

Ab September 2000 sind monatlich, monatlich im voraus, 1.180,00 DM geschuldet.

Soweit das Ersturteil nicht abzuändern war, waren die Berufung der Klägerin und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Aufgrund des nunmehrigen Erfolges von Klägerin und Beklagten ändert sich die Kostenentscheidung erster Instanz dahin, daß der Beklagte 6/10, die Klägerin 4/10 der Kosten erster Instanz zu tragen haben. Von den Kosten zweiter Instanz haben die Klägerin 1/3, der Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, § 708 Nr. 8, Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch der Senat mit seiner Entscheidung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs - wie oben dargelegt auch nicht hinsichtlich der Frage des Ansatzes der Unterhaltszahlung für die nichtehelichen Kinder - abweicht.



Ende der Entscheidung

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