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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 06.10.2004
Aktenzeichen: 10 WF 3403/04
Rechtsgebiete: ZPO, RVG


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
RVG § 46
Die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts kann bei Anwendbarkeit des RVG i.d.R. nicht mehr "zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts" ausgesprochen werden.
10 WF 3403/04

Nürnberg, den 6.10.2004

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 10. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellervertreterin, Frau Rechtsanwältin ... wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Cham vom 18.8.2004 in Ziffer 3 dahin abgeändert, dass Frau Rechtsanwältin ... beigeordnet wird, § 121 ZPO, und ihr die Reisekosten zum Gerichtsort nach den gesetzlichen Bestimmungen zu erstatten sind.

Gründe:

Rechtsanwältin ... vertritt den in ... bei ... wohnenden Antragsteller. Sie hat für den Antragsteller Scheidungsklage bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht Cham eingereicht und ihre Beiordnung beantragt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.8.2004 Frau Rechtsanwältin ... zu den Bedingungen eines bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts beigeordnet, § 121 ZPO.

Gegen diese einschränkende Beiordnung wendet sich die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit ihrer Beschwerde vom 27.9.2004. Sie führt aus, dem Antragsteller sei es nicht zumutbar, einen Prozessbevollmächtigten in Cham zu beauftragen. Die Reisekosten des Anwalts seien deswegen zu erstatten.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache begründet, § 121 Abs. 1, 3 ZPO.

Zwar bestimmt § 121 Abs. 3 ZPO, dass ein bei dem Prozessgericht zugelassener Anwalt nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Deswegen hat der Senat in steter Rechtsprechung auch die Ansicht vertreten, dass die einschränkende Beiordnung "zu den Bedingungen eines beim dem Prozessgericht zugelassenen Anwalts" auch ohne vorherige Zustimmung des Anwalts ausgesprochen werden könne, da dieser Zusatz nur eine Klarstellung i.S.d. § 121 Abs. 3 ZPO enthalte (vgl. OLG Nürnberg, MDR 2001, Seite 1831). Durch die Neuregelung des anwaltlichen Vergütungsrechts zum 1.7.2004, die hier möglicherweise zum Tragen kommt (Eingang 2.7.2004) ist die Bestimmung des § 126 BRAGO entfallen. Gemäß § 46 RVG ist vom Gericht festzustellen, ob eine Reise notwendig ist. Die erstattungsfähigen Auslagen sind im Teil 7 des W zum RVG dahin geregelt, dass Reisekosten dem Anwalt sowohl vom Gegner als auch im Rahmen der Prozesskostenhilfe für Reisen von seinem Wohn- bzw. Kanzleisitz zum Prozessgericht dann erstattet werden, wenn diese in verschiedenen Gemeinden liegen, (vgl. Keske, Die Änderung der Kosten in familiengerichtlichen Verfahren durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz FuR 2004, Seite 193, 202). Diese Neuregelung der Erstattung von Reisekosten lässt jedoch grundsätzlich die Regelung des § 121 Abs. 3 ZPO unberührt. Damit wird weiterhin regelmäßig im Verfahren der Prozesskostenhilfe ein bei dem Prozessgericht nicht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden können, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Diesen Fall hat der Senat aber immer dann angenommen, wenn durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts ein Verkehrsanwalt eingespart werden kann oder die Kosten, die der Partei zu Informationsgesprächen mit dem Anwalt erwachsen ähnlich hoch wären, wie der Reiseaufwand des Anwalts. Eine großzügigere Beurteilung ist zudem immer dann angezeigt, wenn durch die Anordnung von Raten die zu erstattenden Auslagen voraussichtlich wieder beigetrieben werden können.

Im vorliegenden Fall liegt ein derartiger Ausnahmefall, welcher die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts rechtfertigt, aus mehrfachen Gründen vor. Das Scheidungsverfahren erfordert unter Umständen mehrfache Beratungsgespräche. Diese führten zu einer umfassenden anwaltlichen Vorbereitung des Scheidungsverfahrens und Termins. Die Beauftragung eines Anwalts am Wohnort ist daher sachgerecht.

Damit war die Erstattung der Reisekosten anzuordnen.

Ende der Entscheidung

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