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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 05.12.2002
Aktenzeichen: 11 UF 3367/02
Rechtsgebiete: BGB, FGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1684
FGG § 33
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 e Abs. 1
Der eine von den Parteien getroffene Umgangsvereinbarung billigende und damit Vollziehbarkeit gem. § 33 FGG begründende Beschluss des Familiengerichts stellt selbst eine Entscheidung über das Umgangsrecht dar. Gegen diesen Beschluss findet daher die befristete Beschwerde gem. § 621 e Abs. 1 ZPO statt.
11 UF 3367/02

Nürnberg, den 05.12.2002

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 11. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 02. Oktober 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung über das Umgangsrecht der Antragstellerin mit ihrer Tochter D geboren Dezember, an das Familiengericht zurückverwiesen.

2. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Beim Familiengericht Fürth ist ein Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge des am geborenen Kindes E W, anhängig.

Die nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes haben am 11.12.2001 gemeinsame Sorgeerklärungen abgegeben. D, befindet sich seit März 2002 im Haushalt der türkischen Großeltern väterlicherseits. Die Eltern haben in anhängigen Verfahren am 19.07.2002 eine gerichtlich protokollierte Vereinbarung über den Umgang der Antragstellerin mit ihrer Tochter D, geschlossen. Unter dem gleichen Datum hat das Familiengericht ein psychologisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Die Sachverständige Dr. R Sch hat ihr Gutachten am 02.10.2002 fertiggestellt.

Da Schwierigkeiten bei der Durchführung des vereinbarten Umgangsrechts auftraten, beantragten die Antragstellervertreter beim Familiengericht, "einen vollstreckungsfähigen Beschluss über die vereinbarte Umgangsregelung zu erlassen". Nachdem der Antragsgegner Gelegenheit zur Stellungnahme hatte, hat das Familiengericht mit Beschluss vom 02.10.2002 die Umgangsvereinbarung vom 19.07.2002 familiengerichtlich genehmigt.

Gegen diesen nicht förmlich zugestellten Beschluss richtet sich die an das Oberlandesgericht Nürnberg gerichtete Beschwerde des Antragsgegners gemäß Rechtsanwaltsschriftsatz vom 29.10.2002, der am 07.11.2002 bei Gericht einging.

II.

Gegen den angegriffenen Beschluss vom 02.10.2002 findet die befristete Beschwerde gemäß §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statt. Diese wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist somit zulässig.

Die befristete Beschwerde findet gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 2, 621 e ZPO gegen familiengerichtliche Umgangsregelungen statt. Um eine solche handelt es sich bei dem Beschluss vom 02.10.2002. Die Antragstellerin hatte wegen aufgetretener Schwierigkeiten bei der Durchführung der Umgangsvereinbarung vom 19.07.2002 beim Familiengericht beantragt, "einen vollstreckungsfähigen Beschluss über die vereinbarte Umgangsregelung zu erlassen". Der daraufhin ergangene Beschluss vom 02.10.2002 sollte Zwangsmaßnahmen gemäß § 33 FGG ermöglichen und damit die Umgangsvereinbarung "vollstreckungsfähig" machen. Zwangsmaßnahmen gemäß § 33 FGG setzen nämlich eine gerichtliche Verfügung voraus, die durchgesetzt werden soll. Eine von den Parteien getroffene gerichtlich protokollierte Umgangsvereinbarung erfüllt diese Voraussetzung nicht. Dies bedeutet aber, dass das Familiengericht durch die familiengerichtliche Genehmigung die von den Parteien getroffene Umgangsvereinbarung zu seiner eigenen Entscheidung macht, denn nur dann sind die Voraussetzungen für Maßnahmen gemäß § 33 FGG geschaffen (Palandt-Diederichsen, 62. Auflage, Rn 38 zu § 1684 BGB; Keidel/Zimmermann, FGG, 14., Auflage, Rn 10 zu § 33 FGG).

Die familiengerichtliche Genehmigung einer von den Parteien getroffenen Umgangsvereinbarung stellt somit inhaltlich eine gerichtliche Umgangsregelung gemäß § 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO dar (Zimmermann, a.a.O.) und ist daher mit der befristeten Beschwerde gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO anfechtbar (so OLG Zweibrücken im Falle der Ablehnung des Erlasses eines entsprechenden familiengerichtlichen Beschlusses, FamRZ 97, 217). Insoweit anderer Ansicht ist anscheinend das OLG Karlsruhe (FamRZ 99, 325), das in einem Scheidungsverbundverfahren die Beschwerde gemäß § 567 ZPO a.F. für gegeben hielt. Aus den dargestellten Gründen folgt der Senat dieser Auffassung jedoch nicht.

Die befristete Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 621 Abs. 3, 517 ZPO). Da der Beschluss vom 02.10.2002 nicht förmlich zugestellt wurde, begann die Beschwerdefrist nicht zu laufen (§§ 621 e Abs. 3, 517 ZPO). Die am 07.11.2002 beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangene Beschwerde erfolgte daher rechtzeitig.

Die Beschwerde ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angegebenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht.

Im Beschwerdeverfahren gemäß § 621 e ZPO sind Aufhebung und Zurückverweisung bei wesentlichen Verfahrensmängeln in sinngemäßer Anwendung des § 538 Abs. 2 ZPO n.F. zulässig (Zöller-Philippi, 23. Auflage, Rn 76 ff zu § 621 e ZPO). Wesentliche Verfahrensmängel stellen danach z.B. dar: Fehlende oder nur floskelhafte Begründung des Beschlusses, die Verletzung rechtlichen Gehörs, das Unterlassen der gebotenen Anhörung des Jugendamtes (Philippi, a.a.O., Rn. 77).

Da - wie ausgeführt - die familiengerichtliche Genehmigung einer Parteivereinbarung zum Umgangsrecht eine Umgangsregelung darstellt, müssen die verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Voraussetzungen für eine solche Regelung vorliegen. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn die familiengerichtliche Genehmigung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der protokollierten Umgangsvereinbarung steht. Liegt jedoch - wie hier - ein längerer Zeitraum zwischen Parteivereinbarung und Gerichtsbeschluss und sind Unstimmigkeiten hinsichtlich des Umangsrechts aufgetreten, hat das Gericht die Beteiligten, das Jugendamt und gegebenenfalls das Kind, nochmals anzuhören (Zimmermann, a.a.O.), um eine Entscheidung über das Umgangsrecht treffen zu können. Dies hat das Familiengericht unterlassen. Es hat keine Ermittlungen angestellt. Dabei hätte es insbesondere nahegelegen, das unmittelbar vor Fertigstellung stehende Sachverständigengutachten abzuwarten, um auf dieser Grundlage eine sachgerechte Umgangsregelung zu treffen. Die Sachverständige Dr. Sch hatte nämlich mit Schreiben vom 20.09.2002 die Akten auf Anforderung an das Familiengericht zurückgesandt. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass die Ausarbeitung des Gutachtens noch drei bis vier Wochen dauern werde, dass Streit bei Durchführung des Umgangsrechtes bestehe und die Sachverständige keine Grundlage für weitere Vermittlungsversuche sehe. Damit war die Notwendigkeit einer Umgangsregelung durch das Gericht erkennbar. Das Verfahren hierzu war durch den Antrag der Antragstellervertreter vom 03.09.2002 eingeleitet worden.

Die Sache ist daher an das Familiengericht zurückzuverweisen, um eine vollziehbare Umgangsregelung der Mutter mit ihrer Tochter D zu ermöglichen.

Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung, da die notwendige Sachaufklärung zunächst durch das Familiengericht erfolgen muss und deshalb von einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind.

Über die Kosten auch des Beschwerdeverfahrens hat das Familiengericht im Rahmen seiner Endentscheidung zu befinden.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor (§ 621 e Abs. 2 ZPO).

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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