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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 13.06.2000
Aktenzeichen: 11 WF 1903/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1361 Abs. 1 Satz 1
BGB § 1361 Abs. 3
BGB § 1579 Nr. 6
BGB §§ 1361 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 1579 Nr. 6

Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen offensichtlich schwerwiegenden Fehlverhaltens gegen die eheliche Treuepflicht liegt auch dann vor, wenn der auf Unterhalt in Anspruch genommene Ehemann trotz Kenntnis des Verhältnisses der Ehefrau zu einem anderen Mann und des Umstandes, daß aus diesem Verhältnis ein Kind hervorgegangen ist, seiner Ehefrau verzeiht in der Hoffnung, die Ehe damit retten zu können und die Ehefrau trotzdem zum Vater des Kindes zieht.


11 WF 1903/00 202 F 1283/99 AG Fürth

Nürnberg, den 13.06.2000

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 11. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden Beschluß:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth vom 24. März 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Beschwerde ist nicht statthaft, soweit sie sich gegen die Versagung des Prozeßkostenvorschusses wendet (§ 127 a Abs. 2 Satz 1 ZPO). Im übrigen ist sie zwar statthaft und auch zulässig (§§ 127 Abs. 2 Satz 1, 567 ff. ZPO), sachlich aber nicht begründet.

Zutreffend hat das Familiengericht für die beabsichtigte Trennungsunterhaltsklage der Antragstellerin mangels hinreichender Erfolgsaussicht Prozeßkostenhilfe versagt (§ 114 ZPO), da der Unterhaltsanspruch gemäß § 1579 Nr. 6 BGB verwirkt ist. Das Beschwerdegericht folgt den Gründen des angefochtenen Beschlusses und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug (§ 543 Abs. 1 ZPO analog).

Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Selbst wenn man den Sachvortrag der Antragstellerin als richtig unterstellt, daß der Antragsgegner ihr das seit Frühjahr 1989 mit Unterbrechungen währende Verhältnis zum Zeugen M in der Vergangenheit immer wieder verziehen hat und er auch an der Ehe festhielt, nachdem er Weihnachten 1995 davon erfahren hatte, nicht der Vater des am 06.02.1990 geborenen Kindes B zu sein, würde es die Grenzen des Zumutbaren übersteigen, den Antragsgegner allein aufgrund der nach der Trennung fortwirkenden personalen Verantwortung der Ehegatten mit einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Antragstellerin zu belasten.

Es liegt auf der Hand, daß das Bemühen des Antragsgegners um seine Ehe zur Voraussetzung hatte, daß die Antragstellerin ihr Verhältnis zum Zeugen M endgültig aufgibt. Die Antragstellerin behauptet selbst nicht, daß der Antragsgegner zu irgendeiner Zeit das Verhältnis gebilligt hätte. Vielmehr trägt sie vor, daß es diesbezüglich immer wieder zum Teil auch zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Eheleuten gekommen ist.

Daß der Antragsgegner trotz der Enttäuschungen immer wieder glaubte, die Ehe doch noch retten zu können, kann ihm jetzt im Unterhaltsprozeß nicht angelastet werden.

Nachdem sich die Antragstellerin im Juli 1999 offenbar endgültig von ihm abgewendet hat, um mit dem Zeugen M in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenzuleben, ist die Inanspruchnahme des Antragsgegners grob unbillig (BGH FamRZ 1989, 1279). Ein Ehegatte, der sich auf diese Weise einseitig von seiner ehelichen Bindung distanziert und seine Ehe faktisch als nicht mehr bestehend betrachtet, kann nicht seinerseits den Ehepartner aus dessen ehelicher Mitverantwortlichkeit für sein wirtschaftliches Auskommen in Anspruch nehmen und indirekt eine Mitfinanzierung seines Zusammenlebens mit einem Dritten verlangen (Wendl/Gerhardt, Unterhaltsrecht, 5. Auflage, § 4 Rn. 723).

Der verstoß gegen die eheliche Treuepflicht ist so schwerwiegend, daß auch unter Berücksichtigung der langen Ehedauer, die die Antragstellerin unwidersprochen mit 32 Jahren angibt, dem Alter und dem Gesundheitszustand der Antragstellerin und der aus der Ehe hervorgegangenen erwachsenen Kinder ein Unterhaltsanspruch zu versagen ist. Bei dieser Abwägung ist auch berücksichtigt, daß die Antragstellerin im Zusammenleben mit dem Zeugen M ihr wirtschaftliches Auskommen hat. Nach ihren Angaben im Termin vom 07.10.1999 werden sie und B vom Zeugen M unterhalten, so daß sie beide nicht Not leidend sind. Im übrigen wird bei der gegebenen Situation die Antragstellerin bei ihrem Alter nach Abklingen ihrer aktuellen Gesundheitsbeschwerden daran denken müssen, ihren Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit zu decken.

Ende der Entscheidung

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