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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 19.04.2006
Aktenzeichen: 11 WF 240/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1
ZPO § 115 Abs. 2
Steuererstattungen sind nicht Vermögen gemäß § 115 Abs. 2 ZPO, sondern im Jahr der Erstattung als Einkommen zu behandeln (§ 115 Abs. 1 ZPO).
11 WF 240/06

Nürnberg, den 19.04.2006

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 11. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Weiden i.d.OPf. vom 16. Januar 2006 abgeändert.

Dem Antragsteller wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt.

Ihm wird Rechtsanwalt Dr. S beigeordnet.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Weiden i.d.OPf. vom 16.01.2006 ist zulässig und begründet. Das Familiengericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller über einzusetzendes Vermögen (§ 115 Abs. 2 ZPO) verfügt.

Bei der dem Antragsteller laut Steuerbescheid des Finanzamtes W vom 19.12.2005 zugeflossenen Steuererstattung in Höhe von 3.151,79 Euro handelt es sich nicht um nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Vermögen des Antragstellers, sondern um einen Teil seiner laufenden Einkünfte nach § 115 Abs. IS. 2 ZPO. Zu letzteren zählen sämtliche monatlichen Bezüge sowie die diesen zuzurechnenden Einnahmen. Auch einmalige Zahlungen, die ein unselbständig Beschäftigter im Lauf des Jahres erhält, sind als Teil des laufenden Einkommens diesem jeweils mit 1/12 pro Monat hinzuzusetzen (vgl. Zöller/Philippi, Kommentar zur ZPO, 25. Auflage, Rn. 12 zu § 115 ZPO; Musielak/Fischer, Kommentar zur ZPO, 4. Auflage, Rn. 4 bis 5 zu § 115 ZPO). Zu diesen jährlich einmalig gewährten Vergütungen zählen insbesondere Weihnachts- sowie Urlaubsgeld, Prämien und vergleichbare Zahlungen (Zöller a.a.O.; Musielak a.a.O.). Die dem Arbeitnehmer im Wege des Lohn- bzw. Einkommenssteuerausgleiches eventuell zufließende Erstattung kann nicht anders behandelt werden. Hierbei handelt es sich um die Rückzahlung von monatlich zu viel geleisteten Lohn- bzw. Einkommenssteuern, die dem unselbständig Beschäftigten bei richtiger Besteuerung bereits monatlich anteilig als Einkommen ausbezahlt worden wäre. Die jährlich einmalig erfolgende Steuerrückerstattung ist damit bei der Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe den Einkünften des Bedürftigen in dem Jahr anteilig hinzuzurechnen, in dem die Erstattung erfolgt, (vgl. auch BVerwG NJW 1999, 3649; OLG Bremen, FamRZ 1998, 1180 f.) und das so errechnete Einkommen bei der Beurteilung, ob der Bedürftige zur beabsichtigten Prozessführung über einzusetzendes Einkommen verfügt, zugrunde zu legen.

Da der Antragsteller, wie er zwischenzeitlich unter Vorlage der Bezügemitteilung vom 18.03.2006 belegt hat, nunmehr in den Ruhestand versetzt wurde, bezieht er nur noch monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 1.842,95 Euro. Dieses aktuelle Einkommen ist bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann, heranzuziehen (Musielak a.a.O. Rn. 2 zu § 115 ZPO). Damit ist festzustellen, dass dem Antragsteller bei den von ihm belegten bestehenden und anzuerkennenden Belastungen kein einzusetzendes Einkommen verbleibt. Ihm war daher Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen zu bewilligen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da auch im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 574 ZPO).

Ende der Entscheidung

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