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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 04.02.2009
Aktenzeichen: 12 U 1445/08
Rechtsgebiete: CMR


Vorschriften:

CMR Art. 17 Nr. 1
CMR Art. 29
CMR Art. 23 Nr. 1
CMR Art. 23 Nr. 2
CMR Art. 23 Nr. 3
CMR Art. 23 Nr. 7
1. Zur Frage des Vorliegens qualifizierten Verschuldens des Frachtführers im Sinne des Art. 29 CMR beim Diebstahl eines mit Notebooks beladenen, auf einer Autobahnraststätte in Norditalien abgestellten Lkw (hier: Einstündiges unbeaufsichtigtes Stehenlassen des Lkw trotz Vereinbarung des Anfahrens der Abladestelle ohne Unterbrechungen und der ständigen Beaufsichtigung des Lkw; Diebstahlsanzeige an Polizei erst mehrere Stunden nach Entdeckung des Diebstahls)

2. Bei qualifiziertem Verschulden des Frachtführers im Sinne des Art. 29 CMR kann der Umfang des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auch allein nach den Regelungen in Art. 23 Nrn, 1 und 2 CMR - ohne Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Nr. 3 CMR und ohne Rückgriff auf die Regelungen des im Einzelfall ergänzend anzuwendenden nationalen Rechts - bestimmt werden.

3. Gewerblich produzierte Güter werden erfahrungsgemäß stets mit Gewinn verkauft. Ein durch Ladungsverlust entgangener Gewinn aus einem Verkaufsgeschäft des Geschädigten ist nach Art. 23 Nr. 1 CMR zu ersetzen.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES

Aktenzeichen: 12 U 1445/08

verkündet am 4. Februar 2009

Das Oberlandesgericht Nürnberg, 12. Zivilsenat, erlässt durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Ciriacy-Wantrup, Richterin am Oberlandesgericht Schoen und Richter am Oberlandesgericht Dr. Herz

in Sachen

wegen Forderung

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2009 am 4. Februar 2009 folgendes

Endurteil:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 30.06.2008 (Az. 1 HK O 2449/06) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, das: Ziffer I des Urteils - auf Grund teilweiser Rücknahme der Klage in der Berufungsinstanz - lautet:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 982.379,56 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.02.2007 zu bezahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug bis zur teilweisen Rücknahme der Klage in der mündlichen Verhandlung vom 21.01.2009 auf 990.929,56 EUR und für die Zeit danach auf 982.379.56 EUR festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen, begehrt von der Beklagten. einem von Ihrer Versicherungsnehmerin (Fa. T E G im Folgenden: T) beauftragten Transportunternehmen, aus übergegangenem Recht (§ 67 Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. bzw. § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG n.F.) wie auch aus abgetretenem Recht (Anlage K6) Schadensersatz wegen eines im Gewahrsam der Beklagten eingetretenen Verlustes von Transportgut.

Die Versicherungsnehmern der Klägerin beauftragte die Beklagte zu festen Kosten mit dem Transport einer Ladung Computer-Notebooks (47 Paleften/3-384 Stück/7.979 kg) von der Niederlassung der Fa. T in R zur Fa. E S nach C bei M. Vereinbart wurde die Geltung der "T Sicherheitsrichtlinien für den Straßentransport", auf die Bezug genommen wird (Anlage K8) mit Ausnahme der dort unter Ziffer 1.2 geregelten Ausstattung der Transportfahrzeuge mit GPS. Die Beklagte sagte Fa. T zudem zu:

"Um Ihren Sicherheitsanforderungen ... zu entsprechen, fährt der lkw-Fahrer von Ihrem Werk direkt bis zu uns nach B wo er auf einem bewachten Parkplatz die vorgeschriebenen Ruhepausen einhält und sodann ohne Unterbrechungen die Abladestelle anfährt." (Anlagen K9, K13)

Die Beklagte übernahm am 17.11.2006 das Transportgut von der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Nach einem Zwischenaufenthalt bei der Beklagten in B erfolgte am 20.11.2006 gegen 04.00 Uhr der Weitertransport per Lkw. Gegen 07.30 Uhr erreichte der Lkw-Transport bei dichtem, erheblich verlangsamtem Verkehr die unbewachte, jedoch videoüberwachte, regelmäßig von der Straßenpolizei angefahrene und stark frequentierte Autobahnraststätte A B N der Autostrada A V -M (nahe B ca. 12 km vom Ziel C entfernt). Dort wurde der Lkw durch den alleinigen Fahrer G V abgestellt und das Führerhaus versperrt; der Fahrer suchte sodann zunächst die Toilette und anschließend die Bar auf, um dort Kaffee einzunehmen.

Während dieses Aufenthalts wurde der Lkw samt Ladung entwendet.

Gegen 08.30 Uhr bemerkte der Fahrer den Diebstahl des Lkw, den er in der Folge bei der Polizei anzeigte.

Zu einem späteren Zeitpunkt wurde dieser Lkw leer und ohne Aufbruchspuren wieder aufgefunden. Von der verschwundenen Ladung wurden am 30.11.2006 ein Teil, nämlich 78 Computer, durch die Polizei in N sichergestellt (Anlagen K7, B04). Auf Grund entsprechenden Antrags der Fa. T vom 05.02.2007 (Anlage B05) wurden diese 78 Computer - teilweise in beschädigtem Zustand - am 11.02.2008 an Fa. T zurückgeliefert (Anlage K29).

Das Landgericht Regensburg hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die Klage sei nach Art. 17, 23, 29 CMR begründet. Auf Haftungsbeschränkungen könne sich die Beklagte nicht berufen, da ihr ein qualifiziertes Verschulden zur Last liege und sie zudem hinsichtlich der Umstände des Verschwindens des Transportgutes ihrer Aufklärungslast nicht nachgekommen sei. Ein Schaden der Klägerin bestehe in Höhe des durch Handelsrechnung (K3) sowie durch Zeugenvernehmung nachgewiesenen Wertes des Transportgutes. Eine Anrechnung der wieder aufgefundenen 78 Notebooks auf diesen Schaden habe zu unterbleiben.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird ergänzend auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Gegen dieses, der Beklagtenpartei am 02.07.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 17.07.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie - innerhalb verlängerter Frist - mit am 01.10.2008 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat, und mit der das Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt wird.

In der Berufungsinstanz haben beide Parteien ihr bereits in erster Instanz erfolgtes Sachvorbringen wiederholt und vertieft und ihre Rechtsstandpunkte aufrechterhalten.

Die Klägerin und Widerbeklagte hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.12.2008 die Klage hinsichtlich eines Betrages von 8.550,00 EUR nebst hierauf entfallende Zinsen zurückgenommen. Die Beklagte hat dieser teilweisen Klagerücknahme in der Sitzung vom 21.01.2009 zugestimmt.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt:

I. Das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 30.06.2&08 (Az. 1 HK O 2449/06) wird abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt:

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

Im Übrigen wird hinsichtlich des beiderseitigen Parteivortrags auf die gewechselten Schritftsätze verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt - nach teilweiser Klagerücknahme - ohne Erfolg.

I.

Die Beklagte schuldet der Klägerin gemäß Art. 17, 29 CMR Schadensersatz in Höhe der noch streitigen restlichen Klageforderung.

1. Die Berufung hat weder neue berücksichtigungsfähige Tatsachen vorgetragen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) noch konkrete Umstände aufgezeigt, welche Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen landgerichtlichen Tatsachenfeststellungen begründen könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Es ist deshalb von dem im angefochtenen Urteil dargelegten Sachverhalt auszugehen.

Die Berufung trägt keine Umstände dafür vor, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht haben könnte (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Das angefochtene Urteil (soweit darüber - nach teilweiser Klagerücknahme -noch zu befinden ist) lässt keine Rechtsverletzung erkennen.

2. Die Berufung greift die Erwägungen des Landgerichts, die Klägerin sei sowohl auf Grund Abtretung als auch auf Grund Forderungsübergangs gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG aktivlegitimiert, nicht an; hiervon hat auch der Senat auszugehen.

Zutreffend und von der Berufung ebenfalls nicht angegriffen hat das Landgericht weiter festgestellt, die Beklagte hafte als Frachtführer gemäß den Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), und zwar für Handlungen und Unterlassungen ihrer Mitarbeiter wie für eigene Handlungen und Unterlassungen (Art. 3 CMR).

Die Berufung wendet sich auch nicht gegen die Würdigung des Landgerichts, der Nachweis für die komplette Übernahme der Ware durch die Beklagte sei geführt. Diese Bewertung ist auf Grund des insoweit zugunsten des Versenders streitenden Anscheinsbeweises (da die Güter in verschlossenen Behältnissen [Kartons] zum Versand gebracht wurden, vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2002 - I ZR 104/00, TraspR 2003, 156; Urtel vom 20.07.2006 - I ZR 9/05, TranspR 2006, 394), der seitens der Beklagten nicht erschüttert wurde, nicht zu beanstanden.

3. Die Rüge der fehlerhaften Annahme einer qualifizierten Haftung der Beklagten geht fehl.

a) Die Berufung rügt, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft von einem qualifizierten Verschulden der Beklagten im Sinne von Art. 29 CMR, § 435 HGB ausgegangen; ein solches Verschulden liege nicht vor und sei auch nicht wegen Verstoßes gegen Darlegungsobliegenheiten gerechtfertigt.

b) Der Transportvertrag zwischen Versicherungsnehmerin der Klägerin und Beklagter unterfällt den Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR).

Der Frachtführer haftet hierbei für den Verlust von Transportgut zwischen der Zeitpunkt der Übernahme dieses Gutes und dessen Ablieferung, Art. 17 Nr. 1 CMR.

Der Frachtführer ist von dieser Haftung befreit, wenn der Verlust durch unvermeidbare Umstände verursacht wurde, Art. 17 Nr. 2 CMR. Unvermeidbarkeit im Sinne von Art. 17 Nr. 2 CMR ist nur anzunehmen, wenn der Frachtführer darlegt und gegebenenfalls beweist (Art. 18 Nr. 1 CMR), dass der Schaden auch bei Anwendung der äußersten, dem Frachtführer möglichen und zumutbaren Sorgfalt nicht hatte vermieden werden können (BGH, Urteil vom 13. November 1997 - I ZR 157/95, TranspR 1998, 250; Urteil vom 8. Oktober 1998 - I ZR 164/96, TranspR 1999, 59).

Er kann sich indes auf diesen Haftungsausschluss (wie auch auf Haftungsbeschränkungen) dann nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zu Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach deutschem Recht dem Vorsatz gleichsteht, Art. 29 Nr. 1 CMR. Ein derartiges vorsatzgleiches Fehlverhalten liegt nach deutschem Recht dann vor, wenn ein Verstoß leichtfertig in dem Bewusstsein begangen wird, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird (Koller Transportrecht 6. Aufl. Art. 29 CMR Rn. 3f.; vgl. §§ 435, 439 Abs. 1 Satz 2 HGB).

Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheftsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhaften aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt. Es bleibt der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens vom Bewusstsein getragen wurde, dass der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit drohe. Dabei sind in erster Linie Erfahrungssätze heranzuziehen. Zudem kann der Schluss auf das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe nahe liegen (BGH, Urteil vom 25. März 2004 - I ZR 205/01, TranspR 2004, 309 zu § 435 HGB unter Hinweis auf Art. 29 Nr. 1, Nr. 2 Satz 1 CMR; OLG Stuttgart OLGR 2006, 149). Weiter muss sich das Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadens nicht auf den konkret eingetretenen Schaden erstrecken. Es genügt die allgemeine Vorhersehbarkeit eines schädigenden Erfolges (BGH, Urteil vom 27. Juni 1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338). Die konkrete Schadensentstehung braucht in ihren Einzelheiten nicht vorhersehbar gewesen zu sein (OLG Stuttgart OLGR 2006, 66).

c) Die Beklagte hat mehrfach gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen, die sich aus den vereinbarten "T Sicherheitsrichtlinien für den Straßentransport" ergeben, verstoßen (wobei sie sich das Handeln ihres angestellten Fahrers gemäß Art. 3 CMR i.V. mit Art. 29 Nr. 2 CMR zurechnen lassen muss). So wurde die vom Fahrer eingelegte Pause unter Verstoß gegen Ziffer 2.1 der genannten Sicherheitsrichtlinien nicht auf einem "gesicherten ,.. und bewachten" Parkplatz, sondern lediglich auf einem "einfachen" Autobahnparkplatz durchgeführt. Unter Verstoß gegen Ziffer 2.3 der Richtlinien blieb das Fahrzeug für die Dauer von ca. einer Stunde unbeaufsichtigt (weil sich der Fahrer auf die Toilette und in die Bar begeben hatte). Unter Verstoß gegen Ziffer 2.6 der Richtlinien wurde der Diebstahl nicht unverzüglich nach dessen Wahrnehmung (um 08.30 Uhr) der nächsten Polizeidienststelle mitgeteilt; vielmehr wurde die Polizei erst um 11.57 Uhr -also mehr als drei Stunden nach Bemerken des Diebstahls - informiert. Zudem hat die Beklagte auch gegen ihre Verpflichtung, die Abladestelle "ohne Unterbrechungen" anzufahren (Anlage K9), verstoßen.

Das Vorbringen der Beklagten, das Aufsuchen des Parkplatzes sowie der Toilette sei wegen plötzlich auftretender Magen- und Darmprobleme des Fahrers angezeigt gewesen, stellt - ungeachtet der Frage der Glaubwürdigkeit dieses Vortrag: - keinen einen Verstoß gegen die Sicherheitsrichtlinien rechtfertigenden Grund dar. Insbesondere muss schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung immer damit gerechnet werden, dass während einer längeren Autofahrt Bedürfnisse auf treten, die zum Aufsuchen einer Toilette nötigen; diesen Umstand musste die Beklagte bereits bei vertraglicher Vereinbarung der Sicherheitsrichtlinien bedenken. Wenn gleichwohl entsprechende Verpflichtungen - insbesondere zur dauernden Beaufsichtigung des Fahrzeugs - übernommen werden, muss seitens der Beklagten durch geeignete organisatorische Gestaltung des Transports insoweit Vorsorge getroffen werden (sei es durch die Einteilung von mehreren Fahrern oder etwa durch das Mitführen einer Campingtoilette im Lkw), damit die Einhaltung der Vertragspflichten gewährleistet werden kann. Die im Anschluss an der Toiletten besuch erfolgte Einnahme eines Kaffees in der Bar vermag schließlich auch wenn es sich um ein landestypisches Sozialverhalten handeln mag, einer Verstoß gegen Sicherheitsrichtlinien in keiner Weise zu rechtfertigen.

Der Senat erachtet den bewussten Verstoß der Beklagten gegen ihre vertraglichen Verpflichtungen für besonders schwerwiegend. Der Fahrer der Beklagter hat sich durch sein Verhalten in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Klägerin hinweggesetzt. Sein leichtfertiges Verhalten rechtfertigt - auch unter Berücksichtigung einer etwa aktivierten Wegfahrsperre - die Folgerung auf eine sich hieraus aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen (siehe auch unten g). Auch wenn im Hinblick auf plötzlich auftretende Magen- und Darmprobleme des Fahrers ein Anhalten auf einem Parkplatz grundsätzlich als gerechtfertigt angesehen werden mag, so erscheint doch auf Grund der im Streitfall vereinbarten Verpflichtungen der Beklagten (Sicherheitsrichtlinien) auch in diesem Fall das Alleinlassen des Lkw zum Zwecke des Aufsuchens einer Toilette durch den Fahrer - erst recht zur anschließenden Einnahme eines Kaffees - sowohl auf Seiten des Fahrers als auch auf Seiten der Beklagten selbst (durch unzureichende Organisation des Transports - Einteilung nur eines Fahrers, keine Mitführung einer Campingtoilette) jeweils als leichtfertig.

Auch der Verstoß gegen die vertraglich vereinbarte Pflicht zur unverzüglicher Diebstahlsanzeige bei der Polizei stellt sich in diesem Sinne als für den entstandenen Schaden kausale qualifizierte leichtfertige Pflichtverletzung dar. Dieser Umstand ereignete sich zwar erst nach Entwendung des Lkw, während Art. 29 CMR voraussetzt, dass der Schaden durch ein derartiges Verschulden "verursacht" wurde. Kausalität ist indes dann zu bejahen, wenn eine sofortige Schadensanzeige zur Wiederbeschaffung des Gutes geführt hätte (vgl. Koller a.a.O. Art. 29 CMR Rn. 5 a.E.). Auf Grund des dichten, erheblich verlangsamten Verkehrs auf der Autobahn zum Zeitpunkt des Geschehens, bei dem sich der gestohlene Lkw nur relativ langsam entfernen konnte, auf Grund des zunächst nur in einer Fahrtrichtung möglichen Weiterfahrens des Lkw sowie auf Grund der relativ schnell nach der Entwendung festgestellten Tat hätte indes eine sofortige Anzeige bei der Polizei aus Sicht des Senats zu einer alsbaldigen Ermittlung des Lkw und damit auch zu einer Wiederbeschaffung des transportierten Gutes geführt. Jedenfalls wäre es, da das (der Beklagten zuzurechnende) diesbezügliche Fehlverhalten ihres Fahrers ernsthaft als Schadensursache in Betracht kommt, deren Sache gewesen, die gegen eine Kausalität dieses Fehlverhaltens sprechenden Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2001 - I ZR 182/99, TranspR 2002, 302; Urteil vom 15.11.2001 - I ZR 122/99, TranspR 2002,448; Urteil vom 25.11.2004 - I ZR 210/01, BGHR 2005, 711; Koller a.a.O. Art. 29 CMR Rn. 7 a.E.). Insoweit ist jedoch kein Sachvortrag erfolgt.

d) Ein bewusster Verstoß gegen eine der Sicherung des Transportguts dienende vertragliche Verpflichtung (auch ein Verstoß eines Mitarbeiters, den sich der Frachtführer gemäß Art. 3 i.V. mit Art. 29 Nr. 2 CMR zurechnen lassen muss) rechtfertigt schon für sich allein die Haftung aus Art. 29 Nr. 1 CMR; diese Haftung hängt nicht davon ab, ob sich durch den Vertragsverstoß die Gefahr des Transportgutverlusts tatsächlich erhöht hat. Art. 29 CMR setzt ein qualifiziertes Verschulden nur in Bezug auf den die Haftung begründenden Tatbestand voraus. Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von Art. 29 Nr. 1 CMR auszugehen, das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es dem Frachtführer, im Prozess solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen. Durch diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wird der Frachtführer aufgrund seiner besonderen Sachnähe zum eingetretenen Schaden nicht in unzumutbarer Weise belastet (BGH, Urteil vom 20.01.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311).

e) Nach diesen Grundsätzen ist bereits wegen der dargelegten Pflichtenverstöße der Beklagten von deren qualifiziertem Verschulden auszugehen. Die getroffenen Vereinbarungen hatten den auch für die beklagte Frachtführerin erkennbaren Sinn, den gerade im Italiengeschäft häufiger vorkommenden Ladungsverlusten infolge von Diebstahl entgegenzuwirken. Bei den dargelegten Pflichtenverstößen handelt es sich somit um Sorgfaltsverstöße, die als Ursache für den streitgegenständlichen Transportgutverlust ernsthaft in Betracht kommen. Bei einem Verstoß gegen die Verpflichtung, lediglich bewachte (und damit sichere) Parkplätze anzufahren und das Fahrzeug dauernd zu beaufsichtiger spricht eine Vermutung dafür, dass diese Vertragsverletzungen gefahrerhöhend und damit kausal für den eingetretenen Verlust gewesen sind und dass dem Frachtführer dies auch bewusst sein musste. In gleicher Weise legt der Verstoß gegen die Pflicht zur unverzüglichen Diebstahlsanzeige bei der Polizei nahe, dass es infolge dieser Pflichtverletzung zu einer Verhinderung einer allein erfolgversprechenden unverzüglichen Fahndung nach dem entwendeten Lkw gekommen ist; auch dies musste dem Frachtführer bewusst sein. In einem solchen Fall obliegt es dem Frachtführer, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität seines Fehlverhaltens sprechen (vgl. BGH a.a.O.).]

Derartige Umstände sind indes nicht vorgetragen.

f) Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang rügt, die Klägerin habe keinen Nachweis für ihre bestrittene Behauptung erbracht, es seien mehrere Stunden bis zur Meldung des Vorfalls an die Polizei vergangen, übersieht sie, dass aus den von der Klägerin vorgelegten Ablichtungen aus der polizeilichen Ermittlungsakte (Anlagen KU, K14, K27) ersichtlich ist, dass die Diebstahlsanzeige erst um 11.57 Uhr erfolgte, damit der Nachweis hierfür geführt ist. Zudem hat die Beklagte auch in keiner Weise substanziiert dargelegt, dass die Polizei bereits zu einem früheren Zeitpunkt vom Diebstahl des Lkw in Kenntnis gesetzt wurde.

g) Ein Bewusstsein der Wahrscheinlichkeit des Schadens muss sich nicht auf den konkret eingetretenen Schaden erstrecken. Es genügt die allgemeine Vorhersehbarkeit eines schädigenden Erfolges; die konkrete Schadensentstehung braucht in ihren Einzelheiten nicht vorhersehbar gewesen zu sein (siehe oben).

Eine derartige Vorhersehbarkeit ist beim Verstoß gegen die dargelegten Sicherheitsrichtlinien - die ja gerade einen Diebstahl verhindern sollen - naheliegend und für den Senat gegeben. Daran ändert sich auch dann nichts, falls weitere Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere die Aktivierung der Wegfahrsperre, vorgenommen worden sind sowie verkehrsbedingt eine schnelle Entfernung des entwendeten Lkw fraglich erschien.

h) Bei dieser Sachlage bedarf es nach Auffassung des Senats zum Nachweis eines qualifizierten Verschuldens der Beklagten nicht mehr eines zusätzlichen Rückgriffes eines Verstoßes gegen Darlegungsobliegenheiten hinsichtlich der Umstände des Verschwindens des Transportgutes. Gleiches gilt auch hinsichtlich des vom Landgericht als geführt gesehenen Nachweises einer vorsätzlichen Schadensverursachung durch den Fahrer der Beklagten. Ein Eingehen auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil und auf die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung ist daher nicht veranlasst.

i) Soweit die Berufung mit Schriftsätzen vom 24.11.2008 und vom 30.12.2008 einen Verfahrensfehler (Verstoß gegen § 375 ZPO) rügt, so ist dieses Vorbringen erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist (am 02.10.2008) erfolgt und somit verspätet. Gegen die Berücksichtigung dieses Vorbringens bestehen deshalb bereits Bedenken (vgl. §§ 520, 530, 296 Abs. 1 und 4 ZPO).

Unabhängig davon hat das Landgericht von der mit Beweisbeschluss vom 10.12.2007 angeordneten Vernehmung des Fahrers des Lkw G V gemäß Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2008 (Seite 2 des Sitzungsprotokolls) wieder Abstand genommen (vgl. § 360 ZPO). Einer ausdrücklichen Aufhebung des Beweisbeschlusses bedurfte es insoweit nicht (Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 360 Rn. 1). Da eine Vernehmung des Fahrers G V nicht (mehr) angeordnet war, geht die Rüge eines Verstoßes gegen § 375 ZPO bei Durchführung der Beweisaufnahme ins Leere.

Im Übrigen enthält die Berufung mit der Rüge, der Zeuge V sei vom Landgericht verfahrensfehlerhaft nicht vernommen worden, bereits keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge; der entsprechende Vortrag stellt sich vielmehr als unsubstanziiert dar. Die Berufung trägt nämlich nicht vor, zu welchen - beweisbedürftigen - Punkten der Zeuge im Einzelnen zu vernehmen gewesen wären, was der Zeuge bei seiner Vernehmung insoweit angegeben hätte und wie sich dies im Rahmen der Beweiswürdigung ausgewirkt hätte, insbesondere nicht, dass das Landgericht aufgrund der Angaben dieses Zeugen hinsichtlich der klagegegenständlichen Schadensersatzansprüche anders als geschehen geurteilt hätte. Damit wird entgegen § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht zu Umständen vorgetragen, aus denen sich eine Erheblichkeit der behaupteten Rechtsverletzung für die angefochtene Entscheidung ergibt.

4. Auch die Rüge einer fehlerhaften Beurteilung der Schadenshöhe verhilft der Berufung nicht zum Erfolg.

a) Das Landgericht hat ausgeführt, die Höhe des der Versicherungsnehmerin der Klägerin entstandenen Schadens beurteile sich nach Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR; ein Rückgriff auf nationales Recht sei nicht erforderlich. Danach werde die Entschädigung nach dem Wert des Transportgutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung berechnet, wobei sich dieser Wert nach dem Börsen- bzw. Marktpreis bzw. nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit bemesse. Ein Wert der entwendeten Computer in Höhe der Klageforderung sei durch die Handelsrechnung der Fa. T (Anlage K3) sowie durch die Aussage des Zeugen W nachgewiesen.

b) Die Berufung rügt diese Beurteilung als rechtsfehlerhaft. Die CMR normiere keinen eigenen Schadensbegriff, so dass sich der Umfang eines Schadensersatzanspruchs nach den Rechtsnormen des jeweils zu bestimmenden ergänzend anwendbaren nationalen Rechts richte. Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR sei nicht anwendbar, da diese Regelungen nur gemeinsam mit Art. 23 Nr. 3 CMR zu sehen seien und insgesamt als Haftungsbeschränkung gemäß Art. 29 CMR entfalle. Nach dem anzuwendenden nationalen italienischen Recht, aber auch nach den deutschen Regelungen in §§ 249ff., 252 BGB, müsse ein entgangener Gewinn (der in der Handelsrechnung K3 bereits enthalten sei) nachgewiesen werden. Ein solcher entgangener Gewinn - der auf mindestens 30 % des Warenwertes geschätzt werde - werde bestritten, da Fa. T die entwendeten Computer erneut produzieren und verkaufen könne (bzw. auf Grund der vorhandenen Lagerkapazitäten eine Nachlieferung ohne weiteres möglich sei) und hierbei den Verkaufsgewinn erzielen könne. Die Klägerin habe insoweit einen Schadensnachweis nicht geführt.

c) Der Frachtführer kann sich auf die Bestimmungen des Kapitels IV "Haftung des Frachtführers" (Art. 17 bis 29) der CMR, die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast umkehren, nicht berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein ihm zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichsteht, Art. 29 Nr. 1 CMR.

Als Haftungsbeschränkungen sind hierbei auch die Regelungen des Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR anzusehen, denn sie beschränken die Haftung einerseits auf Geldersatz, schließen also eine Verpflichtung zur Naturalrestitution aus (Koller, Transportrecht 6. Aufl. Art. 23 CMR Rn, 3) und erklären andererseits mittelbar alle sonstigen Vermögensschäden [etwa nutzlos gewordene Aufwendungen, Folgeschäden an anderen Vermögenswerten, Schadensbeseitigungskosten] für unersetzbar (Koller a.a.O. Art. 29 CMR Rn. 8).

Gemäß Art. 29 CMR kann sich der Frachtführer somit im Streitfall auch nicht auf die Bestimmungen des Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR berufen, da ihm ein qualifiziertes Verschulden zur Last liegt.

Entsprechend hat der Bundesgerichtshof wiederholt ausgeführt, im Falle des Art. 29 CMR bestimme sich der Umfang des zu ersetzenden Schadens nach dem jeweils anzuwendenden nationalen Recht (BGH, Urteil vom 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, insoweit in BGHZ 140, 84 nicht abgedruckt; Urteil vom 20.01.2005 -I ZR 95/01, TranspR 2005, 311; Urteil vom 03.03.2005 - I ZR 134/02, TranspR 2005, 253; Koller a.a.O. Art. 29 CMR Rn. 10).

d) Allerdings verliert beim Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 29 CMR allein der Frachtführer das Recht, sich auf die Bestimmungen in den Art. 17 bis 28 CMR zu berufen, die seine Haftung ausschließen oder begrenzen oder die Beweislast zu seinen Gunsten umkehren ("Der Frachtführer kann sich ... nicht berufen"). Die in den genannten Bestimmungen begründeten Ansprüche des Geschädigten bleiben dagegen unberührt. Dieser kann daher im Fall des Art. 29 CMR Schadensersatz immer auch in der Höhe verlangen, in der er ihn nach diesen Bestimmungen beim Fehlen eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers beanspruchen könnte (BGH, Urteil vom 03.03.2005 a.a.O.; Koller a.a.O. Art. 29 CMR Rn. 10).

Beim Fehlen eines qualifizierten Verschuldens der Beklagten wäre zwar die Haftung des Frachtführers auf die nach Art. 23 Nr. 3 und 7 CMR zu ermittelnde Höchstsumme begrenzt (8,33 Rechnungseinheiten Sonderziehungsrechte x 7.979 Kilogramm x Wert eines Sonderziehungsrechtes am Tag des Urteils [etwa per 16.01.2009: 1,14128 EUR; dies ergäbe einen Betrag von 75.855,26 EUR]).

Dass der Geschädigte auch im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers nach Art. 29 CMR - ohne Beschränkung gemäß Art. 23 Nr. 3 und 7 CMR - keinen Schadensersatz nach Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR (sondern lediglich nach den nationalen Rechtsvorschriften) verlangen kann, ist der zitierten BGH-Rechtsprechung - entgegen der Ansicht der Berufung - indes nicht zu entnehmen; dort ist vielmehr ausdrücklich ausgeführt, dass nach Art. 17 bis 28 CMR begründete Ansprüche des Geschädigten unberührt bleiben. Hierfür spricht zudem auch der Zweck der Art. 29 CMR. Der dort (bzw. in der gleichartigen Vorschrift des § 435 HGB) angeordnete Wegfall von Haftungsbegrenzungen und -befreiungen soll die Position des Geschädigten verbessern; hiermit ist es nicht zu vereinbaren, wenn der Geschädigte gezwungen wäre, seinen Schaden auch dann nach dem anzuwendenden Recht (bzw. nach §§ 249ff. BGB) zu berechnen, wenn Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR (bzw. § 429 HGB) zu einem vorteilhafteren Ergebnis führen würde. Dem Geschädigten steht deshalb auch bei qualifiziertem Verschulden des Schädigers die Schadensberechnung nach Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR (bzw. § 429 HGB) offen (OLG München TranspR 1998, 353; OLG Stuttgart TranspR 2002, 23; OLG Düsseldorf TranspR 2003, 343; ohne nähere Begründung auch OLG Karlsruhe OLGR 2006, 229; OLG Köln TranspR 2007, 316; OLG Koblenz VersR 2007, 1009).

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Entgegen der Ansicht der Berufung ergibt sich aus dem Urteil des BGH vom 03.03.2005 (a.a.O.) nichts Gegenteiliges. Soweit dort ausgeführt ist, der Geschädigte könne im Fall des Art. 29 CMR Schadensersatz immer auch in der Höhe verlangen, in der er ihn nach diesen Bestimmungen beim Fehlen eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers beanspruchen könnte (also unter Berücksichtigung der Haftungsbegrenzung nach Art. 23 Nr. 3 CMR), so folgt daraus nicht, dass ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17, 29 CMR stets eine derartige Haftungsbegrenzung aufweist. Bereits aus dem Wortlaut des genannten Urteils ("immer auch") folgt, dass der BGH insoweit nur eine stets mögliche weitere Schadensersatzmöglichkeit anführt; dass damit weitere Ansprüche aus CMR im Falle eines qualifizierten Verschuldens in gleicher Weise ihrer Höhe nach begrenzt sein sollen, lässt sich indes dieser Entscheidung nicht entnehmen.

e) Danach ist die Entschädigung nach dem Wert des Transportgutes am Ort und zur Zeit der Übernahme zur Beförderung zu berechnen, wobei sich dieser Wert nach dem Börsen- bzw. Marktpreis bzw. nach dem gemeinen Wert von Gütern gleicher Art und Beschaffenheit bemisst (Art. 23 Nr. 1 und 2 CMR).

Das Landgericht ist im Rahmen der von ihm vorgenommenen Beweiswürdigung zur Überzeugung gelangt, ein Wert der entwendeten Computer in Höhe der Klageforderung sei durch die Handelsrechnung der Fa. T (Anlage K3) sowie durch die Aussage des Zeugen W nachgewiesen.

Diese Beweiswürdigung wird von der Berufung nicht (ausdrücklich) angefochten; im Rahmen der beschränkten Überprüfbarkeit der Beweiswürdigung in der Berufungsinstanz ist insoweit auch nichts zu erinnern. Da die Berufung - abweichend von ihrer früheren Funktion als vollwertige zweite Tatsacheninstanz - nunmehr in erster Linie der Fehlerkontrolle und Fehlerbeseitigung dient, ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen grundsätzlich gebunden; eine erneute Tatsachenfeststellung ist nur als Ausnahme vorgesehen, soweit die erste Instanz die Feststellungen nicht vollständig und überzeugend getroffen hat (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Zwar können sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit entscheidungserheblicher Tatsachen auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertungen ergeben. Hat sich aber das Erstgericht mit den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt, ist die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich und verstößt sie nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und ist auch das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung überzeugt, so sind die Festsstellungen bindend. Eine Partei kann dann nicht in zulässiger Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Erstgerichts setzen (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 266/03, BGHZ 162, 313).

Die insoweit vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Auch aus Sicht des Senats steht auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ein Schaden in Höhe des in der Rechnung der Fa. T (Anlage K3) ausgewiesenen Betrages fest. Zwar fehlt in der CMR eine dem § 429 Abs. 3 Satz 2 HGB entsprechende Regelung. Allerdings kann der Fakturenwert im Rahmen der Schadensberechnung zumindest als Indiz für den tatsächlichen Wert herangezogen werden, wenn insoweit nicht bereits von einem prima-facie-Beweis auszugehen ist (vgl, Koller a.a.O. Art. 23 CMR Rn. 5). Die Beweiswürdigung des Landgerichts, die zudem neben der Handelsrechnung der Fa. T (Anlage K3) auf die Aussage des Zeugen W - der die Erzielbarkeit eines entsprechenden Verkaufserlöses bestätigt hat - abstellt, verstößt damit weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze und entspricht auch der Bewertung des Senats, wonach erfahrungsgemäß gewerblich produzierte Güter stets mit Gewinn verkauft werden, ist somit nicht zu beanstanden.

Dem steht auch nicht entgegen, dass im Falle der Anwendung deutschen Rechts bei vertretbaren Sachen Schadensersatz grundsätzlich in Form der Naturalherstellung durch Beschaffung gleichwertiger Sachen oder durch Zahlung des Geldbetrags zu leisten ist, den der Geschädigte für die Beschaffung aufwenden muss. Die Höhe des Wiederbeschaffungswerts hängt insoweit davon ab, auf welcher Handelsstufe der Geschädigte tätig ist. Handelt es sich bei ihm um einen Händler, kann er nur den Einkaufspreis verlangen, den er für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache zahlen muss; entgeht ihm durch das schädigende Ereignis dagegen die Möglichkeit eines Verkaufsgeschäfts, kann er gegebenenfalls nach § 252 BGB zusätzlich Ersatz des entgangenen Gewinns verlangen (BGH, Urteil vom 03.07.2008 - I ZR 218/05, RIW 2008, 873). Für den hier gegebenen Fall der Haftung des Frachtführers enthält bereits das deutsche Recht (in § 429 HGB) Sonderregelungen; im Streitfall sind die entsprechenden Vorschriften der CMR maßgeblich.

Die Argumentation der Berufung, der Versicherungsnehmerin der Klägerin sei durch den Schadensfall kein Gewinn entgangen, da sie die entwendeten Computererneut produzieren und verkaufen könne, liegt zudem bereits deshalb neben der Sache, da ein "erneuter" Verkauf an denselben Abnehmer oft schon deshalb nicht naheliegt, weil sich dieser - nach Nichtausführung der zugesagten Lieferung - auf Grund des Zeitablaufs anderweitig mit Ware eingedeckt haben kann. Zudem könnte die Versicherungsnehmerin der Klägerin von ihr als Ersatzlieferung produzierte Computer-Notebooks nach der Erfahrung des Senats (siehe oben) stets auch anderweitig gewinnbringend veräußern, so dass ihr bei Auslieferung dieser Ersatzware an ihren ursprünglichen Abnehmer automatisch ein Gewinn aus dieser anderweitigen Veräußerung entgehen würde.

5. Das angefochtene Urteil ist - nach teilweiser Klagerücknahme - im Ergebnis auch hinsichtlich der Frage einer Anrechnung der wieder aufgefundenen 78 Notebooks auf die Schadenssumme nicht zu beanstanden.

Die Berufung hat zwar zu Recht einen in der Nichtberücksichtigung der wieder aufgefundenen 78 Computer hinsichtlich der Schadenshöhe liegenden Rechtsverstoß gerügt; dieser Umstand führt jedoch nur in Höhe einer Teilsumme von 8.550,00 EUR - insoweit hat die Klägerin die Klage in der Berufungsinstanz zurückgenommen - zur Unbegründetheit der Klage und lässt das angefochtene Urteil im Übrigen unberührt.

a) Das Landgericht hat ausgeführt, eine Anrechnung unterbleibe gemäß Art. 20 CMR. Der Beklagten würde jedoch das Recht auf Abtretung nach § 255 BGB zustehen, da eine Anordnung des Verfügungsberechtigten bei Wiederauffinden der Ware nicht getroffen worden sei. Im Übrigen seien die wieder aufgefundenen Computer wegen des Verdachts eingesetzter "Spyware" wertlos und unverkäuflich.

b) Die Berufung rügt, eine Anordnung des Verfügungsberechtigten (Fa. T) auf Herausgabe der 78 Computer sei unter dem 05.02.2007 getroffen worden (Anlage B05); dies habe das Landgericht übersehen. Im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht sei Fa. T auch zu einer zeitnahen Rücknahme der bis dato unbeschädigten Geräte verpflichtet gewesen. Sie müsse sich deshalb den Wert der Computer auf ihren Anspruch anrechnen lassen. Schäden und ein Wertverlust der Computer seien erst durch die lange Lagerung bei der Staatsanwaltschaft infolge Nichtabholung eingetreten. Der Verdacht eingesetzter "Spyware" bestehe nicht, da die Computer weitgehend noch originalverpackt gewesen seien.

c) Der Verfügungsberechtigte kann das Gut, ohne weitere Beweise erbringen zu müssen, als verloren betrachten, wenn es nicht binnen 30 Tagen nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist, oder, falls keine Frist vereinbart worden ist, nicht binnen 60 Tagen nach der Übernahme des Gutes durch den Frachtführer abgeliefert worden ist, Art, 20 Nr. 1 CMR.

Nach der danach bestehenden unwiderleglichen Vermutung des Verlustes des Transportgutes (BGH, Urteil vom 27.10.1978 - I ZR 30/77, NJW 1979, 2473) stand der Fa. T nach Ablauf der genannten Frist ein Entschädigungsanspruch in voller Höhe zu, da es vorher nicht zu einer Ablieferung durch den Frachtführer gekommen ist. Die Sicherstellung von 78 Computern durch die Polizei stellt keine derartige Ablieferung dar.

d) Dieser Entschädigungsanspruch wird grundsätzlich durch eine spätere Ablieferung des Gutes nicht mehr berührt, sofern der Ersatzberechtigte nicht von seinem Wahlrecht gemäß Art. 20 Nr. 2 CMR Gebrauch gemacht hat (BGH, Urteil vom 25.10.2001 - I ZR 187/99, TranspR 2002, 198; Koller a.a.O. Art. 20 CMR Rn. 1). Der Anspruchsberechtigte soll nach dem festgelegten Zeitpunkt disponieren können, ohne Gefahr zu laufen, das Gut später doch annehmen zu müssen. Er kann daher auch aufgrund der bloßen Verlustfiktion den in Verlustfällen allgemein vorgesehenen Schadensersatzanspruch geltend machen. Es steht ihm allerdings frei, ob er sich auf die Verlustvermutung berufen und die an den Verlust des Gutes geknüpften Schadensersatzansprüche geltend machen oder ob er das Wiederauffinden des Gutes abwarten und dann Herausgabe sowie Schadensersatz wegen Lieferfristüberschreitung verlangen will.

Entscheidet er sich für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Verlustes, so kann er von seinem Wahlrecht nach Art. 20 Nr. 2 CMR Gebrauch machen, d.h., er kann bei Empfang der Entschädigung für das verlorene Gut schriftlich verlangen, dass er sofort benachrichtigt wird, wenn das Gut binnen einem Jahr nach Zahlung der Entschädigung wieder aufgefunden wird. Binnen dreißig Tagen nach Empfang einer solchen Benachrichtigung kann er fordern, dass ihm das Gut gegen Befriedigung der aus dem Frachtbrief hervorgehenden Ansprüche und gegen Rückzahlung der erhaltenen Entschädigung abgeliefert wird, Art. 20 Nr. 3 CMR (BGH a.a.O.).

Macht der Anspruchsberechtigte von seinem Wahlrecht keinen Gebrauch, so kann der Frachtführer über das Gut nach dem Recht des Ortes verfügen, an dem es sich befindet, Art. 20 Nr. 4 CMR (BGH a.a.O.).

Macht der Anspruchsberechtigte hingegen von seinem Wahlrecht in dem Sinne Gebrauch, dass er (Rück-)Ablieferung des Transportgutes begehrt, so ist er zur (ggf. anteiligen) "Rückzahlung der erhaltenen Entschädigung" verpflichtet, Art. 20 Nr. 3 CMR. Hat er eine solche Entschädigung bei Rückablieferung des Transportgutes noch nicht erhalten, so entfällt insoweit der Entschädigungsanspruch.

e) Auf Grund des Antrags der Fa. T vom 05,02.2007 (Anlage B05), der letztlich zur Rückablieferung von 78 Computern am 11.02.2008 führte (Anlage K29), ist deshalb insoweit der Entschädigungsanspruch entfallen. Dies ist bei Bemessung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes zu berücksichtigen.

Nach dem insoweit von der Klägerin vorgelegten Schadensgutachten (Anlage K29), dessen Inhalt von der Beklagten nicht substanziiert bestritten wurde, ist hinsichtlich der wiederaufgefundenen und an Fa. T zurückgelieferten Computer von einem Gesamtrestwert von (lediglich) noch 8.550,00 EUR auszugehen. Nach Bewertung des Senats (unter richterlicher Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO) ist deshalb der geltend gemachte Schaden in dieser Höhe zu mindern. Die bloß theoretische Möglichkeit eingesetzter "Spyware" vermag auf Grund der noch vorhandenen Originalverpackungen einen entsprechenden Verdacht - mit der Folge einer weitergehenden Wertminderung - hingegen nicht zu begründen.

f) Soweit die Berufung eine Verantwortlichkeit der Fa. T für die Verschlechterung der Computer (diese sei erst durch den langen Verbleib der Geräte bei Polizei bzw. Staatsanwaltschaft infolge Nichtabholung eingetreten) rügt und eine weitergehende Schadensminderung begehrt, hat sie keinen Erfolg.

Die hierin liegende Berufung auf ein Verschulden der Verfügungsberechtigten (vgl. Art. 17 Mr. 2 CMR) ist bereits nicht substanziiert vorgetragen, zudem von der insoweit beweispflichtigen Beklagten (Art. 18 Nr. 1 CMR) nicht nachgewiesen, Bereits nach der Art der Beschädigungen (Wasserschaden) liegt ein Verschulden der Beklagten eher fern. Allein der Umstand, dass zwischen Beantragung der Rückgabe der Geräte durch Fa. T und deren Rücklieferung ein Zeitraum von mehr als einem Jahr liegt, vermag ein in der Nichtabholung liegendes schuldhaftes Verhalten der Fa. T nicht zu begründen. Insoweit fehlt bereits jeglicher Vortrag, wann die Computer von der Staatsanwaltschaft bzw. vom Gericht freigegeben wurden und somit eine Abholung frühestens hätte erfolgen können; weiter fehlen Darlegungen, wann Fa. T hiervon erfahren hat. Unter diesen Umständen kann nicht von einem schuldhaften Verhalten der Fa. T ausgegangen werden.

Auch die Darlegungen der Berufung, die Klägerin würde insoweit eine sekundäre Darlegungslast treffen, führen zu keiner anderen Beurteilung. Eine solche wäre allenfalls hinsichtlich im Verantwortungsbereich der Klägerin liegender Umstände anzunehmen; hierzu gehört jedoch nicht die Freigabe der sichergestellten 78 Notebooks durch die italienischen Behörden.

Im Übrigen ist aus dem diesbezüglichen Schadensgutachten (Anlage K29) er sichtlich, dass bei den 78 Notebooks teilweise aufgetretene Nässeschäden nicht erst im Gewahrsam der Versicherungsnehmerin der Klägerin aufgetreten sein können, da bereits Fäulnisspuren der Kartons und Korrosionserscheinungen an den Notebooks festgestellt wurden, wobei die Untersuchung bereits kurze Zeit nach Rücklieferung der Notebooks an Fa. T stattgefunden hatte. Dies legt nahe, dass die entsprechenden Schäden bereits in Gewahrsam der italienischen Behörden eintraten.

II.

Die Revision war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Eine grundsätzliche Bedeutung ist dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwerfen würde, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat, Dies ist hier der Fall. Die Frage, ob bei qualifiziertem Verschulden des Frachtführers der Umfang des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten auch allein nach den Regelungen in Art. 23 Nrn. 1 und 2 CMR - ohne Haftungsbeschränkung nach Art. 23 Nr. 3 CMR und ohne Rückgriff auf die Regelungen des im Einzelfall ergänzend anzuwendenden nationalen Rechts - bestimmt werden kann, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung zwar bereits erörtert, bislang jedoch höchstrichterlich nicht explizit geklärt (siehe oben B I 4 c, d).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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