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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 10.09.2003
Aktenzeichen: 12 U 2572/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 675
BGB § 670
1. Auch eine automatisch erzeugte Computererklärung, in der die Online-Bank die Order eines Kunden bestätigt, ist als rechtsgeschäftliche Willenserklärung anzusehen.

2. Der Zugang einer Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 BGB ist dann bewirkt, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass der Empfänger sie unter gewöhnlichen Verhältnissen zur Kenntnis nehmen kann. Wenn eine elektronische Erklärung nicht wie eine E-Mail über einen Dritten (Online-Dienst, Provider) an den Empfänger gelangt, sondern diesem direkt übertragen wird, wie beim Online-Banking, ist der Zugang mit Passieren der Schnittstelle zum Empfänger bewirkt.

3. Eine Direktbank ist zwar grundsätzlich verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Vorkehrungen zu treffen, die sicherstellen, dass über Internet erteilte unplausible und offensichtlich irrtümliche Wertpapieraufträge als solche erkannt werden. Aus dem Umstand, dass ein Kunde am Nachmittag eine inhaltsgleiche Order wie gegen Mittag desselben Tages erteilt, muss sich der Direktbank aber nicht aufdrängen, dass ein irrtumsbehafteter Auftrag dahingehend vorlag, dass der Kunde annahm, die erste Order würde nicht ausgeführt. Der Kunde hat in diesen Fällen die Möglichkeit, der Direktbank per E-Mail mitzuteilen, dass er nur die einmalige Ausführung der Order wünsche, sofern er auf eine telefonische Anfrage keine Klarheit gewinnen konnte, ob die erste Order ausgeführt wird.

4. Die Direktbank ist nicht verpflichtet, eine Order mangels ausreichenden Guthabens auf dem Geldkonto nicht auszuführen. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Direktbank, dass sie zur Ausführung von Aufträgen zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren insoweit verpflichtet ist, als das Guthaben des Kunden oder sein Depotbestand zur Ausführung ausreicht, gibt der Direktbank nur ein Leistungsverweigerungsrecht. Führt die Direktbank den Auftrag trotzdem aus, verzichtet sie auf eine Vorschussleistung des Auftraggebers, eine Verletzung ihrer Vertragspflicht ist darin jedoch nicht zu sehen.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

12 U 2572/02

In Sachen

wegen Schadensersatzes,

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht als Vorsitzenden und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2003

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 11. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluß: Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 22.588,20 Euro.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten, eine Kontenbelastung für die Ausführung eines Wertpapiergeschäfts rückgängig zu machen.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten, einer Direktbank, seit August 1999 ein Tagesgeldkonto, ein Wertpapierdepot sowie ein weiteres im Guthaben zu führendes Geldkonto. Letzteres diente dazu, Wertpapierkäufe zu bezahlen.

Am 16.3.2000 buchte der Kläger online zunächst vom Tagesgeldkonto 25.000 DM auf das Geldkonto um, das danach ein Guthaben in Höhe von 48.931,81 DM (25.018,44 Euro) aufwies. Anschließend, zwischen 11.00 Uhr und 12.21 Uhr, der genaue Zeitpunkt ist zwischen den Parteien streitig, erteilte der Kläger der Beklagten per Internet den Auftrag, 50.000 Aktien, A, mit einem Limit von 0,45 Euro je Aktie, insgesamt somit für 22.500 Euro zu erwerben.

Um 16.34 Uhr desselben Tages erteilte der Kläger der Beklagten wiederum über Internet einen inhaltsgleichen Auftrag zum Erwerb von 50.000 A Aktien.

Die Beklagte führte beide Aufträge im Wert von jeweils 22.588,20 Euro aus und belastete das Geldkonto des Klägers, das dadurch einen Sollstand von 18.647,48 Euro aufwies. Mit Schreiben vom 8.4.2000 widersprach der Kläger der doppelten Ausführung seiner Order sowie den daraus resultierenden Buchungen und Abrechnungen und forderte die Beklagte auf, diese bis 20.4.2000 rückgängig zu machen. Die Beklagte kam dem nicht nach. Der Kläger, der die Aktien selbst nicht veräußerte, begehrt von der Beklagten die Gutschrift für den 2. Aktienerwerb, hilfsweise Ersatz für den zwischenzeitlich eingetretenen Kursverlust der Wertpapiere.

Der Kläger behauptet, er habe nach Erteilung seiner ersten Order keine Bestätigung über Bildschirm seitens der Beklagten für die Annahme der Order erhalten. Auch telefonisch habe er nicht in Erfahrung bringen können, ob die Beklagte die Order angenommen hatte. Das Computersystem der Beklagten sei abgestürzt. Weiter vertritt er die Auffassung, dass die Beklagte die zweite Order nicht hätte ausführen dürfen, weil sein Geldkonto keine ausreichende Deckung aufgewiesen hatte.

Die Beklagte bestreitet einen Absturz ihres Systems zum Zeitpunkt der ersten Ordererteilung. Sie vertritt die Auffassung, dass sie nicht verpflichtet sei, Order mangels ausreichender Deckung auf dem Girokonto nicht auszuführen. Weiter trägt sie vor, dass sämtliche Telefongespräche aufgezeichnet würden. Ein Anruf des Klägers sei nicht festgestellt worden.

Das Erstgericht hat die Klage abgewiesen. Es hält die Ausführung der beiden Aufträge für nicht pflichtwidrig. Eine Verpflichtung zur Bestätigung einer Order bestünde nicht. Der Kläger habe schon nicht vorgetragen, aus welcher vertraglichen Vereinbarung sich eine solche Pflicht ergeben sollte. Der Schaden des Klägers bestehe in der nochmaligen Erteilung seiner Order. Diese sei der Beklagten nicht zuzurechnen. Falls der wiederholte Auftrag gegen 16.00 Uhr auf einer Pflichtverletzung der Beklagten vor diesem Zeitpunkt zurückzuführen wäre, hätte der Kläger jedenfalls unter völliger Missachtung seiner Schadensminderungspflicht gehandelt. Er hätte nur zuwarten müssen, um festzustellen, dass sein Auftrag unverzüglich ausgeführt wurde. Solange er sich dessen nicht sicher gewesen sei, habe er auf eigenes Risiko gehandelt. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte das Vorliegen eines "Doppelauftrages" erkennen würde. Der Kläger habe auch nicht erwarten können, dass die Beklagte die zweite Order nicht ausführen würde, wenn das Guthaben auf dem Geldkonto wegen der Ausführung der ersten Order nicht mehr ausreichte.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren in vollem Umfange weiter. Er beantragt:

a) Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger einen Betrag in Höhe von 22.588,20 Euro auf dessen bei ihr geführtes Geldkonto gutzuschreiben, Zug um Zug gegen Herausgabe von 50.000 Aktien A

Hilfsweise:

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.396,74 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Senat hat über die Behauptung der Beklagten, dem Kläger sei auch nach der ersten Order über Bildschirm deren Annahme mitgeteilt worden, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Z und Y sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf die Sitzungsniederschriften vom 4.12.2002 sowie das Gutachten des Sachverständigen X vom 31.5.2003 mit Ergänzung vom 24.8.2003 sowie auf die Niederschrift über die mündliche Anhörung des Sachverständigen vom 10.9.2003 wird Bezug genommen.

II.

Das Rechtsmittel des Klägers ist unbegründet. Der Beklagten stehen aus der Ausführung der beiden Aufträge des Klägers vom 16.03.2000 gemäß §§ 675, 670 Aufwendungen in Höhe von zusammen 45.176,40 EUR zu, mit denen sie das Konto des Klägers belasten durfte. Der Kläger hat die Beklagte zweimal wirksam mit dem Erwerb von Aktien beauftragt. Bei der Ausführung des zweiten Auftrages hat die Beklagte keine Vertragsverletzung begangen.

1. Die Beauftragung der Beklagten am 16.03.2000 mit dem Erwerb von Aktien ist rechtlich als Abschluss von zwei Geschäftsbesorgungsverträgen im Sinne eines Kommissionsgeschäfts zu beurteilen, § 675 BGB, §§ 383, 384 BGB. Die auf den Abschluss der Verträge gerichteten Willenserklärungen hat der Kläger auf elektronischem Wege der Beklagten online durch Eingabe der zu beschaffenden Wertpapiere in eine entsprechende Maske und durch Anklicken der dafür vorgesehenen Schaltfläche auf dem Bestätigungsformular (Orderbestätigung, Schaubild Bl. ...) übermittelt. Die Annahmeerklärung der Beklagten wurde durch deren Computerprogramm, nachdem der Kläger seine Order bestätigt hatte, automatisch erzeugt und übermittelt (Schaubild Orderannahme, Bl. ...). Auch diese automatisch erzeugte Computererklärung ist als rechtsgeschäftliche Willenserklärung anzusehen (Staudinger/Gilcher, BGB vor §§ 116 - 144 Rn. 6; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., Einf V § 116 Rn. 1).

2. Dass das Computerprogramm der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt Annahmeerklärungen erzeugt und übermittelt hat, ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers, wonach er für seine zweite Order eine entsprechende Erklärung erhalten hat. Einen Ausdruck der Annahme eines limitierten Verkaufsauftrages vom 24.03.2000 hat der Kläger vorgelegt (Anlage K 9). Auch das Gutachten des Sachverständigen X belegt, dass eine Annahmeerklärung seitens der Beklagten zwar nicht durch eine gesonderte E-Mail, aber im Rahmen des Orderdialogs online programmgemäß erfolgte.

3. Die Beklagte hat den Nachweis erbracht, dass dem Kläger auch hinsichtlich seiner ersten Order am 16.03.2000 eine Annahmeerklärung zugegangen ist. Da der Kläger nicht mit einem Sachbearbeiter der Beklagten direkt, sondern mit deren Computersystem in Verbindung stand, kommt es für das Wirksamwerden der Willenserklärung nach § 130 Abs. 1 BGB auf den Zugang an (vgl. Koch/Maurer, Rechtsfragen des Online-Vertriebs von Bankprodukten, WM 2002, 2484). Der Zugang ist dann bewirkt, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass der Empfänger sie unter gewöhnlichen Verhältnissen zur Kenntnis nehmen kann. Wenn eine elektronische Erklärung nicht wie eine E-Mail über einen Dritten (Online-Dienst, Provider) an den Empfänger gelangt, sondern diesem direkt übertragen wird, wie beim Online-Banking, ist der Zugang mit Passieren der Schnittstelle zum Empfänger bewirkt (vgl. Krüger/Büttner, Elektronische Willenserklärungen im Bankengeschäftsverkehr, WM 2001, 2228). Dies war nach Überzeugung des Senats der Fall.

a) Der Sachverständige X hat ausgeführt, dass das Bestellsystem der Beklagten (INA) nach Bestätigung der Order durch den Kunden reflexartig eine entsprechende Orderannahmeerklärung (Schaubild Bl. ...) unter Angabe der Auftragsnummer, der Depotnummer, der Wertpapiernummer, der Stückzahl der Wertpapiere und eines etwaigen Limits erzeugt und übermittelt.

b) Aus den Logdateien der Beklagten, in denen der Online-Dialog des Klägers hinsichtlich der ersten Order dokumentiert ist, ergibt sich, dass der Online-Dialog zwischen dem Personalcomputer des Klägers und dem Rechner der Beklagten ohne Störung zu Ende geführt wurde. Das ergibt sich aus den Erläuterungen der auf einer Festplatte bei der Beklagten gespeicherten Logdateien durch den Sachverständigen.

c) Der von der Beklagten vorgelegte Computerausdruck für die Weiterleitung an die Börse belegt die Ausführung des Geschäfts am 16.03.2000 um 12.34 Uhr (Anlage ...). Diese Weiterleitung setzt einen vorher abgeschlossenen Dialog über die Order zwischen dem Kläger und der Beklagten voraus. Bestandteil dieses Dialogs ist die Übersendung der Orderannahme.

d) Eine Störung, ein Herunterfahren und Neustart des Ordersystems der Beklagten (INA-Gateway) ist auf den dem Sachverständigen übergebenen Auszügen von Logdateien (Shutdown-Logs) für den 16.03.2000 nicht protokolliert. Soweit der Kläger die Vernehmung der Zeugin W zum Beweis dafür beantragt hat, dass das System der Beklagten am 16.03.2000 um 13.21 Uhr, 13.25 Uhr und 16.02 Uhr jeweils heruntergefahren und neu gestartet worden sei, war eine Zeugenvernehmung nicht erforderlich. Die behaupteten Systemstörungen lagen rund eine Stunde nach der Weiterleitung der Order des Klägers an die Börse. Sie könnten auf den vorausgegangenen Online-Dialog keinen Einfluss gehabt haben.

e) Der für das Beschwerdewesen bei der Beklagten zuständige Sachbearbeiter Y hat als Zeuge ausgesagt, dass er sich nicht daran erinnern könne, dass am 16.03.2000 eine Beschwerde wegen eines Systemfehlers an ihn herangetragen worden sei.

f) Die Erinnerung des Klägers an den Ablauf der ersten Ordererteilung am 16.03.2000 erscheint dem Senat nicht zuverlässig:

aa) Bei der Anhörung des Sachverständigen äußerte der Kläger zunächst, dass damals die Erteilung der Order (erster Schritt) und deren Annahme (dritter Schritt) ohne die Bestätigung seitens des Klägers (zweiter Schritt) erfolgt sei. Dies steht jedoch in völligem Widerspruch zur Spezifikation des damals verwendeten Bestellsystems INA-Release 4.0.

bb) Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger vorgetragen, dass nach Erteilung seiner zweiten Order am Nachmittag sogleich eine Depotveränderung erkennbar gewesen sei. Wie der Sachverständige aber ausgeführt hat, ist es wegen der Architektur des Gesamtsystems nicht möglich, dass der Kläger nach der zweiten Order unmittelbar eine Depotveränderung über die Browserschnittstelle festgestellt haben kann. Die Depotveränderungen erfolgen nicht direkt, sondern werden erst über sogenannte "Batchläufe" verarbeitet. Dies steht in Übereinstimmung mit der Aussage des Zeugen Y und wird bestätigt durch die von der Beklagten übergebenen Anlagen ... und ..., wonach die Abrechnung der beiden Order um 17.11 Uhr vorgenommen wurde.

Die Möglichkeit, dass die Verbindung vom Rechner der Beklagten zum PC des Klägers - auch außerhalb des Beantwortungsbereichs der Beklagten - gerade zu dem Zeitpunkt gestört worden sein sollte, als die nach der Bestätigung durch den Kläger reflexartig erteilte Annahmeerklärung übermittelt wurde, ist zwar theoretisch gegeben, scheidet aber nach den Darlegungen a) bis d) und der generell bestehenden Irrtumsmöglichkeit, zu der die ähnliche Gestaltung des Bestellformulars und der Orderannahme beigetragen haben können, aus.

4. Im Hinblick auf den Nachweis des Zugangs der Annahmeerklärung kann dahinstehen, ob aus Ziffer 3. der AGB der Beklagten ein Verzicht auf die Annahmeerklärung nach § 151 BGB hergeleitet werden kann. Die Bestimmung begründet zunächst nur eine Verbindlichkeit der Order für den Kunden, nachdem er sie abschließend zur Übermittlung freigegeben hat. Die Information bei der Unmöglichkeit der Bearbeitung der Aufträge bezieht sich in erster Linie auf Störungen des Ausführungsgeschäfts. Dass die Beklagte generell jeden ihr übermittelten Auftrag zu übernehmen bereit ist, ist zum einen nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht und zum anderen zeigt gerade die Handhabung der Beklagten, dass sie ihren Kunden ausdrückliche Orderannahmen übermittelt.

5. Das Erstgericht hat zutreffend bei der Ausführung der zweiten Order eine Vertragsverletzung seitens der Beklagten verneint.

a) Eine Direktbank ist zwar grundsätzlich verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Vorkehrungen zu treffen, die sicherstellen, dass über Internet erteilte unplausible und offensichtlich irrtümliche Wertpapieraufträge als solche erkannt werden (LG Nürnberg-Fürth, CR 2003, 222). Aus dem Umstand, dass der Kläger am Nachmittag des 16.03.2000 um 16.34 Uhr der Beklagten eine inhaltsgleiche Order wie die gegen Mittag desselben Tages erteilte, musste sich der Beklagten aber nicht aufdrängen, dass ein irrtumsbehafteter Auftrag vorlag, nämlich dass der Kläger annahm, die erste Order würde nicht ausgeführt werden. Der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, der Beklagten per E-Mail mitzuteilen, dass er nur die einmalige Ausführung der Order wünsche, sofern er auf seine telefonische Anfrage keine Klarheit gewinnen konnte, ob die erste Order ausgeführt wird.

b) Die Beklagte war nicht verpflichtet, die zweite Order mangels ausreichenden Guthabens auf dem Geldkonto nicht auszuführen. Die Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, dass sie zur Ausführung von Aufträgen zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren insoweit verpflichtet ist, als das Guthaben des Kunden oder sein Depotbestand zur Ausführung ausreicht, gibt der Beklagten nur ein Leistungsverweigerungsrecht. Führt die Beklagte den Auftrag trotzdem aus, verzichtet sie auf eine Vorschussleistung des Auftraggebers, eine Verletzung ihrer Vertragspflicht ist darin jedoch nicht zu sehen (Senatsurteil vom 9.10.02, BKR 2003, 550). Unter Berücksichtigung des damaligen Depotbestandes des Klägers, der nach seinen Angaben Aktien im Wert von rund 12.000,00 DM umfasste, der ersten Order über Aktien im Wert von rund 22.500,00 EUR und seiner Angaben im Discoutbroking Eröffnungsantrag, wonach er seit vier Jahren Wertpapiererfahrungen mit Aktien besaß und seine Umsätze sich auf 10 Mio. DM beliefen, musste sich der Beklagten nicht aufdrängen, dass eine irrtumsbehaftete Order des Klägers vorlag.

6. Der Kläger konnte zwar unstreitig nach Erteilung einer Order bis zur Abrechnung durch die Beklagten nach dem "Batch-Lauf gegen 17.11 Uhr nicht erkennen, ob seine Order ausgeführt wurde. Das Softwareprogramm der Beklagten sah zum damaligen Zeitpunkt eine Möglichkeit des Kunden zur Online-Einsichtnahme in schwebende Geschäfte nicht vor. Dies war für einen Kunden wenig komfortabel, insbesondere wenn er beabsichtige, mehrere Geschäfte an einem Tag auszuführen. Ein zum Schadensersatz verpflichtendes schuldhaftes Verhalten der Beklagten kann darin aber nicht gesehen werden. Dass das System der Beklagten damals eine derartige Möglichkeit nicht vorsah, kann der Kunde bei der ersten Anwendung erkennen.

7. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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