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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: 2 Ws 416/08
Rechtsgebiete: BayStVollzG, StVollzG


Vorschriften:

BayStVollzG Art. 20 Abs. 2
StVollzG § 201 Nr. 3
Die Zuweisung eines an Hepatitis C erkrankten Gefangenen in eine mehrfach belegte Unterkunft ist trotz medizinischer Unbedenklichkeit ermessensfehlerhaft, wenn die Justizvollzugsanstalt - sofern eine vorrangig zu prüfende Unterbringung mit anderen gleichfalls an Hepatitis C erkrankten Gefangenen nicht in Betracht kommt - unberücksichtigt lässt, welche Auswirkungen von der Zuweisung bei den zwingend zu informierenden Mitgefangenen für die Zellengemeinschaft zu erwarten sind.
2 Ws 416/08

Nürnberg, den 9.9.2008

In der Strafvollzugssache

wegen Unterbringung in einem Einzelhaftraum,

hier: Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen

erlässt der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Auf die Rechtsbeschwerde des Strafgefangenen werden der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... vom 28. Juli 2008 und der Bescheid der Justizvollzugsanstalt ... mit dem diese das Gesuch des Antragstellers auf Verlegung in eine Einzelzelle abgelehnt hat, aufgehoben.

II. Die Justizvollzugsanstalt ... wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu verbescheiden.

III. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Antragstellers fallen der Staatskasse zur Last.

IV. Der Beschwerdewert wird auf 1500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt ..., wo er - nach Verlegung aus der Justizvollzugsanstalt ... - seit 9.4.2008 aufgrund eines Urteils des Landgerichts ... vom 13.11.2007 eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verbüßt. In der Justizvollzugsanstalt ... wurde er gleich nach der Ankunft in einem Gemeinschaftsraum untergebracht, der über eine separate Toilette mit selbständigem Abzug verfügt und mit 8 Gefangenen belegt werden kann, aktuell jedoch mit nur 7 Gefangenen belegt wird.

Bei der Zugangskonferenz begehrte der Antragsteller unter Hinweis auf seine Erkrankung wegen Hepatitis C und eine Anweisung des Anstaltsarztes der Justizvollzugsanstalt ... die Zuweisung eines Einzelhaftraumes. Die begehrte Einzelunterbringung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt abgelehnt.

Mit Schreiben vom 18.4. und 6.6.2008 stellte der Antragsteller wegen der nach wie vor von ihm gewünschten Unterbringung in einem Einzelhaftraum Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Er begründete seinen Antrag damit, dass seine Erkrankung an Hepatitis C eine Ansteckungsgefahr für die Mitgefangenen zur Folge habe und deshalb seine Saalunterbringung rechtswidrig sei.

In ihrer Stellungnahme vom 30.6.2007 führte die Justizvollzugsanstalt ... aus, dass die Anstalt seit Jahren teilweise erheblich überbelegt und deshalb die gemeinschaftliche Unterbringung einer Vielzahl von Gefangenen erforderlich sei. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie zur Vermeidung von Unzuträglich keifen zwischen den Gefangenen werde eine gerechte Lösung des Problems in der Führung einer Warteliste gesehen, auf die auch der Antragsteller am 11.4.2008 gesetzt worden sei. Bei der Frage der Zuweisung eines Einzelhaftraumes seien neben den gesetzlichen Vorgaben, wie z.B. der Trennung von Untersuchungs- und Strafgefangenen, gesundheitliche Aspekte - vor allem auch, ob es sich um Raucher oder Nichtraucher handele -, das innervollzugliche Verhalten der Strafgefangenen, ihre persönlichen Störungen bzw. psychischen Auffälligkeiten, ihre Tätigkeiten als Arbeiter, Schüler oder Nichtarbeiter und im Einzelfall auch ihre Lebensgewohnheiten sowie kultur- und sprachbedingte Besonderheiten zu berücksichtigen. Aus ärztlicher Sicht sei das Vorliegen einer Hepatitis-C-Erkrankung, die im Übrigen bei weiteren ca. 120 Gefangenen der JVA ... vorliege, in der Regel kein zwingender Grund für eine Einzelunterbringung. Auch beim Antragsteller sei kein Grund ersichtlich, ihn gegenüber den Mitgefangenen bei der Zuweisung eines Einzelhaftraumes zu bevorzugen. Die Notwendigkeit der Einzelunterbringung des Antragstellers sei bei der ärztlichen Zugangsuntersuchung geprüft und ärztlicherseits verneint worden, da außer bei Blutkontakt oder Geschlechtsverkehr bei Hepatitis C eine Ansteckungsgefahr - worüber der Antragsteller auch belehrt worden wäre - nicht gegeben sei. Die Ablehnung der Zuweisung eines Einzelhaftraums und der Verweis des Antragstellers auf die Warteliste seien, vor allem unter den Gesichtspunkten der Dauer der Freiheitsentziehung und der Gleichbehandlung der Gefangenen als Kriterien für das Auswahlermessen, nicht ermessensfehlerhaft.

Mit Beschluss vom 28.7.2008 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gemäß Art. 20 Abs. 2 BayStVollzG sei auch ohne Zustimmung des Gefangenen eine gemeinsame Unterbringung zulässig, wenn die räumlichen Verhältnisse dies erforderten. Auf Grund von Überbelegungen sei dies in der Justizvollzugsanstalt Amberg der Fall. Die Justizvollzugsanstalt habe insoweit das ihr eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Führung einer Warteliste für Neuzugänge, auf die der Antragsteller bereits zwei Tage nach Ankunft in der Justizvollzugsanstalt ... gesetzt worden sei, sei nicht zu beanstanden. Sonstige ermessensfehlerhafte Überlegungen der Anstalt seien nicht vorgebracht und auch nicht ersichtlich. Insbesondere zwinge die Hepatitis-C-Erkrankung nicht zu einer Einzelunterbringung des Antragstellers zum Schutz anderer Gefangener.

Gegen diesen dem Antragsteller am 31.7.2008 zugestellten Beschluss hat dieser mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 19.8.2008, eingegangen bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... am selben Tag, Rechtsbeschwerde eingelegt und gleichzeitig die Beiordnung von Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger beantragt.

In dieser Rechtsbeschwerde führt der Antragsteller unter Hinweis auf § 18 StVollzG aus, dass eine gemeinsame Unterbringung von Gefangenen nur dann zulässig sei, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten wäre. Das sei vorliegend aber gerade nicht der Fall, da die Mitgefangenen von der Erkrankung des Antragstellers wissen und ihn deshalb "drangsalieren" würden. Die Erkrankung des Antragstellers zwinge deshalb zur Einzelunterbringung.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Rechtsbeschwerde mangels Vorliegen der besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG als unzulässig zu verwerfen sowie dem Beschwerdeführer die Beiordnung eines Pflichtverteidigers für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu versagen.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist gem. Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG statthaft und nach Art 208 BayStVollzG i.V.m. § 118 Abs. 1 StVollzG auch form- und fristgerecht eingelegt.

Sie ist auch gem. Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 116 Abs. 1 StVollzG zulässig, weil die Überprüfung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... zur Fortbildung des Rechts geboten ist und auch um eine Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Die Strafvollstreckungskammer weicht nämlich mit der vorliegenden Entscheidung insoweit von der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Celle (NJW 2004, 2766 = StrFo 2004, 2766 - StV 2006, 151), Hamm (ZfStrVo 2005, 301 = StV 2006, 706) und Frankfurt (NStZ-RR 2001, 28 = ZfStrVo 2001, 55) ab, wonach bei wegen einer Überbelegung der Anstalt nicht möglichen Einzelhaftunterbringung im Rahmen der Ermessensausübung auch in nachvollziehbarer Weise geprüft werden muss, mit wie vielen und welchen Gefangenen die Unterbringung zu erfolgen hat.

2. Die Rechtsbeschwerde ist mit der Sachrüge begründet.

a) Im Rechtsbeschwerdeschriftsatz wurde die erhobene Sachrüge zwar nicht als solche bezeichnet, was vorliegend indes entbehrlich war. Aus der Begründung geht nämlich zweifelsfrei hervor, dass - wegen der gerügten fehlerhaften Anwendung von § 18 StVollzG - eine Überprüfung der Entscheidung in sachlich-rechtlicher Hinsicht begehrt wird (Meyer-Goßner StPO 51. Aufl. § 344 Rn. 14 zur - vergleichbaren - Revisionsbegründung). Insoweit ist es auch unerheblich, dass in der Rechtsbeschwerdebegründung fehlerhaft auf § 18 StVollzG und nicht auf die einschlägige Vorschrift des Art. 20 BayStVollzG abgestellt wird. Da bei Erhebung einer Sachrüge nicht ausgeführt werden muss, worin im Einzelnen der Fehler in der Anwendung des materiellen Rechts gesehen wird (Callies/Müller-Dietz Strafvollzugsgesetz 11. Aufl. § 118 Rn. 2), ist es auch unschädlich, wenn - wie vorliegend - der angenommene Rechtsfehler aus einer nicht anwendbaren Norm abgeleitet wird. Auf die dergestalt zulässig erhobene Sachrüge war der angefochtene Beschluss uneingeschränkt auf Rechtsfehler hin zu überprüfen (Callies/Müller-Dietz a.a.O. § 118 Rn. 2).

Die Zuweisung eines mehrfach belegten Haftraumes stellt eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Strafvollzugs mit unmittelbarer Außenwirkung i.S.d. Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 109 Abs. 1 StVollzG dar, wobei dahingestellt bleiben kann, ob es sich um einen Verwaltungsakt oder um einen Realakt handelt (OLG Hamm a.a.O.). Eine rechtsfehlerhafte Zuweisung verletzt den Gefangenen in seinen Rechten (Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 109 Abs. 2 StVollzG).

b) Gemäß Art. 20 Abs. 1 S. 1 BayStVollzG sollen Gefangene während der Ruhezeit grundsätzlich alleine in ihren Hafträumen untergebracht werden. Eine Mehrfachbelegung ist nach der Regelung in Art. 20 Abs. 1 S. 2 BayStVollzG mit Zustimmung der Gefangenen zulässig, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Auch ohne Zustimmung der Gefangenen ist eine Mehrfachbelegung gem. Art. 20 Abs. 2 BayStVollzG insbesondere dann erlaubt, wenn die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern.

aa) Nach der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Celle, Hamm und Frankfurt (a.a.O.), welcher auch der Senat folgt, zur Mehrfachunterbringung von Gefangenen bzw. Sicherungsverwahrten bei Überbelegung der Anstalt nach der inhaltlich gleichen Regelung in § 201 Nr. 3 StVollzG, hat die Justizvollzugsanstalt - wenn nicht jedem Gefangenen ein Einzelhaftraum zur Verfügung gestellt werden kann - im Rahmen ihrer Organisationshoheit eine Ermessens- und Auswahlentscheidung darüber zu treffen, ob dem Gefangenen aus besonderen Gründen ein Einzelhaftraum zugewiesen werden kann bzw. muss und, wenn dies nicht der Fall ist, mit wie vielen und insbesondere auch welchen Gefangenen er sich eine Zelle zu teilen hat; die Ermessensentscheidung muss dabei nachvollziehbaren und mit dem Strafvollzugsgesetz in Einklang stehenden Kriterien folgen. Im Rahmen dieser Ermessensbetätigung sind dabei neben vorrangigen einzelfallbezogenen Gesichtspunkten - wie Wiedereingliederung (§ 2 S. 1 StVollzG), Gegensteuerung (§ 3 Abs. 2 StVollzG) und Sicherheit und Ordnung (§ 81 StVollzG) - auch der Gleichbehandlungsgrundsatz und die bisherige und die zu erwartende Dauer der Freiheitsentziehung zu beachten.

Die Justizvollzugsanstalt ... hat in ihrer Stellungnahme vom 30.6.2007 bereits zutreffend die Entscheidung des OLG Celle (a.a.O.) zitiert, wonach bei der Frage der Zuweisung einer Einzelzelle als auch bei der Verteilung der Gefangenen auf Gemeinschaftszellen neben den gesetzlichen Vorgaben, wie z.B. der Trennung von Untersuchungs- und Strafgefangenen, ebenso gesundheitliche Aspekte - vor allem auch, ob es sich um Raucher oder Nichtraucher handele -, das innervollzugliche Verhalten der Strafgefangenen, ihre persönlichen Störungen bzw. psychischen Auffälligkeiten, ihre Tätigkeiten als Arbeiter, Schüler oder Nichtarbeiter und im Einzelfall auch ihre Lebensgewohnheiten sowie kultur- und sprachbedingte Besonderheiten berücksichtigt werden müssen. Diese nicht abschließend aufgezählten Gesichtpunkte sind von der Anstalt bei der Entscheidung gegeneinander abzuwägen, um die Belastungen für die Gefangenen so gering wie möglich zu halten. Wegen der besonderen Belastung der gemeinsamen Unterbringung hat die Anstalt bei der Frage der Verteilung der Insassen auf die zur Verfügung stehenden Zellen im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung die vielfältigen Aspekte besonders sorgfältig abzuwägen (OLG Celle a.a.O.).

bb) Bei Anwendung der dargestellten Grundsätze ist zunächst festzustellen, dass die Justizvollzugsanstalt ... nach den Gründen des angefochtenen Beschlusses und der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt vom 30.6.2008, auf die der Beschluss der Strafvollstreckungskammer ausdrücklich Bezug nimmt, ihr Ermessen offenkundig nur hinsichtlich der Frage, ob der Antragsteller in einer Einzelunterkunft oder in einer Gemeinschaftszelle unterzubringen ist, ausgeübt hat. Insoweit finden sich nämlich fallbezogen nur Ausführungen zu den räumlichen Verhältnissen der Justizvollzugsanstalt ... der Führung einer Warteliste und der Bewertung des Ansteckungsrisikos der Hepatitis-C-Erkrankung bei einer gemeinschaftlichen Unterbringung. Weitergehende Erwägungen im Rahmen des ebenfalls zu betätigenden Auswahlermessens zu der Frage, mit wie vielen und insbesondere, mit welchen Gefangenen er sich eine Zelle teilen muss, fehlen gänzlich, so dass insoweit ein Ermessensmangel vorliegt. Dabei wurde offenkundig auch nicht ansatzweise in Betracht gezogen, den Antragsteller gegebenenfalls gemeinsam mit anderen ebenfalls an Hepatitis C erkrankten Gefangenen unterzubringen. Dies wäre aber schon deshalb naheliegend gewesen, weil nach den Angaben der Justizvollzugsanstalt ... ca. weitere 120 Gefangene an Hepatitis C erkrankt sind.

Auch darüber hinaus wurde das Ermessen nach den aufgezeigten Grundsätzen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt, da nicht alle zu beachtenden Gesichtspunkte in die Abwägung eingestellt wurden. Die Strafvollstreckungskammer ist insoweit im Einklang mit der von der Justizvollzugsanstalt mitgeteilten ärztlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass wegen der Hepatitis-C-Erkrankung zum Schutz anderer Gefangener eine Einzelunterbringung des Antragstellers nicht erforderlich sei. Diese rein medizinische Betrachtung lässt indes völlig unberücksichtigt, dass die gemeinsame Unterbringung von einem an Hepatitis C erkrankten Gefangenen mit gesunden bzw. nicht an Hepatitis C erkrankten Gefangenen schon deshalb zu besonderen Belastungen führen kann, weil letztere wegen des nicht ausschließbaren Ansteckungsrisikos eine gemeinschaftliche Unterbringung ablehnen und es deshalb zu erheblichen Störungen innerhalb der Unterkunftsgemeinschaft kommen kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es nicht ausreicht, alleine den an Hepatitis C erkrankten Gefangenen über die entsprechenden Ansteckungsmöglichkeiten zu belehren. Bei einer gemeinsamen Unterbringung mit nicht an Hepatitis C erkrankten Personen gebietet es vielmehr die Gesundheitsfürsorgepflicht gem. Art. 58 Abs. 1 S. 1 BayStVollzG, dass auch diese auf den Umstand der Hepatitis-C-Erkrankung und die bestehenden Ansteckungsrisiken hinzuweisen sind. Die Tatsache einer Hepatitis-C-infektion unterliegt allerdings - ebenso wie andere Daten über den Gesundheitszustand eines Gefangenen - der ärztlichen Schweigepflicht und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Dies hat zur Folge, dass eine derartige Information - ohne Einwilligung des Betroffenen - nur weitergegeben werden darf, soweit es zum gesundheitlichen Schutz von Mitgefangenen unerlässlich ist (vgl. Callies/Müller-Dietz a.a.O. § 56 Rn. 2).

Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn eine andere als die beabsichtigte gemeinsame Unterbringung von an Hepatitis C erkrankten Gefangenen mit nicht an Hepatitis C erkrankten Gefangenen unmöglich ist.

cc) Sofern gem. Art. 20 Abs. 2 BayStVollzG wegen der räumlichen Verhältnisse einer Justizvollzugsanstalt eine Mehrfachbelegung von Unterkünften erforderlich ist, hat die Justizvollzugsanstalt bei der Unterbringung eines an Hepatitis C erkrankten Gefangenen bei der Ausübung ihres Ermessens - neben den oben unter aa) genannten Umständen - nach alledem auch zu prüfen, ob vorrangig eine gemeinsame Unterbringung mit anderen ebenfalls an Hepatitis C erkrankten Personen in Betracht kommt. Ist dies nicht der Fall, so ist weiter in die Erwägungen einzubeziehen, ob die Zuweisung des erkrankten Gefangenen bei den zwingend zu informierenden Mitgefangenen auf eine entsprechende Toleranz treffen wird oder ob deshalb mit erheblichen Störungen in der Zellengemeinschaft zu rechnen ist. Ist letzteres der Fall, wird eine Zuweisung des Gefangenen in eine Gemeinschaftsunterkunft nicht in Betracht kommen. Dieser Umstand bildet jedoch dann auch den sachlich einleuchtenden Grund, der es rechtfertigt, dem Gefangenen in Abweichung von der Warteliste eine Einzelzelle zuzuweisen.

Da dem angefochtenen Beschluss der Strafvollstreckungskammer mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen war, dass die Justizvollzugsanstalt ... die genannten Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hat, war die Sache nicht nach Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 119 Abs. 4 S. 3 StVollzG an die Strafvollstreckungsammer zurückzuverweisen, sondern es war gem. Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 119 Abs. 4S. 2 StVollzG zu verfahren.

c) Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 121 Abs. 1 und 4 StVollzG, § 467 StPO. Wegen der Auferlegung der Kosten auf die Staatskasse war eine Entscheidung über den Beiordnungsantrag im Rahmen einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe (Art. 208 BayStVollzG i.V.m. § 120 Abs. 2 StVollzG) entbehrlich. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 60, 65, 52 GKG.

Ende der Entscheidung

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