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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 07.11.2000
Aktenzeichen: 3 U 2239/97
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
Zur Frage, ob der Verbraucher bei einem "Hotel am Stadtpark" eine ruhige Lage erwartet.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

3 U 2239/97 4 HKO 11822/96 LG Nürnberg-Fürth

Verkündet am 7. November 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In Sachen

wegen Unterlassung; UWG,

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. Mai 1997 (Az. a HK O 11822/96) wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Leistung von Sicherheit in Höhe von DM 12.000,-- abzuwenden, falls diese nicht vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV. Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 80.000,--.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf DM 80.000,-- festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch geltend.

Sie betreibt in N das "Hotel H Am Park N K H". Dieses Hotel ist am N Stadtpark, getrennt durch die Straße "Am Stadtpark", gelegen.

Die Beklagte betreibt etwa 150 m entfernt das "Hotel G Am Stadtpark" in der B Straße. Das Hotel der Beklagten liegt an der Einmündung der vierspurigen P Straße in die ebenfalls vierspurige Hauptverkehrsstraße B Straße. Die Straßenbahn an der B Straße biegt direkt vor dem Hotel in die P Straße ab. Jenseits der P Straße, gegenüber dem Eingang des Hotels der Beklagten befindet sich der Eingang zum Stadtpark von N. Bei Kunden kam es zu Verwechslungen zwischen den beiden Betrieben der Parteien.

Die Klägerin hält die von der Beklagten benutzten Hotelbezeichnungen "Hotel Am Stadtpark" und "Hotel G Am Stadtpark" für irreführend. Zur Begründung hat sie im ersten Rechtszug vorgetragen, die fraglichen Begriffe würden eine Lage direkt am Stadtpark, d.h. in unmittelbarer räumlicher Angrenzung an den Stadtpark, suggerieren. Der Verkehr erwarte bei dieser Aussage, daß er den Stadtpark unmittelbar vor Augen habe. Der in ca. 100 m sichtbare Eingang zum Stadtpark vermittle nicht den optischen Eindruck einer Lage am Stadtpark. Dieser Eingang sei zudem nur von der Frontseite des Hotels aus zu sehen. Der Verkehr verstehe die Geschäftsbezeichnung der Beklagten nicht nur als eine rein geografische Ortsangabe, sondern auch als eine Qualitätsangabe, nämlich eine besonders ruhige, grüne und parkähnliche Lage. Entsprechende Bezeichnungen würden in der Regel für Häuser verwendet, die sich durch ihre Lage unmittelbar an einem Park, abseits der städtischen Verkehrsadern, auszeichnen würden. Ein Meinungsforschungsgutachten der habe dies bestätigt. Knapp 78 % der Befragten seien der Meinung gewesen, daß das Hotel direkt am Stadtpark liege und daß es sich um eine ruhige Lage ohne Verkehrslärm handle. Beides treffe auf das Hotel der Beklagten eindeutig nicht zu. Die Bezeichnungen der Beklagten seien auch deshalb irreführend, weil sie den für sie nicht zutreffenden Straßennamen "Am Stadtpark" verwenden würden. Deshalb habe es in der Vergangenheit mehrfach Verwechslungen gegeben.

Die Klägerin hat deshalb folgende Anträge gestellt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der Geschäftsführerin, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, für ihr Hotel im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Hotel G Am Stadtpark" oder "Hotel Am Stadtpark" zu verwenden und mit dieser Bezeichnung zu werben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, in die Löschung des Firmenbestandteils "Am Stadtpark" im Handelsregister einzuwilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, daß sie an ihrer Firmenbezeichnung "Hotel G Am Stadtpark GmbH" die älteren Rechte besitze, wie in den vorausgegangenen Verfahren zwischen den Parteien rechtskräftig festgestellt worden sei. Die Gefahr der Irreführung des Verkehrs liege nicht vor. Durch die Firmenbezeichnung der Beklagten werde eine örtliche Beziehung zwischen dem Betrieb und dem Stadtpark in N! hergestellt. Die Erwartung der angesprochenen Verkehrskreise, das Hotel liege in räumlicher Nähe zum Stadtpark in N sei unzweifelhaft richtig, da die Entfernung vom Hoteleingang zum Stadtpark etwa 50 m betrage. Da der Stadtpark einer Großstadt angesprochen sei, erwarte der Verkehr nicht, daß das Hotel in einer verkehrsberuhigten Zone liege. Die Beklagte benutze ihre Firmierung nun schon seit über 12 Jahren unbeanstandet, weshalb sie einen Besitzstand erworben habe. Demgegenüber müsse das Interesse der Allgemeinheit und erst Recht das eines Wettbewerbers zurücktreten. Die eingetretenen Verwechslungen habe die Klägerin selbst heraufbeschworen, indem sie ihre ursprüngliche Firmierung "Hotel Alte Messehalle" aufgegeben und an der P Straße eine Leuchtreklame mit dem Pfeilhinweis "Hotel Am Stadtpark angebracht habe.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat ohne Durchführung einer Beweisaufnahme in seinem am 30. 5. 1997 verkündeten Endurteil die Klage abgewiesen. Auf seine Begründung (Bl. 43 - 50 d.A.) wird Bezug genommen.

Gegen dieses ihren Prozeßbevollmächtigten am 11. 6. 1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. 7. 1997 form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 11. 9. 1997 verlängerten Begründungsfrist begründet.

Sie hält das Ersturteil für unrichtig und bringt vor, es sei schon zu Verwechslungen zwischen beiden Unternehmen gekommen, als das Hotel der Klägerin noch unter der Bezeichnung "Hotel Alte Messehalle" geführt worden sei, weil deren Adresse stets "Am Stadtpark" gelautet habe. Diesen Straßennamen habe die Beklagte ohne Notwendigkeit in ihre Firmenbezeichnung aufgenommen. Die beanstandete Firmierung der Beklagten sei eine nach § 3 UWG relevante Herkunftsangabe, mit der eine bestimmte Qualität verbunden sei. Sie sei schon deshalb wettbewerbswidrig, weil durch solche geografischen Firmenzusätze der Eindruck erweckt werde, es handele sich um das einzige oder doch das bedeutendste Unternehmen der Branche an diesem Ort. Ein erneut eingeholtes Meinungsforschungsgutachten der, das sich mit der Vorstellung der Verbraucher bei der Verwendung der beanstandeten Namen für ein kleines G Hotel in einer deutschen Großstadt mit ca. 500.000 Einwohner befaßt habe, habe das Ergebnis erbracht, daß 61,5 % der Befragten bei einem solchen Hotel die Lage in der Nähe des Stadtparks und zwar in einer ruhigen Lage erwarteten.

Sie beantragt daher:

I. Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 30. 5. 1997, Az. 4 HK O 11822/96, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an der Geschäftsführerin, für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen für ihr Hotel im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Hotel G Am Stadtpark" oder "Hotel Am Stadtpark" zu verwenden und mit dieser Bezeichnung zu werben.

III. Die Beklagte wird verurteilt, in die Löschung des Firmenbestandteils "Am Stadtpark" im Handelsregister einzuwilligen.

Die Beklagte stellt dagegen den Antrag,

die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. 5. 1997 zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Ersturteil für richtig und weist darauf hin, daß in den Urteilen des OLG Nürnberg vom 7. 11. 1995 und 30. 1. 1996 bereits ausführlich dargelegt worden sei, daß die angegriffenen Bezeichnungen den Verkehr nicht täuschen würden.

Wegen weiterer Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Meinungsforschungsgutachtens. Auf das vom I für erstattete Gutachten vom 5. 6. 3000 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. 5. 1997 ist nicht begründet. Das Erstgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht ein Anspruch, der Beklagten zu verbieten, für ihr Hotel im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "Hotel G Am Stadtpark" oder "Hotel Am Stadtpark" zu verwenden und mit dieser Bezeichnung zu werben, und sie zur Einwilligung zur Löschung des Firmenbestandteils "Am Stadtpark" zu verurteilen, nicht zu. Ihr ist der Beweis der Irreführung des Verkehrs im Sinne von § 3 UWG nicht gelungen.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob als Maßstab für die Beurteilung der Irreführungsgefahr das sog. normative europäische Verbraucherleitbild heranzuziehen ist oder ob ein bestimmter empirisch zu ermittelnder Prozentsatz der angesprochenen Verkehrskreise (Irreführungsquote) den Ansatzpunkt zur Beurteilung bildet und gegebenenfalls anhand der Kriterien der Relevanz und Interessenabwägung zu überprüfen ist. Beide Beurteilungsmaßstäbe führen hier zu demselben Ergebnis.

1. Geht man nach der Rechtsprechung des EuGH (z. B. EuZW 1998, 526 ff. - Gut Springenheide) davon aus, daß das nationale Gericht bei der Auslegung von Irreführungsverboten im Wettbewerbsrecht darauf abzustellen hat, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird, ist darauf hinzuweisen, daß die angegriffenen Bezeichnungen nach ihrem Wortlaut zunächst nur einen örtlichen Bezug zwischen dem bezeichneten Hotelbetrieb und dem Stadtpark von N herstellen. Diese Vorstellung trifft zu. Wie zwischen den Parteien nicht streitig ist und wie die Mitglieder des Senates aufgrund eigener Kenntnis der Örtlichkeit beurteilen können, liegt das Haus, in dem die Beklagte ihr Hotelunternehmen betreibt, dem südöstlichen Eingang des N Stadtparks gegenüber. Von ihm ist es nur durch die breite und stark befahrene P Straße getrennt, die in die östlich am Stadtpark vorbeiführende, ebenfalls stark befahrene B Straße einmündet. Der Stadtpark liegt in Sichtweite des Hotels und ist vom Hoteleingang aus sichtbar. Auf der dem Hoteleingang gegenüberliegenden Straßenseite der P Straße befinden sich keine Gebäude, die den Blick vom Hoteleingang auf den Stadtpark verstellen. Unter diesen Umständen kann kein Zweifel bestehen, daß das Hotel der Beklagten in unmittelbar räumlicher Nähe zum Stadtpart liegt, wobei dahinstehen kann, wie groß die durch die Breite der P Straße und deren beidseitiger Gehsteige bedingte Distanz (50 m oder 100 m) ist.

Zu einer Irreführungsgefahr kommt man hier deshalb nur, wenn der Durchschnittsverbraucher die fraglichen Bezeichnungen - wie die Klägerin geltend macht - in einem weitergehenden Sinn versteht, nämlich daß das damit bezeichnete Hotel das einzige bzw. das bedeutendste Unternehmen der Branche am Ort ist oder in ruhiger Lage und nicht an einer vielbefahrenen Straße liegt. Für einen durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsverbraucher liegt ein so weitgehendes Verständnis jedoch fern. Dies gilt vor allem für die Behauptung, der Verbraucher erwarte, daß ein solches Hotel das einzige oder bedeutendste Hotel am Stadtpark ist. Inwiefern aus den angegriffenen Bezeichnungen hierauf geschlossen werden kann, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Bezeichnenderweise geht keine Antwort in dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten der vom September 1997 bei der ungestützten Frage, welche Vorstellungen mit der Bezeichnung "Hotel Am Stadtpark" verbunden werden, auf diesen Aspekt ein.

Aber auch im Hinblick auf die mögliche Vorstellung "ruhige Lage", ist die Irreführungsgefahr nicht zu bejahen. Gerade im Hotelgewerbe ist es sehr verbreitet, den jeweiligen Betrieb durch Bezugnahme auf markante Örtlichkeiten zu individualisieren. Dem durchschnittlich informierten Verbraucher, der sich für ein Hotelunternehmen interessiert, kann diese Kenntnis aufgrund der Situation in seiner jeweiligen Heimatgemeinde und aus der allgemeinen Hotelwerbung ohne weiteres unterstellt werden. Deshalb wird er aufgrund einer Bezeichnung wie "Hotel Am...." erwarten, daß das Hotel in räumlicher Nähe zu dieser Örtlichkeit liegt, nicht aber, daß es Eigenschaften teilt, die der Örtlichkeit zukommen, auf die Bezug genommen wird. Hinzu kommt, daß der Park, auf den Bezug genommen wird, der Stadtpark einer Großstadt ist. Dies kann einem Verbraucher, der ein Hotel in N sucht, nicht verborgen bleiben. Sofern er nur durchschnittlich verständig ist, wird er folglich als in der Regel Ortsunkundiger kaum mit Recht annehmen, daß dieser Park nicht von stark frequentierten Verkehrsadern umgeben ist, daß sich mit anderen Worten um ihn herum nur verkehrsberuhigte Zonen befinden. Erst Recht wird er aufgrund der beanstandeten Bezeichnungen allein nicht erwarten können und auch nicht erwarten, daß ein in einer Großstadt liegendes Hotel nicht an einer stark befahrenen Straße liegt, ganz abgesehen davon, daß die damit in der Regel verbundene gute Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz durchaus von Vorteil für Hotelkunden und von ihnen sogar gewünscht sein kann.

2. Geht man dagegen von der herkömmlichen Interpretation des § 3 UWG aus, nach der es genügt, daß ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise durch die fragliche Angabe getäuscht wird, hat die Klägerin schon nicht das Erreichen der erforderlichen Irreführungsquote nachgewiesen.

a) Die Beklagte verwendet die Bezeichnungen unstreitig in ihrer Firma, in einer Leuchtschrift an dem Hotelgebäude und in ihrer allgemeinen Publikumswerbung. Sie wendet sich somit an diejenigen Verkehrskreise, die als tatsächliche oder potentielle Nachfrager von Hoteldienstleistungen in Frage kommen.

Wie ausgeführt, sind die fraglichen Bezeichnungen in ihrer primären Bedeutung, unmittelbare räumliche Nähe zum Stadtpark, zutreffend. Zwar kann nach ständiger Rechtsprechung auch eine objektiv richtige Angabe irreführend sein, wenn der Verkehr ihr etwas Unrichtiges entnimmt und die dadurch geweckte Fehlvorstellung geeignet ist, das Kaufverhalten eines nicht unbeachtlichen Teils des Verkehrs zu beeinflussen (z. B. BGH GRUR 1996, 910 - Der meist Verkaufte Europas; WRP 1996, 1103 - Importeur, jeweils m. w. N.). In einem solchen Fall, in dem die Täuschung des Verkehrs lediglich auf einem unrichtigen Verständnis einer an sich zutreffenden Angabe beruht, ist aber für die Anwendung des § 3 UWG grundsätzlich eine höhere Irreführungsquote erforderlich als im Falle einer Täuschung mit objektiv unrichtigen Angaben. Außerdem ist es in diesen Fällen auch geboten, eine Interessenabwägung vorzunehmen und die Auswirkungen eines Verbots einer objektiv richtigen Aussage in die Erwägungen einzubeziehen (BGH, a.a.O.; Köhler/Piper, UWG, § 3 Rdz. 99).

Die vom I A ermittelte Anzahl der Verkehrsbeteiligten, die mit den angegriffenen Angaben die unrichtige Vorstellung verbinden, das so bezeichnete Hotel besitze eine ruhige Lage, liege in einer ruhigen Straße, reicht nach diesen Grundsätzen nicht aus, um die Irreführungsgefahr zu begründen. In seinem Gutachten vom 5. 6. 2000 ermittelte es für die hier maßgeblichen Verkehrskreise im weiteren Sinne, d.h. für Personen, die selbst an Hotelbuchungen mitwirken, daß 15 % der Befragten mit der Bezeichnung "Hotel G M" 31 % der Befragten mit der Bezeichnung "Hotel G Am Stadtpark" und 39 % der Befragten mit der Bezeichnung "Hotel Am Stadtpark" die Vorstellung verbinden, das Hotel liege ruhig, in einer ruhigen Straße. Da bereits die völlig neutrale Bezeichnung "Hotel G M", die keinerlei Bezug zu irgendeiner Örtlichkeit innerhalb der Großstadt aufweist, in der das Hotel liegt, bei 15 % der befragten Verkehrsbeteiligten irreführende Vorstellungen bezüglich der ruhigen Lage des Hotels auslöst, beträgt die Irreführungsquote für die hier strittigen Bezeichnungen nur 16 % bzw. 21 %. Diejenigen Fehlvorstellungen, die ersichtlich schon durch die reine Gattungsbezeichnung "Hotel G" ausgelöst werden, können nämlich zur Bejahung der Irreführungsgefahr nicht herangezogen werden (vgl. Großkommentar UWG/Jacobs, vor § 13 Rdz. 384).

Zu höheren Irreführungsquoten, nämlich 17 % bzw. 29 %, kommt man nach dem Ergebnis der Umfrage nur dann,, wenn man die ortsunkundigen Verkehrsbeteiligten im engeren Sinne zugrundelegt, d.h. jenigen, die sich vor der Buchung in Prospekten, Stadtplänen, Hotelführern oder so über die Lage des Hotels, also wo es genau liegt, informieren. Deren Verkehrsverständnis kann aber im vorliegenden Fall nicht ausschlaggebend sein, weil sie nur einen Teil der insgesamt angesprochenen Verkehrskreise ausmachen, der naturgemäß im besonderen Maße an der Lage des Hotels interessiert ist. Deshalb ist bei diesem Teil der Verkehrskreise zu erwarten, daß er in stärkerem Maße auf eine ruhige Lage Wert legt. Diese Verkehrsbetei1igten können aber andererseits in geringerem Maße durch die Bezeichnungen der hier vorliegenden Art in relevanter Weise getäuscht werden, da sie sich vor einer Buchung über die genaue Lage des Hotels informieren. Im Fall der Beklagten kann z. B. ein potentieller Hotelkunde aus dieser Gruppe anhand der Adressenangabe und durch einen Blick in einen Stadtplan von N unschwer erkennen, daß das Hotel an einer Hauptverkehrsachse (B Straße) liegt.

Die für die Verkehrsbeteiligten im weiteren Sinne ermittelten Irreführungsquoten von 16 % bzw. 21 % sind angesichts der Tatsache, daß es sich hier um Angaben handelt, die in ihrer objektiven Primärbedeutung zutreffend sind, zu gering, um die Irreführungsgefahr im Sinne des § 3 UWG bejahen zu können.

Der Senat folgt dem Ergebnis der Umfrage durch das I für D A. Es ist widerspruchsfrei und schlüssig begründet. Das methodische Vorgehen und die exakte Fragestellung steht im Einklang mit den von der Rechtsprechung akzeptierten Regeln und wurde in der mündlichen Verhandlung vom 13. 7. 1999 (Bl. 254 ff. d.A.) unter Anhörung der Sachverständigen Dr. N mit den Parteien eingehend erörtert. Bedenken an der Richtigkeit der Feststellungen des gerichtlichen Gutachtens ergeben sich insbesondere nicht aus dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten der vom September 1997, in dem ausgeführt ist, daß bei der geschlossenen Befragung eines repräsentativen Ausschnitts aus der gesamten deutschen Wohnbevölkerung ab 16 Jahren 26,9 % der Befragten die Meinung vertraten, das "Hotel Am Stadtpark" liege in der Nähe des Stadtparks, 61,5 % der Befragten die Vorstellung hatten, es liege in der Nähe des Stadtparks, und zwar in einer ruhigen Lage, während 3,3 % die Frage bejahten, es liege in der Nähe des Stadtparks, und zwar an einer verkehrsreichen Straße oder Kreuzung. Diese Ergebnisse können hier nicht herangezogen werden. Die geschlossene Frage, ob ein Hotel mit dem Namen "Hotel Am Stadtpark" in der Nähe des Stadtparks liege, und zwar in einer ruhigen Lage, verknüpft bereits die möglichen Vorstellungen, Nähe zum Stadtpark und ruhige Lage, und zwingt den Befragten ein solches kumuliertes Verkehrsverständnis auf. Entscheidend für den vorliegenden Rechtsstreit ist es aber zu ermitteln, ob es ein solches verknüpftes Verkehrsverständnis überhaupt gibt, d. h. ob der Verkehr aus der Primärbedeutung, "Nähe zum Stadtpark" automatisch auf eine ruhige Lage schließt. Die Fragestellung nimmt deshalb bereits das zu erfragende Ergebnis vorweg. Die Untersuchung der GfK berücksichtigt ferner nicht die Möglichkeit, daß Fehlvorstellungen auch durch andere, nicht beanstandbare Bestandteile der strittigen Bezeichnungen ausgelöst werden können. Daß mit einer solchen Möglichkeit ernsthaft zu rechnen war, hat das Ergebnis des gerichtlichen Meinungsforschungsgutachtens eindrucksvoll bestätigt. Dieses Ergebnis ist im übrigen auch ein deutlicher Hinweis darauf, daß in den Augen des Verkehrs ein so enger Zusammenhang zwischen der Nähe zum Stadtpark und der ruhigen Lage nicht besteht, wie er in der geschlossenen Fragestellung des Gutachtens hergestellt wurde. Vergleicht man dagegen die Antworten auf die offene Fragestellung im Gutachten, die im weiteren Sinne qualitative Aussagen über die ruhige Lage des erfragten Hotels enthalten. (38,2 % laut Auswertung vom 12. 11. 1997, Bl. 109 d.A.), mit denen, die auf die geschlossene Frage "liegt ruhig, in einer ruhigen Straße" im gerichtlichen Gutachten (33 % nach Tabelle 3 Ziffer 1) gegeben wurden, besteht insoweit weitgehende Übereinstimmung zwischen beiden Gutachten.

b) Die festgestellte Irreführungsquote reicht hier erst Recht nicht zur Verurteilung der Beklagten aus, weil sie jedenfalls nach der anzustellenden Interessenabwägung hinzunehmen ist. Wie dem Senat aus dem beiderseitigen unstreitigen Sachvortrag der Parteien aus den vorangegangenen Verfahren (Urteil vom 7. 11. 1995 - 3 U 1227/95 - und Urteil vom 30. 1. 1996 - 3 U 3035/95) bekannt ist, hat die Beklagte das von ihr betriebene Hotel im Dezember 1982 von dem vormaligen Inhaber gekauft und ist seit 1. 3. 1983 unter ihrer Firma im Handelsregister eingetragen. Sie benutzt somit selbst seit ihrer Eintragung die angegriffenen Bezeichnungen nunmehr 17 Jahre lang. Aus einem von der Klägerin mit Schriftsatz vom 10. 4. 1997 vorgelegten Schreiben vom 10. 10. 1973 (Anlage K15, Bl. 33 d.A.) geht hervor, daß das von der Beklagten gekaufte Hotel bereits im Jahre 1973 den Namen "Hotel Am Stadtparke trug. Die vor dem Erwerb des Hotelunternehmens bereits bestehenden Namensrechte hat die Beklagte miterworben. Sie kann sich damit auf einen Besitzstand von mindestens 27 Jahren berufen. Insbesondere der Name eines Hotelunternehmens individualisiert dieses und stellt bei langjähriger Benutzung einen beträchtlichen Wert dar. Wenn die Beklagte ihn aufgeben müßte, würde sie nicht nur diesen Wert verlieren, sondern müßte auch erhebliche Aufwendungen tätigen, um eine neue Bezeichnung im Verkehr bekannt zu machen. Sie verwendet die Bezeichnung im Einklang mit einer verbreiteten Übung, Hotelunternehmen durch Bezugnahme auf markante Örtlichkeiten zu individualisieren. Aus ihr kann der Verkehr die zutreffende Information entnehmen, daß das Hotel der Beklagten in unmittelbarer Nähe zum Stadtpark von N liegt. Dadurch sind potentielle Hotelkunden in der Lage, das Hotel besser zu finden, und erfahren, daß in dessen unmittelbarer Nähe ein Park liegt, der alle Erholungsmöglichkeiten eines Stadtparks einer Großstadt bietet.

Es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte und ihre Rechtsvorgänger den in ihrer Bezeichnung steckenden erheblichen Besitzstand unredlich erworben haben. Die Existenz eines Hotels vergleichbaren Zuschnitts, das früher "Hotel Alte Messehalle" hieß und in der Straße "Am Stadtpark" liegt, hinderte sie auch wettbewerbsrechtlich nicht, in ihrer Hotelbezeichnung auf den Stadtpark Bezug zu nehmen, da die Bezeichnung "Stadtpark" oder "Am Stadtpark" nicht für die Anlieger einer gleichnamigen Straße monopolisierbar ist. Angesichts dieser Umstände tritt das Interesse der Allgemeinheit vor möglichen Täuschungsgefahren hinsichtlich der ruhigen Lage des Hotels geschützt zu werden, zurück, zumal die Zahl der insoweit irregeführten Verbraucher, soweit sie nicht ortskundig sind, gering ist.

Die hinsichtlich der Zweitbedeutung festgestellte Irreführungsrate ist aber auch von der Klägerin hinzunehmen. Sie kann sich im Rahmen der Interessenabwägung nicht darauf berufen, daß es wegen der Übereinstimmung mit ihrer Adresse in der Vergangenheit zu Verwechslungen beider Hotels gekommen ist. Wie aus dem von ihr vorgelegten Schreiben vom 10. 10. 1973 (Anlage K 15) hervorgeht, war dies schon im Jahre 1973 der Fall. Wenn sie dies bis zur Klageerhebung im vorliegenden Verfahren am 11. 1. 1997 hinnahm und duldete, hat sie auf diese Weise dazu beigetragen, daß die Beklagte und ihre Rechtsvorgänger den Besitzstand an ihren Bezeichnungen erwerben konnten. Ein berechtigtes Interesse der Klägerin, als Mitbewerberin eine mögliche Irreführung des Verkehrs zu beseitigen, ist daher nicht mehr gegeben.

3. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 30. 5. 1997 ist mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO somit als unbegründet zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist statthaft, da die Beschwer der Klägerin DM 60.000,-- übersteigt.

Ende der Entscheidung

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