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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 30.05.2000
Aktenzeichen: 3 U 4502/99
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 3

Die Bezeichnungen "Kloster Dinkel", "Kloster Spezial" und "Kloster Pilsener" erwecken beim durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher zumindest die Vorstellung, das so bezeichnete Bier werde in klösterlicher Tradition nach klösterlichen Rezepten gebraut.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

3 U 4502/99 3 O 5323/98 LG Nürnberg-Fürth sch

Verkündet am 30. Mai 2000

Justizsekretär als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

In Sachen

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. April 2000

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Zwischen- und Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10. November 1999 (Az.: 3 O 5323/98) in Ziffer V und VI abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- oder an ihrem Komplementär zu vollziehender Ordnungshaft bis zu 5 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in ihrer Brauerei in R gebraute Biere mit der Bezeichnung "Kloster...." und der Angabe der Sorte, insbesondere mit "Kloster SPEZIAL", "Kloster DINKEL" und/oder "Kloster PILSNER" zu kennzeichnen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen.

III. Im übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Zwischen- und Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.11.1999 zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben die Klägerin 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die notwendigen Auslagen der Nebenintervenientin, der Benediktinerabtei P in beiden Rechtszügen hat diese selbst zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird gestattet, die Vollstreckung seitens der Gegenpartei durch Leistung von Sicherheit jeweils in Höhe von DM 70.000,-- abzuwenden, falls nicht die Klägerin bzw. die Beklagte vor der Vollstreckung durch die Gegenpartei in Gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, ihre Sicherheitsleistung auch durch selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer Großbank mit dein Sitz in der Europäischen Union zu erbringen.

VI. Die Beschwer der Klägerin, der Beklagten und der Nebenintervenientin, der Benediktinerabtei P, beträgt jeweils DM 60.000,--.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf DM 120.000,- festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt eine Brauerei in N in der O, in der sie unter anderem ein Weizenbier herstellt und unter der Bezeichnung "G Mariahilfberger Fastenbier Weizenbock" in den Verkehr bringt. Wegen des Aussehens der dafür verwendeten Bierflaschenetiketten wird auf den erstinstanzlich gestellten Widerklageantrag zu Ziffer I 2 (Bl. 16 d. A) Bezug genommen. Der Sitz der Klägerin liegt in der Nähe des Mariahilfberges in N. Auf diesem Berg befindet sich die Wallfahrtskirche "Mariahilfberg", ein Karmelitenkloster, das die Wallfahrtskirche seelsorgerisch betreut, sowie die Klöster St. J und St. M. Die Etiketten der Klägerin zeigen die Wallfahrtskirche und Teile des Karmelitenklosters.

Die Beklagte betreibt in R ebenfalls eine Brauerei. Sie stellt dort unter anderem die Biersorten PILSENER, DINKEL und SPEZIAL her, die sie bis Juni 1998 mit dem vorangestellten Zusatz "Kloster" bezeichnete. Die von der Beklagten verwendeten Bierflaschenetiketten enthielten ferner ein Emblem mit der Abbildung und Bezeichnung der etwa 30 km von der Braustätte der Beklagten entfernt liegenden Benediktinerabtei P.

Wegen des Aussehens dieser Etiketten wird auf die der Klagebegründung beigefügten Abbildungen (Bl. 4 d.A.) Bezug genommen. Die Benediktinerabtei P ist ein noch heute betriebenes Kloster, das von 1461 ab bis Anfang der 60er-Jahre dieses Jahrhunderts Bier gebraut hat.

Die Klägerin hält die Verwendung der Bezeichnung "Kloster" für die von der Beklagten vertriebenen Biere der Sorten PILSENER, SPEZIAL und DINKEL für irreführend. Zur Begründung hat sie im ersten Rechtszug vorgetragen, daß der Verkehr von einem "Kloster" - Bier erwarte, daß es in einer klostereigenen Braustätte gebraut werde, womit regelmäßig traditionell geprägte besondere Gütevorstellungen verbunden würden. Diese Gütevorstellungen rührten zum einen aus der Erwartung her, es werde ein traditionell bewährtes Brauverfahren angewandt, das in der Hand von Ordensleuten liege, die bei einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs hohes Ansehen genössen. Die Bezeichnung weise ferner auf den Ort der Braustätte hin, dessen Gegebenheiten, verwendetes Wasser, Luftqualität und Umgebung, den Geschmack und die Qualität des Bieres ganz erheblich beeinflussen würden. Der Verbraucher erwarte jedenfalls, daß das Bier in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der bezeichneten Klosterbraustätte und vor allein unter der ausschließlichen Verantwortung von Klosterangehörigen Gebraut werde. In dieser Erwartung werde der Verkehr getäuscht, da das Bier in einer 30 km vom Kloster entfernten Braustätte Gebraut werde. Daran ändere der Hinweis der Beklagten nichts, sie beziehe von der Abtei P Braugetreide, sei ihr vertraglich verpflichtet, die als "Kloster"-Bier bezeichneten Biere ausschließlich nach der Rezeptur des Klosters, das mit einem 10%igen Kommanditanteil an der Beklagten wirtschaftlich beteiligt sei, zu brauen. Dies werde im übrigen Mit Nichtwissen bestritten.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- oder an ihrem Komplementär zu vollziehender Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. in ihrer Brauerei in R gebraute Biere mit der Bezeichnung

"Kloster...."

und der Angabe der Sorte, insbesondere mit "Kloster SPEZIAL", "Kloster DINKEL" und/oder "Kloster PILSNER" zu kennzeichnen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen.

2. in ihrer Brauerei in R gebrautes Bier mit der Bezeichnung

"Benediktinerabtei P"

anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, insbesondere wenn dies auf Flaschenetiketten und Bierkästen und unter Abbildung einer Zeichnung der Abtei gemäß nachfolgender Einblendung geschieht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Benediktinerabtei F die aufgrund der Streitverkündung durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 29.07.1998 dein Rechtsstreit auf seiten der Beklagten beigetreten ist, hat ebenfalls Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe sich bereits in den 80er-Jahren entschlossen, ökologisch gebrautes Bier zu vermarkten. Zur gleichen Zeit habe die Benediktinerabtei F ein regionales Autarkiekonzept entwickelt, das auch die Produktion von Bieren eingeschlossen habe. Daraus habe sich die Zusammenarbeit mit der Beklagten entwickelt. Die Beklagte habe sich im Rahmen dieser 1997 begonnenen Zusammenarbeit verpflichten müssen, strengste Auflagen seitens des Klosters einzuhalten. Sie sei verpflichtet, das gesamte Braugetreide primär und ausschließlich vom Kloster zu beziehen. Nur wenn es den Bedarf nicht decken könne, dürfe von ökologisch arbeitenden regionalen Landwirten zugekauft werden. Sie sei verpflichtet, vorgesehene Klosterbiere ausschließlich nach den Rezepten des Klosters zu brauen. Die klösterliche Rezeptur schreibe unter anderem vor, gebraute Biere ungefiltert und naturtrüb zu belassen. Die Beklagte müßte sich der ständigen Überprüfung unter Abstellung eines vom Kloster bestimmten Braumeisters unterwerfen. Sie sei verpflichtet, das Logo des Klosters P ausschließlich bei vom Kloster gelieferten ökologischen Rohstoffen zu verwenden. Ferner sei das Kloster in einer Ergänzung vom 03.01./04.02.1997 durch einen Kommanditanteil in Höhe von 10 % an der Beklagten beteiligt worden. Deshalb scheide eine Irreführung des Verkehrs durch die Verwendung der Bezeichnung "Kloster" im Zusammenhang mit bestimmten Biersorten aus, weil der Verkehr nicht mehr annehme, daß ein Klosterbier innerhalb der Klostermauern hergestellt werde. Der Verbraucher erwarte vielmehr bei einem Klosterbier, daß Ordensleute nach Ordensrezepten bei einem qualitativ besonders hochwertigen (Lebensmittel eingeschaltet seien und dieses kontrollierten.

Die Beklagte hat ferner die Meinung vertreten, daß die Klägerin ihrerseits bei der Vermarktung ihres Mariahilfberger Fastenbieres den Verkehr irreführe. Die Bezeichnung "Mariahilfberger Fastenbier" in Verbindung, mit der Abbildung des auf dem Mariahilfberg in N befindlichen Karmelitenklosters rufe beim Verkehr den Eindruck hervor, als seien Ordensleute in irgendeiner Form bei der Herstellung dieses Bieres beteiligt. Dies sei in Wahrheit aber nicht der Fall.

Die Beklagte hat deshalb Widerklage erhoben und folgende Anträge gestellt:

I. Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren

zu unterlassen

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes

1. in seiner Brauerei gebraute Biere mit der Bezeichnung Maria Hilfberger-Flaschenbiere und/oder G Maria Hilfberger-Flaschenbiere (Weizenbock) zu versehen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen;

2. in seiner Brauerei Gebrautes Bier anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, soweit dies auf Flaschenetiketten und unter Abbildung einer bildlichen Darstellung des Karmelitenklosters am Mariahilfberg in N gemäß nachfolgender Einblendung erfolgt

3. Bierkrüge gemäß nachstehender Abbildung anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, nämlich Steinzeugkrüge mit der Beschriftung "Karmeliterkloster und Wallfahrtskirche N"

und oder Glaskrüge mit der Beschriftung "G Mariahilfberger Fastenbier".

Das Karmelitenkloster, Mariahilfberg in N, das ebenfalls auf seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten ist, hat den Antrag gestellt:

I. Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle bis zu 2 Jahren

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. in seiner Brauerei gebraute Biere mit der Bezeichnung Maria Hilfberger-Fastenbier und/oder G Maria Hilfberger-Fastenbier (Weizenbock) zu versehen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen;

2. in seiner Brauerei gebrautes Bier anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, soweit dies auf Flaschenetiketten und unter Abbildung einer bildlichen Darstellung des Karmelitenklosters am Mariahilfberg in N gemäß nachfolgender Einblendung erfolgt

Die Klägerin hat dagegen beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Verkehr entnehme aus der Bezeichnung des klägerischen Kastenbieres keinen Hinweis auf das Karmelitenkloster, ziehe auch nicht den Schluß, das Kloster leiste einen für den Kaufentschluß relevanten Beitrag beim Brauen dieses Bieres. Das beigetretene Kloster trage auch nicht den Namen "Mariahilfberg", sondern nur den Namen "Karmelitenkloster". Deshalb beziehe sich die Bezeichnung "Mariahilfberg", was jeder Verbraucher sofort vermuten werde, auf den Namen eine Berges, der als Hausberg der Stadt N gelte. Die ortskundigen Verbraucher wüßten, daß auf den Etiketten nur Teile des Klostergebäudes und im übrigen die Wallfahrtskirche Mariahilf abgebildet seien, die zu der Stadtkirche St. Johannes gehöre. Eine Verbindung zu dem Karmeliterkloster liege insbesondere auch deshalb fern, weil das Kloster zu keinem Zeitpunkt selbst Bier Gebraut habe.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme der Zeugen G H, R S und S wegen des Inhalts ihrer Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.10.1999 (Bl. 121 - 127 d.A.) Bezug genommen.

Am 10.11.1999 hat das Landgericht folgendes Zwischen- und Endurteil verkündet:

I. Die Nebenintervention des streitverkündeten Karmeliterklosters, Maria Hilfsberg Körperschaft des öffentlichen Rechts, wird zurückgewiesen. Die Nebenintervention der Benediktinerabtei P wird zugelassen.

II. Die eigenen Auslagen des Nebenintervenienten, Karmelitenkloster, hat dieses selbst zu tragen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,-- oder in ihrem Komplementär zu vollziehender Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes,

zu unterlassen,

in ihrer Brauerei in R gebrautes Bier mit der Bezeichnung

"Benediktinerabtei P"

anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, insbesonders wenn dies auf Flaschenetiketten und Bierkästen unter Abbildung einer Zeichnung der Abtei gemäß nachfolgender Einblendung geschieht.

IV. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu DM 500.000,-- oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten im Wiederholungsfalle von bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Uneindringlichkeit des Ordnungsgeldes,

zu unterlassen,

1. in ihrer Brauerei gebraute Biere mit der Bezeichnung "Maria Hilfberger-Fastenbier" und/oder "G Maria Hilfberger-Fastenbier" (Weizenbock) zu versehen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen;

2. in ihrer Brauerei gebrautes Bier anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen, soweit dies auf Flaschenetiketten und unter Abbildung einer bildlichen Darstellung des Karmelitenkloster Mariahilfberg in N gemäß nachfolgender Einblendung erfolgt:

V. Im übrigen werden die weitergehende Klage und Widerklage abgewiesen.

Auf seine Begründung (Bl. 152 - 185 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen. Gegen dieses ihren Prozeßbevollmächtigten am 12.11.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13.12.1999 form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis 27.01.2000 verlängerten Begründungsfrist begründet.

Mit ihrer Berufung greift die Klägerin das Ersturteil nur insoweit an, als ihre Klage zu Ziffer I l des Klageantrages abgewiesen und sie aufgrund der Widerklage nach Ziffer IV l des Urteilstenors verurteilt wurde.

Sie trägt vor, dem Verkehr sei bekannt, daß auch heute noch "Klosterbiere" in Klosterbrauereien innerhalb von Klostergebäuden und/oder unter ausschließlicher Verantwortung von Ordensleuten gebraut würden. Deshalb nehme auch heute noch ein nicht unerheblicher Teil der Verkehrskreise an, ein so bezeichnetes Bier stamme aus einer Klosterbrauerei. Das sei aber bei den von der Beklagten in ihrer eigenen Braustätte gebrauten Bieren nicht der Fall. Der irreführende Eindruck werde noch dadurch verstärkt, daß die Beklagte ihre Biere stets unter exponiert hervorgehobener Bezeichnung eines konkreten Klosters anbiete und vertreibe. Im übrigen bestünden die vom Erstgericht als ausreichend erachteten starken Bezüge der Beklagten zur Benediktinerabtei P nicht. Die maßgebenden Rohstoffe des Bieres, nämlich Hopfen, Wasser und Brauhefe würden nicht von der Abtei stammen. Die Annahme des Erstgerichts, die früheren Braurezepte der Abtei seien über frühere Brauereimitarbeiter rekonstruierbar gewesen und der Beklagten weitergegeben worden, werde durch das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gestützt. Die von den Zeugen genannten Rezepte seien vielmehr Rezepte, die mit der Beklagten neu erarbeitet worden seien. Der frühere Brauereimitarbeiter, von dem ein Zeuge berichtet habe, habe vor 50 Jahren in der Brauerei der Abtei gearbeitet, an Rezepturen der Abtei könne er sich jedoch nicht mehr erinnern, er habe auch solche nicht der Beklagten mitgeteilt. Die in der Abtei noch lebenden Ordensleute verfügten, wie die Zeugen auch ausgesagt hätten, über keine eigenen Kenntnisse und mündliche Überlieferungen. Deshalb könne die Abtei fachlich nichts zur Herstellung des Bieres beitragen. Die Ordensleute könnten lediglich feststellen, ob das Bier ihnen schmeckt oder nicht. Die Pflicht, sich vom Kloster überwachen zu lassen, stehe somit lediglich auf dem Papier.

Die Verurteilung nach dem Widerklageantrag sei nicht gerechtfertigt, da verständige Verbraucher die Bezeichnung "Mariahilfberger" nur als Herkunftsbezeichnung auffassen und nicht einen Bezug zu den auf diesem Berg befindlichen Klöstern herstellen würden. Auch aus der Bezeichnung "Fastenbier" sei kein Rückschluß auf die Beteiligung eines Klosters am Brauvorgang möglich. Die Beklagte wisse seit 15 Jahren von der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung. Sie habe deshalb kein schützenswertes Interesse an der begehrten Unterlassung.

Die Klägerin stellt deshalb den Antrag:

I. Das am 10.11.1999 unter dem Az. 3 O 5323/98 verkündete Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth wird abgeändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung und eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,-- oder an ihrem Komplementär zu vollziehender Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungspfad bis zu 2 Jahren, Ordnungshaft auch für den Fall der Uneinbringlichkeit des Ordnungsgeldes, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in ihrer Brauerei in R gebraute Biere mit der Bezeichnung "Kloster.... " und der Angabe der Sorte, insbesondere mit "Kloster SPFZIAL", "Kloster DINKEL" und/oder "Kloster PILSNER" zu kennzeichnen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen.

III. Das Urteil wird in Ziff. IV aufgehoben, soweit die Klägerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt worden ist, in ihrer Brauerei gebraute Biere mit der Bezeichnung "Maria Hilfberger Fastenbier" und/oder "G Maria Hilfberger-Fastenbier" (Weizenbock) zu versehen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen. Die darauf gerichtete Widerklage wird abgewiesen.

Vorsorglich bittet sie gemäß § 712 ZPO um Vollstreckungsschutz und beantragt, ihr zu gestatten, die Vollstreckung durch Leistung einer selbstschuldnerischen, unbedingten, unbefrosteten und unwiderruflichen Bürgschaft einer Großbank abzuwenden.

Die Beklagte stellt dagegen den Antrag,

die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.11.1999 zurückzuweisen.

Die Nebenvenientin, die Benediktinerabtei P stellt ebenfalls den Antrag,

die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, bei der Beurteilung der Irreführungsgefahr sei von der derzeitigen Gestaltung der Bierflaschenetiketten auszugehen, die schon seit 1998 nicht mehr die Bezeichnung "Kloster" enthalte. Im übrigen habe die Beklagte in der Gesamtschau so starke Bezüge zu der Benediktinerabtei P, daß auch die Bezeichnung der Sorten als "Klosterbiere" nicht irreführend sei. In die Rezepturen sei Klosterwissen eingeflossen. Die Abtei lege fest, welche Sorten mit welcher Qualität, mit welchem Aussehen und Geschmack gebraut würden. Aus alter Zeit bestünden zwar keine schriftlichen Rezepte, sondern mündliche Überlieferungen, die rekonstruierbar gewesen seien. Entscheidender seien aber die Auflagen des Klosters, die vorschreiben würde, daß ökologische Rohstoffe zu verwenden seien, ökologisch gebraut werde, die Biere naturtrüb seien und daß ein normal hoher Eiweißgehalt der Rohstoffe eingehalten werde. Hinsichtlich des angegriffenen Widerklageantrages habe das Erstgericht zu Recht dem Widerklageantrag stattgegeben.

Wegen weiterer Einzelheiten des jeweiligen Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze und die in der Berufungsinstanz vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 10.11.1999 ist teilweise begründet. Der Klägerin steht nach § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG i. v. m. § 1 UWG ein Anspruch zu, der Beklagten zu verbieten, in ihrer Brauerei gebraute Biere mit der Bezeichnung "Kloster..." und der Angabe der Sorte zu bezeichnen und so gekennzeichnete Biere zu verbreiten. Soweit die Klägerin sich gegen die Verurteilung wendet, zu unterlassen, in ihrer Brauerei gebraute Biere mit der Bezeichnung "Mariahilfberger Fastenbier" und/oder "G Mariahilfberger Fastenbier (Weizenbock)" zu versehen, so gekennzeichnete Biere anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, bleibt ihre Berufung erfolglos.

I.

Zur Klage

1. Die Klägerin ist als unmittelbar Verletzte klagebefugt und aktivlegitimiert, Unterlassungsansprüche nach § 1 UWG gegen die Beklagte geltend zu machen. Beide Parteien bieten gleiche Waren (Brauereierzeugnisse) an. Sie sind zwar jeweils nur Regionalbrauereien. Wegen der räumlichen Nähe ihrer Braustätten überschneiden sich jedoch die jeweiligen Vertriebsgebiete zumindest teilweise. Die Parteien stehen deshalb auch in räumlicher Hinsicht in einem konkreten wettbewerbsverhältnis zueinander.

2. Durch die Verwendung der Bezeichnung "Kloster..." in Verbindung mit Sortenangaben, wie insbesondere Kloster SPEZIAL, Kloster DINKEL oder Kloster PILSENER für von ihr hergestellte Biere brachte die Beklagte Lebensmittel unter irreführenden Bezeichnungen im Sinne von § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG in den Verkehr. Sie ist deshalb gemäß § 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet (Köhler/Piper, UWG, § 1 Rz. 342).

a) Für den vorliegenden Fall ist nicht entscheidend, in welcher Weise die Beklagte derzeit ihre Biere kennzeichnet. Unstreitig hat sie nämlich zumindest bis Juni 1998 Bierflaschenetiketten mit den von der Klägerin beanstandeten Bezeichnungen verwendet und insoweit Wiederholungsgefahr begründet. Die Wiederholungsgefahr wurde durch die Verwendung geänderter Etiketten, die die Bezeichnung "Kloster" nicht mehr enthalten, nicht beseitigt, weil die Beklagte jederzeit zu ihrer früheren Praxis zurückkehren könnte und nicht bereit ist, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben.

Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs liegt zweifellos vor.

b) § 17 Abs. 1 Nr. 5 b LMBG verbietet es, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere vor, wenn zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über die Herkunft der Lebensmittel, ihre Menge, ihr Gewicht, über den Zeitpunkt der Herstellung oder Abpackung, über ihre Haltbarkeit oder über sonstige Umstände, die für ihre Bewertung mitbestimmend sind, verwendet werden. Da Bier ein Lebensmittel im Sinne des LMBG ist (vgl. Zipfel, Lebensmittelrecht, C 410 Vorbemerkung Rz. 14), ist die Zulässigkeit der angegriffenen Bezeichnung an dieser Vorschrift zu messen. § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG entspricht in seinem materiellen Inhalt Art. 2 Abs. 1 a der Europäischen Etikettierungsrichtlinien 79/112/EWG und ist deshalb richtlinienkonform auszulegen (Zipfel, C 100, § 17 Rz. 213 a; Köhler/Piper, § 3 Rz. 29 m.w.N.). Zur Frage, welche Verkehrskreise maßgebend sind, wann eine bestimmte Bezeichnung in der Werbung für Lebensmittel irreführend ist, hat der EuGH (EuzW 1998, 526 ff. Gut Springenheide) ausgeführt, daß das nationale Gericht bei der Auslegung dieser und vergleichbarer Richtlinien darauf abzustellen hat, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher (vgl. auch BGH WRP 2000, 519 f. - Orient-Teppichmuster) die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen wird, ohne ein Sachverständigengutachten einholen oder eine Verbraucherbefragung in Auftrag geben zu müssen. Hat das nationale Gericht jedoch besondere Schwierigkeiten zu beurteilen, ob die betreffende Angabe irreführen kann, so verbietet das Gemeinschaftsrecht nicht, diese nach Maßgabe seines nationalen Rechts durch ein Sachverständigengutachten oder eine Verbraucherbefragung zu ermitteln.

Nach diesen Grundsätzen ist die Gefahr der Irreführung für die angesprochenen Verkehrskreise, die hier das allgemeine Verbraucherpublikum ausmachen, zu bejahen.

Die angegriffenen Bezeichnungen "Kloster DINKEL", "Kloster SPEZIAL" und "Kloster PILSENER" waren auf den Bauchetiketten der von der Beklagten in Verkehr gebrachten Bierflaschen angebracht und konnten von einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nicht übersehen werden. Sie besagen objektiv, wenn man das allgemeine Sprachverständnis zugrunde legt, daß es sich um Biere handelt, die in oder von einem Kloster hergestellt werden. In der Literatur (Zipfel, C 412 Vorbemerkung Rz. 28) wird dementsprechend die Ansicht vertreten, die Bezeichnung "Klosterbier" weise auf die Herstellung in einer Klosterbrauerei hin. Wenn man dem folgen wollte, wäre die Irreführungsgefahr zweifellos zu bejahen, da die Beklagte unbestritten keine Klosterbrauerei betreibt und auch nicht im Lohnbrauverfahren für eine Klosterbrauerei arbeitet. Für den vorliegenden Fall kann dies jedoch dahinstehen, da die angegriffenen Bezeichnungen in den Augen des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zumindest die - hier unrichtige - Vorstellung hervorrufen, das so bezeichnete Bier werde in klösterlicher Tradition nach klösterlichen Rezepten Gebraut.

Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, sind bei der Ermittlung des Erklärungsgehaltes der strittigen Bezeichnungen, die heute anzutreffenden tatsächlichen Gegebenheiten innerhalb der Wirtschaftstätigkeit von Klöstern und auch innerhalb der Brauereilandschaft zu berücksichtigen. Der durchschnittlich informierte Verbraucher weiß, daß auch die noch existierenden Klöster über den Schwund von Angehörigen klagen und die Zahl von Klöstern und Ordensleuten zurückgeht. Er weiß also oder wird jedenfalls als verständiger Verbraucher in Rechnung stellen, daß nicht alle früheren Aufgaben und Betätigungsfelder von Klöstern noch durch Mönche wahrgenommen werden, sondern daß auch Klosterbetriebe entweder Laienangestellte beschäftigen oder Fremdbetriebe beauftragen müssen. Die Parteien tragen dementsprechend auch vor, daß Biere, die noch unter der Bezeichnung "Klosterbier" auf den Markt gebracht werden, in Braustätten außerhalb von Klostermauern hergestellt werden. Deshalb wird ein durchschnittlich verständiger Verbraucher sich nicht ohne weiteres in seiner Erwartung getäuscht fühlen, wenn er erfährt, daß ein als Klosterbier bezeichnetes Bier in einer Braustätte außerhalb von Klostermauern und nicht ausschließlich von Ordensleuten hergestellt wird (vgl. OLG Hamburg, WRP 1998, 78 - Klosterbrauerei).

Auf der anderen Seite ist aber dem Durchschnittsverbraucher durchaus bekannt, daß die Kunst des Bierbrauens jahrhundertelang in Klöstern gepflegt wurde und die damit befaßten Ordensleute besondere Erfahrungen und Kenntnisse gewannen, die innerhalb des Klosters tradiert und weitergegeben wurden. Deshalb verbürgt das Wort "Kloster", wenn es im Zusammenhang mit der Herstellung von Bieren gebraucht wird, uralte Traditionen, weil es moderne Klostergründungen so gut wie gar nicht mehr gibt (OLG Hamburg - Klosterbrauerei, a.a.O.). Dem Verbraucher ist insbesondere im süddeutschen Raum, wo die Beklagte auch ihr wesentliches Absatzgebiet hat, ferner bekannt, daß es nach wie vor Klosterbrauereien gibt, die innerhalb von Klostermauern arbeiten, maßgebend von Ordensleuten geleitet werden und in denen überkommenes Klosterwissen tradiert und am Leben erhalten wird. Als typische Klosterbrauereien im herkömmlichen Sinne sind dein Verkehr insbesondere diejenigen der Klöster und W bekannt. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wird deshalb die Bezeichnung "Klosterbier" mit klösterlichen Brautraditionen und den dabei gewonnenen Kenntnissen und Erfahrungen in Verbindung bringen (vgl. auch VG Kassel, WRP 1979, 907; OLG Hamburg - Klosterbier, a.a.O.). Er wird folglich in der Anwendung von speziellem Klosterwissen einen Vorzug erblicken, der ein Klosterbier von anderen industriell oder in Privatbrauereien hergestellten Bieren unterscheidet. Dies gilt insbesondere deshalb, weil in der Werbung für Klosterbiere auch aus anderer Herkunft heute noch Gerade auf eine jahrhundertelange Tradition hingewiesen und dies als Vorzug des beworbenen Bieres herausgestellt wird. Zum Beleg hierfür kann nicht nur auf die Entscheidung des OLG Hamburg "Klosterbrauerei" und die von der Klägerin vorgelegte Broschüre "Geheimnisse der Klosterbrauerei" (Anlage K 16, Bl. 115 d.A.), sondern auch auf das Werbeverhalten der Beklagten selbst Bezug genommen werden. So trugen und tragen die Etiketten der fraglichen Biere der Beklagten den Aufdruck: "hergestellt und abgefüllt in der Tradition der ehemaligen Klosterbrauerei P...". In dem Werbeblatt für das "Kloster DINKEL" der Anlage K 2 (Bl. 4 d.A.) heißt es u.a. wörtlich: "Es war naheliegend, daß die Benediktinerabtei P für die Fortführung der klösterlichen Brautradition mit dem R Brauhaus ins Gespräch kommen würde.". Es ist nicht anzunehmen, daß dem durchschnittlich informierten Verbraucher völlig unbekannt geblieben ist, wie "Klosterbiere" allgemein beworben werden.

c) Diese Verbrauchererwartung trifft auf die strittigen Biere der Beklagten nicht zu, weil zu ihrer Herstellung keine tradierten klösterlichen Rezepte oder sonstiges überkommenes Klosterwissen verwendet wurde.

Es ist unstreitig, daß die Klosterbrauerei in der Abtei P Anfang der 60er-Jahre ihren Betrieb einstellte und niemals die Biersorten DINKEL und PILSENER gebraut hatte. Die Rezepte für diese beiden Biersorten wurden deshalb im Laufe der Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der Abtei neu erstellt (Bl. 223, 261 d.A.). Insoweit konnte auf traditionelle Rezepte und überkommenes Wissen der früheren Klosterbrauerei nicht zurückgegriffen werden. Die in der ersten Instanz vernommenen Zeugen G H r, R und A S haben zwar übereinstimmend angegeben, daß es alte, mündliche überlieferte Rezepte der Klosterbrauerei gegeben habe, nach denen bis Ende 1958 gebraut worden sei. Diese Rezepte lägen dem jetzt von der Beklagten gebrauten Bier zugrunde. Sie seien nun schriftlich im Safe der Abtei hinterlegt und so konkretisiert, daß jede Brauerei mit etwa genau demselben Ergebnis danach brauen könne (Aussage G H, Bl. 122 d.A.; Aussage A S, Bl. 126 d.A.). Wie sich aus den weiteren Angaben der Zeugen aber ergibt und zwischen den Parteien auch unstreitig ist (Bl. 223, 261 d.A.), handelt es sich bei diesen schriftlich niedergelegten Rezepten um neu erarbeitete, die in Zusammenarbeit zwischen der Abtei und der Beklagten entstanden sind. In sie ist das bis zur Schließung der Klosterbrauerei mündlich überlieferte und gepflegte Klosterwissen nicht eingegangen. Aus den weiteren Angaben der Zeugen ergibt sich nämlich, daß keiner von ihnen ein Braufachmann ist, der die früheren Rezepte der Klosterbrauerei an die Beklagte weitergegeben hat oder hätte können. Es lebt auch sonst kein Fachmann für das Bierbrauen im Kloster (Aussage R S, Bl. 124 d.A.). Lediglich der Zeuge A S berichtete davon (Bl. 126 d.A.), daß bei den Verhandlungen mit der Beklagten ein früherer Angestellter des Klosters namens P, der etwas vom Bierbrauen verstanden habe, teilgenommen habe. Dieser habe die Rezepte noch im Kopf gehabt und an die Beklagte weitergegeben. Der Zeuge A S konnte allerdings insoweit nur vom Hörensagen berichten, weil er bei dieser Unterredung nicht zugegen war. In der Berufungsbegründung hat die Klägerin dazu im einzelnen vorgetragen, daß der frühere Mitarbeiter P sich an die früheren Rezepturen und Brauverfahren nicht mehr erinnern könne, daß alle Unterlagen einschließlich des Sudbuchs weggeworfen worden seien und er auch nicht an einer Unterredung zwischen der Beklagten und der Abtei teilgenommen habe (Bl. 224 d.A.). Diesen Vortrag hat die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung vom 09.03.2000 nicht bestritten (Bl. 261 d.A.). Ihr nunmehriges Bestreiten in dem nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 05.05.2000 (Bl. 282 d.A.) ist gemäß § 296 a ZPO unbeachtlich; die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht veranlaßt. Es steht damit fest, daß auch über den Mitarbeiter P kein früheres Klosterwissen an die Beklagte tradiert worden ist.

Die Beklagte beruft sich in ihrer Berufungserwiderung dementsprechend zur Rechtfertigung der Bezeichnung "Klosterbier" darauf, daß die Abtei ihr spezielle Auflagen gemacht habe, die in der zweiten Ergänzung zum Gesellschaftsvertrag vom 18.05.1998 (Anlage B 3 a) vereinbart worden seien. Diese bestehen in

- ökologische Brauweise und Naturnähe - soweit wie möglich -

- Verzicht auf jegliche Filtration und damit Naturtrübe sämtlicher Biere

- Verzicht auf Pasteurisation. Kurzzeiterhitzung ist in Ausnahmefällen zulässig

- Verzicht auf künstlichen Alkoholentzug

- ausschließlicher Einsatz von Naturhopfen und dunklen Malten zur Farbgebung

- keine Verwendung von gentechnisch veränderten Rohstoffen und Hefen

- ferner in der Vorgabe eines Stammwürzgehaltes von über 13 % sowie einer Farbe von 15 EBC für das Kloster SPEZIAL und der Verwendung ungekreuzter Dinkelqualitäten mit einem Eiweißgehalt bis zu 17 %.

Diese Vorgaben sind aber sehr allgemein. Um sie aufzustellen, bedarf es keines besonderen Detailwissens, insbesondere nicht eines jahrhundertelang tradierten Klosterwissen. Hinzu kommt, daß die wichtigsten Vorgaben, ökologische Brauweise und Produktion von naturtrüben Bieren, von der Beklagten bereits umgesetzt waren, bevor sie die Zusammenarbeit mit der Abtei P aufnahm. Dies ergibt sich deutlich aus der von der Beklagten vorgelegten Qualitäts- und Umwelterklärung 1998 der Anlage B 1, S. 6.

Aus alledem folgt, daß der Beitrag der in der Abtei lebenden Ordensleute mangels eigener Fachkunde nur darin bestehen konnte, hinsichtlich des Geschmacks und der Farbe der Biere mitzubestimmen, während alles andere von der Beklagten beigesteuert wurde. In dieser Weise haben sich letztlich auch die vor dein Erstgericht vernommenen Zeugen geäußert (G H, Bl. 122 f. d.A.; R S, Bl. 125 f. d.A.). Da somit keine überlieferten klösterlichen Rezepte verwendet und kein spezielles klösterliches Wissen in den Herstellungsprozeß der fraglichen Biere eingeflossen ist, besteht insoweit der vom Verkehr erwartete Vorzug für diese Biere nicht, der die Bezeichnung "Klosterbier" rechtfertigen könnte.

Die sonstigen zur Abtei P vorhandenen Verknüpfungen, nämlich Verpflichtung, Getreiderohstoffe vom Kloster zu beziehen, gesellschaftliche Beteiligung an der Beklagten, Erlaubnis der Abtei, ihre Marke zu benutzen, reichen dafür nicht aus.

II.

Zur Widerklage

Das Erstgericht hat auf die Widerklage hin mit Recht die Klägerin verurteilt, es zu unterlassen, in ihrer Brauerei gebrautes Bier mit der Bezeichnung "Mariahilfberger Fastenbier" und/oder "G Mariahilfberger Fastenbier (Weizenbock)" zu versehen, und so gekennzeichnete Biere zu vertreiben. Der von der Beklagten geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt sich ebenfalls aus § 17 Abs. 1 Nr. S b LMBG i.V.m. § 1 UWG.

1. Die von den beanstandeten Bezeichnungen der Klägerin angesprochenen Verbraucher entnehmen ihnen, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, daß das so gekennzeichnete Bier Bezüge zu einem der auf dem Maria Hilfberg in befindlichen Klöster hat.

Die Bezeichnung "Fastenbier" bedeutet für den durchschnittlich informierten Verbraucher, daß es sich um ein speziell für die Fastenzeit gebrautes und in dieser Zeit angebotenes Bier handelt. ihm sind die vornehmlich in Bayern traditionell zu Beginn der Fastenzeit stattfindenden Veranstaltungen bekannt, bei denen Biere ausgeschenkt werden, die in ihren Bezeichnungen Bezüge zu klösterlichen Biertraditionen aufweisen. Die Klägerin ist eine in N ansässige Brauerei, die im räumlichen Umkreis von N gerichtsbekanntlich ihren Schwerpunkt hat. Der somit in erster Linie vom Angebot der Klägerin angesprochenen ortsansässigen Bevölkerung kann die Kenntnis unterstellt werden, daß es in N einen Maria Hilfberg gibt, auf dem sich noch lebende Klöster befinden. Deshalb wird der maßgebende Durchschnittsverbraucher aus der angegriffenen Bezeichnung schließen, daß das so gekennzeichnete Bier zu einem dieser Klöster in Beziehung steht, sei es, daß die Klägerin, in irgendeiner Weise mit ihm zusammenarbeitet oder sie zu seiner Herstellung Klosterwissen verwendet. Derartige Bezüge bestehen unstreitig jedoch nicht.

2. Der Unterlassungsanspruch der Beklagten entfällt nicht dadurch, daß die Klägerin ihre Bezeichnung seit 15 Jahren benutzt und für sie eine Marke eingetragen war. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn die Klägerin einen erheblichen Besitzstand erworben hätte, was bei einem Vertrieb von lediglich 35 hl/Jahr (Bl. 233 d.A.) kaum anzunehmen ist. Im übrigen müßte die Gefahr der Irreführung des Verkehrs sehr niedrig sein, was der Senat nicht feststellen kann. Die Annahme von Verwirkung kommt nicht in Betracht, weil die Abwehr irreführender Bezeichnungen im Allgemeininteresse steht.

III.

Nebenentscheidungen:

1. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 97 Abs. 1, 92, 91 ZPO. Die durch Beitritt der Benediktinerabtei P entstandenen Kosten der Nebenintervention hat dieser gemäß § 101 Abs. 1 ZPO selbst zu tragen. Die Kosten bemessen sich in der Berufung jedoch nur aus einem Streitwert von DM 60.000,--, weil die Nebeninvenientin nur zur Abwehr der Klage auf seiten der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten ist.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Klägerin hat die Voraussetzungen für einen Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO nicht dargetan.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Beschwer der Beteiligten übersteigt jeweils DM 60.000,-- nicht. Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes wird nicht abgewichen.

Ende der Entscheidung

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