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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 09.01.2002
Aktenzeichen: 4 U 281/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 906 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1004 Abs. 1
BGB § 862 Abs. 1
1. Beauftragt ein Hoheitsträger mit der Erfüllung seiner Aufgaben (hier: Errichtung einer gemeindlichen Kanalisation) Private, so haftet er für die hierbei von diesen verursachten Schäden mangels Verschuldens seiner Bediensteten in der Regel nur nach den Grundsätzen über den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB.

2. Ein Anspruch scheidet nach diesen Grundsätzen aus, wenn es der Geschädigte drei Jahre lang unterlassen hat, seinen Abwehranspruch aus §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB gegen die erkennbare Zuführung von Wasser auf sein Grundstück geltend zu machen.

3. Die Störerhaftung von Architekt und Bauunternehmer endet mit dem Abschluß der Bauarbeiten.


Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

4 U 281/00

Verkündet am 9. Januar 2002

In Sachen

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Behrschmidt und die Richter am Oberlandesgericht Braun und Redel aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Amberg vom 30. Dezember 1999 abgeändert.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die gebotenen Maßnahmen dafür zu treffen, daß Wasser (Quell-, Schicht-, Grund-, Kluft- und versickertes Oberflächenwasser) aus dem von der Trasse des in der Straße verlegten Mischwasserkanals angeschnittenen Bereich oberhalb des Anwesens in nicht mehr gegen die unterirdischen Gebäudeteile dieses Hauses drückt und in den zu diesem gehörenden Felsenkeller eindringt.

III. Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger einen Betrag von 3.200,00 Euro nebst 4 % Zinsen hieraus seit 15. März 1997 zu bezahlen.

IV. Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 2) und 3) verpflichtet sind, als Gesamtschuldner dem Kläger zwei Drittel des den Betrag von 4.800,00 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer) übersteigenden Aufwands für die Beseitigung der durch die Kanaltrasse bedingten Durchfeuchtungsschäden an seinem Anwesen Straße, zu ersetzen.

V. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

VI. Die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen.

VII. Von den Gerichtskosten beider Rechtszüge tragen der Kläger 77 %, die Beklagte zu 1) 14,5 % und die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 8,5 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagte zu 1) 14,5 % und die Beklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 8,5 %.

Der Kläger trägt 56,5 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) sowie 87,5 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3).

Im übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 17.000,00 Euro abwenden, die Beklagten zu 2) und 3) können dies durch eine solche in Höhe von 3.600,00 Euro. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte zu 1) durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500,00 Euro, die Vollstreckung durch die Beklagten zu 2) und 3) durch eine solche in Höhe von je 7.000,00 Euro abwenden. Die Abwendungsbefugnis erlischt, wenn die jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IX. Die Entscheidung beschwert den Kläger mit 34.256,56 Euro, die Beklagten mit 19.170,19 Euro.

Beschluß:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 34.256,56 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Ansprüche auf Schadensersatz und Störungsbeseitigung bzw. Unterlassung in der Folge der Errichtung eines Mischwasserkanals an der Nordseite des klägerischen Anwesens in der Straße in.

Der Kläger ist Eigentümer des nur teilweise unterkellerten Hausanwesens Nr., jetzt in. Über den unter der Wohnstube liegenden Teilkeller ist ein erheblich tiefer liegender Felsenkeller erreichbar, der sich nördlich bis in den Straßenuntergrund erstreckt.

Im Frühjahr 1992 ließ die Beklagte zu 1) durch die Beklagte zu 2), die ein Tiefbauunternehmen betreibt, nach den Plänen und unter der Aufsicht des Beklagten zu 3) einen Mischwasserkanal errichten. Als die Arbeiten im März 1992 in der Nähe des Hauses des Klägers angelangt waren, ließ der Beklagte zu 3) auf einen Hinweis des Klägers hin, es gebe unter der Straße einen Felsenkeller, durch die Beklagte zu 2) die genaue Lage dieses Felsenkellers erkunden. Dabei wurde dieser an einer Stelle von oben geöffnet und anschließend mit einer Betonplombe wieder verschlossen.

Wegen der Auswirkungen der Kanalisationsarbeiten auf sein Anwesen und insbesondere seinen Felsenkeller korrespondierte der Kläger in der Folgezeit ergebnislos mit dem Beklagten.

Am 10. April 1995 beantragte er sodann die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, in dem am 5. März 1996 ein Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. erstattet wurde, auf das wegen des Ergebnisses Bezug genommen wird. Am 5. Februar 1997 erließ das Landgericht Amberg auf Antrag des Beklagten zu 3) einen Beschluß nach § 494 a ZPO, der zur Erhebung der vorliegenden Klage am 14. März 1997 führte.

Der Kläger hat behauptet, die Kanaltrasse wirke wie eine Großdrainage und führe dem Untergrund um sein Haus und insbesondere seinem Felsenkeller erhebliche Mengen Wasser zu. Die Fundamente des Hauses seien deshalb durchfeuchtet, auch Fußboden und Wände im Erdgeschoß seien durch das aufsteigende Wasser geschädigt. Die Beklagten seien sämtlich sowohl für die bereits eingetretenen wie die noch zu erwartenden Schäden an seinem Anwesen verantwortlich. Für sie sei die Großdrainage-Wirkung vorhersehbar und die Lage seines Felsenkellers bekannt gewesen. Sie seien daher verpflichtet gewesen, durch geeignete Maßnahmen den Wasserschaden zu verhindern.

Er hat beantragt:

I. Die Beklagten werden samtverbindlich verurteilt, die gebotenen Maßnahmen zu treffen, um den Zufluß von Wasser (Quell-, Schicht-, Grund-, Kluft- und versickertes Oberflächenwasser) über die Trasse des Mischwasserkanals in der Straße in den klägerischen Felsenkeller unter und vor dem Haus des Klägers Straße, und an die unterirdischen Gebäudeteile dieses Hauses zu unterbinden.

II. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 28.000,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 15. März 1997 zu bezahlen.

III. Es wird festgestellt, daß die Beklagten samtverbindlich verpflichtet sind, dem Kläger 2/3 des den angenommenen Sanierungsaufwand von 42.000,00 DM (inklusive Mehrwertsteuer) übersteigenden Aufwands für die Beseitigung und Schutz der bzw. gegen kanaltrassenbedingte Durchfeuchtung des klägerischen Hauses, Straße, zu ersetzen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) hat behauptet, bei dem Felsenkeller handele es sich um eine unterirdische Wasserauffanganlage, die so tief liege, daß ein Eindringen von Wasser in den Keller unmöglich sei. Im übrigen habe sie den Schaden jedenfalls nicht zu vertreten, weil sie einen erfahrenen Bauingenieur und ein erfahrenes Tiefbauunternehmen ausgewählt und beauftragt habe. Die Beklagte zu 2) hat behauptet, sie habe den Kanal in einem Abstand von 1 m um den Felsenkeller des Klägers herumgeführt. Die von ihr geschaffene Öffnung in der Kellerdecke sei ordnungsgemäß mit Schwerbeton verschlossen worden. Die Baumaßnahme habe dem Keller kein zusätzliches Wasser zugeführt. Die Feuchtigkeitsschäden bestünden bereits seit Jahrzehnten. Dem hat sich der Beklagte zu 3) im wesentlichen angeschlossen. Zusätzlich hat er geltend gemacht, man habe den Kanalgraben so verfüllt, daß die ursprüngliche Situation im Hinblick auf Durchlässigkeit und Stauwirkung im Kanalgrabenbereich wieder hergestellt worden sei.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen, und, durch die Erholung mehrerer Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. sowie durch die Einnahme eines gerichtlichen Augenscheins.

Wegen des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschriften vom 30. September 1997 und 28. April 1998 sowie die schriftlichen Gutachten vom 8. Juli und 19. September 1997 sowie vom 17. Mai und 3. August 1999 verwiesen.

Mit Endurteil vom 30. Dezember 1999, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, hat das Landgericht alle Beklagten antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagten seien nach § 823 Abs. 1, § 840 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie schuldhaft den Schaden am klägerischen Haus herbeigeführt hätten. Dieses Urteil ist der Beklagten zu 2) am 7. und den Beklagten zu 1) und 3) am 10. Januar 2000 zugestellt worden. Hiergegen haben sämtliche Beklagte Berufung eingelegt; die Beklagte zu 1) am 21. Januar 2000, der Beklagte zu 3) am 1. Februar 2000 und die Beklagte zu 2) am 5. Februar 2000. Nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfristen sind die Berufungsbegründungsschriften des Beklagten zu 3) am 9. März, der Beklagten zu 1) am 2l. März und der Beklagten zu 2) am 3. April 2000 beim Oberlandesgericht eingegangen.

Die Beklagte zu 1) macht geltend, bei dem vom Kläger eingeklagten Unterlassungsanspruch handele es sich in Wahrheit um einen Folgenbeseitigungsanspruch, über den allein die Verwaltungsgerichte zu entscheiden hätten. In der Sache ziehe das Landgericht zu Unrecht das Haftpflichtgesetz als Anspruchsgrundlage heran; dessen Schutzbereich sei nicht berührt. Für eine Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff fehle es an der Unmittelbarkeit. Im übrigen sei das Gutachten des Sachverständigen falsch; ein Obergutachten müsse erholt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 14. März 2000 verwiesen.

Die Beklagte zu 2) beruft sich darauf, lediglich die Vorgaben des Architekten, des Beklagten zu 3), umgesetzt zu haben; Ausführungsfehler seien ihr nicht unterlaufen. Auch sie hält das Gutachten des Sachverständigen für falsch. Wegen der weiteren Einzelheiten ihres Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 3. April 2000 Bezug genommen.

Der Beklagte zu 3) trägt vor, daß bei der Planung und Erstellung einer Kanalisation eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und den Individualinteressen der Anlieger stattfinden müsse. Die Kosten der Maßnahme müßten sich in einem angemessenen Bereich bewegen, eine eingehende Untersuchung der topographischen Verhältnisse sei zu aufwendig. Individualinteressen könnten im Einzelfall immer tangiert werden. Der Kläger habe den Schaden wesentlich dadurch mitverschuldet, daß er die Lage des Kellers nicht früher bekanntgegeben habe. Auch habe er selbst Grabungsmaßnahmen durchgeführt, den Keller dadurch erweitert und so zu den schädlichen Einwirkungen selbst beigetragen. Die Feuchtigkeitsschäden am Haus des Klägers seien im übrigen älter als die Kanalbaumaßnahme. Der Kläger sei auch verpflichtet gewesen, einen Schadenseintritt durch Abpumpmaßnahmen zu verhindern. Auch der Beklagte zu 3) beantragt die Erholung eines Obergutachtens. Wegen der weiteren Einzelheiten seines Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 8. März 2000 verwiesen.

Die Beklagten stellen übereinstimmend folgenden Antrag:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Amberg vom 30. Dezember 1999, Az.: 12 O 319/97, abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger stellt folgenden Antrag:

Die Berufungen der Beklagten werden zurückgewiesen.

Er verteidigt das Ersturteil sowie das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. und ist der Meinung, die ordentlichen Gerichte seien durchaus zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen, weil es nicht um die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Beklagten zu 1) gehe, sondern um Fehler bei der Errichtung des Mischwasserkanals.

Nach seiner Meinung stehen ihm auch vertragliche Ansprüche gegen die Beklagten zu, weil die Werkverträge zwischen der Beklagten zu 1) und den Beklagten zu 2) und 3) Schutzwirkung zu seinen Gunsten entfalteten.

Kostenerwägungen könnten den Beklagten zu 3) in keiner Weise entlasten. Trassenverlauf und Ausführung hätten so gestaltet werden müssen, daß weder dem Felsenkeller noch dem übrigen Untergrund vor dem Haus des Klägers größere Mengen Wasser zugeführt werden. Dies sei nicht geschehen. Der Kläger habe den Keller auch nicht erweitert; die einzige Baumaßnahme, die er ausgeführt habe, sei die Anlage eines Pumpensumpfs zur Aufnahme einer Tauchpumpe gewesen. Zum Wegpumpen des seinem Felsenkeller vermehrt zufließenden Wassers sei er zwar nicht verpflichtet gewesen, habe aber seit Durchführung der Kanalbauarbeiten immer eine Pumpe im Einsatz.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Klägervorbringens wird auf die Berufungserwiderung vom 16. Mai 2000 verwiesen.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 23. Oktober 2000 (Bl. 395 ff. d.A.) durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und die Anhörung des Sachverständigen. Wegen des Ergebnisses wird auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. vom 17. Mai und vom 25. September 2001 sowie die Sitzungsniederschrift vom 17. Oktober 2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Beklagten sind zulässig; insbesondere wurden sie alle form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Auch in der Sache haben die Rechtsmittel teilweise Erfolg, da das Landgericht zu Unrecht alle Beklagten sowohl zum Ersatz des dem Kläger entstandenen Schadens wie zur Störungsbeseitigung bzw. Unterlassung verurteilt hat und auch der geltend gemachte Schaden nicht in voller Höhe bewiesen ist.

Des weiteren mußte bei der Tenorierung berücksichtigt werden, daß zum 1. Januar 2002 alle Rechtsinstrumente - das sind nach Art. 1 der EG-VO Nr. 1103/97 vom 17. Juni 1997 alle Rechtsvorschriften, Verwaltungsakte, gerichtlichen Entscheidungen, Verträge, einseitigen Rechtsgeschäfte, Zahlungsmittel mit Ausnahme von Banknoten und Münzen sowie sonstigen Instrumente mit Rechtswirkung -, in denen auf nationale Währungen Bezug genommen wird, am Ende der Übergangszeit im Sinne einer Bezugnahme auf die Euro-Einheit entsprechend dem jeweiligen Umrechnungskurs zu verstehen sind (Art. 14 EG-VO Nr. 974/98 vom 3. Mai 1998). Der Senat versteht daher die Anträge des Klägers in diesem Sinn und rechnet auch die vom Sachverständigen für den Schadensbeseitigungsaufwand geschätzten Beträge entsprechend in Euro um.

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist jedenfalls beim gegenwärtigen Verfahrensstand für alle vom Kläger geltend gemachten Ansprüche eröffnet. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei dem Störungsbeseitigungs- bzw. - unterlas-sungsanspruch, wie die Beklagte zu 1) meint, nur um einen sogenannten Folgenbeseitigungsanspruch handeln sollte, der an sich in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fiele (Palandt/Bassenge, BGB, 61. Aufl., § 1004, Rdnr. 40; Zöller/Gummer, 22. Aufl., § 13 GVG, Rdnr. 30 je m.w.N.).

Nach § 17 a Abs. 5 GVG prüft das Rechtsmittelgericht nämlich nicht, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Die von der Rechtsprechung insoweit entwickelte Ausnahme von dieser Regel setzt voraus, daß die Zulässigkeit des Rechtsweges in erster Instanz gerügt worden ist. Denn nur dann kann gegen § 17 a Abs. 3 Satz 2 GVG verstoßen worden sein (BGH NJW 1994, 387; Thomas-Putzo, 23. Aufl., § 17 a GVG, Rdnr. 17, 22 ff.).

Im ersten Rechtszug wurde die Zulässigkeit des Zivilrechtswegs aber von keiner Seite gerügt.

2. Auch der vom Kläger gestellte Feststellungsantrag ist zulässig. Das insoweit erforderliche besondere rechtliche Interesse ist gegeben.

Insoweit genüge es, daß der Eintritt weiterer Schäden nicht ausgeschlossen werden kann. Das Feststellungsinteresse entfällt erst, wenn bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines weiteren Schadens wenigstens zu rechnen (BGH NJW 2001, 3414).

Im vorliegenden Fall ist die Höhe der Schadensbeseitigungskosten aber in keiner Weise absehbar. So lange die Schadensursache in Gestalt des Wasserzustroms zum klägerischen Anwesen nicht beseitigt ist, muß auch jederzeit mit einer Vergrößerung des Schadensumfangs gerechnet werden.

II.

Mit dem Erstgericht ist der Senat der Meinung, daß dem Kläger ein Anspruch darauf zusteht, daß sein Grundeigentum nicht weiter dadurch beeinträchtigt wird, daß über die Trasse des an seinem Anwesen vorbei führenden Mischwasserkanals Wasser in seinen Felsenkeller geleitet und an die unterirdischen Gebäudeteile seines Hauses herangeführt wird. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 1004 Abs. 1 bzw. § 862 Abs. 1 BGB, je nachdem, ob das Eigentum oder der Besitz des Klägers als das gestörte Rechtsgut angesehen wird.

Liegt, wie hier, ein störender Zustand vor, so deckt sich der Anspruch auf dessen Beseitigung inhaltlich mit dem Unterlassungsanspruch (BGH LM, § 1004, Nr. 32; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004, Rdnr. 30); eine Unterscheidung der beiden Rechte des gestörten Klägers kann daher nachfolgend unterbleiben.

1. Der Kläger verfolgt mit seinem diesbezüglichen Antrag keinen Folgenbeseitigungsanspruch, da er sich nicht gegen Störungen wendet, der vom Betrieb der gemeindlichen Kanalisation ausgehen, sondern gegen die Folgen der zu deren Errichtung nötigen Bauarbeiten. Diese hatte die Beklagte zu 1) aber privatrechtlich organisiert. Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt dagegen einen hoheitlichen Eingriff voraus.

Zwar stellt die Errichtung einer Kanalisation als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge grundsätzlich eine hoheitliche Maßnahme der Gemeinde dar (BGH VersR 1967, 895). Die Beklagte zu 1) hat hier aber zulässigerweise die Erfüllung ihrer Aufgaben auf die Ebene des Privatrechts verlagert, indem sie durch privatrechtliche Verträge einen Architekten - den Beklagten zu 3) - mit Planung und Bauaufsicht und eine Baufirma - die Beklagte zu 2) - mit der Herstellung der Erschließungsanlagen beauftragt hat. Deshalb beurteilt sich auch die Haftung der Beklagten zu 1) für die hierbei verursachten Störungen nach Privatrecht (BGH Z 121, 367/376; NJW 1988, 1203; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 906, Rdnr. 48). Denn der Abwehranspruch teilt die Rechtsnatur des Eingriffs (BVerwG NJW 1974, 8l7; OVG Koblenz, NJW 1986, 953).

2. Der Senat folgt dem Erstgericht auch insoweit, als dieses den Beweis einer durch die Kanalbaumaßnahme ausgelösten Störung des Klägers bzw. seiner Rechtsgüter als geführt ansieht.

a) Der Kläger ist zur Abwehr der Störung aktiv legitimiert, da er auch hinsichtlich des Felsenkellers zumindest Besitzer ist. § 862 Abs. 1 BGB gibt dem Besitzer den gleichen Abwehranspruch wie § 1004 Abs. 1 BGB dem Eigentümer (BGH NJW 2001, 1865).

Auf die Art der Berechtigung des Klägers hinsichtlich des unter der Kreisstraße liegenden Teils dieses Kellers kommt es daher nicht an.

b) Auch für den Senat ist durch die verschiedenen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. nachgewiesen, daß der Kanalgraben des von der Beklagten zu 1) in Auftrag gegebenen und von der Beklagten zu 2) nach den Plänen und unter der Aufsicht des Beklagten zu 3) errichteten Mischwasserkanals auch nach seiner Verfüllung wie eine Drainage wirkt.

aa) Die diesbezüglichen Aussagen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und plausibel. Sie entsprechen im übrigen hinsichtlich der generellen Eignung solcher Trassen, als Drainage zu wirken, den Aussagen zahlreicher anderer Sachverständiger, die der Senat in anderen Verfahren, bei welchen es ebenfalls um die Auswirkungen von Kanalbauarbeiten auf die Wasserverhältnisse im Boden ging, angehört hat.

Ebenso überzeugend hat der Sachverständige Dipl.-Ing. zuletzt bei seiner Anhörung im Senatstermin vom 17. Oktober 2001 dargelegt, daß und warum das von dieser Drainage herangeführte Wasser nicht schadlos am Anwesen des Klägers vorbeifließt, sondern am westlichen Ende des Drainageschotters am nächsten Kanalschacht aufgestaut und bis zum Anwesen des Klägers zurückgestaut wird. Die Ausführungen des Sachverständigen zum Rückstau korrespondieren mit den verschiedentlich im Laufe des Verfahrens bei Augenscheins- bzw. Beweisterminen gemachten Beobachtungen, daß mehr Wasser "von unten", also von Westen her, in den Felsenkeller eintritt, als von dem östlichen, höher gelegenen Teil der Kanaltrasse. Zu Recht hat das Erstgericht der "hydrogeologischen Stellungnahme" des Sachverständigen vom 19. November 1997 keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Denn diese bestätigt die Ausgangsüberlegung des Sachverständigen, die künstliche Auffüllung des Kanalgrabens könne trotz Verdichtung jedenfalls in dem Grabenbereich, der tiefer als 1 m liegt, zur Entstehung eines "künstlichen Sammelgrabens" führen. Der Sachverständige äußerte lediglich Zweifel in Bezug auf die vom Sachverständigen Dipl.-Ing. angenommene Größe des von diesem Graben erschlossenen Einzugsgebiets. Er bezweifelte nur, daß die Menge des über die Kanaltrasse zusätzlich herangeführten Wassers ausgereicht habe, um Schäden am klägerischen Anwesen zu verursachen. Darauf kommt es aber jedenfalls für den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 bzw. § 862 Abs. 1 BGB nicht an. § 906 BGB verpflichtet den Eigentümer bzw. Besitzer lediglich bei sog. unwägbaren Stoffen zur Duldung unwesentlicher Immissionen (Palandt/Bassenge, a.a.O., § 906, Rdnr. 4). Eine andere Rechtsgrundlage für eine etwaige Duldungspflicht des Klägers ist nicht ersichtlich.

bb) Die Voraussetzungen, unter denen ein Obergutachten bzw. ein weiteres Gutachten erholt werden muß, liegen hier ersichtlich nicht vor.

Die vorhandenen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. weisen weder grobe Mängel noch innere Widersprüche auf. Auch die Sachkunde des Gutachters kann ernsthaft nicht in Zweifel gezogen werden. Er ist von der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern nicht nur als Sachverständiger für Schäden an Gebäuden, sondern auch für Fragen des Grundbaus bestellt und vereidigt. Der Gutachtensauftrag fällt daher in sein Fachgebiet. Es ist auch nicht vorgetragen, daß ein neuer Gutachter über überlegene Forschungsmittel verfügen könnte. Schließlich enthalten die verschiedenen gutachterlichen Stellungnahmen des Sachverständigen Dipl.-Ing. auch keine inneren Widersprüche. Die Beklagten werfen ihm, soweit nachvollziebar, gerade vor, daß er trotz ihrer Angriffe bei seiner einmal gewonnenen Überzeugung zu den Ursachen der Wasserschäden am klägerischen Haus geblieben ist.

3. Der Senat ist jedoch anders als das Landgericht der Auffassung, daß nur die Beklagte zu 1) als Störerin im Sinn der §§ 862, 1004 BGB in Anspruch genommen werden kann.

a) Die Beklagte zu 1) haftet jedenfalls als Zustandsstörerin, da durch ihren maßgebenden Willen der eigentumsbeeinträchtigende Zustand der Kanaltrasse aufrecht erhalten wird; von ihrem Willen hängt die Beseitigung dieses Zustandes ab.

Es kommt insoweit nicht darauf an, ob dieser Zustand von ihr oder auch nur mit ihrem Wissen herbeigeführt worden ist (BGH NJW 1999, 2896; NJW-RR 1996, 659; Staudinger/Gursky, BGB (1999), § 1004, Rdnr. 94, 105 m.w.N.).

Sie ist überdies auch Handlungsstörerin, da auf ihre Veranlassung hin der störende Zustand geschaffen wurde. Verschulden ist insoweit nicht erforderlich; es genügt die adäquat kausale Verursachung der Beeinträchtigung (BGHZ 48, 99/107; Staudinger/Gursky, a.a.O., Rdnr. 93, 125, m.w.N.). Wie oben ausgeführt, sind Drainage-Effekte die erwartbare Folge einer jeden Kanalbaumaßnahme.

Die Beklagte zu 1) kann sich ihrer Haftung als Störerin nicht mit der Begründung entziehen, sie sei nur Eigentümerin des Kanalrohrstrangs selbst, der umgebende Grund und Boden einschließlich des Verfüllmaterials stehe im Eigentum des Landkreises. Denn der Störer braucht nicht Eigentümer der störenden Sache zu sein (BGHZ 40, 22, Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1004, Rdnr. 94). Es genügt für die Zustandshaftung, daß die Störung für eine wertende Betrachtung noch zu dem von der Beklagten betriebenen Unternehmer, der Kanalisation, gehört, daß sie gleichsam eine Ausstrahlung der Betriebstätigkeit darstellt (Staudinger/Gursky, a.a.O., Rdnr. 127 m.w.N.). Im übrigen trifft die Beklagte zu 1), wie erwähnt, auch eine Verhaltenshaftung.

Die Störerhaftung der Beklagten zu 1) würde allenfalls dann entfallen, wenn sie keinerlei Einwirkungsmöglichkeit auf die Kanaltrasse mehr hätte, zur Beseitigung der Störung also nicht mehr imstande wäre (BGH NJW 1998, 3273; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004, Rdnr. 17).

Da insoweit von der Beklagten zu 1) nichts Gegenteiliges vorgetragen wird, geht der Senat aber davon aus, daß diese aufgrund des Rechtsverhältnisses, das sie zur Verlegung und Unterhaltung des Kanals berechtigt, auch zur Beseitigung der streitgegenständlichen Störung befugt ist oder sie zumindest veranlassen kann.

b) Die Beklagten zu 2) und 3) können dagegen seit Beendigung der Arbeiten nicht mehr in Anspruch genommen werden, mögen sie auch während der Bauzeit als Störer in Betracht gekommen sein.

Diese Enthaftung versteht sich nach der verschiedentlich vertretenen Meinung (Staudinger/Gursky, a.a.O., § 1004 BGB, Rdnr. 96 ff., m.w.N.), negatorische Haftung könne immer nur Zustandshaftung sein, von selbst, da weder die Beklagte zu 2) noch der Beklagte zu 3) derzeit den störenden Zustand der Kanaltrasse willentlich aufrechterhalten. Aber auch die herrschende Meinung, die am Begriff des Handlungsstörers festhält, läßt die auf §§ 1004, 862 BGB gestützte Haftung von Architekten und Bauunternehmern für die von ihnen verursachten Störungen mit dem Abschluß der Bauarbeiten enden (BGH NJW-RR 1996, 852; Palandt/Bassenge, a a.O., § 909 EGB, Rdnr. 9). Der Senat schließt sich dem an. Weder Bauunternehmer noch Architekt können zur Beseitigung der Störung herangezogen werden, weil sie nicht zur Verfügung über das Grundstück berechtigt sind, von dessen Zustand die Störung ausgeht.

4. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zu 1) nicht zur Vornahme bestimmter Maßnahmen zur Beseitigung der Störung verurteilt.

Denn es ist grundsätzlich Sache des Störers, mit welchen für beide Seiten zumutbaren Maßnahmen er das rechtlich gebotene Ziel - hier die Verschonung des klägerischen Anwesens von über die Kanaltrasse herangeführtem Wasser - erreicht (BGHZ 67, 252; NJW 1983, 751; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 1004 Rdnr. 51.)

Wie die Erörterungen vor dem Senat gezeigt haben, gibt es mehr als eine Methode, um dieses Ziel zu erreichen.

III.

Mit dem Erstgericht ist der Senat weiter der Auffassung, daß dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der an seinem Anwesen durch das über die Kanaltrasse herangeführte Wasser verursachten Schäden zusteht. Dieser Anspruch ergibt sich dem Grunde nach aus § 823 Abs. 1 BGB (schuldhafte Verletzung fremden Eigentums).

1. Der Senat teilt die Überzeugung des Erstgerichts, durch die verschiedenen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. sei bewiesen, daß die Kanaltrasse als Drainage nicht nur unerhebliche Wassermengen in den Bereich des klägerischen Anwesens heranführt und dort die unstreitig vorhandenen Schäden an der Bausubstanz wesentlich vergrößert hat.

a) Der Kläger macht zu Recht die Verletzung seines Eigentums geltend. Das Gebäude steht unstreitig in seinem Eigentum; Schäden am Felsenkeller selbst werden nicht geltend gemacht. Die Frage nach der Natur der dem Kläger hinsichtlich des unter der Kreisstraße liegenden Teils des Felsenkellers zustehenden Rechts kann daher auch hier unentschieden bleiben.

b) Die Rechtsgutsverletzung ist auch die Folge der Handlungen der Beklagten zu 2) und 3). Zwar war dieses Anwesen schon seit jeher dem Zustrom von Wasser ausgesetzt, das auch unterirdisch von dem oberhalb des Hauses gelegenen Hang herabströmte und in den Felsenkeller sowie gegen die Grundmauern drückte. Der Kläger bzw. seine Rechtsvorgänger hatten hierauf durch die Verlegung einer Drainage im Boden vor der Nordseite des Gebäudes und durch die Anlegung eines an diese angeschlossenen Überlaufrohrs im Felsenkeller reagiert. Gleichwohl erscheinen auch dem Senat die Aussagen des Sachverständigen plausibel, durch die Verlegung der Kanaltrasse sei nicht nur eine Drainage entstanden, sondern diese bewirke angesichts ihrer Länge auch den Transport erheblicher Wassermengen. Für die Richtigkeit dieser Annahme des Sachverständigen, der über jahrzehntelange Erfahrung auf dem hier einschlägigen Gebiet verfügt, spricht insbesondere die bei den Augenscheinsterminen während des Beweissicherungsverfahrens wie auch während des erstinstanzlichen Streitverfahrens gemachte Beobachtung, daß der Felsenkeller bis zum Niveau des bereits erwähnten Überlaufrohrs voll gelaufen war, weil dar Kläger die von ihm nach dem Kanalbau installierte Pumpe für einige Stunden abgeschaltet hatte. Es erscheint höchst unwahrscheinlich, daß der Kläger mit einem solchen Zustand jahrzehntelang gelebt hat, ohne Gegenmaßnahmen, etwa in Gestalt der Installation einer Pumpe, zu ergreifen. Pumpen setzte der Kläger aber unstreitig erst nach den streitgegenständlichen Bauarbeiten ein.

Auch die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 823 Abs. 1 BGB sind bei den Beklagten zu 2) und 3) erfüllt.

a) Beide Beklagte handelten rechtswidrig.

Die Verletzung des Rechtsguts Eigentum durch ihr aktives Tätigwerden beim Kanalbauvorhaben indiziert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1996, 3205), der sich der Senat anschließt, die Rechtswidrigkeit. Rechtfertigungsgründe sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Soweit sich die Beklagte zu 2) darauf beruft, sie habe lediglich die Pläne des Beklagten zu 3) umgesetzt bzw. ihren Werkvertrag mit der Beklagten zu 1) erfüllt, ergibt sich hieraus kein Rechtfertigungsgrund. Denn weder die Beklagte zu 1) noch der Beklagte zu 3) waren rechtlich dazu in der Lage, wirksam in Verletzungen der Substanz des klägerischen Gebäudes einzuwilligen.

b) Der Beklagte zu 3) und die verantwortlichen Organe der Beklagten zu 2) (§ 31 BGB) haben das Eigentum des Klägers auch schuldhaft verletzt.

Beide Beklagten haften daher als Gesamtschuldner (§ 840 BGB) für den entstandenen Schaden.

Wie der Sachverständige wiederholt ausführt, ist allen im Tiefbau tätigen mit wenigstens mittelmäßiger Erfahrung bekannt, daß eine Rohrgrabenhinterfüllung aus verdichtbarem und damit wasserdurchlässigem Boden einen Wasserweg bildet, der auf das Umfeld drainierende Wirkung hat. Diese Wirkung ist auch durch noch so sorgfältige Verdichtung nicht zu verhindern. Da beide Beklagte nicht vortragen, ihnen habe die nötige Erfahrung im Tiefbau gefehlt, geht der Senat davon aus, daß beiden das Problem durchaus bewußt war.

Unter diesen Umständen hätten sie geeignete Gegenmaßnahmen treffen müssen, etwa durch wasserundurchlässige Sperren an den Haltungsenden bei den Einstiegsschächten. Soweit die Beklagten Bedenken gegen die dauerhafte Wirksamkeit solcher Sperren im großräumigen Hanggelände hegten, hätten sie wenigstens an einer so problematischen Stelle, wie sie der klägerische Felsenkeller darstellte, für Abhilfe sorgen müssen, etwa in Form der vom Sachverständigen vorgeschlagenen wasserdichten Überleitung. Zumindest aber wären sie verpflichtet und in der Lage gewesen, den oben erwähnten Rückstau zu vermeiden und so den überwiegenden Teil des herangeführten Wassers am Anwesen des Klägers vorbei zu leiten. Das in der Existenz des Felsenkellers bestehende besondere Problem war den Beklagten zu 2) und 3) spätestens seit dem Tag bekannt, an dem sie vom Kläger darauf hingewiesen wurden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Arbeiten unstreitig den Felsenkeller noch nicht erreicht. Es ist nicht vorgetragen, warum es zu diesem Zeitpunkt für Abhilfemaßnahmen zu spät gewesen sein sollte. Es spricht viel dafür, daß solche sogar noch nach der Öffnung des Felsenkellers im Zuge der Suchgrabung der Beklagten zu 2) möglich gewesen wären. Keinesfalls war es nötig, mit der Kanaltrasse den Felsenkeller anzuschneiden. Letzteres hat der Sachverständige aber bereits bei seiner Besichtigung des Kellers Ende 1995 zur Überzeugung des Senats festgestellt.

3. Dagegen haftet die Beklagte zu 1) unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für den entstandenen Schaden.

a) Der Kläger kann keine Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geltend machen. Er ist in den Schutzbereich der zwischen der Beklagten zu 1) einerseits und den Beklagten zu 2) und 3) andererseits bestehenden Werkverträge nicht einbezogen, da es an der erforderlichen Leistungsnähe fehlt (BGH NJW 1977, 2208; VersR 1962, 86; Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 328 BGB Rdnrn. 16, 31). Er ist wegen seiner Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) auch nicht schutzbedürftig.

b) Eine Haftung wegen einer Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB) scheidet jedenfalls deswegen aus, weil die Bediensteten der Beklagten zu 1) keine schuldhafte Amtspflichtverletzung begangen haben.

Die Beklagte zu 1) hat mit der Durchführung der Planungs- und Ausführungsarbeiten zur Errichtung des streitgegenständlichen Mischwasserkanals die Beklagten zu 2) und 3) eingeschaltet.

Nur deren Auswahl und Beauftragung kann noch als hoheitliches Handeln qualifiziert werden. Die Planungs- und Bauarbeiten selbst gehören in einem solchen Fall nicht mehr zum öffentlich-rechtlichen Pflichtenkreis der Beklagten zu 1) (BGHZ 48, 98/103; VersR 1973, 417; OLG Karlsruhe VersR 1976, 837; Palandt/Thomas, a.a.O., § 839 BGB, Rdnr. 25). Weder die Beklagte zu 2) noch der Beklagte zu 3) können als beliehene Unternehmer oder unselbständige Verwaltungshelfer qualifiziert werden, da ihnen keine hoheitlichen Kompetenzen übertragen wurden (Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 14 ff., m.w.N.). Es ist auch nicht vorgetragen, daß die Beklagte zu 1) auf die Tätigkeit der Beklagten zu 2) und 3) in so weitgehendem Maße Einfluß genommen hat, daß sie sich deren Verhalten wie eigenes zurechnen lassen muß, weil die beiden lediglich als ihr Werkzeug tätig geworden sind.

Auch der Kläger behauptet nicht, daß schon in der Beauftragung der Beklagten zu 2) und 3) eine Amtspflichtverletzung gelegen habe. In der Regel genügt ein Bauherr seinen Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte der Grundstücksnachbarn schon dadurch, daß er sorgfältig ausgewählte, fachkundige Architekten, Ingenieure Bauunternehmer mit der Lösung der anfallenden bautechnischen Aufgaben und deren sachgemäßer Durchführung betraut (BGH NJW 2001, 1865).

Eine Amtspflichtverletzung könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn die Bediensteten der Beklagten zu 1) ihr Wissen über das Vorhandensein und die Lage des Felsenkellers nicht an die Beklagten zu 2) und 3) weitergegeben hätten. Doch braucht diese Frage hier nicht entschieden zu werden, weil der Kläger nicht beweisen konnte, daß er die Beklagte zu 1) vor Beginn der Bauarbeiten entsprechend informiert hat. Der von ihm für seine diesbezügliche Behauptung angebotene Zeuge konnte sich bei seiner Vernehmung durch das Erstgericht an einen derartigen Hinweis nicht erinnern.

c) Dem Kläger steht auch kein bürgerlich-rechtlicher Aufopferungsanspruch bzw. nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gegen die Beklagte zu 1) zu.

Da die Beeinträchtigung des klägerischen Anwesens, wie oben dargelegt, nicht im Rahmen hoheitlicher, sondern im Rahmen privatwirtschaftlicher Betätigung der Beklagten zu 1) erfolgt ist, kommt nur ein solcher Anspruch, nicht ein solcher aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht (3GH2 48, 98/101 ff., 72, 289/291 f.; 121, 367; OLG Koblenz, NVwZ 2000, 1081).

Dieser Anspruch scheitert aber jedenfalls daran, daß der Kläger in der Zeit nach Durchführung der Bauarbeiten vor seinem Anwesen im April 1992 wenigstens 3 Jahre lang untätig geblieben ist und nichts zur Abwendung der Gefahr für sein Haus unternommen hat.

Auch wenn man zugunsten des Klägers schon den Antrag auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens vom 5. April 1995 und nicht erst die Klageerhebung Anfang 1997 als Abhilfeversuch wertet, kam dieser doch um Jahre zu spät, um dem Kläger den geltend gemachten Ausgleichsanspruch zu erhalten.

Denn dieser Anspruch setzt voraus, daß die Beeinträchtigung des eigenen Grundstücks aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgewehrt werden kann, wobei ein faktischer Duldungszwang genügt (BGH NJW 2001, 1865; 1999, 1029/1030; 1999, 2896; Palandt/Bassenge, a.a.O., § 906 BGB, Rdnr. 42).

Nach dem unstreitigen Sachverhalt traten die Durchfeuchtungsschäden im Haus des Klägers nicht schlagartig auf und der Kläger konnte die drohende Gefahr auch dank seines Felsenkellers rechtzeitig erkennen. Wie oben dargelegt, stand ihm auch ein Rechtsanspruch auf Störungsabwehr aus den §§ 1004 Abs. 1 bzw. 862 Abs. 1 BGB zu. Unter diesen Umständen war ihm die Abwehr des auf sein Anwesen einwirkenden Wassers - erforderlichenfalls im Wege des Eil-Rechtsschutzes - sowohl möglich als auch zumutbar und damit nicht "aus besonderen Gründen versagt" (Staudinger/Roth, BGB (1996), § 906, Rdnr. 68).

d) Der Kläger kann seinen Anspruch schließlich auch nicht auf § 2 Abs. 1 HPflG stützen, obwohl der streitgegenständliche Mischwasserkanal eine Rohrleitungsanlage im Sinne dieser Bestimmung darstellt (BGH VersR 1984, 38). Eine Haftung der Beklagten zu 1) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG scheidet schon deswegen aus, weil das Wasser, das den Kläger geschädigt hat, nicht von dieser Anlage ausgegangen ist. Die sog. Wirkungshaftung betrifft nur die Schäden, die von in der Rohrleitung transportierten Flüssigkeiten ausgehen (Filthaut, HPflG, 5. Aufl., § 2, Rdnr. 26, 31). Es muß sich die mit dem konzentrierten Transport des Wassers in einer Rohrleitung typischerweise verbundene besondere Betriebsgefahr verwirklichen, die den gesetzgeberischen Grund für die Einführung der strengen Haftung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HPflG bildete (BGH VersR 1990, 156/157).

Aber auch auf die sog. Zustandshaftung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HPflG kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Diese Haftung greift dort ein, wo das bloße Vorhandensein einer Anlage, die sich in einem nicht ordnungsgemäßen Zustand befindet, auf mechanische Weise einen Schaden herbeigeführt hat.

Zwar deckt der Gesetzeswortlaut den streitgegenständlichen Schadensfall noch ab, da es ohne den Kanal auch den Kanalgraben und damit die von diesem ausgehende Drainagewirkung nicht gegeben hätte. Doch geht es bei Schäden der vom Kläger hier geltend gemachten Art nicht mehr um die Auswirkung derjenigen Gefahren, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll. Diese Schäden werden vom Schutzzweck der Norm nicht mehr erfaßt. Denn ursächlich für diese Schäden war nicht der Zustand der Leitung selbst, sondern der ihrer, wenn auch unmittelbaren Umgebung (BGH VersR 1994, 864; Filthaut, VersR 1997, 145/148; ders., a.a.O., Rdnr. 33 a).

4) Der Kläger kann jedoch nur einen Betrag von 3.200,00 Euro ersetzt verlangen, da nicht nachgewiesen ist, daß ein höherer Betrag zur Herstellung des früheren Zustands seines Hauses erforderlich ist (§ 249 Satz 2 BGB).

a) Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 5. März 1996 festgestellt, daß die streitgegenständliche Kanalbaumaßnahme dazu geführt hat, daß in den beiden östlich gelegenen Räumen im Erdgeschoß des klägerischen Anwesens, nämlich in der Speise (Raum Nordost) und in der Küche (2. Raum an der Ostseite von Korden) bestehende alte Feuchtigkeitsschäden verstärkt und neue Feuchtigkeitsschäden hervorgerufen worden sind. Die Beseitigung dieser Schäden bzw. die Erstattung der hierfür erforderlichen Kosten kann der Kläger von beiden Schädigern verlangen.

Die Beklagten zu 2) und 3) sind dagegen nicht verpflichtet, zusätzlich die Kosten von baulichen Vorkehrungen gegen Feuchtigkeitseinwirkungen zu erstatten, die zwar zweckmäßig sind, vor dem schadensstiftenden Ereignis aber nicht vorhanden waren. Werterhöhungen der beschädigten Sache muß der Schädiger nicht finanzieren (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Vorb. v. § 249, Rdnr. 146, m.w.N.).

b) Aus dem gleichen Grund kann der Kläger die Kosten einer Unterfangung an der Nord- und Ostwand seines Hauses mit einem wenigstens 1 m hohen Betonfundament und einer darüber eingebauten Feuchtigkeitssperre nicht ersetzt verlangen. Denn eine solche Unterfangung hat es vor dem Schadensfall nicht gegeben. Gleiches gilt für den auf diese Betonunterfangung aufzubringenden außenseitigen Putzgrund nebst Dickbeschichtung.

Diese Arbeiten können auch nicht mit der Begründung, es müßten Gefahren für die Statik des Hauses beseitigt werden, als Schadensbeseitigungsmaßnahmen angesehen werden. Denn weder eine statische Gefährdung noch die Ursächlichkeit der Kanalbauarbeiten für sie steht mit der nötigen Sicherheit fest. Der Sachverständige führt hierzu in seinem Gutachten vom 17. Mai 2001 lediglich aus, daß die zusätzlichen Wasserbelastungen eine Beeinträchtigung der Gründung des Gebäudes verursachen könnten. Er sagt nicht, daß eine solche eingetreten ist. Auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 25. September 2001 führt er zur Abdichtung der Kellerumfassungswände nur aus, diese sei wegen der erhöhten Belastung durch das herangeführte Schicht- und Kluftwasser erforderlich. Er argumentiert gerade nicht damit, es gehe um die Beseitigung bereits eingetretener statisch bedingter Schäden. Bei seiner mündlichen Anhörung durch den Senat stellte der Sachverständige klar, eine statische Gefährdung sei zwar möglich, er könne aber eine konkrete Gefahr für das Haus nicht erkennen.

Zu bezahlen sind demnach nur der Abbruch und die Entsorgung des alten sowie der Einbau eines neuen Küchenfußbodens. Auch der Einbau eines Sanierputzes in dem unteren Wandbereich zählt noch zu den Schadensbeseitigungsmaßnahmen.

Somit dienen nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Beweissicherungsgutachten lediglich Aufwendungen in der Größenordnung von 8.000 DM der Schadensbeseitigung und sind ersatzfähig.

Diesem Betrag ist die gesetzliche Mehrwertsteuer von zur Zeit 16 % - maßgeblicher Zeitpunkt für die Schadensbemessung ist der Zeitpunkt der Erfüllung des Ersatzanspruchs (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 174.) - hinzuzusetzen und er muß, wie oben erörtert, in Euro umgerechnet werden. Insgesamt schätzt der Senat die Schadensbeseitigungskosten auf 4.800 Euro (§ 287 ZPO).

Auch der Feststellungsantrag ist nur insoweit begründet als er sich auf die zur Beseitigung der vorhandenen Schäden erforderlichen Aufwendungen bezieht. Er muß abgewiesen werden, soweit es Schutzmaßnahmen gegen künftige Durchfeuchtung betrifft.

Da bei Durchführung der Sanierungsmaßnahmen nach den Gutachten des Sachverständigen auch ältere, bereits vor dem Bau der Kanaltrasse vorhandene Schäden mit behoben werden, ist der oben errechnete Betrag um einen Abschlag in Höhe von etwa einem Drittel zu kürzen. Der Kläger kann daher nur 3.200 Euro von den beiden Beklagten zu 2) und 3) ersetzt verlangen.

c) Dieser Betrag muß allerdings nicht weiter unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 BGB) gekürzt werden.

Zwar wäre es dem Kläger objektiv möglich gewesen, den Schaden durch den Gebrauch von Rechtsbehelfen abzuwenden oder doch wesentlich zu mindern. Doch sieht der Senat noch kein verschulden darin, daß der Kläger auch über längere Zeit versucht hat, mit "seiner" Gemeinde ohne gerichtliche Hilfe zu einer Lösung zu kommen. Für die Annahme eines Mitverschuldens durch Unterlassen möglicher Abpumpmaßnahmen ist zu wenig von Seiten der Beklagten vorgetragen. Nachdem unstreitig seit 1992 Pumpen beim Kläger vorhanden waren, hätten diese darlegen müssen, daß der Kläger die vorhandenen Pumpen nicht eingesetzt hat. Dies ist nicht geschehen.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 ZPO.

Zu Lasten des Klägers wirkte sich aus, daß seine Klage, soweit sie erfolgreich war, jeweils nur gegen einen Teil der in Anspruch genommenen Beklagten Erfolg hatte, und daß ihm zudem auch der Höhe nach nur etwa 1/3 der geltend gemachten Schadensersatzansprüche zugesprochen werden konnte. Letzteres wirkte sich auch auf die Kostenverteilung im Bezug auf den Feststellungsantrag aus.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Nach § 546 Abs. 2 ZPO a.F. war der Wert der Beschwer festzusetzen. Dabei mußten sowohl beim Kläger als auch bei den Beklagten nach den §§ 2, 5 Hs. 1 ZPO die gegen die drei Streitgenossen gerichteten Ansprüche, zusammengerechnet werden (Thomas/Putzo, a.a.O., § 546, Rdnr. 12). Die Beschwer entspricht demnach - im Euro umgerechnet -

a) beim Kläger dem vollen Streitwert, da er mit jedem Bestandteil seiner Klage gegen zumindest einen Streitgenossen unterlegen ist,

b) bei den Beklagten einheitlich (BGH NJW 81, 578; 84, 927 f.) der Summe des Wertes aller Klagebestandteile, in denen die Klage gegen zumindest einen Streitgenossen Erfolg hatte (14.827,46 Euro für Nr. II des Urteilstenors, 3.200,00 Euro für Nr. III und 1.142,74 Euro für Nr. IV; den letztgenannten Betrag hat der Senat dadurch ermittelt, daß er den Wert des Teiles, in dem die Zahlungsklage gegen die Beklagten zu 2) und 3) Erfolg hatte - 3.200,00 Euro -, ins Verhältnis setzte zum vorhergehenden Klageantrag Nr. II - 14.316,17 Euro - und die hierbei errechnete Erfolgsquote - 22,35 % - auf den mit 5.112,92 Euro bewerteten Feststellungsantrag übertrug).

Ende der Entscheidung

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