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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 25.02.2005
Aktenzeichen: 5 U 3721/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 260 Abs. 1
BGB § 2314 Abs. 1
Der Erbe kann die dem Pflichtteilsberechtigten geschuldete Auskunft auch in Form eines Schriftsatzes seines Rechtsanwalts erteilen. Eine eigenhändige Unterschrift des Erben ist nicht erforderlich.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

5 U 3721/04

Verkündet am 25.02.2005

In Sachen

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Richter am Oberlandesgericht Redel als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25.01.2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Landgerichts Regensburg vom 15. Oktober 2004 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit sie auf Auskunft gerichtet ist.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 750,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beklagte ist die Alleinerbin des am 15. Juli 2003 verstorbenen A M, die Klägerin ist eine seiner drei Töchter. Mit Anwaltsschreiben vom 07. Oktober 2003 forderte die Klägerin die Beklagte auf, Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen. Diese teilte daraufhin mit Anwaltsschriftsatz vom 19. November 2003 u. a. den Stand verschiedener Bankkonten zum Todestag des Erblassers sowie die Höhe der angefallenen Erbfallkosten mit. Erst im Berufungsverfahren erklärte sie ergänzend, ein auf den Erblasser zugelassener PKW BMW 52Oi gehöre nicht zum Nachlass, sondern stehe im Eigentum der Tochter A M. Ein BMW-Motorrad sei für 1.500,00 Euro an einen Herrn S verkauft worden. Den Erlös habe die Tochter A M als Ausgleich für die Aufwendungen erhalten, die ihr durch die Anreise von ihrem Wohnort in Spanien und die Abwicklung des Nachlasses entstanden seien. Von Schenkungen des Erblassers sei ihr nichts bekannt.

Die Klägerin hat auf die Auskunft vom 19. November 2003 hin eine Stufenklage erhoben und den darin enthaltenen Auskunftsantrag zunächst nur damit begründet, dass die mit Anwaltsschreiben erteilte Auskunft nicht eigenhändig von der Beklagten unterschrieben sei.

Das Landgericht Regensburg hat die Beklagte mit dieser Begründung mit Teilurteil vom 15. Oktober 2004, auf das wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, zur Auskunftserteilung verurteilt. Gegen dieses ihr am 20. Oktober 2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03. November 2004 Berufung eingelegt und das Rechtsmittel sogleich begründet.

Die Beklagte macht geltend, der Auskunftsanspruch der Klägerin sei durch das Anwaltsschreiben vom 13. November 2004 erfüllt. Es gebe keine Pflicht zu eigenhändigen Unterzeichnung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 02. November 2004 sowie den weiteren Schriftsatz vom 19. Januar 2005 Bezug genommen.

Die Beklagte stellt den Antrag:

Das Teilurteil des Landgerichts Regensburg vom 08. Oktober 2004, Az.: 1 O 1040/04, wird aufgehoben. Der Klageantrag zu 1. wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 15.10.2004, Az.: 1 O 1040/04, zurückzuweisen.

Die Klägerin hält mit dem Erstgericht eine eigenhändige Unterschrift der Beklagten für erforderlich. Ergänzend macht sie erstmals mit der Berufungserwiderung geltend, ihr Auskunftsanspruch sei auch deswegen noch nicht vollständig erfüllt, weil die erteilte Auskunft inhaltlich unvollständig und zum Teil auch unrichtig sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Klägerin wird auf die Berufungserwiderung vom 17. Januar 2005 und den weiteren Schriftsatz vom 15. Februar 2005 verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die vom Erben nach § 2314 BGB geschuldete Auskunft muss von diesem nicht eigenhändig unterschrieben werden, da das Gesetz insoweit keine bestimmte Form vorschreibt. Dies entspricht der nahezu einhelligen Meinung in Literatur und Rechtsprechung sowohl zum Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB wie zu den anderen im Gesetz geregelten Auskunftsansprüchen etwa aus Anlass von Scheidung und Trennung (OLG Hamburg OLGE 11, 264; BayObLGZ 07, 261; OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 220; KG FamRZ 1997, 503; OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 763 u. FuR 2000, 294; OLG Nürnberg FuR 2000, 294; Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Auflage, § 1379 Rdnr. 10 u. § 1580 Rdnr. 4 a. E., MünchKomm-BGB/Koch, 4. Auflage, § 1379 Rdnr. 16; Staudinger/Thiele, BGB (2000), § 1379 Rdnr. 17; Johannsen/Henrich/Jaeger/ Eherecht, 4. Auflage, § 1379 Rdnr. 5; MünchKomm-BGB/Frank, 4. Auflage, § 2314 Rdnr. 10; Staudinger/Haas, BGB (1998), Staudinger-Ferid-Cieslar, 12. Auflage, § 2314 Rdnr. 28; Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Auflage, § 2314 Rdnr. 20; Erman/Schlüter, BGB, 10. Auflage, § 2314 Rdnr. 5; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Auflage, § 37 XII 2 b; Bamberger/Roth/Mayer, BGB, § 1379 Rdnr. 6, ders. § 2314 Rdnr. 13).

Die von den Oberlandesgerichten Köln (FamRZ 2003, 235), Hamm (FamRZ 2001, 763) und München (FamRZ 1995, 737; 1996, 307) - überwiegend ohne nähere Begründung - vertretene gegenteilige Auffassung überzeugt nicht. Denn weder die Einstufung als höchstpersönliche (BGH NJW-RR 1986, 369) Wissenserklärung noch die sich eventuell aus § 260 Abs. 1 BGB ergebende Notwendigkeit, die Auskunft schriftlich zu erteilen, erfordert zwangsläufig eine eigenhändige Unterschrift des Auskunftspflichtigen. Denn daraus folgt lediglich, dass der Pflichtige die Auskunft selbst erteilen muss. Dies bedeutet nicht, dass er sich zu ihrer Übermittlung nicht dritter Personen, etwa eines Anwalts bedienen darf. Anders mag es sein, wenn nur durch eine eigenhändige Unterschrift sichergestellt werden kann, dass die Auskunft wirklich vom Auskunftspflichtigen herrührt. Auf eine derartige Notwendigkeit deutet im vorliegenden Fall aber nichts hin.

Daher konnte der Anwalt der Beklagten im Streitfall als Bote der Erklärenden auftreten.

2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch mehr auf Ergänzung der von der Beklagten erteilten Auskunft zu. Ein etwa durch den Sachvortrag in der Berufungserwiderung begründeter Anspruch ist durch Erfüllung erloschen (§ 362 BGB).

a) Ein solcher Ergänzungsanspruch kann bestehen, wenn bei Erstellung der Auskunft zwar die erforderliche Sorgfalt gewahrt worden ist, das Verzeichnis aber dennoch unvollständig ist. Glaubte etwa der Pflichtige aufgrund eines Rechtsirrtums ein bestimmter Gegenstand gehöre nicht zum Nachlass oder hat er erkennbar keine Angaben über ganze Gruppen von Nachlassgegenständen wie etwa Schenkungen gemacht, so kann Ergänzung verlangt werden (MünchKomm-BGB/Lange, a. a. O., § 2314 Rdnr. 11; Bamberger/Roth/Mayer, a. a. O.; OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 777; OLG Hamburg NJW-RR 1989, 1285).

Dies ist jedoch hier nicht der Fall. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 19. Januar 2005 ausdrücklich erklärt, von Schenkungen nichts zu wissen und hat diese Behauptung im Senatstermin vom 25. Januar 2005 bestätigt. Bei dieser Gelegenheit hat sie auch die erforderlichen Auskünfte zu den beiden Fahrzeugen erteilt und damit ihre Pflicht erfüllt.

b) Der Sachvortrag der Klägerin zur angeblichen Unrichtigkeit der erteilten Auskünfte kann im gegenwärtigen Verfahrensabschnitt nicht berücksichtigt werden.

Der Senat kann über die streitgegenständliche Klage nur insoweit entscheiden als das Landgericht bereits über sie entschieden hat. Da das angefochtene Teilurteil nur die erste Stufe, den Auskunftsanspruch, betrifft, darf der Senat nicht von sich aus über die zweite oder gar die dritte Stufe verhandeln und entscheiden (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 26. Auflage, § 254 Rdnr. 9).

Im Rahmen der Auskunftsstufe kann aber nur die Vollständigkeit, nicht die Richtigkeit der erteilten Auskünfte überprüft werden. Ist das vorgelegte Verzeichnis nach Meinung des Berechtigten unrichtig, kann er nicht Ergänzung, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 BGB die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verlangen und muss im übrigen die erforderliche Klärung der Richtigkeit im anschließenden Zahlungsprozess versuchen (Palandt/Edenhofer, BGB, 64. Auflage, § 2314 Rdnr. 10; Bamberger/Roth/Mayer, a. a. O., Rdnr. 14; MünchKomm/Lange, a. a. O., Rdnr. 11).

3. Das Verfahren über die weiteren Stufen der vorliegenden Klage muss vor dem Gericht des ersten Rechtszugs fortgesetzt werden. Einen Terminsantrag kann insoweit auch die Beklagte stellen (Thomas/Putzo/Reichold, a. a. O., Rdnr. 8).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Sie betrifft nur das Berufungsverfahren selbst. Über die übrigen Kosten des Rechtsstreits kann erst nach Abschluss des gesamten Prozesses in einer einheitlichen Entscheidung befunden werden (Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 254 Rdnr. 5; Zöller/Herget, a. a. O., § 97 Rdnr. 7).

Die Entscheidung über die vorläufige, Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Streitwert des Berufungsvefahrens richtet sich nach dem Abwehrinteresse der Berufungsklägerin. Das wird in erster Linie durch den voraussichtlichen Aufwand an Zeit und Kosten bestimmt, der für sie mit der Auskunftserteilung und Rechnungslegung verbunden wäre (BGH GrZS Z 128, 85). Der Senat schätzt diesen Aufwand auf nicht mehr als 750,00 Euro.

5. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Denn die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Soweit einzelne Oberlandesgerichte zur Notwendigkeit einer eigenhändigen Unterschrift eine abweichende Absicht vertreten, betreffen diese Entscheidungen andere, insbesondere familienrechtliche Auskunftsansprüche, nicht solche aus § 2314 BGB.

Ende der Entscheidung

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