Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 24.11.2009
Aktenzeichen: 5 W 2238/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 2 S. 1
Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Hausanwalts einer Versicherung sind auch auf Fälle anwendbar, in denen die Versicherung nicht selbst Partei ist, aber den Rechtsstreit aufgrund ihrer Rechtsschutzverpflichtung im Namen des Versicherungsnehmers (bzw. dessen Erben) führt.
Oberlandesgericht Nürnberg

Az.: 5 W 2238/09

In Sachen

wegen Forderung u.a.

hier: sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss

erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg -5. Zivilsenat- durch den Richter am Oberlandesgericht Heckel als Einzelrichter am 24.11.2009 folgenden

Beschluss:

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 3. September 2009, Az. 15 O 581/08, wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Beschwerdewert wird auf 269,06 € festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger machte gegen die im Landgerichtsbezirk Weiden i. d. OPf. wohnhaften Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche vor dem Landgericht Weiden i. d. OPf. geltend. Die Beklagten wurden hierbei als Erben des verstorbenen Herrn ... für einen von diesem nach Auffassung des Klägers verursachten Schaden in Anspruch genommen. Der Verstorbene war bei der ... AG in Köln haftpflichtversichert. Mit dieser wurde durch den Klägervertreter der außergerichtliche Schriftverkehr geführt (Anlage K 7a). Der Streitwert betrug 109.475,21 € (Bl. 64 d.A).

In dem Rechtsstreit wurden die Beklagten durch einen Rechtsanwalt aus einer in Köln ansässigen Kanzlei vertreten. Dieser war durch den Haftpflichtversicherer der Beklagten mandatiert worden (Blatt 57 d. A) und ist für die hinter den Beklagten stehende Haftpflichtversicherung regelmäßig und bundesweit tätig (Blatt 57 d. A).

Zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Weiden i. d. OPf. am 30.4.2009 reiste ein Rechtsanwalt dieser Kanzlei aus Köln an.

Der Rechtsstreit wurde im Termin durch Abschluss eines Vergleichs erledigt. Nach diesem Vergleich trägt der Kläger 74 % der Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten (Blatt 49 d.A).

Mit Schriftsatz vom 10.6.2009 stellte der Beklagtenvertreter Kostenfestsetzungsantrag. Er beantragte unter anderem die Festsetzung von Reisekosten gemäß Nr. 7003 - 7006 VV RVG in Höhe von 363,60 € (Blatt 57 d. A).

Auch der Klägervertreter stellte Kostenfestsetzungsantrag (Blatt 62 d. A).

Mit Beschluss vom 3.9.2009 setzte das Landgericht Weiden i. d. OPf. die von der Klagepartei an die Beklagtenpartei zu erstattenden Kosten auf 3.438,67 € fest. Die Festsetzung erfolgte auf beiden Seiten jeweils antragsgemäß. Die Reisekosten des Beklagtenvertreters von Köln nach Weiden zur Wahrnehmung des Termins wurden als notwendige Kosten auf der Beklagtenseite in vollem Umfang anerkannt (Blatt 68 d. A).

Gegen diesen dem Klägervertreter am 4.9.2009 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit Schriftsatz vom 9.9.2009, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, "Erinnerung" eingelegt. Er rügt den Ansatz der Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten und hält diese für nicht notwendig. Die Beklagten hätten seiner Ansicht nach einen im Landgerichtsbezirk Weiden i. d. OPf. ansässigen Rechtsanwalt beauftragen müssen. Da nur sie Partei des Rechtsstreits waren, komme es nicht auf die hinter ihnen stehende Versicherung an (Blatt 70/71 d. A).

Mit Beschluss vom 28.10.2009 hat das Landgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen (Blatt 77/78 d. A).

II.

Statthaftes Rechtsmittel gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist gemäß § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO die sofortige Beschwerde. Die Beschwerdesumme übersteigt den in § 567 Abs. 2 ZPO festgelegten Wert.

Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt und somit zulässig.

In der Sache erweist es sich aber als unbegründet.

Zutreffend hat der Beklagtenvertreter bereits in seinem Kostenfestsetzungsantrag auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit der Reisekosten des "Hausanwalts" einer Versicherung hingewiesen (BGH IV ZB 44/05).

Richtig ist der Einwand des Klägers, dass Partei des vorliegenden Rechtsstreits nicht die - ebenso wie der Beklagtenvertreter in Köln ansässige - Versicherung ist, sondern die im Landgerichtsbezirk Weiden i. d. OPf. wohnhaften Beklagten, und die vorgenannte Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Hausanwalts grundsätzlich nicht gilt, wenn der Versicherer an dem Rechtsstreit nicht beteiligt ist (Zöller, ZPO, 28. Auflage, Rdnr. 13 zu § 91, Stichwort "Reisekosten").

Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht aber darin, dass der Versicherer, welcher die Beklagtenvertreter unstreitig mandatiert hat, gemäß § 3 II Nr. 3 der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) bzw. § 3 III Nr. 3 AHB-GDV verpflichtet war, dem in Anspruch genommenen Versicherungsnehmer bzw. dessen Erben Rechtsschutz zu gewähren und den Rechtsstreit im Namen des Versicherungsnehmers auf seine Kosten zu führen. Gemäß § 5 Nr. 4 AHB hat der Versicherungsnehmer, wenn es zu einem Prozess über den Haftpflichtanspruch kommt, dem Versicherer die Prozessführung zu überlassen und dem von dem Versicherer bestellten Anwalt Vollmacht und Aufklärung zu geben. Der Versicherungsnehmer ist nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch ganz oder zum Teil oder vergleichsweise anzuerkennen oder zu befriedigen (§ 5 Nr. 5 AHB).

Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Hausanwalts einer Versicherung sind deshalb auch auf die Fälle anwendbar, in denen die Versicherung nicht selbst Partei ist, aber den Rechtsstreit aufgrund ihrer Rechtsschutzverpflichtung im Namen des Versicherungsnehmers oder dessen Erben führt.

Es handelt sich um notwendige Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO, wenn die in Köln ansässige Haftpflichtversicherung des verstorbenen Schädigers ihren ebenfalls in Köln ansässigen Hausanwalt mit der Führung des Rechtsstreits im Namen der Beklagten beauftragt und dieser zu dem Termin vor dem Landgericht Weiden i. d. OPf. anreist.

Das Landgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss unbestritten ausgeführt, dass die Reisekosten niedriger sind als die Kosten, die durch die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten angefallen wären.

Nach allem erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet und wird zurückgewiesen.

Gemäß § 97 Abs. 1 ZPO trägt der Kläger die Kosten der erfolglosen Beschwerde. Der Beschwerdewert beträgt 74 % der streitigen Reisekosten.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück