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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 27.07.2005
Aktenzeichen: 6 U 117/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 314
BGB § 631
BGB § 633
Ein mit der Bauplanung beauftragter Architekt hat bereits bei der Grundlagenermittlung zu prüfen, ob das Bauvorhaben grundsätzlich genehmigungsfähig ist. Eine Verletzung dieser Pflicht kann eine außerordentliche Kündigung des Architektenvertrags rechtfertigen und dazu führen, daß der Architekt auch für die erbrachten Leistungen keine Vergütung erhält.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

6 U 117/05

Verkündet am 27. Juli 2005

In Sachen

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Postler, den Richter am Oberlandesgericht Breitinger und die Richterin am Oberlandesgericht Bayerlein aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2005

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg vom 17. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten, des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluß:

Der Streitwert dess Berufungsverfahrens wird auf 362,277,55 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Architektenhonoraransprüche nach außerordentlicher Kündigung des Auftragsverhältnisses durch den Auftraggeber.

Im September 2002 erbte die Beklagte das mit einem Wohnkomplex, bestehend aus zwei zusammengebauten Wohnhäusern, und einer Lagerhalle bebaute Grundstück in der B 2 in R. Dieses liegt bauplanungsrechtlich in einem Industriegebiet. In einem solchen Gebiet kann gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO eine Wohnbebauung nur dann genehmigt werden, wenn die Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen oder für Betriebsinhaber und Betriebsleiter bestimmt sind, dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind.

Im November 2002 wandte sich die Beklagte, an die Klägerin, damit diese den Wohnkomplex für ihre Wohnbedürfnisse umplane. Auf Bitte des Geschäftsführers der Klägerin übergab die Beklagte diesem einige Wochen später die ursprüngliche Baugenehmigung, aus der sich ergab, dass diese aufgrund einer auflösenden Bedingung wegfällt, wenn das Wohnhaus nicht mehr für den Betriebsinhaber als - Betriebswohnung genutzt wird. Zum damaligen Zeitpunkt führte die Beklagte auf dem Grundstück keinen Betrieb. Die Lagerhalle war vielmehr an die Firma L R als Auslieferungslager vermietet. Dieses Mietverhältnis endete zum 31.12.2002. Da die Halle bei Beginn der Planungsarbeiten im November 2002 noch genutzt wurde, sah die Klägerin keine Veranlassung dazu abzuklären, ob und welchen Betrieb die Beklagte auf dem Grundstück führt.

Ende 2002/Anfang 2003 erstellte die Klägerin die Entwurfsplanung und begann mit der Genehmigungsplanung.

Erstmals am 13.02.2003 sprach die Mitarbeiterin der Klägerin, die Zeugin L K bei der Gemeinde R vor. Herr L vom Bauamt wies u. a. darauf hin, dass im Hinblick auf § 9 BauNVO sicherzustellen sei, dass der Bauherr Betriebsinhaber bzw. Betriebsleiter oder Aufsichtspersonal der sich auf dem Grundstück befindlichen Gewerbehalle sei; auch müsse darauf geachtet werden, dass die Wohnnutzung der Industrienutzung untergeordnet sei. Er riet, dies mit dem für die Erteilung der Genehmigung zuständigen Landratsamt abzuklären und ev. eine Bauvoranfrage zu machen. Hiervon sah man ab, erstellte die Genehmigungsplanung und reichte den Bauantrag im April 2003 ein.

Anfang 2003 legte die Klägerin der Beklagten ein Honorarangebot über einen Architektenvertrag hinsichtlich des Bauvorhabens vor. Nach weiteren Verhandlungen unterzeichnete die Beklagte am 25.5.2003 einen "Vertrag über Bauplanungsarbeiten". Darin übernahm die Klägerin die Architektengrundleistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 nach § 15 HOAI sowie die Leistungen für die Tragwerksplanung, die technische Ausrüstung und die landschaftsgärtnerische Planung.

Die Klägerin setzte ihre Arbeit fort, erstellte zum größten Teil die Ausführungsplanung und begann mit den Leistungsphasen 6, 7 und 8.

Da die Beklagte auf dem Grundstück als Gewerbebetrieb lediglich einen Imbisswagen angemeldet hatte und deshalb die Baugenehmigungsvoraussetzungen gemäß § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nicht erfüllt waren, wurde die Beklagte vom Landratsamt R mit Schreiben vom 04.06.2003 vorgeladen.

Die Beklagte nahm diesen Termin nicht wahr und ließ sich von Frau L - K vertreten. Nach dem Besprechungstermin vom 17.06.2003 wurde dem Landratsamt zum Nachweis der Betriebsinhaberschaft der Beklagten ein neuer Vertrag über die Vermietung der Lagerhalle vorgelegt. Am 11.07.2003 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass die Beklagte selbst Inhaberin des Gewerbes sein müsse und eine Verpachtung der Halle nicht ausreiche. Mit Schreiben vom 15.07.2003 bat die Klägerin die Beklagte, die Voraussetzungen der Betriebsinhaberschaft mit einem Juristen abzuklären. Daraufhin konsultierte die Beklagte ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten und ließ durch diesen mit Schreiben vom 21.07.2003, das die Klägerin am 22.07.2003 erhielt, den Vertrag über Bauplanungsarbeiten vom 15.03/25.05.2003 fristlos kündigen mit der Begründung, dass die Pläne der Klägerin nicht genehmigungsfähig seien.

Da die Beklagte an der Kündigung festhielt, rechnete die Klägerin die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen mit Rechnung vom 24.11.2003 in Höhe von insgesamt 362.277,55 € einschließlich Mehrwertsteuer ab. Mit Schreiben vom 26.11.2003 lehnte die Beklagte die Begleichung der Rechnung ab.

Zwischenzeitlich hat die Beklagte einen anderen Architekten beauftragt. Um die Genehmigungsvoraussetzungen für den Umbau des Wohnkomplexes nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zu schaffen, ließ die Beklagte zunächst die Lagerhalle umbauen und vergrößern und eröffnete dann einen Gewerbebetrieb für Kfz-Tuning. Infolgedessen wurde inzwischen die Baugenehmigung für den Umbau des Wohnkomplexes erteilt und mit dem Umbau begonnen.

Das Landgericht Regensburg hat die Honorarklage der Klägerin mit Endurteil vom 17.12.2004 abgewiesen. Nach Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme sah es als erwiesen an, dass die Planung der Klägerin mangels Genehmigungsfähigkeit wertlos sei, da die geplante Wohnbebauung dem Gewerbebetrieb nicht untergeordnet sei und sich diese auch nicht auf einem anderen Grundstück verwirklichen lasse. Auch habe die Klägerin weder nachweisen können, dass die Beklagte das Genehmigungsrisiko übernommen habe, noch dass zunächst eine Maximallösung mit Reduzierung nach Forderung der Behörden vereinbart worden sei. Die Beklagte sei deshalb auch nicht um das Honorar einer Voranfrage bereichert. Die Möglichkeit der Nachbesserung habe der Klägerin nicht eingeräumt werden müssen, da diese die Nachbesserung abgelehnt habe.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren fort.

Sie sieht die Auffassung des Landgerichts, die Planung sei mangels Unterordnung der Wohnnutzung nicht genehmigungsfähig und insgesamt unbrauchbar, als überraschend und nicht haltbar an. Zum einen sei die Planung nicht völlig wertlos; denn der Sachverständige T habe erklärt, dass nach den von ihr erstellten Plänen ein Neubau errichtet werden könne. Zum anderen erfülle die Planung auch die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 bzw. § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO. Aus den Berechnungen des Sachverständigen ergebe sich, dass die gewerbliche Nutzung nach Grundfläche und Baumasse überwiege. Auch sei die Lagerhalle bei Beginn der Planungsarbeiten genutzt worden, sodass kein Anlass bestanden habe zu von der Beklagten möglicherweise als neugierig empfundener Nachfrage, was für einen Gewerbebetrieb sie denn führe.

Die Beklagte habe gewusst, dass das streitgegenständliche Anwesen in einem Industriegebiet liege. Seitens der Klägerin sei die Beklagte von Anfang an darüber aufgeklärt worden, dass das Planungsvorhaben nur genehmigungsfähig sei, wenn sie selbst Betriebsinhaberin sei.

Die jetzt genehmigte Planung entspreche im Wesentlichen ihrer Planung. Hieraus ergebe sich, dass auch die Planung der Klägerin genehmigungsfähig sei. Das Erstgericht habe diesen Sachvortrag nicht berücksichtigt und somit gegen Art. 103 GG verstoßen.

Weiterhin ist die Klägerin der Ansicht, dass ihr ein Nachbesserungsrecht hätte eingeräumt werden müssen. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung liege nicht vor.

Auch sei die vom Erstgericht hinsichtlich der Zeugin L - K vorgenommene Beweiswürdigung floskelhaft und deshalb nicht nachvollziehbar.

Außerdem hätte das Erstgericht, da ihr die Berechnungen des Sachverständigen zu den Grundflächen und Baumassen nicht zugänglich gemacht worden seien, darauf hinweisen müssen, dass ihre hiergegen erhobenen Einwände nicht ausreichen würden.

Das Erstgericht habe sich auch nicht mit dem hilfsweise vorgebrachten Argument auseinandergesetzt, dass ihr zumindest ein Honorar für eine qualifizierte Bauvoranfrage zustehe. Bei der neuen Planung seien diese Leistungen im Wesentlichen übernommen worden. Die Beklagte habe somit diese Aufwendungen erspart.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Landgerichtes Regensburg vom 17.12.2004 (Az.: 1 O 948/04 (2)) aufzuheben

und

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 362.277,55 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins hieraus seit 26.11.2003 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Regensburg zurückzuweisen.

Sie nimmt auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag Bezug und verweist nochmals darauf, dass die fristlose Kündigung zu Recht ausgesprochen worden sei. Im Hinblick auf die unzureichende Abklärung der Genehmigungsvoraussetzungen durch die Klägerin sei sie hierzu berechtigt gewesen. Auch hätte ihr die Klägerin in dieser Situation keinen Generalplanervertrag unterbreiten dürfen. Ein Nachbesserungsrecht habe der Klägerin im Hinblick auf die Planungsversäumnisse und im Hinblick darauf, dass die Planung nicht nachbesserungsfähig gewesen sei, nicht eingeräumt werden müssen. Auch ein Honorar für eine Bauvoranfrage stehe der Klägerin nicht zu, da der jetzige Architekt auch mit den Leistungsphasen 1, 2 und 3 habe beauftragt werden müssen, sodass, falls sie die Klägerin für eine Bauvoranfrage bezahlen müsse, dieses Honorar doppelt erbringen müsse.

Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 149 - 162 d. A), die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 15.06.2005 (Bl. 259 - 269 d. A.) Bezug genommen.

II.

1.

Mit der Entscheidung über die Berufung der Klägerin musste nicht zugewartet werden bis das Tatbestandsberichtigungsverfahren abgeschlossen ist, denn die von der Klägerin beantragten Berichtigungen betreffen keine entscheidungserheblichen Gesichtspunkte (vergl. Leipold in Stein/Jonas, Zivilprozessordnung, 21. Aufl., § 320 Rdnr. 4).

Soweit die Klägerin begehrt, dass im Wege des § 320 ZPO der in den Entscheidungsgründen des Ersturteils für die Würdigung der Aussage des Zeugin L K genannte Gesichtspunkt, dass sich die Nervosität der Zeugin steigerte, als sie das Wiedererscheinen des Geschäftsführers der Klägerin im Sitzungssaal bemerkte, gestrichen wird, kommt eine Berichtigung offensichtlich nicht in Betracht, da es sich hierbei nicht um tatsächliches Vorbringen der Parteien handelt.

2.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht Regensburg hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Klägerin der nach § 649 S. 2 BGB geltend gemachte Honoraranspruch nicht zusteht.

Einen solchen Vergütungsanspruch kann die Klägerin nicht geltend machen, weil die Beklagte den mit ihr geschlossenen Architektenvertrag nicht gemäß § 649 BGB, sondern aus einem wichtigen, von der Klägerin zu vertretenden Grund gekündigt hat. Die Klägerin kann damit für die nicht erbrachten Leistungen keine Vergütung fordern (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 11. Auflage, Rdnr. 948; BGH NJW 1975, 825, 826). Aber auch der auf die erbrachten Leistungen entfallende Honoraranteil kann der Klägerin nicht zugesprochen werden, da diese für die Beklagte nicht brauchbar sind (aaO).

a)

Ein wichtiger Kündigungsgrund liegt vor, wenn einem Vertragsteil die Fortsetzung des Vertrages unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und Abwägung der Interessen beider Parteien nicht zugemutet werden kann (§ 314 Abs. 1 S. 2 BGB; BGH ZfBR 1997, 36 ff; Locher/Koeble/Frik, HOAI, 8. Aufl., Einl. Rdnr. 127; Werner/Pastor aaO Rdnr. 945). Dies ist dann anzunehmen, wenn die erbrachten Teilleistungen so schwerwiegende Mängel aufweisen, dass sie für den Auftraggeber wertlos sind (BGH NJW 1975, 825 f; Werner/Pastor aaO Rdnr. 953).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben, da die Klägerin die Grenzen der Genehmigungsfähigkeit ignoriert hat und deshalb die von ihr erbrachten Leistungen unbrauchbar sind.

Bei der Grundlagenermittlung, der Leistungsphase 1 nach § 15 HOAI, sind im Rahmen der Grundleistung "Klären der. Aufgabenstellung" seitens des Architekten nicht nur die Wünsche und Vorstellungen des Auftraggebers abzufragen, sondern u.a. auch zu klären, ob diese auf dem vorhandenen Grundstück realisiert werden können. D. h. der Architekt hat bereits in der Leistungsphase 1 zu prüfen, ob das Bauvorhaben grundsätzlich genehmigungsfähig ist (Locher/Koeble/Frik aaO § 15 Rdnr. 16; Werner/Pastor aaO Rdnr. 1477).

Dieser Verpflichtung ist die Klägerin nicht nachgekommen. Sie hat die bauplanungsrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen vor Beginn der Planungsarbeiten nicht abgeklärt.

Gegenstand des der Klägerin erteilten Bauplanungsvertrages waren der Umbau und die Erweiterung eines Wohnkomplexes auf einem in einem Industriegebiet gelegenen Grundstück. Ein solches Projekt ist nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO u.a. nur dann genehmigungsfähig, wenn die Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen oder für Betriebsinhaber und Betriebsleiter bestimmt sind. Die Klägerin hätte daher bereits bei der Grundlagenermittlung abklären müssen, ob die Beklagte diese Voraussetzungen erfüllt. Dies hat sie jedoch nicht getan. Wie sie selbst vorträgt, sah sie keine Veranlassung dazu, die Beklagte zu fragen, was für einen Gewerbebetrieb sie führe (Seite 5 des Schriftsatzes vom 22.03.2005). Eine solches Befragen wäre nicht nur im Hinblick auf die Frage unabdingbar gewesen, ob die Beklagte Betriebsinhaberin ist, sondern auch im Hinblick darauf, dass bei Beurteilung der weiteren Genehmigungsvoraussetzungen nach § 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, nämlich der Zuordnung der Wohnung zu dem Gewerbebetrieb die Art des Betriebes eine Rolle spielt (König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 44).

Die Frage der Betriebsinhaberschaft wurde seitens der Klägerin erst problematisiert, als das Landratsamt R nach Einreichung der Genehmigungsplanung auf die Nichtrealisierbarkeit des Vorhabens hingewiesen hatte. Erst mit Schreiben vom 15.07.2003 bat die Klägerin die Beklagte um Abklärung der Betriebsinhaberschaft mit einem Juristen. Dieser Hinweis erfolgte viel zu spät, nämlich nicht im Rahmen der Grundlagenermittlung, sondern zu einem Zeitpunkt, als die Leistungsphase 4 schon vollständig erbracht und die weiteren Leistungsphasen 5 bis 8 schon mehr oder weniger in Angriff genommen worden waren.

Auch bei den Leistungsphasen 2 und 3 hat die Klägerin die ihr obliegenden Pflichten in erheblicher Weise verletzt. Grundleistungen bei der Vorplanung bzw. Entwurfsplanung sind das Führen von Vorverhandlungen bzw. von Verhandlungen mit den Behörden über die Genehmigungsfähigkeit, § 15 Abs. 2 HOAI. Die Klägerin hat erstmals am 13.02.2003 mit einer Behörde, nämlich der Gemeinde R wegen der Baugenehmigung Kontakt aufgenommen. Dies war zu spät. Denn zu diesem Zeitpunkt war bereits die Entwurfsplanung erstellt und die Genehmigungspläne -die vorgelegten Vorabzüge datieren vom 20.02.2003- in Angriff genommen. Hinzu kommt, dass die Gemeinde zwar in das Genehmigungsverfahren eingebunden, aber nicht für die Erteilung der Genehmigung zuständig ist. D. h. die Klägerin hat die Genehmigungsfähigkeit nicht mit der für die Erteilung der Genehmigung zuständigen Behörde, dem Landratsamt R erörtert. Auch noch nachdem der Zeuge L, wie sich aus der Aktennotiz der Klägerin vom 13.02.2003 ergibt, u. a. darauf hingewiesen hatte, es müsse sichergestellt werden, dass der Bauherr Betriebsinhaber, Betriebsleiter oder Aufsichtspersonal sei, und zur Abklärung mit dem Landratsamt geraten hatte, sah die Klägerin von dem sich aufdrängenden Schritt ab, das Landratsamt einzuschalten.

Die Klägerin hat somit eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Genehmigung des Bauvorhabens, nämlich ob die Beklagte Betriebsinhaberin i. S. d. § 9 Abs. 3. Nr. 1 BauNVO ist, nicht abgeklärt. Dies stellt einen schweren von der Klägerin zu vertretenden Fehler dar, der die Leistung der Klägerin mangels Genehmigungsfähigkeit wertlos machte und die Beklagte zur fristlosen Kündigung berechtigte.

b)

Die von der Klägerin erbrachten Leistungen waren zum Zeitpunkt der Kündigung aufgrund der fehlenden Genehmigungsfähigkeit der erstellten Planung unbrauchbar und wertlos.

Auf die Möglichkeit, die Planungen der Klägerin auf einem anderen Grundstück verwirklichen zu können, braucht sich die Beklagte, entgegen der Ansicht der Klägerin, nicht verweisen zu lassen. Denn Gegenstand des der Klägerin erteilten Architektenauftrages war - was in Ziffer 1.1. des schriftlichen Vertrages nachgelesen werden kann- nicht die Planung eines Neubaus auf einem beliebigen Grundstück, sondern der Umbau und die Erweiterung des Wohnkomplexes auf dem Grundstück B 2 in R.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit dem Argument entlasten, dass es Aufgabe der Beklagten gewesen wäre, ihre Betriebsinhaberschaft herbeizuführen; wie oben dargelegt wurde, war es zunächst Aufgabe der Klägerin abzuklären, ob und in welcher Weise die Beklagte diese Voraussetzung erfüllt. Hierbei hätte sich herausgestellt, dass die Beklagte diese Voraussetzung allein durch ihre Stellung als Eigentümerin und Verpächterin nicht erfüllt und Schritte erforderlich sind, die Betriebsinhaberschaft herbeizuführen.

Es kann auch dahinstehen, ob die jetzt genehmigte Planung mit der der Klägerin identisch oder dieser ähnlich ist. Die genehmigte Planung wurde erst in Angriff genommen, nachdem die sich bei der Abklärung der Genehmigungsfähigkeit zu Tage getretenen Problemkreise Betriebsinhaberschaft und Unterordnung der Wohnnutzung durch Erweiterung der Lagerhalle und Eröffnung eines Tuning-Betriebes gelöst waren, somit lag dem von der Beklagten jetzt neu erteilte Architektenvertrag ein anderer Vertragsgegenstand zugrunde, nämlich ein Grundstück mit anderen Rahmenbedingungen.

c)

Die Klägerin hätte dann nicht für die dargelegten Fehler einzustehen, wenn die Beklagte das Risiko, dass die von der Klägerin erstellte Planung aufgrund der fehlenden Betriebsinhaberschaft nicht genehmigt wird, übernommen hätte (BGH BauR 2002, 1872ff; Werner/Pastor aaO Rdnr. 1482).

Die Klägerin, die hierfür die Beweislast trägt, konnte, wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, diesen Beweis nicht führen. Die vorgenommene Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Das Erstgericht hat sich detailliert und nachvollziehbar mit den Zeugenaussagen auseinandergesetzt. Eine floskelhafte Begründung liegt nicht vor. Zu Recht verweist das Landgericht darauf, dass etliche Umstände dafür sprechen, dass die Klägerin die Genehmigungsprobleme zunächst nicht gesehen oder verdrängt hat. Hierfür sprechen zum einen, dass erst nach dem Gespräch mit der Gemeinde am 13.02.2003, wie der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 04.08.2004 einräumte, die Bezeichnung der Pläne von "Wohnen in R Familie P in "Umbau eines Betriebswohnhauses für den Firmeninhaber und eines Betriebswohnhauses für das Aufsichtspersonal" umgeändert worden ist, und zum anderen die späte Kontaktaufnahme zur Gemeinde, das Untertassen der Kontaktaufnahme zum Landratsamt sowie das Unterlassen der Klärung der Frage, welchen Betrieb die Beklagte führt. Hinzu kommt die Äußerung des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2005 im Berufungsverfahren, dass er davon ausgegangen sei, dass genehmigungstechnisch manches möglich sei und vielleicht auch der Pachtvertrag ausreiche.

Anhaltspunkte für Zweifel an der Feststellung des Erstgerichts, die Beklagte habe die bestehenden Genehmigungsrisiken nicht übernommen, liegen nicht vor. Bedenken ergeben sich insbesondere nicht aufgrund des Eingeständnisses der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, sie habe im Architektenvertrag schon gelesen, dass es um den Umbau und die Erweiterung eines Betriebswohnhauses für den Firmeninhaber gehe. Denn allein die Kenntnis der Begriffe "Betriebswohnhaus", "Firmeninhaber" oder "Betriebsinhaber" reicht nicht aus, um eine Risikoverlagerung auf den Auftraggeber anzunehmen. Insoweit ist es vielmehr erforderlich, dass dem Auftraggeber die Risikoumstände und deren Bedeutung für die Genehmigungsfähigkeit deutlich vor Augen geführt werden. Darüber hinaus erfordert eine Risikoübernahme durch den Auftraggeber eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vereinbarung. Insoweit genügt es nicht, dass der Auftraggeber den Risikoumstand kennt (BGH BauR 2002, 1872 ff). Da der von den Parteien erst nach Erstellung und Einreichung der Genehmigungsplanung abgeschlossene Bauplanungsvertrag keine Regelung über eine Verlagerung des Genehmigungsrisikos enthält und auch keine weiteren Umstände vorliegen, aus denen sich dies ergeben könnte, fehlt es an einer solchen rechtsgeschäftlichen Risikoübernahme durch die Beklagte. Dafür dass es zu einer solchen nicht gekommen ist, spricht auch die bereits zitierte Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.06.2005 im Berufungsverfahren, er sei davon ausgegangen, dass genehmigungstechnisch manches möglich sei und vielleicht auch der Pachtvertrag ausreiche.

Dahinstehen kann, ob vor der Unterzeichnung des Architektenvertrages zunächst eine Maximallösung eingereicht werden sollte, wie die Zeugin L - K geäußert hat. Im Vertrag, der nach Einreichung des Bauantrages geschlossen wurde, ist hiervon nicht die Rede. Darin heißt es ausdrücklich in Ziffer 1. 3. Grundlage des Vertrages ist die überarbeitete Fassung vom 01.04.2004 der Variante 3 a der Planung vom 14.03.2003. Hinzu kommt, dass es im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzung "Betriebsinhaberschaft" keine Minimierungsmöglichkeit gab.

d)

Ein Nachbesserungsrecht steht der Klägerin nicht zu. Zu einem ist die Leistung der Klägerin nicht nachbesserungsfähig, denn die von der Klägerin vorgeschlagene Bebauung kann bei den bei Abschluss des Architektenvertrages vorhandenen Rahmenbedingungen nicht durchgesetzt werden. Zum anderen ist der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin im Hinblick darauf, dass diese bereits in der ersten Leistungsphase die Weichen falsch gestellt hat, nicht mehr zumutbar (§§ 314 Abs. 2 S.2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB; Werner/Pastor aaO Rdnr. 956).

e)

Die Kündigungserklärung erfolgte fristgerecht.

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Architektenvertrag als Dauerschuldverhältnis im Sinne des § 314 BGB anzusehen ist, denn die Frist des § 314 Abs. 3 BGB ist jedenfalls eingehalten.

Die Frist nach § 314 Abs. 3 BGB beginnt zu laufen mit Kenntnis des Kündigungsgrundes. Die Beklagte hat nicht bereits, wie die Klägerin in erster Instanz vorträgt, aufgrund der Vorladung des Landratsamtes R vom 04.06.2003 hinreichend Kenntnis von der Genehmigungsproblematik erlangt, da sie dieser Vorladung nicht gefolgt ist, sondern erst, nachdem ihr die Gesprächsnotiz vom 11.07.2003 mit Schreiben vom 15.07.2003 übermittelt worden ist. Die Kündigung ging der Klägerin nur wenige Tage später, nämlich am 22.07.2003, also rechtzeitig zu.

f)

Die Klägerin kann von der Beklagten auch nicht das Honorar für eine Bauvoranfrage verlangen.

Der Honoraranspruch für eine bloße Voranfrage umfasst in der Regel die Leistungsphasen 1 und 2 sowie ev. die Leistungsphase 3 (Locher/Koeble/Frik aaO § 15 Rdnr. 55; Werner/Pastor aaO Rdnr. 898). Aber gerade im Rahmen dieser Leistungsphasen sind der Klägerin -wie oben dargelegt wurde- die schweren Fehler unterlaufen, sodass auch diese für die Beklagte unbrauchbar und deshalb nicht zu vergüten sind.

3.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Die in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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