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Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 21.01.2008
Aktenzeichen: 6 U 2208/07
Rechtsgebiete: GmbHG, BRAO


Vorschriften:

GmbHG § 13 Abs. 2
BRAO §§ 59 c ff.
1. § 13 Abs. 2 GmbHG gilt auch für Rechtsanwaltsgesellschaften nach §§ 59 c ff. BRAO.

2. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers der Rechtsanwalts-GmbH kommt dann in Betracht, wenn er in besonderem Maß persönliches Vertrauen in Anspruch nahm oder ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgte.


Gründe:

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 6. Zivilsenat, durch die unterzeichneten Richter folgenden

I. (§ 522 Abs. 2 ZPO) Hinweis-Beschluss:

Nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand hat die Berufung der Kläger keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat beabsichtigt daher, das Rechtsmittel nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Kläger erteilten der ... Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, ... (im Folgenden: "... -GmbH") am 31. Mai 2006 Vollmacht zur Vertretung und Prozessführung in einer Mietstreitigkeit. Der Beklagte ist Geschäftsführer dieser Rechtsanwalts-GmbH. Er beriet die Kläger. Die Kläger fordern mit ihrer Klage vom Beklagten Schadensersatz wegen angeblicher Verletzung anwaltlicher Pflichten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Anwaltsvertrag nicht mit dem Beklagten, sondern mit der Rechtsanwalts-GmbH zustande gekommen sei.

1. Der Senat hat die Einwände der Berufungsführer gegen das angefochtene Endurteil geprüft und gewürdigt. Die in der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte reichen jedoch nicht aus, um dem Rechtsmittel zum Erfolg zu verhelfen.

Die Entscheidung des Landgerichts beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Zutreffend wies das Landgericht auf die Vorschrift des § 13 Abs. 2 GmbHG hin, wonach für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen haftet. Das für die GmbH tätig gewordene Organ haftet nur dann selbst, wenn es

- entweder in besonderem Maß persönliches Vertrauen in Anspruch nahm

- oder ein unmittelbar eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgte (Palandt-Grüneberg, BGB, 67. Auflage, § 311 Rn 60).

Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor.

a) Persönliches Vertrauen:

Die Kläger haben schon nicht substantiiert dargelegt, dass der Beklagte in besonderem Maß ihr persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe.

Obwohl das Landgericht in der Verhandlung vom 5. September auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt hinwies, fehlt in erster Instanz jeder Sachvortrag hierzu. Wenn die Kläger nun in der Berufungsbegründung das Konzept der ... -GmbH schildern und ausführen: "... haben die Kläger gerade bei der in Deutschland tätigen ... Rechtsanwalts GmbH persönliches Vertrauen dem Beklagten entgegengebracht, so legt dies eher den Schluss nahe, das Vertrauen der Kläger habe sich auf die GmbH und nicht auf die Person des Beklagten bezogen.

Die bloß routinemäßige Mandatierung einer Rechtsanwalts-GmbH ohne das Hinzutreten weiterer Umstände reicht nicht aus, um zu einer persönlichen Haftung des tätig werdenden Anwalts zu gelangen (Sassenbach AnwBl 2007, 293). Einen solchen Umstand hat die Rechtsprechung etwa darin gesehen, dass der Anwalt durch sein Auftreten eine über das normale Vertrauen des Mandanten hinausgehende persönliche Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Auftrags übernahm (BGH NJW-RR 2006, 993; Palandt-Grüneberg, aaO., Rn 63 m.w.N.). Derartige außergewöhnliche Umstände haben die Kläger nicht dargelegt.

b) Eigenes Interesse:

Das allgemeine Interesse des Geschäftsführers am Erfolg seines Unternehmens begründet noch keine Eigenhaftung (BGH NJW 1995, 1544; Palandt-Grüneberg, aaO., Rn 65). Dass der Beklagte - aus welchen Gründen auch immer - ein weitergehendes Interesse am Mandat der Kläger gehabt hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Es bleibt daher bei der Regelung des § 13 Abs. 2 GmbHG.

c) Für die Rechtsanwalts-GmbH bestehen keine weitergehenden Ausnahmen als oben geschildert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Februar 2001, 1 BvR 337/00, Rn 10, NJW 2001, 1560).

Zwar ist der Anwaltsberuf traditionell von einem Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant geprägt. Letzterer verlässt sich auf die fachliche Qualifikation, Einsatzbereitschaft und Loyalität des Anwalts und vertraut auf dessen Diskretion bei der Berufsausübung (BayObLGZ 1995, 353). Diese Situation war dem Gesetzgeber jedoch bewusst, als er im Jahr 1998 die Bundesrechtsanwaltsordnung um die Vorschriften über Rechtsanwaltsgesellschaften ergänzte (§§ 59c ff BRAO, in Kraft seit 1. März 1999). Das Verständnis vom Beruf des Rechtsanwalts hat sich seit Erlass der Bundesrechtsanwaltsordnung im Jahr 1959 erheblich gewandelt (BayObLG, aaO.) Die unbeschränkte persönliche Haftung ist für das Berufsbild des Rechtsanwalts nicht mehr maßgebend (vgl. BT-Drucks. 13/9820). Das ergibt sich bereits aus der Möglichkeit der vertraglichen Haftungsbeschränkung in § 51a BRAO.

Deshalb verzichtete der Gesetzgeber - nachdem der Referentenentwurf noch eine Handelndenhaftung vorgesehen hatte - bei Einführung der §§ 59c ff BRAO bewusst auf eine Bestimmung, die abweichend vom allgemeinen GmbH-Recht die persönliche Haftung des mit der Bearbeitung des Auftrags befassten Geschäftsführers anordnet (vgl. BT-Drucks. 13/9820; BR-Drucks. 1002/97 Seite 13; Sassenbach, aaO.; Feuerich/Braun, BRAO, 5. Auflage, § 59c Rn 6; Henssler, BRAO, 2. Auflage, Vorb. § 59c Rn 5, 6). Stattdessen schrieb der Gesetzgeber den Rechtsanwaltsgesellschaften den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung vor (§§ 59j, 59d Abs. 3, § 59h Abs. 3 Satz 1 BRAO). Die Mindestversicherungssumme beträgt 2.500.000 Euro. Sie ist damit zehn Mal so hoch wie die Mindestversicherungssumme für einen einzelnen Rechtsanwalt. Damit wollte der Gesetzgeber den Schutz des rechtsuchenden Publikums gewährleisten (vgl. BT-Drucks. 13/9820; BVerfG, aaO., Rn 9; Sassenbach, aaO.) und das Risiko ausgleichen, welches sich daraus ergibt, dass dem Mandanten sonst nur das Stammkapital der GmbH haftet. Dieses braucht 25.000 Euro nicht zu übersteigen (§ 5 Abs. 1 GmbHG) und kann längst aufgebraucht sein kann.

Danach liegt hier die von der Berufung reklamierte Regelungslücke nicht vor. Die Beschränkung der Haftung für den einzelnen Rechtsanwalt wird von vielen gerade als der Sinn der Rechtsanwalts-GmbH betrachtet (Sassenbach, aaO., Seite 294).

2. Der Fall hat keine grundsätzliche Bedeutung. Diese kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288 m.w.N.; Zöller-Gummer/Heßler, aaO., § 522 Rn 11). Im vorliegenden Fall stellen sich keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen; er veranlasst lediglich zur Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Palandt-Grüneberg, aaO. § 311 Rn 65). Die Ausnahmefälle, in denen eine Eigenhaftung des GmbH-Geschäftsführers eintritt, sind in der Rechtsprechung geklärt.

3. Aus den dargelegten Gründen müssen die Kläger mit der Zurückweisung ihrer Berufung durch - unanfechtbaren - Beschluss rechnen (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Sollten sich die Kläger im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Senats entschließen, ihr Rechtsmittel zurückzunehmen, hätte dies gegenüber einer förmlichen Zurückweisung gebührenrechtliche Vorteile (Ersparnis zweier Gerichtsgebühren).

II. Frist zur Stellungnahme für die Kläger: 22. Februar 2008.

III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert auf 5247,25 Euro festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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