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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 07.10.2002
Aktenzeichen: 7 WF 3020/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Zur Frage, ob die Verfolgung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt im Wege der isolierten Klage mutwillig ist, wenn der Anspruch auch als Folgesache im Scheidungsverbund hätte geltend gemacht werden können.
7 WF 3020/02

Nürnberg, den 7.10.2002

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, 7. Zivilsenat und Senat für Familiensachen, durch den unterzeichneten Einzelrichter folgenden

Beschluß:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht Neustadt a. d. Aisch vom 11.9.2002 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, über den Prozeßkostenhilfeantrag der Antragstellerin an das Amtsgericht - Familiengericht - Neustadt a. d. Aisch zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Die Parteien waren verheiratet und sind durch Urteil, des Amtsgerichts - Familiengericht - Neustadt a. d. Aisch vom 10.7.2002 geschieden.

In notariellen Eheverträgen vom 15.11.1993 und 24.11.1993 hatten sie u.a. auch Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt getroffen.

Zwischen ihnen fanden im Zusammenhang mit der Scheidung außergerichtliche Verhandlungen über den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Antragstellerin statt. Zuletzt bot der Antragsgegner mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 5.8.2002 der Antragstellerin die Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von 150,-- Euro bis 31.3.2003 an, wenn für die Zeit danach beiderseits auf Unterhalt verzichtet werde.

Mit am 13.8.2002 eingereichten Schriftsatz vom 12.8.2002 hat die Antragstellerin

- vom Antragsgegner die Zahlung eines nachehelichen Unterhaltes in Höhe von monatlich 513,-- Euro ab 1.8.2002 verlangt

- beantragt, ihr für das Verfahren Prozeßkostenhilfe, unter Beiordnung ihrer Prozeßbevollmächtigten zu bewilligen.

Mit Beschluß vom 11.9.2002 hat das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen.

Die Entscheidung ist damit begründet, daß im vorliegenden Fall ohne anerkennenswerte Gründe der nacheheliche Unterhalt nicht als Folgesache im Scheidungsverfahren geltend gemacht worden und die nunmehr erhobene isolierte Klage deshalb mutwillig sei.

Gegen diesen ihr am 13.9.2002 zugestellten Beschluß hat die Antragstellerin mit am 19.9.2002 eingegangenem Schriftsatz vom 18.9.2002 Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe weiterverfolgt.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil die Versagung von Prozeßkostenhilfe mit der Begründung, die Rechtsverfolgung der Antragstellerin sei mutwillig, nicht gerechtfertigt ist.

1). Die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen Prozeßkostenhilfe wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) zu versagen ist, wenn ein Ehegatte nachehelichen Unterhalt nach der Scheidung im Wege einer isolierten Klage verlangt obwohl er seine Ansprüche auch im Scheidungsverfahren als Folgesache hätte geltend machen können, ist in der Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. etwa Nachweise bei Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 623 Rn. 24 und 24 a; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., S. 182).

Die - dem angefochtenen Beschluß des Amtsgerichts zugrunde liegende - Auffassung, daß eine Rechtsverfolgung außerhalb des Verbundes, nur dann nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO sei, wenn für sie anerkennenswerte Gründe vorliegen, ist vor allem darauf gestützt, daß im Fall einer isolierten Klage - im Verhältnis zur Geltendmachung des Unterhaltes im Verbund - höhere gerichtliche und außergerichtliche Kosten anfallen.

Dem läßt - sich entgegen halten, daß

- eine Rechtsverfolgung im allgemeinen dann als mutwillig angesehen wird, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl. etwa Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 Rn. 30),

- damit also auf die Sicht und das Interesse der jeweiligen Partei abgestellt wird und

- diese bei der Verfolgung ihrer Ansprüche im Verbund sich kostenmäßig keineswegs besserstellen muß als bei der Erhebung einer isolierten Klage.

Denn während die Partei bei letzterer im Fall des - nach der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auch unter dem Aspekt einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage wahrscheinlichen - Obsiegens davon ausgehen kann, daß der Gegner, gemäß § 91 ZPO die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen hat, muß sie bei der Geltendmachung im Verbund damit rechnen, daß auch im Fall, des vollen Erfolges ihres Antrages auf nachehelichen Unterhalt die; durch die Folgesache, verursachten (Mehr-) Kosten gemäß § 93 a Abs. 1 S. 1 ZPO gegeneinander aufgehoben werden. Eine Sicherheit dahingehend, daß das Gericht in diesem Fall von der Ausnahmeregelung, des § 93 a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO Gebrauch machen wird, besteht für die Partei nicht.

Da sich damit nicht feststellen läßt, daß eine Geltendmachung des Unterhaltes im Wege der Folgesache für einen Kläger letztlich billiger ist spricht vieles dafür, daß dem Kläger, im isolierten Verfahren Prozeßkostenhilfe grundsätzlich nicht wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung verwehrt werden kann (so etwa auch Zöller/Philippi, a.a.O., § 623 Rn. 24 a).

Im vorliegenden Fall ist ein Mutwillen der Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin aber jedenfalls deshalb zu verneinen, weil die offensichtlich bis nach Beendigung des Scheidungsverfahrens laufenden Vergleichsverhandlungen der Parteien zum nachehelichen Unterhalt (vgl. etwa das Schreiben des Antragsgegners vom 5.8.2002) es auch aus der Sicht einer verständigen, nicht hilfsbedürftigen Partei gerechtfertigt hätten, den Unterhalt nicht schon im Verbund geltend zu machen.

2) Da das Amtsgericht sich zur Erfolgsaussicht des Klageantrages sowie zu den wirtschaftlichen Voraussetzungen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe bisher nicht geäußert hat und es der Senat nicht als sachgerecht ansieht, diese Prüfungen erstmals in der Beschwerdeinstanz vorzunehmen, war die Sache zur abschließenden Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag der Antragstellerin nach Prüfung der noch offenen Voraussetzungen an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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