Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 8 U 1652/01
Rechtsgebiete: GG, BGB


Vorschriften:

GG Art. 2
GG Art. 5
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 1004
Zur Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil sowie zur Güter- und Interessenabwägung zwischen dem Ehrenschutz für einen Gewerbebetrieb (hier: Geflügelmästerei) und dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit für einen Verein des Tier- und Naturschutzes.
Oberlandesgericht Nürnberg IM NAMEN DES VOLKES ENDURTEIL

8 U 1652/01

In Sachen

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Nürnberg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Endmann und die Richter am Oberlandesgericht Krauß und Horn aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2001

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. März 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens des Beklagten im Kostenausspruch gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von DM 20.000,00 abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sämtliche Sicherheiten können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland niedergelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

V. Die Beschwer der Klägerin beträgt DM 89.000,00.

Beschluß:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf

DM 89.000,00

festgesetzt.

Tatbestand:

Hintergrund des vorliegenden Rechtsstreits ist die öffentliche Diskussion um die "artgerechte" Haltung von Zucht- und Schlachttieren.

Die Klägerin betreibt auf dem ehemaligen Gelände der Großentenmästerei W in W; eine Gefügelzucht und Geflügelschlachterei. Sie sieht sich durch eine behauptete Pressekampagne des Beklagten in der Ausübung ihres Gewerbebetriebes verunglimpft und geschädigt.

Am 09.08.2000 hatte der Beklagte zu einem am 14.08.2000 abgehaltenen Pressegespräche an die "Damen und Herren von Presse, Rundfunk und Fernsehen" folgende Presseeinladung gerichtet:

"... zwei Jahre nach dem Großentenmäster W in W im Landkreis H /A Konkurs angemeldet hat, werden dort weiterhin Enten in tierquälerischen Großbeständen gemästet. Der BN weist seit einem Jahrzehnt auf Verstöße gegen Tier- und Umweltschutzbestimmungen hin. Unter dem Strich ist jedoch alles beim Alten geblieben. Deshalb ist jetzt der Gesetzgeber gefordert durch die Definition artgerechter Haltungsbedingungen den tierquälerischen Entenmastverfahren endlich ein Ende zu setzen. Einige Handelsketten haben auf die unhaltbaren Zustände reagiert und die dort gemästeten Enten aus ihrem Sortiment entfernt.

Der Bund Naturschutz möchte Sie bei einem

Pressegespräch

am Montag, 14. August 2000, um 10.30 Uhr in N, Gaststätte H G S , S

über die skandalösen Praktiken des Unternehmens in den letzten Jahren informieren und Ihnen die BN-Forderungen zur artgerechten Entenhaltung entsprechend des neuen Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vorstellen."

Die Klägerin erblickte hierin eine unwahre, geschäftsschädigende Tatsachenbehauptung über ihren Gewerbebetrieb. Sie forderte den Beklagten mit Anwaltsschriftsatz vom 08.09.2000 auf, eine vorformulierte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu unterschreiben. Der Beklagte lehnte dies ab.

Die Klägerin hat ausgeführt:

Der in der Presseeinladung der Beklagten vom 09.08.2000 erhobene Vorwurf der "tierquälerischen Großbestände" enthalte eine Tatsachenbehauptung, da sie nach dem maßgeblichen Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich sei und als etwas tatsächlich Geschehenes dem Beweis offen stehe. Da diese Tatsachenbehauptung objektiv falsch sei, sei der Beklagte zur Unterlassung weiterer derartiger Behauptungen verpflichtet.

Der Beklagte schulde ihr ferner Schadensersatz. Er habe ihr durch seine geschäftsschädigende Äußerung Schaden zugefügt. Aufgrund der Resonanz der über das abgehaltene Pressegespräch berichtenden öffentlichen Medien habe sie 30 t Gänse nicht mehr an die Firma "E" in M verkaufen können. Diese habe sich aufgrund der Presseberichterstattung geweigert, die zuvor fest geplanten und besprochenen Kaufverträge abzuschließen. Dadurch sei ihr ein Schaden in Höhe von 51.000,00 DM entstanden.

Da weitere Schäden in dieser Richtung zu befürchten seien, sei auch die Feststellung einer Schadensersatzpflicht des Beklagten für die Zukunft gerechtfertigt.

Die Klägerin hat beantragt:

I. Der Beklagte wird verurteilt, zu unterlassen zu behaupten und/oder zu verbreiten, die Klägerin würde Enten in tierquälerischen Großbeständen mästen.

II. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer I. ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM festgesetzt wird.

III. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 51.000,00 DM nebst 8,42 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

IV. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen materiellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Aufstellen und/oder Verbreiten der Behauptung des Beklagten, die Klägerin würde Enten in tierquälerischen Großbeständen mästen, noch entstehen wird.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Er hat die Auffassung vertreten, bei der von der Klägerin beanstandeten Äußerung handle es sich um eine durch Art. 5 GG gedeckte Meinungsäußerung. Mit dieser Aussage hätten lediglich die seiner Meinung nach bestehenden Missstände in der Entenmast am Beispiel des Betriebs der Klägerin aufgezeigt werden sollen. Eine bestimmte Tatsachenbehauptung sei hiermit nicht verbunden gewesen.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat mit Endurteil vom 29.03.2001 die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei unbegründet, weil es sich bei der von der Klägerin beanstandeten Äußerung um ein bloßes Werturteil handle, das durch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 GG) gedeckt sei. Die Frage, ob die derzeitige Tierhaltung der Klägerin artgerecht oder als tierquälerisch zu bewerten sei, sei letztlich Anschauungssache. Unter Berücksichtigung des gesamten Wortlauts der Presseeinladung vom 09.08.2000 sei die vom Kläger beanstandete Textpassage durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder des Meinens geprägt, sie stelle deshalb eine reine Meinungsäußerung dar.

Sie sei auch durch Art. 5 GG ausreichend gedeckt, da sie sich ihm Rahmen der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellen Grundsätze halte. Derzufolge könne eine subjektive Meinung in - wie hier - Streitpunkten des allgemeinen Interesses auch hart, scharf, überspitzt, provokativ, abwertend und polemisch geäußert werden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage stünden der Klägerin weder Unterlassungs- noch Schadensersatzansprüche zu. Deshalb erweise sich auch der Feststellungsantrag als nicht begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 543 Abs. 2 ZPO.

Gegen dieses ihr am 04.04.2001 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten am 03.05.2001 Berufung eingelegt und diese am 01.06.2001 begründet.

Sie macht geltend:

Klageantrag Ziffer I.:

Das Landgericht sei insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei der beanstandeten Äußerung in der Presseeinladung vom 09.08.2000 um eine Meinungsäußerung handle. In Wahrheit liege eine reine Tatsachenbehauptung vor. Die Aussage, in ihrem Geflügelzucht-Betrieb würden Enten in tierquälerischen Großbeständen gemästet, bringe zum Ausdruck, dass sie den Enten ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden und Schaden zufüge. Hierbei handle es sich aber um eine Behauptung, die objektivierbar und dem Beweis zugänglich sei. Sie könne nämlich durch Sachverständigengutachten widerlegt werden. Nach den in der obergerichtlichen Rechtsprechung hierfür aufgestellten Kriterien sei deshalb diese Äußerung als Tatsachenbehauptung zu werten.

Demgegenüber könne eine Meinungsäußerung schon deshalb nicht angenommen werden, weil der Beklagte keine bestimmten ethischen Maßstäbe für seine Äußerung genannt habe. Dies sei aber für die Einordung als Meinungsäußerung entscheidend, da sich diese gerade durch das Element des Dafürhaltens oder Meinens nach einem vom Kritiker gewählten Maßstab auszeichne.

Zudem enthalte der Vorwurf der "tierquälerischen Tierhaltung" zugleich die Behauptung, dass sie, die Klägerin, ihren Betrieb ohne die erforderliche Genehmigung führe. Für diesen Fall wäre nämlich ihr Betrieb nicht genehmigungsfähig gewesen. Tatsächlich verfüge sie jedoch für die konkrete Tierhaltung in ihrem Betrieb über alle behördlichen Genehmigungen.

Da die Tierhaltung in ihrem Betrieb artgerecht und tierethisch nicht zu beanstanden sei, sei die vom Beklagten aufgestellte Behauptung unzutreffend. Er sei deshalb für die Zukunft zur Unterlassung weiterer derartiger Behauptungen verpflichtet.

2. Klageantrag Ziffer III. (Schadensersatz):

Da es sich bei der Behauptung des Beklagten um eine unzulässige geschäftsschädigende Äußerung handle, sei dieser gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) und §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 186 StGB zum Ersatz des eingetretenen Schadens verpflichtet.

Auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen könne sich der Beklagte nicht berufen. Er habe sich ihre Firma als Opfer unwahrer Tatsachenbehauptungen ausgesucht, um sie in der Öffentlichkeit in Misskritik zu bringen und ihr Schaden zuzufügen. Die Eröffnung einer allgemeinen ethischen Diskussion über die Zulässigkeit der Massentierhaltung sei dagegen nicht Ziel der Presseeinladung des Beklagten gewesen.

3. Klageantrag Ziffer IV. (Feststellungsantrag):

Da über den bereits eingetretenen Schaden hinaus weitere Vermögensschaden zu befürchten seien, sei auch der von ihr erhobene Feststellungsantrag begründet.

Die Klägerin beantragt:

I. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.03.2001 - 2 O 8730/00 - wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verurteilt zu unterlassen zu behaupten und/oder zu verbreiten, die Klägerin würde Enten in tierquälerischen Großbeständen mästen.

III. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer II ein Ordnungsgeld bis zu DM 500.000,00 festgesetzt wird.

VI. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 61.000,00 nebst 5 % Punkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes vom 09.06.1998 hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

V. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen materiellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Aufstellen und/oder Verbreiten der Behauptung des Beklagten, die Klägerin würde Enten in tierquälerischen Großbeständen mästen, noch entstehen wird.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Er macht sich die Ausführungen des Ersturteils zu eigen und wiederholt seinen erstinstanzlichen Sachvortrag. Im übrigen führt er aus, in dem Begriff "tierquälerisch" liege ein reines Werturteil, weil er lediglich eine Bewertung der Zustände im Betrieb der Klägerin wiedergebe. Dieser Begriff bringe lediglich eine Missbilligung des Geschehens in dem Großmastbetrieb der Klägerin zum Ausdruck, ohne darüber hinaus eine Tatsachenbehauptung zu enthalten.

Es handle sich somit um eine reine Meinungsäußerung, die auch durch Art. 5 GG gedeckt sei. In einer die Verbraucher - wie hier - bewegenden Frage müsse die Klägerin Kritik in Gestalt dieser Äußerung hinnehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Ferner wird - zur Information - auf die von den Parteien vorgelegten Urkunden verwiesen.

Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, §§ 511 f. ZPO.

II.

In der Sache selbst hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage zurecht in vollem Umfang als unbegründet abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche aus keiner der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Klageantrag Ziffer I. (Unterlassungsklage):

Einen derartigen Anspruch kann die Klägerin aus keiner ersichtlichen Anspruchsgrundlage herleiten:

a) Quasi negatorischer Anspruch in Verbindung mit §§ 823 Abs. 2, 824, 1004 BGB, 186 StGB:

aa) Zwar ist es in der Rechtsprechnung seit langem anerkannt, dass aus den spezialgesetzlichen Regelungen in §§ 12, 862, 1004 BGB u.a. ein allgemeiner Rechtsgedanke des Inhalts abgeleitet werden kann, dass bei einer drohenden Verletzung der in §§ 823 Abs. 2, 824 BGB geschützen Rechtsgüter dem Betroffenen ein Anspruch auf Unterlassung der vorstehenden Rechtsverletzung zugebilligt werden kann (vgl. Staudinger/Hager, 13. Aufl., Rz. 63 f. vor § 823 BGB).

bb) Im Streitfall scheidet jedoch ein Anspruch der Klägerin auf dieser Grundlage aus, da die genannten Haftungsbestimmungen sämtlich eine - unwahre - Tatsachenbehauptung voraussetzen, die hier nicht vorliegt:

Nach der h.M. in der Rechtsprechnung hängt die Frage, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung einzustufen ist, entscheidend davon ab, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit Mitteln des Beweises zugänglich ist (vgl. BVerfGE 96, 1529; BGH NJW 96, 1131; 98, 3048; NJW RR 99, 12 52).

Dagegen enthält die Meinungsäußerung durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens. Sie kann sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen (BVerfGE NJW 94, 17 79; 2001 2957; BGH NJW 94, 2615; 98, 3047; Larenz-Canaris Schuldrecht, Besonderer Teil, 13. Aufl., § 79 I 2).

Allerdings wird diese rein begriffliche Unterscheidung der Komplexität und dem Mischcharakter menschlicher Äußerungen nicht gerecht. Der Kontext einer derartigen Äußerungen kann sowohl Tatsachenbehauptungen wie wertende Elemente beinhalten (vgl. Canaris, a.a.O.). Bei derartigen Mischtatbeständen geht die obergerichtliche Rechtsprechung zur Gänze von einem Werturteil aus, wenn der wertende Charakter der Äußerung überwiegt und demgegenüber ihr Tatsachengehalt in den Hintergrund tritt (BGH NJW 94, 26 15; NJW-RR 94, 12 42). Das soll inbesondere für sogenannte Pauschaläußerungen gelten, deren tatsächlicher Gehalt substanzarm ist, z.B. die Bezeichnung eines Verhaltens als "illegal": (vgl. BGH NJW 82, 22 46; ferner: BGH Z 45, 304; NJW 94, 26 14; NJW RR 94, 12 42).

Als Tatsachenmitteilung soll eine solche Äußerung nur dann zu qualifizieren sein, wenn die Beurteilung nicht als bloße Meinungsäußerung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorwürfen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (BGH NJW 82, 22, 48; 94, 6 20 14; RR 99, 12 52).

Ob dieser Rechtssprechung zu folgen ist, ist zweifelhaft. Sie wird den Erkenntnissen der Sprachphilosophie zur Abgrenzung von deskriptiven und normativen Begriffen bzw. Aussagen und Werturteilen nicht gerecht (vgl. Canaris a.a.O.). Danach dienen deskriptive Begriffe dazu, Gegenstände der Lebenswirklichkeit zu erfassen. Sie drücken Eigenschaften (Prädikate) aus, die Gegenstände in der Wirklichkeit haben können oder auch nicht (vgl. Rüthers Rechtstheorie 1999, Rz. 279 f; Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 202 f.). Deskriptive Sätze enthalten demgemäß Aussagen über derartige Sachverhalte (Rütheres a.a.O., Rz. 103).

Demgegenüber haben wertende Begriffe und Werturteile die Funktion, eine Bewertung zum Ausdruck zu bringen, d.h. positiv oder negativ zu Personen, Sachen und Vorgängen anhand von vorausgesetzten Maßstäben Stellung zu nehmen vgl. Rüthers a.a.O., Rz. 109, 182 f.; Herberger-Simon Wissenschaftstheorie für Juristen 1980, S. 290 f.). Werturteile enthalten demgemäß positive oder negative Aussagen über Eigenschaften und Personen oder Sachverhalten (Rüthers a.a.O.). Sie drücken ferner die - normative - Erwartung aus, dass der Adressat sich mit der Wertung identifiziert und sich entsprechend verhält (vgl. Albert, Kritischer Rationalismus, Tübingen: Mohr, Siebeck 2000, S. 44 ff).

Darin erschöpfen sich jedoch die normativen Begriffe oder Werturteile nicht. Denn es muss - wie bei den nicht wertenden Begriffen - etwas den Begriff Begleitendes geben, das darüber Auskunft gibt, auf welche Gegenstände der Begriff anwendbar ist. Die wertenden Begriffe haben demgemäß nicht nur eine normative Bedeutungskomponente, sondern auch eine deskriptive. Die deskriptive Bedeutungskomponente beschreibt die Tatsachenbasis auf die sich die normative bezieht (sogenannte zwei Komponenten-Theorie; vgl. Herberger/Simon, a.a.O., S. 291; Rüssmann, a.a.O., S. 203). Ist die im Bezug genommene Tatsachenbasis unzutreffend, so kann insoweit eine unwahre Tatsachenbehauptung vorliegen.

So ist zwar die - ansonsten inhaltlich substanzarme - Äußerung, die Person A habe eine Patentverletzung begangen, als bloße Äußerung einer Rechtsmeinung und damit als Werturteil aufzufassen (vgl. Canaris a.a.O.; Mertens im Münchner Kommentar zum BGB, 3. Aufl., Rz. 19 zu § 824 BGB). In dieser Äußerung steckt jedoch zugleich als Tatsachenbasis die Behauptung, dass sich der Verdacht einer Patentverletzung gegen die Person A richte. Ist dies unzutreffend, weil etwa eine Namensverwechselung mit einem Dritten vorliegt, so liegt eine falsche Tatsachenbehauptung vor (Canaris a.a.O.). Diese Folge kann nicht mit der bloßen Berufung darauf abgetan werden, es handle sich um eine inhaltlich substanzarme Pauschalbehauptung, die insgesamt als Werturteil zu behandeln sei. Dies wird der genannten sprachphilosophischen Differenzierung nicht gerecht.

Im vorliegenden Fall kann allerdings dieser Meinungsstreit dahinstehen, da in jedem Falle keine - falsche - Tatsachenbehauptung anzunehmen wäre:

Insoweit ist zunächst der Aussagegehalt der Presseeinladung des Beklagten vom 09.08.2000 zu ermitteln. Entscheidend ist hierfür, wie diese unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durschnittsleser verstanden wird. Hierbei ist eine isolierte Betrachtung eines einzelnen Äußerungsteils nicht zulässig, sondern der gesamte sprachliche Kontext und die sonstigen Begleitumstände mit zu berücksichtigen (BGH NJW 98, 3047; 2000 34 22).

Streitgegenständlich ist vorliegend die Äußerung des Beklagten in der Presseeinladung vom 09.08.2000, die Klägerin mäste Enten "in tierquälischen Großbeständen" (vgl. Berufungsantrag Ziffer II. und Berufungsbegründung vom 01.06.2001, S. 24, Bl. 111 der Akte). Beanstandet wird von der Klägerin insoweit das Adjektiv "tierquälerisch". Unter Tierquälerei versteht man nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch das unnötige, also durch keinen vernünftigen Grund gerechtfertigte Zufügen von erheblichen Schmerzen bei Tieren (vgl. Siep in: Pieper/Thurnhers, Angewandte Ethik, Becksche Reihe, Nr. 1261, S. 20; Duden, Großes Wörterbuch der Deutschen Sprache, S. 25 93, Stichwort "Tierquälerei"; § 17 TierSchG). Von dieser Begriffsbestimmung geht auch die Klägerin selbst aus (Berufungsbegründung a.a.O., S. 16, 31. 103 der Akte).

Ein anderer Begriffsinhalt (Intension) lässt sich auch dem Kontext der Presseeinladung vom 09.08.2000 und seinen Begleitumständen nicht entnehmen.

Legt man diese Auslegung zugrunde, so ist nach den von der Rechtssprechung aufgestellten Grundsätzen zur Gänze von einem reinen Werturteil, das dem Beweis nicht zugänglich ist, auszugehen und somit von einer bloßen Meinungsäußerung:

Nach der oben aufgezeigten Definition hat der Begriff der "Tierquälerei" in erster Linie wertenden Charakter. Dies gilt zunächst für das Begriffsmerkmal "ohne vernünftigen Grund". Ein vernünftiger Grund in diesem Sinne liegt dann vor, wenn er triftig, einsichtig und von einem schutzwürdigen Interesse getragen ist und er zusätzlich unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse des Tieres an seiner Unversehrtheit und an seinem Wohlbefinden (vgl. Lorz/Metzger, a.a.O., Rz. 62 zu § 1 TierSchG). Erforderlich ist demnach eine Güter- und Pflichtenabwägung (vgl. BayObLG NUR 94, 5 12; Metzger, a.a.O., Rz. 75). Insoweit ist jedoch das Abwägungsergebnis abhängig vom subjektiven Wertungsvorgang und den subjektiven Wertmaßstäben. Dadurch wird es als Akt des persönlichen Meinens und Dafürhaltens gekennzeichnet.

Unerheblich ist demgegenüber - entgegen der Auffassung der Klägerin - dass die Beklagte in ihrer Presseeinladung ihre zugrunde liegenden tierethischen Prinzipien nicht im einzelnen erläutert hat. Dies war nach den Unständen weder möglich noch geboten. Der Vorwurf der "Tierquälerei" trägt nämlich seinen Wertmaßstab bereits in sich. Er nimmt konkludent Bezug auf das sittliche Verbot, Tieren unnötige Schmerzen zuzufügen. Dieses Verbot stellt das tierethische Minimum dar, wie es auch in die Rechtsordnung eingegangen ist (vgl. Siep, a.a.O.).

Eine wertende Aussage erfordert aber auch der Begriff der "erheblichen Schmerzen". Insoweit handelt es sich um einen sogenannten "qualitativen" Begriff. Mit Hilfe eines solchen Begriffs stuft man die Gegenstände in bestimmte Klassen ein (vgl. Herberger/Simon, a.a.O., S. 277); hier in die Klassen der erheblichen und unerheblichen Schmerzen. Eine solche Klassifizierung enthält ebenfalls einen wertenden Akt (Lorz/Metzger, a.a.O., Rz. 30 zu § 17 TierSchG). Empirisch klärbar ist nur der komparative Begriff ("größere oder kleine Schmerz-Zufügung": vgl. Herberger/Simon, a.a.O., S. 279 f.).

Durch die genannten Wertprädikate enthält die beanstandete Äußerung des Beklagten seinen prägenden Charakter als Werturteil. Im Vordergrund steht die wertende Komponente, nämlich die Bewertung der Vorgänge und Zustände in der Großmästerei der Klägerin unter tierethischen Gesichtspunkten.

Demgegenüber tritt der Tatsachengehalt der beanstandeten Äußerung völlig zurück. Die Presseeinladung enthält keinerlei konkrete Behauptungen über die Art und Weise, wie die Geflügelzucht im Großbetrieb der Klägerin betrieben wird. Sie erweckt bei dem durchschnittlichen Adressaten auch nicht zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen. Ebenso wie die Bezeichnung eines Verhaltens als "illegal" (BGH NJW 82, 22 46, ist hier die Äußerung der "Tierquälerei" so allgemein und substanzarm gehalten, dass damit bestimmte Einzelvorgänge nicht verbunden werden. Mit dem Begriff der "Tierquälerei" werden je nach Wertmaßstab und Abwägung des Adressaten unterschiedliche Sachverhalte betroffen (sog. Extension der Begriffe; vgl. Herberger/Simon, a.a.O., S. 233 ff.). Zudem sind die tatsächlichen Zustände und Vorgänge in einem Großmastbetrieb dem Durschnittsleser der Presseeinladung im einzelnen nicht so bekannt, dass er mit dem Vorwurf der "tierquälerischen" Großmast ganz konkrete tatsächliche Vorstellungen verbinden könnte. Ist dies aber der Fall, so wird mit der Verwendung dieses Begriffs in tatsächlicher Hinsicht keine bestimmte, genau umrissene Aussage getroffen.

Damit liegt bei Zugrundelegung des von der Rechtsprechung aufgestellten Begriffsschemas eine bloße Meinungsäußerung vor. Diese unterfällt nicht dem Schutz der §§ 823 III, 824 BGB i.V. mit § 186 StGB).

Das Ergebnis ändert sich nicht, wenn man die genannte sprachphilosophische Differenzierung zugrunde legt. Dann ist jedenfalls eine unwahre Tasachenbehauptung nicht gegeben. Der Beklagte nimmt mit seiner Aussage der "tierquälerischen Großbestände" in deskriptiver Hinsicht lediglich auf die realen Vorgänge und Zustände im Betrieb der Klägerin pauschal Bezug. Die deskriptive Bedeutungskomponente beschränkt sich - inzidenter - auf den Satz, dass die Großtierhaltung im Betrieb der Klägerin so wie sie tatsächlich ist, als tierquälerisch zu bewerten sei. Eine unwahre Tatsachenbehauptung ist damit nicht verbunden. Dies wäre nur dann der Fall, falls der Beklagte in der Presseeinladung unwahre Einzelbehauptungen über die Tierhaltung im Betrieb der Klägerin aufgestellt hätte. Dies hat die Klägerin jedoch selbst nicht behauptet.

Da somit der von der Klägerin beanstandete Satz in der Presseeinladung des Beklagten vom 09.08.2000 keine - unwahre - Tatsachenbehauptung enthält, scheiden die Tatbestände der §§ 823 Abs. 2, 824 BGB in Verbindung mit § 186 StGB als Anspruchsgrundlagen aus.

b) Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht:

Auch diese Rechtsgrundlage vermag den Klageanspruch nicht zu stützen:

a) Zwar genießt auch die Klägerin als juristische Person des Handelsrechts Persönlichkeitsschutz. Ihr ist deshalb - wie einer Privatperson - auch in zivilrechtlicher Hinsicht Ehrenschutz zu gewähren (vgl. BGHZ 81, 78; NJW 2000, 3421; Canaris, a.a.O., § 80 IV. 1, S. 520).

b) Nicht zu bezweifeln ist auch, dass der vom Beklagten in der Presseeinladung gemachte Vorwurf der "tierquälerischen Großmästerei" objektiv einen Eingriff in dieses subjektive Recht der Klägerin darstellt.

c) Die genannte Äußerung der Beklagten ist jedoch nicht rechtswidrig.

Im Unterschied zu den in § 823 Abs. 1 BGB namentlich bezeichneten Schutzgütern wie Leben, Körper, Eigentum usw. wird bei einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder ein hieraus abgeleitetes Teilrecht die Rechtswidrigkeit nicht indiziert, (vgl. Medicus, Schuldrecht II, SchuldR Besonderer Teil, 9. Aufl. Rz. 814; Canaris, a.a.O.). Kollidiert - wie im Streitfall - der Ehrenschutz mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit, so bedarf es im Einzelfall jeweils einer Güter- und Interessenabwägung, welches Recht des einzelnen Rechtsträgers Überwiegt (BVerf NJW 99, 1322; NJW 2001, 2957; BGH NJW 2000, 3421 m.w.N.).

Die obergerichtliche Rechtsprechung hat hierzu folgende Grundsätze aufgestellt:

Im geistigen Meinungskampf spricht bei einer die Öffentlich wesentlich berührenden Frage die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. BVerFG NJW 95, 3303; 99, 2359; BGH NJW 89, 3048). Das gilt auch für Äußerungen, die in scharfer und abwertender Kritik bestehen und selbst für solche, die mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden (vgl. BGH NJW 94, 124; 2000, 3421, BVerfG NJW 95, 3303; 99, 2359). Der Persönlichkeitsschutz geht regelmäßig der Meinungsfreiheit erst dann vor, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde, als Schmähkritik oder Formalbeleidigung darstellt (BVerfG NJW 95, 3303; 99, 1324; 2359). Um eine derartige Schmähkritik handelt es sich nur dann, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfG a.a.O; BHJ NJW 2000, 3422).

Bei der Abwägung kann auf Seiten des Persönlichkeitsschutzes auch ins Gewicht fallen, ob von Form oder Inhalt der Meinungsäußerung eine Prangerwirkung ausgeht (BVerfG NJW 98, 2889; 99, 2358). Dadurch wird aber die Personalisierung eines Sachanliegens durch Namensnennung eines Betroffenen in anklagender Weise nicht schlechthin unzulässig. Auch insoweit ist vielmehr eine Güter- und Interessenabwägung notwendig (vgl. BVerfG NJW 99, 23 59).

Wendet man diese Grundsätze auf den Streitfall an, so hat der Beklagte mit seiner Presseeinladung vom 09.08.2000 die Grenzen der zulässigen Meinungsäußerung nicht überschritten. Bei der Frage der Züchtung und Nutzung von Tieren in Großbetrieben (Intensivtierhaltung) handelt es sich um einen in der Öffentlichkeit viel diskutierten Bereich und damit um eine Frage von wesentlicher öffentlicher Bedeutung. Dies kommt bereits in der Begründung zum TierSchG vom 07.09.1971 zum Ausdruck (BT-DR VII/25 59; vgl. BVerfG NJW 99, 3254). Der Tierschutz ist zudem als Staatsaufgabe anerkannt (vgl. BVerfG 36, 47; NJW 99, 3253; Lorz/Metzger, Einführung vor § 1 TierSchG, Rz. 93). Die tierethische und rechtspolitische Problematik im Zusammenhang mit der Intensivtierhaltung von Nutztieren berührt überdies nach wie vor die öffentliche Diskussion. Der Gesetzgeber hat mit dem Änderungsgesetz zum TierschG 1986 die Ermächtigung des § 2a zum Erlass von sogenannten Haltungsverordnungen geschaffen. Auf dieser Grundlage erging die Verordung zum Schutz von Legehennen bei Käfighaltung (Hennenhaltungs-VO. vom 10.02.1987 BGBl I S S. 2622). Diese Verordnung ist durch das BVerfG mit Urteil vom 06.07.1999 für nichtig erklärt worden (NJW 99, 3253). Damit dauert der öffentliche Streit um die gerichtliche Regelung der Intensivhaltung weiter an (vgl. Lorz/Metzger a.a.O., Rz. 54 zu § 2 TierSchG). In dieser Hinsicht besteht weiterhin Regelungsbedarf (vgl. Lorz/Metzger, a.a.O.).

Bereits vor Erlass der genannten Nutztierhaltungsverordnung hatten sich die Obergerichte des öfteren mit den Zuständen in den entsprechenden Großmästereien zu befassen und hierbei überwiegend die Auffassung vertreten, die entsprechende Praxis füge den Hennen erhebliche Leiden sogar im Sinne des objektiven Tatbestandes der quälerischen Tiermisshandlung zu (vgl. die Nachweise bei Lorz/Metzger, a.a.O.). Diese Praxis wird von maßgeblichen Kommentatoren als noch heute herrschend bezeichnet (vgl. Lorz/Metzger, a.a.O.).

Ferner waren bereits in der 13. und 14. Legislaturperiode vom Bundesrat Entwürfe eines Artikel 20 b GG eingebracht worden, durch die der Tierschutz ähnlich dem Art. 20a GG zum Staatsziel erklärt werden sollte. Überdies hat der ständige Ausschuß des europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen speziell in Bezug auf Pekingenten auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse für die verschiedenen Tierarten am 22.09.1999 besondere Empfehlungen herausgegeben (vgl. Anlage BK 2; BVerfG NJW 99, 3255). Diese Empfehlungen finden zwar in den einzelnen Vertragsstaaten keine unmittelbare Anwendung, sind jedoch für die BRD als Vertragspartei verbindlich und bedürfen der gesetzlichen Umsetzung (vgl. BVerfG a.a.O.;. Bei dieser Sachlage hat der Beklagte mit seiner Presseeinladung vom 02.03.2000 eine besonders aktuelle, die Öffentlichkeit wesentlich interessierende tierethische und tierschutzrechtliche Problematik zur Diskussion gestellt.

Wie bereits der Wortlaut der Presseeinladung zeigt, hat er dies nicht etwa getan, um der Klägerin - wie diese meint - Schaden zuzufügen. Er hat vielmehr ausdrücklich auf die bereits in der Vergangenheit vorgekommenen Missstände in der Großtierhaltung hingewiesen und das Einschreiten des nationalen Gesetzgebers gefordert. Dieses Anliegen war im Hinblick auf die noch ausstehende Umsetzung der genannten europäischen Empfehlung vom 22.09.1999 sowie mit Rücksicht auf den fehlenden Erlaß einer Haltungsverordnung gemäß § 2a TierSchG für Pekingenten (vgl. Lorz/Metzger, Rz. 52 zu § 2 TierSchG) nicht zu missbilligen. Auf das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Tieren und landwirtschaftlichen Tierhaltungen hat der Beklagten in der Presseeinladung ausdrücklich verwiesen. Der Beklagte ist auch als gemeinnütziger Verein, der Fragen der Tierethik und des Tierschutzes zu seinem Betätigungs-Gegenstand gemacht hat und machen durfte, für die Problematik besonders legitimiert.

Mit der klagegegenständlichen Formulierung in der Presseeinladung vom 09.08.2000 war auch keine - unzulässige Schmähkritik verbunden. Im Vordergrund stand die Auseinandersetzung in der Sache und keineswegs die Herabsetzung der Geschäftsehre der Klägerin. Der Ausdruck "tierquälerische Tierbestände" diente zur Charakterisierung der zur Diskussion gestellten Problematik und bedeutete nicht eine bloße Diffamierung der Klägerin.

Ebensowenig ging von dieser Meinungsäußerung nach Form oder Inhalt eine unzulässige Prangerwirkung aus. Tierethische und tierschutzrechtliche Fragen dieser Dimension können, sollen sie öffentlichwirksam sein, nicht allein in theoretischer und akademischer Form, sondern nur an konkreten, repräsentativen Beispielen erörtert werden. Dies macht ggf. auch die Namensnennung betroffener Einzelpersonen erforderlich. Anderenfalls würde das Grundrecht der freien Meinungsäußerung seinen wesentlichen Wert und seine Stoßkraft verlieren. Der Beklagte war deshalb noch durch dieses Grundrecht gedeckt, wenn er die Klägerin unter Namensnennung stellvertretend für andere gleichartige Betriebe besonderes hervorgehoben hat.

Andererseits wird die Klägerin durch diese Presseeinladung nicht ihrer personalen Würde völlig entkleidet. Das ergibt sich schon daraus, dass insgesamt der Sachbezug für die Formulierung bestimmend blieb (vgl. BVerfG NJW 99, 2359). Die Klägerin musste sich auch, wenn sie sich - wie hier - auf einem noch in letzter Zeit in tierethischer und rechtlicher Hinsicht besonders umstrittenen Gebiet gewerblich betätigte, der besonderen öffentlichen Kritik stellen.

Die erforderliche Güter- und Interessenabwägung fällt somit zugunsten des Beklagten aus. Damit lässt sich eine Rechtswidrigkeit seines Verhaltens nicht feststellen. Ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung ihrer Geschäftsehre steht somit der Klägerin nicht zu.

c) Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB in Verbindung mit dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb:

Insoweit gelten die obigen Ausführung zu b) entsprechend:

Zwar können kritische Werturteile über einen Gewerbebetrieb einen Eingriff in das genannte subjektive Recht darstellen (vgl. Larenz/Canaris, a.a.O., § 81 III 2). Aber auch insoweit handelt es sich um ein bloßes Rahmenrecht, bei dem die Rechtswidrigkeit gesondert zu begründen ist (Canaris a.a.O.; Kotz Deliktsrecht 7. Aufl., Rz. 100). Die vorstehend genannten Abwägungsgründe und das erzielte Abwägungsergebnis gelten deshalb auch hier.

d) Anspruch aus 1004,_826 BGB:

Da sich der Beklagte - wie ausgeführt - mit dem Text seiner Presseeinladung im Rahmen des rechtlich zulässigen hielt, ist auch ein Sittenverstoß und damit eine sittenwidrige Schädigung nicht feststellbar.

Auch sind Anhaltspunkte für den Missbrauch einer formalen Rechtsstellung nicht gegeben (vgl. hierzu Palandt-/Thomas, 60. Aufl., Rz. 6 zu § 826 BGB).

e) Da weitere Anspruchsgrundlagen nicht in Betracht kommen, erweist sich der Unterlassungsantrag in vollem Umfang als unbegründet. Das Landgericht hat deshalb die Klage insoweit zurecht abgewiesen.

2. Klageantrag Ziffer IV (Schadensersatz):

Auch dieser Antrag ist aus sämtlichen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen unbegründet:

a) Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 824 BGB in Verbindung mit § 186 StGB:

Ein Anspruch auf dieser Grundlage scheitert schon daran, dass - wie oben gezeigt - keine unwahre Tatsachenbehauptung, sondern eine zulässige Meinungsäußerung vorliegt. Diese fällt nicht unter die genannten Tatbestände.

b) Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB:

Mach den obigen Ausführungen kommt zwar insoweit ein Eingriff in die Geschäftsehre der Klägerin oder in ihr Recht am ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb in Betracht. Es fehlt jedoch an der erforderlichen Rechtswidrigkeit. Auch hier kann auf die vorangegangenen Erörterungen verwiesen werden.

c) Anspruch aus § 826 BGB:

Schließlich vermag auch diese Anspruchsgrundlage den Klageantrag nicht zu stützen. Ein sittenwidriges Verhalten des Beklagten ist - wie ebenfalls bereits aufgezeigt - nicht gegeben.

d) Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Die Klageabweisung durch das Ersturteil ist deshalb auch in diesem Punkt gerechtfertigt.

5. Berufungsantrag Ziffer IV:

Mangels einer Schadensersatzpflicht des Beklagten geht auch der Feststellungsantrag der Klägerin ins Leere.

6. Damit sind sämtliche Angriffe der Klägerin gegen das Ersturteil ohne Erfolg. Ihre Berufung ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

V.

Die Festsetzung der Beschwer stützt sich auf § 554 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück