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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
Beschluss verkündet am 28.01.2005
Aktenzeichen: 9 WF 78/05
Rechtsgebiete: BRAGO, VV-RVG, BGB


Vorschriften:

BRAGO § 23
BRAGO § 121
BRAGO § 128
VV-RVG Nr. 1000
BGB § 1671
Wirkt der in der Folgesache "elterliche Sorge" beigeordnete Rechtsanwalt an einer Einigung der Parteien zum Sorgerecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder mit, kann dies die Zuerkennung einer Vergleichsgebühr rechtfertigen, auch wenn das Sorgeverfahren erst durch gerichtliche Entscheidung nach § 1671 BGB beendet wird.
9 WF 78/05

Nürnberg, den 28.01.2005

In der Familiensache

erläßt das Oberlandesgericht Nürnberg, die unterzeichneten Richter folgenden

Beschluß:

Tenor:

Auf die Beschwerde von Rechtsanwalt C P , wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Tirschenreuth vom 22. Oktober 2004 (Az.: 1 F 215/04) abgeändert.

Die an Rechtsanwalt P aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 809,68 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Im Scheidungsverfahren der Parteien wurde dem Antragsteller mit Beschluß vom 09.06.2004 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C P beigeordnet. Die Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluß vom 04.08.2004 auf die Folgesache elterliche Sorge erweitert. Die Antragsgegnerin hatte mit Rechtsanwaltsschriftsatz vom 16.06.2004 die Folgesache elterliche Sorge anhängig gemacht und die Übertragung der elterlichen Sorge für die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Parteien N und K auf sich beantragt. Der Antragsteller hat sich dem wiedersetzt und beantragt, die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder beiden Parteien zu belassen.

In der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2004 haben die Parteien übereinstimmend erklärt, dass sie die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam ausüben wollen und beantragt, der Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu übertragen.

Das Familiengericht hat daraufhin die Ehe mit Endurteil vom 17.08.2004 geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder N und K der Antragsgegnerin übertragen.

Nach Verfahrensabschluss beantragte Rechtsanwalt P Festsetzung seiner Gebühren nach der BRAGO. Er machte unter anderem eine Vergleichsgebühr geltend im Hinblick auf die Einigung der Parteien in der Folgesache elterliche Sorge.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat mit Beschluß vom 22.10.2004 die an Rechtsanwalt P zu zahlende Vergütung auf 734,28 Euro festgesetzt. Die beantragte Vergleichsgebühr in Höhe von 65,-- Euro zuzüglich Mehrwertsteuer wurde nicht bewilligt.

Hiergegen hat Rechtsanwalt P mit Schriftsatz vom 27.10.2004 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluß vom 13.01.2005 hat die Familienrichterin der Beschwerde nicht abgeholfen und die Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluß vom 22.10.2004 gemäß § 33 Abs. 3 S. 2 RVG zugelassen.

II.

Die Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluß ist zulässig, da der Beschwerdewert 50,-- Euro übersteigt (§ 128 Abs. 4 BRAGO).

Auf das Verfahren ist noch die BRAGO anzuwenden, denn die Prozesskostenhilfebewilligung erfolgte vor dem 01.07.2004 (§ 61 Abs. 1 S. 1 RVG). Die nach dem 01.07.2004 erfolgte Erweiterung der Prozesskostenhilfebewilligung auf die Folgesache elterliche Sorge gemäß Beschluß vom 04.08.2004 änderte hieran nichts, denn Scheidungssache und Folgesache sind die selbe Angelegenheit (§§ 61 Abs. 1 S. 1, 16 Nr. 4 RVG).

Die Beschwerde ist auch begründet, denn dem Beschwerdeführer steht eine Vergleichsgebühr gemäß § 23 Abs. 1 BRAGO aus der Folgesache elterliche Sorge zu. Er hat bei Einigung der Parteien im Wege gegenseitigen Nachgebens mitgewirkt.

Die Parteien haben zunächst gegensätzliche Anträge in der Folgesache elterliche Sorge gestellt. Während die Antragsgegnerin die alleinige Sorge erstrebte, wollte der Antragsteller die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge. Im Termin vom 17.08.2004 haben sich die Parteien unter Mitwirkung ihrer Rechtsanwälte dahingehend geeinigt, dass die elterliche Sorge beiden Parteien belassen wird und die Antragsgegnerin das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen minderjährigen Kinder erhält.

Diese Einigung hat zwar nicht zur Verfahrensbeendigung geführt, sondern es war noch eine Entscheidung des Familiengerichts nach § 1671 BGB erforderlich. Dies steht dem Anfall einer Vergleichsgebühr jedoch nicht entgegen. Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte hierzu ist zwar kontrovers (z.B. für Zuerkennung einer Vergleichsgebühr: OLG Koblenz, FamRZ 2002, 36; dagegen: OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 1393). Das Oberlandesgericht Nürnberg hat jedoch bereits mit Beschluß vom 28.08.1985 (Juristisches Büro 1986, 58) entschieden, dass in derartigen Fällen eine Vergleichsgebühr anfallen kann. Es hat diese Auffassung mit Beschluß vom 02.12.2004 (7 WF 3907/04 noch nicht veröffentlicht) auch für die Einigungsgebühr nach 1000 VV-RVG bestätigt. Es besteht kein Anlass von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

Es ist somit eine weitere Vergütung in Höhe einer 10/10 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 900,-- Euro in Höhe von 65,-- Euro zuzüglich Mehrwertsteuer (75,40 Euro) festzusetzen.

Die an Rechtsanwalt P aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung beträgt daher insgesamt 809,68 Euro (734,28 Euro + 75,40 Euro).

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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