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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 1 U 34/04
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 4 Nr 1
Wer im gewerblichen Bereich der Wohnungsverwaltung zu Zwecken der Kundenwerbung in Anschreiben auf seine Tätigkeit als Zwangsverwalter anderer Objekte hinwirkt, macht sich in unlauterer Weise den durch die gerichtliche Bestellung begründeten Anschein besonderer Seriosität zunutze.
Oberlandesgericht Oldenburg

Urteil

Im Namen des Volkes

1 U 34/04

Verkündet am 08.07.2004

In dem Rechtsstreit

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2004 durch die Richter..., ... und ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 25. Februar 2004 geändert.

Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken seine Bestellung als Zwangsverwalter durch das Amtsgericht Emden mit eigenen und mit der Zwangsverwaltung nicht im Zusammenhang stehenden geschäftlichen Interessen in einer Weise zu verquicken, wie dies durch das in der Anlage K1 der Klageschrift beigefügte Schreiben vom 23. April 2003 an Herrn..., ..., erfolgt ist;

insbesondere mit den Eigentümern der Wohnungseigentumsanlage in der..., ...in ...unter Bezugnahme auf seine Zwangsverwalterstellung in Kontakt zu treten, um andere, mit der Zwangsverwaltung nicht im Zusammenhang stehende, geschäftliche Verbindungen anzubahnen oder um Werbung für den Abschluss eines Vertrages zur Verwaltung von Sondereigentum zu betreiben.

Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist begründet und führt zu der beantragten Verurteilung des Beklagten. Soweit der Wortlaut des Tenors von dem des gestellten Antrags abweicht, erfolgte die Korrektur lediglich unter Klarstellungsgesichtspunkten ohne inhaltliche Abweichungen von dem angestrebten Ziel der Klage.

Das beanstandete Verhalten des Beklagten ist wettbewerbswidrig. Sein Anschreiben an mehrere Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage in der..., ... in ...erfüllt den Tatbestand einer unzulässigen Abwerbung von Kunden der Klägerin (§ 1 UWG - Kundenfang bzw. Behinderung).

Das Abwerben von Kunden ist für sich gesehen nicht wettbewerbswidrig. Es liegt im Wesen des erwünschten Leistungswettbewerbs, in einen fremden Kundenkreis einzudringen, um diesen von der Qualität und Preiswürdigkeit der eigenen Leistung zu überzeugen und zu sich herüber zu ziehen. Unzulässig ist dies nur dann, wenn es mit irreführenden oder unsachlichen Mittel erfolgt. Das ist hier bei gebotener Bewertung der Gesamtwirkung des Anschreibens nebst Anlagen auf die Adressaten der Fall.

Von entscheidender Bedeutung ist, dass der Beklagte sich mit seinem Schreiben gerade in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter als Vertragspartner angedient hat. Das gilt namentlich für das Zusammenspiel des Text einleitenden Hinweises auf seine Beauftragung als Zwangsverwalter mit dem unmittelbar nachfolgenden Satzbeginn "In dieser Eigenschaft ...". Diese Aussage ist zwar nicht falsch. Denn der Beklagte war ja tatsächlich für einige Wohnungseinheiten zum Zwangsverwalter bestellt worden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte ohne rechtfertigenden oder gar zwingenden Grund die Autorität und Zuverlässigkeit eines Zwangsverwalters als eines besonders vertrauenswürdigen Funktionsträgers als Mittel zur Überzeugung der angeschriebenen Mieter eingesetzt hat. Durch den quasiamtlichen Sprachgebrauch am Ende des Anschreibens sowie den Hinweis im anliegenden Vertragsentwurf auf eine "Gebühr in Anlehnung an § 153 ZVG" wurde diese Wirkung noch verstärkt. Wer im gewerblichen Bereich zu Zwecken der Kundenwerbung solche, jedenfalls in der Gesamtschau missverständlichen Eindrücke vermittelt, handelt wettbewerbswidrig, weil die Tatsache der Bestellung zum Zwangsverwalter kein originär wettbewerbliches Qualitätsmerkmal darstellt.

Hinzu kommt, dass der Beklagte mit seinem Schreiben auch einige objektiv nachvollziehbare Verwirrungen oder gar Ängste bei den angeschriebenen Personen ausgelöst hat. Es mag dahingestellt bleiben, ob bei einem verständigen und durchschnittlich informierten Adressaten ein nachhaltiger und damit wettbewerbsrechtlich relevanter Eindruck erweckt wurde, dass auch für seine Wohnungseinheit eine Zwangsverwaltung bereits angeordnet ist. Das kann offen bleiben, weil das Schreiben mit dem beigefügten Vertragsformular zumindest geeignet war, bei den Adressaten die Vorstellung zu erwecken, in Anbetracht der für die anderen Wohneinheiten ohnehin schon eingeleiteten Zwangsverwaltungen sei es besonders vorteilhaft, durch einen Verwalterwechsel zu dem Beklagten schon jetzt auf einer sichereren Seite zu stehen als bei einer Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu der Klägerin.

Das Landgericht hat auch erwogen, dass eine Wiederholungsgefahr nicht gegeben sei, weil der Beklagte eine künftige Unterlassung "versprochen" habe und seit der Versendung des Schreibens längere Zeit verstrichen sei. Das ist nicht richtig. Wenn das Verhalten des Beklagten wettbewerbswidrig war, kann nur eine strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr beseitigen. Das schlichte Versprechen des Beklagten, die Mieter künftig nicht mehr unter Hinweis auf seine Zwangsverwaltertätigkeit anzuschreiben und der bisherige Zeitablauf sind dazu nicht geeignet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 10, 713 ZPO.



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