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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 16.07.2008
Aktenzeichen: 1 Ws 390/08
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 81g Abs. 1 S. 1
StPO § 81g Abs. 4
Gegen einen vom Vorwurf der Vergewaltigung Freigesprochenen darf die Entnahme einer Speichelprobe zur DNA-Identifizierung nach § 81g StPO auch dann nicht angeordnet werden, wenn der Freispruch mangels Beweises ergangen ist und ein Tatverdacht fortbesteht.
Oberlandesgericht Oldenburg 1. Strafsenat Beschluss

1 Ws 390/08

In der Strafsache

wegen Verdachts der Vergewaltigung u. a.,

hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg am 16. Juli 2008 durch die unterzeichnenden Richter beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Freigesprochenen wird der Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 20. Februar 2008, mit dem die Entnahme einer Speichelprobe, hilfsweise einer Blutprobe zur Untersuchung des DNA-Identifizierungsmusters des Freigesprochenen angeordnet worden ist, aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und insoweit dem Freigesprochenen entstandene notwendige Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.

Gründe:

Der Angeklagte, der u. a. wegen Vergewaltigung in 2 Fällen angeklagt worden war, ist mit Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 20. Februar 2008 mangels Beweises rechtskräftig freigesprochen worden, nachdem sich die einzige Belastungszeugin mit ihm verlobt und danach von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte.

Mit dem am selben Tage erlassenen angefochtenen Beschluss hat das Landgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Oldenburg, der bereits am 19. Oktober 2007 gestellt worden war, die Entnahme einer Speichelprobe, hilfsweise einer Blutprobe zur Untersuchung des DNA-Identifizierungsmusters des Freigesprochenen angeordnet. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen angeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen für die angeordneten Maßnahmen nach § 81g StPO, insbesondere der erforderliche Verdacht einer Sexualstraftat, beständen trotz des rechtskräftigen Freispruchs weiterhin.

Der dagegen gerichteten Beschwerde des Freigesprochenen vom 3. Juni 2008 hat das Landgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2008 nicht abgeholfen.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

Es ist bereits fraglich, ob die Strafkammer des Landgerichts Oldenburg für die angefochtene Entscheidung noch zuständig war. Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts für Maßnahmen nach § 81g StPO endet mit dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens (vgl. Meyer Goßner, StPO, 51.Aufl., § 81 g, Rdn. 15 m. w. Nachw.). Danach ist - wie in der Zeit vor Erhebung der Anklage - wiederum der Ermittlungsrichter desjenigen Amtsgerichts zuständig, in dessen Bezirk die Entnahme der Körperzellen stattfinden soll (vgl. BGH StV 1999, 302.). Da hier der Freispruch und der angefochtene Beschluss dasselbe Datum tragen, lässt sich aus dem dem Senat allein vorliegenden Sonderheft nicht entnehmen, ob der Beschluss noch vor dem rechtskräftigen Freispruch ergangen ist. Das kann aber offen bleiben. Denn der angefochtene Beschluss kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für seinen Erlass nicht vorgelegen haben.

Der Freigesprochene ist in dem vorliegenden Verfahren kein Beschuldigter im Sinne von § 81g Abs. 1 Satz 1 StPO mehr. Durch den rechtskräftigen Freispruch ist die Strafklage verbraucht und es fehlt insoweit an einer verfolgbaren Straftat. Da der Freispruch auch nicht auf fehlender Schuld oder Verantwortungsfähigkeit beruht, liegen auch die gesetzlichen Voraussetzungen, die gemäß § 81g Abs. 4 StPO die Anordnung einer DNA-Identifizierungsmaßnahme ausnahmsweise auch nach einem Freispruch erlauben, hier nicht vor.

Soweit in dem angefochtenen Beschluss auf anderweitige Verurteilungen des Freigesprochenen und auf ein eingestelltes Verfahren abgehoben wird, rechtfertigt dies schon wegen Unzuständigkeit des Landgerichts nicht die von ihm getroffene Anordnung. Im Übrigen dürften die früheren Verurteilungen angesichts der ausgeurteilten Strafen auch keine Straftaten von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 81g Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 StPO betreffen. in Bezug auf das eingestellte Verfahren dürfte der erforderliche Anfangsverdacht nicht vorliegen.

Die im Nichtabhilfebeschluss geäußerte Ansicht des Landgerichts, die Anordnung der DNA-Entnahme und - Untersuchung sei nach der Strafprozessordnung nicht von einer Verurteilung abhängig, ist zwar als solche richtig, liegt hier aber neben der Sache. Sie berücksichtigt nicht den erfolgten Freispruch und entspricht damit hier nicht dem Gesetz, s. o.. Auf die vom Landgericht schließlich angeführten Vorschriften über die Speicherung und Löschung von DNA-Daten nach dem BKAG kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an.

Ende der Entscheidung

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