Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: 11 W 1/09
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 313
BGB § 1298
BGB § 1301
1.) Haben Verlobte einander Zuwendungen gemacht, können deswegen nach dem Scheitern der Verlobung unter Umständen Ausgleichsansprüche wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch dann bestehen, wenn es gar nicht erst zur Eheschließung gekommen ist.

2.) Ansprüche nach § 1298 BGB bestehen nicht, wenn die Aufwendungen des Verlobten den Umständen nach nicht mehr angemessen waren.


Oberlandesgericht Oldenburg Beschluss

11 W 1/09

In der Beschwerdesache

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... beschlossen:

Tenor:

1.) Das Verfahren wird gemäß § 568 S. 2 Nr. 1 ZPO zur Entscheidung auf den Senat übertragen.

2.) Der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 21.1.2009 wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen geändert.

Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts Osnabrück ansässigen Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er die Verurteilung der Antragsgegnerin zur Zahlung von 60.000, € und zur Abtretung ihres Kaufpreisanspruchs gegen Herrn O... H... auf Zahlung von 20.000, € aus dem Wohnungskauf der Eigentumswohnung ... an ihn sowie Ersatz außergerichtlich entstandener Kosten in Höhe von 1.880,20 € begehrt.

Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine gegen die Antragsgegnerin gerichtete Klage, mit der er Zahlung von 138.000, €, die Feststellung, dass der Rückzahlungsanspruch aus einem Darlehen ihm gebührt und Abtretung eines Kaufpreisanspruchs beansprucht. Nach seiner Darstellung haben sich die Parteien am 24.12.1995 verlobt. Dabei sei ursprünglich geplant gewesen, in die Wohnung der Antragsgegnerin zu ziehen, weshalb er für diese eine Küche, Badmöbel und ein Schlafzimmer gefertigt habe. Alles habe einen Wert von 28.000, €.

Von Beginn an habe man aber in seiner Wohnung in B... gewohnt, deren Eigentümer er gemeinsam mit seiner früheren Ehefrau gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe dieses Haus ersteigert, wobei er ihr das dafür notwendige Geld zur Verfügung gestellt habe, da die Antragsgegnerin selbst über keinerlei Eigenmittel verfügt habe.

In der Folge habe er das Haus ausgebaut und mit eigenen Mitteln eine Eigentumswohnung errichtet, die die Antragsgegnerin für 90.000, € verkauft habe. Weitere 20.000, € habe der Erwerber seinerzeit nicht finanzieren können, weshalb er sich in einer Darlehensurkunde verpflichtet habe, ihm diesen Betrag zurück zu erstatten.

Schließlich sei einem D... B... ein Darlehen über 5.000, € gegeben worden. Das Geld sei von einem Konto gezahlt worden, das zwar auf den Namen der Antragsgegnerin lief, dessen Guthaben aber tatsächlich allein ihm zugestanden habe.

Am 1.11.2007 habe die Antragsgegnerin schließlich die Verlobung beendet.

Das Landgericht hat die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit seinem hiermit in Bezug genommenen Beschluss vom 21.1.2009 verweigert, wogegen sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde wendet. Diese ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig. in der Sache ist sie teilweise begründet.

1.) Soweit der Anspruch des Antragstellers darauf gestützt wird, dass er Möbel für die Wohnung der Antragsgegnerin gefertigt und nach dort verbracht hat, bietet die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Denn eine Anspruchsgrundlage ist insoweit nicht ersichtlich. § 1298 BGB gewährt einem Verlobten einen Schadensersatzanspruch dann, wenn der andere von dem Verlöbnis zurück tritt. Dass die Parteien miteinander verlobt waren und beabsichtigten, die Ehe zu schließen, hat der Antragsteller unter Beweis gestellt. Allein der Zeitablauf steht der Annahme eines Verlöbnisses oder der ernsthaften Absicht späterer Eheschließung nicht entgegen. Der Antragsteller begehrt jedoch Ersatz des der Antragsgegnerin zugedachten Wertes und nicht Schadensersatz. Dass der ihm entstandene Schaden so hoch ist wie der der Antragsgegnerin verbliebene Wert, ist nicht vorgetragen. Auch einen Anspruch nach § 1301 BGB hat der Antragsteller nicht. Denn § 1301 BGB gibt einen Anspruch auf Rückgewähr und nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 818 Abs. 2 BGB - einen Wertersatzanspruch.

Haben allerdings Verlobte einander in der Zeit vor der Eheschließung Zuwendungen gemacht, können Ausgleichsansprüche nach den für ehebezogene

Zuwendungen entwickelten Grundsätzen in Betracht kommen (BGH FamRZ 1992, 427. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 4.Aufl., Rn 536). Anders als die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen Verlobte nämlich bereits in einem rechtlich geregelten personenrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis, das die Möglichkeit des stillschweigenden Abschlusses eines - der Zuwendung zu Grunde liegenden - familienrechtlichen Vertrags eigener Art eröffnet. In einem solchen Fall sind daher nach dem Scheitern des Verlöbnisses und dem damit verbundenen Wegfall der Geschäftsgrundlage Ausgleichsansprüche möglich.

Zwar bezieht sich die bisherige Rechtsprechung hierzu stets auf Fallkonstellationen, in denen es nach dem Verlöbnis zur Eheschließung gekommen, die Ehe dann aber gescheitert ist. Der Ausgleich nach den für ehebezogene Zuwendungen entwickelten Grundsätzen wird dann damit gerechtfertigt, dass die vor der Ehe erfolgte Zuwendung im Zugewinnausgleich nicht hinreichend berücksichtigt wird (vgl. Wever a.a.O.). Im vorliegenden Fall, in dem es zur Eheschließung gar nicht erst gekommen ist, ist die Interessenlage der Beteiligten jedoch nicht anders. Ein Zugewinnausgleich findet naturgemäß nicht statt und ein angemessener Ausgleich über §§ 1298 oder 1301 BGB ist auch nicht zu erreichen. Deshalb ist aus der Sicht des Senats kein Grund ersichtlich, diese Fallgestaltung anders als jene zu behandeln.

Die Voraussetzungen für einen Ausgleich einer ehebezogenen Zuwendung sind hinsichtlich der Möbel jedoch nicht erfüllt. Denn die Antragsgegnerin hat bestritten, dass jemals die Absicht bestanden hätte, in ihrer Wohnung in A... zu leben, für die die Möbel bestimmt waren, ohne dass der Antragsteller für das Gegenteil Beweis angeboten hätte.

2.) Weitere 110.000, € beansprucht der Antragsteller als Wertersatz für die Wohnung der Antragsgegnerin, die diese nach seinem Vortrag mit seinen Mitteln ersteigert hat. Auch insoweit hat er keinen Anspruch nach § 1298 oder § 1301 BGB. Ein Anspruch nach § 1298 BGB scheidet schon deshalb aus, weil der Schaden nur insoweit zu ersetzen ist, als die Aufwendungen des Verlobten den Umständen nach angemessen waren. Die Angemessenheit bemisst sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Verlobten, der Dauer der Verlobung und der zeitlichen Nähe des Hochzeitstermins (FAKommFamR/Rausch,3. Aufl., § 1298 Rn 11). Angesichts des unter Berücksichtigung des Zeitablaufs im Zeitpunkt der Ersteigerung der Wohnung auch nach der Vorstellung der Parteien offenbar noch sehr entfernten Hochzeitsdatums sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Antragsteller der Antragsgegnerin mit der Übergabe von 110.000, € einen wesentlichen Teil seines Vermögens zur Verfügung gestellt hat, stellt sich die Zuwendung eher als unangemessen dar, weshalb die hierfür getätigten Aufwendungen über § 1298 BGB nicht zu ersetzen sind.

Ein Anspruch nach § 1301 BGB scheitert daran, dass wiederum nicht Rückgewähr, sondern Wertersatz beansprucht wird.

Angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller über die genannten Regelungen keinen angemessenen Ausgleich zu erlangen vermag und dass es unbillig erscheint, der Antragsgegnerin diejenigen erheblichen Vermögenswerte zu belassen, die ihr der Antragsteller - seinen Vortrag als zutreffend unterstellt - in der Erwartung zukommen lassen hat, er werde sie fortan nach einer Eheschließung weiterhin nutzen können, sind die Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) im vorliegenden Fall erfüllt.

Allerdings kann nach § 313 BGB nicht einfach Ersatz des vollen Wertes der zur Verfügung gestellten Sache beansprucht werden. Folge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist vielmehr, dass eine Anpassung an die veränderten Verhältnisse zu erfolgen hat. Denn auch nach dem Vortrag des Antragstellers hat sich der mit der Zuwendung verfolgte Zweck insoweit teilweise erfüllt, als die Parteien von der Zuschlagserteilung im August 2000 bis zur Beendigung des Verlöbnisses im November 2007 gemeinsam in dem Haus der Antragsgegnerin gewohnt haben. Auch danach lebt der Antragsteller immer noch kostenfrei in dem Haus. Bemisst man den Wert des Wohnens für den Antragsteller auf 500, € im Monat, so hätte sich der Zweck zu einem Wert von etwa 50.000, € erfüllt, weshalb der Antragsteller nicht mehr als 60.000, € zurückfordern kann.

(...)

Da die beabsichtigte Klage somit teilweise Aussicht auf Erfolg bietet, weil der Antragsteller seinen entsprechenden Vortrag mit Beweisanträgen versehen hat und weil er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten des Rechtsstreits auch nur teilweise zu tragen, war ihm unter entsprechender Änderung der angefochtenen Entscheidung teilweise Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Ende der Entscheidung

Zurück