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Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 19.07.2005
Aktenzeichen: 12 U 127/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 278
1. Zur Eintrittspflicht des Verkäufers für ein Beratungsverschulden des für den Verkauf einer Gebrauchtimmobilie eingeschalteten Vermittlers.

2. Wird der Erwerb einer Gebrauchtimmobilie auf Initiative des Verkäufers mit einer bestimmten Art der Finanzierung verknüpft, ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet, wenn aus dieser Finanzierung aufgrund ihrer Konstruktion und insbesondere der langen Laufzeit besondere Risiken für den Käufer entstehen. Dies gilt auch für die Risiken, die sich aus einem vom Finanzierungsinstitut geforderten Beitritt zu einem Mietpool ergeben.

3. Zahlt der Verkäufer dem von ihm eingeschalteten Vermittler eine verdeckte Innenprovision von mehr als 15 % des Kaufpreises, muss er den Käufer auch dann hierauf hinweisen, wenn er für den Verkauf in einem Beratungsgespräch und nicht nur mit einem Prospekt geworben hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn für den Käufer ein Beratungsbogen erstellt worden ist, in dem die mit dem Erwerb verbundenen Nebenkosten mit Ausnahme der Innenprovision aufgelistet sind (Abweichung von BGH NJW 2004, 1732 u. WM 2004, 2349).


Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

12 U 127/04

Verkündet am 19.07.2005

In dem Rechtsstreit

hat der 12. Zivilsenat auf die mündliche Verhandlung vom 1. 7. 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... , den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 7. 12. 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in dieser Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann von der Beklagten durch eine schriftliche, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts geleistet werden.

Gründe:

I.

Die Klägerin kaufte im November 1993 eine in O ... , J ...Weg ... (Wohnung Nr. ...) belegene Eigentumswohnung von der Beklagten. Der Kaufpreis betrug 121.233, DM. Die Klägerin verlangt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Vertrags.

Die Wohnung stammte aus dem Bestand der in Konkurs geratenen N ... H ... . Die Beklagte hat eine Vielzahl dieser Wohnungen übernommen und veräußert. Für den Vertrieb bediente sich die Beklagte der in Dortmund ansässigen Firma I ... , welche wiederum bundesweit örtliche Untervertriebsfirmen einschaltete. Hierbei wurde ein einheitliches Muster angewandt, das dem Senat aus verschiedenen anderen Verfahren bekannt ist. Die Beklagte ließ die Wohnungen jeweils mittels standardisierter notarieller Verkaufsangebote, die von den Erwerbern durch notarielle Erklärung anzunehmen waren, veräußern. Dieses notarielle Verkaufsangebot enthielt regelmäßig eine Freizeichnungsklausel der Beklagten zur Frage der Wirtschaftlichkeit des Objektes, zu etwaigen Äußerungen ihrer Vertriebsbeauftragten sowie hinsichtlich der Verantwortung für die Kaufpreisfinanzierung (hier: § 8 Nr. 5 des Vertrags). Für den Verkauf wurde mit einem Prospekt geworben. Die I ... , die ihrerseits einen allgemeinen Vertriebsprospekt herausgab, erhielt für jeden Verkauf eine Innenprovision von mindestens 18,75 %. Diese Innenprovision wurde den Erwerbern nicht offen gelegt. Von den Käufern waren darüber hinaus Provisionen für die gesondert abzuschließenden Immobilien und die Kreditvermittlungsverträge zu zahlen und eine Mietpoolvereinbarung zu unterzeichnen. Die Finanzierung, die von den vor Ort tätigen Vermittlern mitangeboten wurde, erfolgte in der Regel über die Deutsche Bausparkasse B ... AG. Sie wurde von der Ba ... GmbH, einer Tochtergesellschaft der I ... , vermittelt und war nach dem sog. "Dortmunder Modell" organisiert. Hiernach mussten die Käufer ein Vorausdarlehen aufnehmen, das durch zwei zeitlich hintereinander geschaltete Bausparverträge abgelöst werden sollte. Auf das Vorausdarlehen sollten nur Zinsen gezahlt werden. Parallel dazu wurde der erste Bausparvertrag angespart. Die Tilgung sollte mit Zuteilung des ersten Bausparvertrags einsetzen. Für die Bausparverträge waren im Dreijahresrhythmus ansteigende Bausparraten vereinbart.

Die Klägerin macht geltend, sie sei bei Abschluss des Kaufvertrags und der Verträge über die Finanzierung falsch bzw. unzureichend beraten worden. Sie meint, die Beklagte müsse sich ein entsprechendes Verschulden der von ihr zwischengeschalteten Vertriebsmitarbeiter zurechnen lassen. Sie fordert Rückzahlung des Kaufpreises ZugumZug gegen Rückübereignung der Wohnung, wobei die Zahlung der Beklagten zur Ablösung der eingetragenen Belastungen verwendet werden soll. Daneben begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz ihrer weiteren Schäden verpflichtet ist.

Die Beklagte ist demgegenüber der Auffassung, dass sie nicht zum Schadensersatz verpflichtet sei. Sie führt an, ein Beratungsvertrag sei mit ihr nicht zustande gekommen. Die Klägerin habe mit den im Bereich des Vertriebs tätigen Personen einen selbständigen Maklervertrag mit gesonderter Provisionsvereinbarung abgeschlossen. Ein etwaiges Beratungsverschulden müsse die Klägerin in diesem Verhältnis geltend machen. Abgesehen hiervon sei die Beratung auch nicht unzureichend bzw. falsch gewesen. Über die allgemeinen Risiken, die mit dem Erwerb einer gebrauchten Immobilie verbunden seien, brauche der Verkäufer den Käufer nicht aufzuklären. Eine mangelnde Rentabilität durch sinkende Mieteinnahmen bzw. eine allgemeine Stagnation auf dem Wohnungsmarkt habe sie ohnehin nicht vorhersehen können. Insbesondere habe keine Verpflichtung bestanden, die an die Vermittler gezahlte Innenprovision aufzudecken. Daneben beruft die Beklagte sich auf die im notariellen Kaufvertrag verankerte Freizeichnungsklausel und auf Verjährung.

Das Landgericht Osnabrück hat der Klage stattgegeben.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen zur Frage des Zustandekommens eines Beratungsvertrags und zu dem Vorwurf, dass die Beratung fehlerhaft gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 7. 12. 2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Osnabrück die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Berufungsvorbringen nach Maßgabe ihrer Erwiderung entgegen. Ergänzend trägt sie zur Entwicklung des Mietpools vor.

Wegen des Sachverhalts im übrigen wird auf das angefochtene Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen. Weitere tatsächliche Feststellungen hat der Senat nicht getroffen.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte der Klägerin zum Schadensersatz verpflichtet ist, und zwar aus der Verletzung eines Beratungsvertrags. Der Anspruch ergibt sich aus positiver Vertragsverletzung. Er ist nicht verjährt.

1) Der Kaufvertrag ist über die G ... F ... OHG angebahnt worden, die ihrerseits von der I ... beauftragt worden ist. Diese war auf Seiten der Beklagten als Vermittlerin tätig. Der Vertragsschluss ist von der G ... F ... OHG dadurch vorbereitet worden, dass sie für die Klägerin eine "Musterberechnung für Erwerb und Wirtschaftlichkeit" erstellt hat (Bd. I Bl. 79). Mit diesem Zahlenwerk sollte der Klägerin plausibel gemacht werden, dass sie sich den Kauf leisten könne und dieser eine sinnvolle Geldanlage für sie sei. Hierdurch ist neben dem Kaufvertrag ein Beratungsverhältnis begründet worden.

Legt der Verkäufer bzw. der von ihm beauftragte Vertreter dem Käufer als Ergebnis der Vertragsverhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vor, das der Herbeiführung des Kaufs dienen soll, ist dies nach gefestigter Rechtsprechung regelmäßig ein Indiz dafür, dass neben dem Kauf ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist (BGHZ 140, 111; BGH NJW 2001, 2021 = NZM 2001, 625; BGH NJW 2003, 1811 ff; BGH NJW 2004, 64; Oberlandesgericht Oldenburg OLG-Report 2004, 142 ff). Das Landgericht ist unter Auswertung der genannten Musterrechnung ohne Verstoß gegen formelles oder materielles Recht zu der Feststellung gelangt, dass diese Voraussetzungen vorliegen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung begründen könnten, sind nicht vorhanden. Der Senat ist daher hieran gebunden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Im übrigen gelangt der Senat unabhängig hiervon zu demselben Ergebnis.

Die Feststellung, dass die Raterteilung in einem Pflichtenkreis stattgefunden hat, der der Beklagten als Verkäuferin zuzurechnen ist, wird nicht etwa dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin für die Vermittlung des Kaufvertrags und der Finanzierung Provisionen an die G ... F ... OHG bzw. I ... gezahlt hat. Die Tatsache, dass Maklerverträge für Kauf und Finanzierung geschlossen worden sind, führt nicht - wie die Beklagte meint - zu dem Ergebnis, dass die zum Schadensersatz verpflichtende Beratung im Rahmen dieser Rechtsverhältnisse und nicht im Zusammenhang mit dem Kauf erfolgt ist. Die Berechnung vom 1. 11. 1993 diente in erster Linie der Anbahnung des Kaufvertrags. Zunächst musste der Kaufentschluss herbeigeführt werden. Die in dem Berechnungsbeispiel enthaltenen Daten über die Belastungen sollten unzweifelhaft einen Anreiz für den Erwerb herstellen. Daher wurde mit der Beratung eine Tätigkeit ausgeübt, die dem Pflichtenkreis der Beklagten als Verkäuferin zuzuordnen ist (BGH NJW 2003, 1811 ff = NZM 2003, 405). Der Einwand der Beklagten, der Bundesgerichtshof habe in dieser Entscheidung ausgeführt, ein Vermittler könne einen Beratungsvertrag mit dem Verkäufer des Objekts nur dann zustande bringen, wenn der Käufer ihm seinerseits keinen Maklerauftrag erteilt habe, greift nicht durch. Eine rechtliche Unvereinbarkeit, wie sie mit der Berufungsbegründung geltend gemacht wird, ist in der in Rede stehenden Entscheidung keineswegs angenommen worden. Der Bundesgerichtshof spricht vielmehr lediglich aus, dass für die Feststellung einer stillschweigenden Bevollmächtigung des Vermittlers zu einer Raterteilung durch den Verkäufer dann keine zu strengen Anforderungen (in tatsächlicher Hinsicht) zu stellen sind, wenn der Käufer seinerseits keinen Makler beauftragt hat. Es reiche vielmehr aus, dass die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen war (BGHZ 140, 111, 116 = NJW 1999, 638; BGH NJW 2001, 2021 = NZM 2001, 625). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht unter zutreffender Auswertung des Tatsachenstoffs festgestellt. Dem folgt der Senat.

Die Beklagte muss daher für den Rat einstehen. Er sollte den Kaufentschluss beeinflussen und ist damit ihrem Pflichtenkreis zuzurechnen. Er betraf die Frage, ob der Erwerb der Kaufsache in Anbetracht der monatlichen Belastungen und der künftigen Entwicklungen unter Einbeziehung der Einkommensverhältnisse der Kläger ein rentierliches Geschäft war. Auf die weitere mit der Berufungsbegründung ausführlich erörterte Frage, ob und unter welchen Umständen ein Verkäufer allgemein und auch ungefragt zu einer Risikoaufklärung verpflichtet ist, kommt es vor diesem Hintergrund nicht an.

2) Das Landgericht hat weiterhin zutreffend festgestellt, dass der erteilte Rat falsch war.

Grundlage für das Verkaufsgespräch war die "Unverbindliche Musterberechnung für den Erwerb und die Wirtschaftlichkeit" der G ... F ... OHG vom 1. 11. 1993. Für die Frage, welchen Inhalt die Beratung hatte, ist auf dieses Schriftstück abzustellen. Anhaltspunkte dafür, dass bei dem mündlichen Gespräch Erklärungen abgegeben worden sind, die der schriftlichen Berechnung widersprechen bzw. über das dort Niedergelegte hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Dabei kann zur Frage der Darlegungslast auf die zutreffenden Gründe in der angefochtenen Entscheidung (S. 9) Bezug genommen werden. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, die Klägerin sei über die mit dem Kauf einer Immobilie verbundenen Risiken aufgeklärt worden, insbesondere sei ihr gesagt worden, für Wertzuwachs und Wirtschaftlichkeit könne keine Garantie übernommen werden, entlastet sie dies nicht. Es geht nicht um allgemeine Risiken eines Immobiliengeschäfts. Diese können beim Käufer als bekannt vorausgesetzt werden. Eine Belehrung hierüber schuldet ein Verkäufer grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn er neben dem Verkauf eine Beratung vornimmt. Hier geht es nicht um allgemeine Fragen des Immobilienerwerbs, sondern um die Besonderheiten des in Rede stehenden Kaufs in Verbindung mit der gleichzeitig vorgenommen Finanzierung.

a) Die Fehlerhaftigkeit der Beratung liegt zunächst darin, dass der Klägerin die steigenden Belastungen aus der Finanzierung nicht offenbart worden sind.

Die Musterberechnung nennt als monatlichen Aufwand (nach Steuererstattung) einen Betrag von 208, DM. Hierbei handelt es sich um eine unvollständige und damit irreführende Erklärung. Denn es fehlt der erforderliche Hinweis auf die stetig steigenden Belastungen aus den beiden Bausparverträgen.

Der Darlehensvertrag mit der B ... über das Vorausdarlehen - hier unterzeichnet am 19 11. 1993 und damit nach Abgabe des Angebots über den Abschluss des Kaufvertrags - sah vor, dass die Ansparraten jeweils nach dem 3., 6. und 9. Jahr nach Vertragsschluss steigen sollten. Daneben hatte die hier gewählte Art der Finanzierung zur Folge, dass mit der Zuteilung des ersten Bausparvertrags nochmals eine Steigerung der monatlichen Belastung einsetzen würde. Zum einen musste der erste Bausparvertrag nunmehr getilgt werden. Zum anderen musste von da ab der zweite Bausparvertrag angespart werden. Zwar trat gleichzeitig eine Entlastung ein, weil durch die Zuteilung des ersten Bausparvertrags in Höhe der Hälfte des Vorausdarlehens nunmehr der günstigere Zinssatz aus dem Bauspardarlehen galt. Hierdurch wurde der relativ hohe Zinssatz aus dem Vorausdarlehen ersetzt. Diese Entlastung war aber nicht so hoch, dass hierdurch eine vollständige Kompensation eintrat.

Auf diese zwangsläufig steigenden Belastungen hätte im Rahmen einer ordnungsgemäßen Beratung hingewiesen werden müssen.

Dem steht nicht entgegen, dass es sich hierbei teilweise um Effekte handelt, die einem Käufer bei der hier in Rede stehenden Konstruktion der Finanzierung (Vorausdarlehen bei gleichzeitigem Abschluss von zwei hinter einander geschalteten Bausparverträgen) eigentlich selbst klar sein müssten. Zwar kann ein im Auftrag des Verkäufers tätiger Vermittler grundsätzlich von einem bestimmten Vorverständnis des Erwerbers ausgehen und bei seinem Verkaufsgespräch hierauf aufbauen. Anders ist es aber dann, wenn - wie hier - eine detailreiche Berechnung aufgemacht wird, die von ihrer äußeren Gestaltung her den Eindruck einer vollständigen und verlässlichen Berechnungsgrundlage für den Kaufentschluss vermitteln soll und zudem für das Geschäft noch mit einem Prospekt geworben wird, der von seiner ganzen Aufmachung her die Solidität des Angebots unterstreichen soll. Im Rahmen eines solchen Beratungsverhältnisses ist der Verkäufer verpflichtet, den Kenntnisstand des Erwerbers zu erfragen, um sodann hieran anzuknüpfen. Zudem stehen für das Beratungsverschulden nicht die allgemeinen mit einer Bausparfinanzierung verbundenen Effekte im Vordergrund. Das der Beklagten anzulastende Versäumnis liegt vielmehr darin, dass nicht auf die besonderen Risiken hingewiesen worden ist, die mit der hier in Rede stehenden Konstruktion verbunden waren und die für den durchschnittlichen Erwerber auch nicht ohne weiteres erkennbar waren.

Der Hinweis auf die steigenden Belastungen war auch nicht etwa deswegen entbehrlich, weil es in der Musterberechnung ausdrücklich heißt, es handle sich hierbei um das Ergebnis "vor Tilgung" bzw. weil unten in dem auf dem Beratungsbogen befindlichen Text nochmals ausdrücklich erklärt wird, die Tilgung sei deswegen nicht eingearbeitet, weil sie jeweils mit dem Darlehensgeber individuell vereinbart werde. Hieraus konnte die Klägerin die nötigen Informationen nicht entnehmen. Es war auch nicht zu erwarten, dass sie sich aufgrund dieses Hinweises nunmehr in einem zweiten Schritt daranmachen würde, die steigenden Belastungen auf eigene Faust zu ermitteln. Teilweise fehlte ihr hierfür schon die erforderliche Kenntnis. Denn die Tatsache, dass die B ... stetig steigende Ansparleistungen forderte, erfuhr sie erst aus dem Angebot zum Abschluss der Bausparbeiträge. Weiterhin konnten die bei Anbahnung des Geschäfts tätigen Vermittler nicht voraussetzen, dass ein im Immobiliengeschäft unerfahrener Käufer den Begriff der Tilgung gleichsetzt mit den Ansparleistungen für die Bausparverträge. Im übrigen war die formularmäßige Erklärung, dass die "Tilgung individuell mit den Kreditinstituten vereinbart werde" auch schlicht falsch. Diese ersichtlich zur Freizeichnung von einer lückenhaften und damit fehlerhaften Beratung dienende Klausel erweckte den Anschein, dass dem Erwerber freistand, eine seiner Leistungsfähigkeit entsprechende niedrigere oder auch höhere Tilgung zu vereinbaren. Dies war gerade nicht der Fall. Über die B ... wurde der Klägerin ein vorgefertigtes Finanzierungskonzept vorgelegt, dass ihr weder in der Ansparphase noch nach der Zuteilung eine Gestaltungsmöglichkeit ließ. Die regelmäßige Erhöhung ihrer Leistungen war vielmehr fest vorgegeben. Letztlich ist zu berücksichtigen, in welchem engen und damit für ein Immobilien und Finanzierungsgeschäft sehr ungewöhnlichen Zeitrahmen die ganze Angelegenheit abgewickelt wurde. Der Beratungsbogen datiert vom 1.11.1993. Die Beratung hat daher an diesem Tag oder sogar später stattgefunden. Bereits am 4. 11. 1993 (I Bl. 77) ist die Vollmachtsurkunde unterzeichnet worden, mit der die Klägerin die Vollmacht erteilt hat, einen Kaufvertrag in ihrem Namen abzuschließen. Die Vereinbarung über die Mietenverwaltung hat die Klägerin am 6. 11. 1993 unterschrieben. Das Darlehensangebot der B ... über das Vorausdarlehen datiert vom 19. 11. 1993. Dasselbe gilt für die Bausparverträge. Die Klägerin hatte daher maximal drei Tage Zeit für eine eigenverantwortliche Prüfung und Aufdeckung der in dem Geschäft steckenden Risiken.

Ohne Erfolg führt die Beklagte in diesem Zusammenhang ins Feld, dieser Beratungsfehler sei nicht kausal geworden. Der Erwerber bemerke bereits nach "kurzer Zeit", welcher Betrag von seinem Konto abgebucht werde. Wenn er dies nicht reklamiere, sei dies ein Indiz dafür, dass er diesen Umstand (Belastungen, die über die Angaben im Beratungsbogen hinausgehen bzw. später ansteigende Raten) bei Vertragsschluss nicht für bedeutsam gehalten habe. Hierbei wird vernachlässigt, dass der Erwerber zu diesem Zeitpunkt an die geschlossenen Verträge gebunden ist. Aus der Tatsache, dass er diese erfüllt, kann keineswegs geschlossen werden, dass ihm die erst später für ihn sichtbare negative Folge von Anfang an gleichgültig war und dass er die Verträge auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung geschlossen hätte. Dieser Rückschluss wäre nur dann möglich, wenn dem Erwerber damit zugleich bekannt werden musste, dass er ein Recht habe, sich wegen der steigenden Belastung von den Verträgen zu lösen. Dies war nicht der Fall. Diese Kenntnis ist bei den hier in Rede stehenden Fragen erst nach einer qualifizierten rechtlichen Beratung zu erwarten.

b) Ein weiterer Beratungsfehler liegt darin, dass in der Musterberechnung kein Hinweis auf die Risken enthalten ist, die sich aus der langen Laufzeit der Finanzierung ergaben. Dabei kann es dahinstehen, ob ein Vermittler auf die allgemeinen Risiken hinweisen muss, die mit einer gestaffelten Bausparfinanzierung verbunden sind (Unsicherheiten über den Zeitpunkt der Zuteilung durch das allgemein bei Bausparkassen übliche Bewertungssystem) bzw. ob er den Erwerber über den Einfluss belehren musste, den die bei Vertragsabschluss bzw. später bei Zuteilung zu zahlenden Gebühren und Kosten auf die Laufzeit haben können. Hiermit hat sich das Oberlandesgericht Celle in seiner zu einem gleichgelagerten Fall ergangenen Entscheidung vom 7. 12. 2004 (16 U 127/04) ausführlich befasst. Die dort angesprochenen Punkte betreffen eher allgemeine Unwägbarkeiten, die mit einer Bausparfinanzierung verbunden sind. Hier liegt das besondere Risiko in der langen Laufzeit der Finanzierung, die erheblich über dem liegt, was bei einer "normalen" Bausparfinanzierung üblich ist. Diese Laufzeit ergab sich aus der Staffelung von zwei Verträgen in Verbindung mit der außerordentlich niedrigen Ansparleistung.

Die Zuteilung eines Bausparvertrages hängt von der Höhe seiner Bewertungszahl ab. Diese Bewertungszahl wird bestimmt durch die jeweilige Bausparsumme zum Ende eines Bewertungszeitraums. Mit hohen Monatsbeträgen angesparte Bausparverträge werden also zuerst zugeteilt. Die derzeit gültigen und allgemein zugänglichen Allgemeinen Bedingungen der B ... für Bausparverträge (ABB) sehen monatliche Ansparleistungen - je nach gewähltem Tarif - von 3,75 pro Tausend bis 5 pro Tausend der Bausparsumme vor (§ 2). Dies wären hier für den ersten Vertrag über 71.000, DM beim niedrigsten Tarif 3,75 DM pro Tausend, also 266,25 DM monatlich, und zwar durchgängig während der gesamten Ansparphase. Die Klägerin sollte dagegen vom 1. - 3. Jahr 106,50 DM, vom 4. - 6. Jahr 149,10 DM, vom 7. - 9. Jahr 205,90 DM und ab dem 10. Jahr 262,70 DM monatlich ansparen. Dies ergibt für die ersten 10 Jahre einen Durchschnitt von ca. 164, DM monatlich. Diese Ansparleistung bleibt damit weit hinter dem zurück, was die B ... derzeit für erforderlich hält, um eine zeitgerechte Abwicklung einer Bausparfinanzierung sicher zu stellen. Das Risiko lag dabei für die Klägerin darin, dass sie nach dem ihr vermittelten Modell den gesamten Kaufpreis zuzüglich aller Kosten und Provisionen mit einem Vorausdarlehen finanziert hatte, für den der Zinssatz lediglich auf 5 Jahre festgeschrieben war. Danach musste sich die Klägerin auf den jeweils üblichen Marktzins einstellen, der mit großer Wahrscheinlichkeit über dem Zins für das Bauspardarlehen und eventuell auch über dem vereinbarten Nominalzins von 6,85 % lag.

c) Als weiteren Beratungsfehler hat das Landgericht zutreffend herangezogen, dass der Klägerin die an die Vermittler gezahlte Innenprovision nicht aufgedeckt worden ist.

Es ist unstreitig, dass die Beklagte den von ihr zwischengeschalteten Vermittlern eine Provision von zumindest 18,75 % gezahlt hat. Dabei sprechen gewichtige Indizien dafür, dass der wahre Betrag sogar höher war und daneben noch andere Entgelte geflossen sind. Dem Senat ist aus der gleichzeitig verhandelten Sache 12 U 20/05 (Bd. I Bl. 85) eine Vertriebsvereinbarung über ein anderes Objekt der Klägerin bekannt (Sch ... Straße, O ... ). Dort wird der Betrag von 18,75 % als Netto-Betrag geführt. Es spricht einiges dafür, dass auch hier die Mehrwertsteuer hinzugerechnet werden muss, so dass der von der Klägerin genannte Betrag von 21,75 % richtig ist. Ferner ergibt sich aus dieser Vereinbarung, dass zumindest bei größeren Wohnungen noch ein weiterer Betrag geflossen ist. Es liegt nahe, dass es für das hier in Rede stehende Objekt gleichlautende oder ähnliche Vereinbarungen gegeben hat. Denn die Klägerin hat ihre Gebäude jeweils nach demselben Vertriebssystem und mit derselben Dachorganisation (I ... ) vertrieben. Es ist daher kaum wahrscheinlich, dass man bei dem hier in Rede stehenden Objekt eine andere Konstruktion für die Provisionen gewählt hat.

Da dem Senat allerdings gesicherte Erkenntnisse fehlen, ist nur auf die Provision von 18,75 % abzustellen. Auch diese hätte offenbart werden müssen.

Der Bundesgerichtshof hat in ZIP 2004, 1055 dahin entschieden, dass ein Anlagevermittler bei einer aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage, für die er mit einem Prospekt geworben hat, dem Erwerber ungefragt eine dem Vermittler gezahlte Provision offenbaren muss, wenn diese 15 % des Kaufpreises übersteigt. Diese Rechtsprechung ist in den Entscheidungen NJW 2004, 1732 und WM 2004, 2349 näher konkretisiert worden. Dabei stellt der Bundesgerichtshof maßgeblich darauf ab, ob der Erwerb vermittels eines Verkaufsprospekts oder durch eine persönliche Beratung herbeigeführt worden ist. Der Bundesgerichtshof hält den Erwerber dann für schutzwürdig, wenn der Prospekt die maßgebliche Informationsquelle gewesen sei. In diesem Fall könne der Erwerber niemanden fragen und dürfe darauf vertrauen, dass alle Angaben im Prospekt enthalten seien. Sei dagegen das Objekt durch eine Beratung anhand von Berechnungsbeispielen vertrieben worden, sei die Situation grundlegend anders.

Der Senat folgt der Rechtsprechung insoweit, als hiermit die maßgebliche Grenze für die Offenbarung einer Innenprovision auf 15 % festgelegt wird. Diese Grenzziehung ist praktikabel und stellt einen angemessenen Interessenausgleich dar. Zu den Gründen der Offenbarungspflicht und zu den Gesichtspunkten, die für einen Schutz des Käufers sprechen, kann auf die zitierten Entscheidungen Bezug genommen werden. Den dortigen Ausführungen schließt sich der Senat an.

Nicht zu folgen vermag der Senat hingegen der Einschränkung, eine Offenbarungspflicht bestehe nur dann, wenn der Käufer seine Informationen nur aus einem Prospekt und nicht auch aus anderen Quellen (Berechnungsbeispiel, persönliches Gespräch) schöpfe. Mit dieser Einschränkung wird ein ausreichender Schutz des Käufers nicht gewährleistet. Sie begünstigt die Seite des den Käufer gleichzeitig beratenden Verkäufers in unangemessener Weise.

Das tragende Argument des Bundesgerichtshofs liegt darin, dass der Erwerber bei einem persönlichen Gespräch mit dem Vermittler nachfragen könne, diese Möglichkeit habe er nicht, wenn er seine Informationen nur auf einen Prospekt stütze. Hierbei bleibt außer Betracht, dass sich ein Erwerber nur dann nach einer Provision erkundigen kann, wenn er insoweit ein Problembewusstsein hat und wenn ihm überhaupt bekannt ist, dass es derartige Vertriebsinstrumente gibt. Eine solche Kenntnis kann aber nicht allgemein vorausgesetzt werden. Sie ist nur bei solchen Erwerbern vorhanden, die die Gepflogenheiten des Immobilienvertriebs kennen und ausreichendes Vorwissen mitbringen. Der unerfahrene Käufer wird vielmehr insbesondere dann, wenn der Vermittler von ihm - wie dies hier der Fall war - eine Courtage für den Abschluss des Kaufvertrags, eine weitere für die Vermittlung der Finanzierung und darüber hinaus eine nicht näher definierte "Abschlussgebühr" fordert, davon ausgehen, dass der Vermittler damit ausreichend entlohnt ist. Er braucht daher keinerlei Verdacht zu hegen, dass der Vermittler intern vom Verkäufer nochmals eine Prämie erhält, und zwar erst recht nicht in einer Höhe, die bei 18,75 % des Kaufpreises (hier also 22.731,19 DM) fast das 5,5fache des Betrags ausmacht, den er bereits als offengelegte Maklercourtage für den Kauf an ihn bezahlt. Hinzu kommt, dass die Zahlung von Innenprovisionen auch keineswegs allgemein üblich ist. Dieses Instrument wird nur bei besonderen Vertriebsstrukturen eingesetzt und ist grundsätzlich auch nur dort tauglich, wo man eine unerfahrene Käuferschicht ansprechen will. Der erfahrene Käufer wird sich aus unabhängigen Quellen über die tatsächliche Werthaltigkeit des Objekts informieren und auf diese Art und Weise zu ermitteln suchen, ob der geforderte Kaufpreis in etwa dem realen Marktwert entspricht. Je mehr in einem Kaufpreis an verdeckten Kosten und Provisionen enthalten sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er dies bei seinen Recherchen aufdeckt. Dieser Käufer benötigt keinen Schutz. Schutzbedürftig ist der arglose und unerfahrene Erwerber. Differenziert man für die Frage der Offenbarungspflicht also danach, ob ein persönliches Gespräch stattgefunden hat oder nicht, wird ein ausreichender Schutz der gerade hier von der Beklagten angesprochenen Käuferschicht mit niedrigem oder durchschnittlichem Einkommen nicht gewährleistet. Hinzu kommt ein weiterer Gesichtspunkt, der es nicht gerechtfertigt erscheinen lässt, bei einem Prospekt andere Maßstäbe anzulegen. Wird im Rahmen eines persönlichen Beratungsgesprächs ein Berechnungsbogen erstellt, hat dies den Anschein, dass man die individuellen Bedürfnisse des Kunden berücksichtigt hat und ihm ein speziell auf seinen Fall bzw. seine wirtschaftlichen Verhältnisse zugeschnittenes Angebot macht. Dies soll Vertrauen schaffen. Ein Zahlenwerk wie hier vermittelt dem Kunden den Eindruck, hierin sei alles enthalten, nunmehr habe er einen vollständigen Überblick über die für das Geschäft maßgeblichen Faktoren. Dies ist bei einem Prospekt anders. Er enthält nur allgemeine Informationen über das Objekt. Ein Kunde wird daher eher dann auf die Idee kommen, sich noch nähere Informationen zu beschaffen und nachzufragen, wenn ihm nur ein Prospekt vorliegt und nicht zugleich auch eine individuelle Berechnung, die ihm zudem noch durch einen Berater persönlich erläutert wird.

d) Schließlich war die Beratung der Klägerin auch deswegen fehlerhaft, weil die Risiken, die mit dem Beitritt zum Mietpool verbunden waren, nicht aufgedeckt worden sind.

Die Klägerin musste im Rahmen der Finanzierung eine "Vereinbarung über Mietenverwaltung" unterzeichnen. Der Abschluss dieser Vereinbarung war Voraussetzung für die Auszahlung der Darlehensvaluta (§ 3 des Darlehensvertrags mit der B ... ). Eine Kündigung dieser Vereinbarung war ihr nur mit Zustimmung der B ... gestattet und damit faktisch unmöglich. Damit war ihr der Zugriff auf den Mietzins und eine eigene Verwaltung ihres Objekts während der Dauer der Finanzierung entzogen. Eine ordnungsgemäße Beratung hätte die Nachteile dieser Konstruktion aufdecken müssen. Insbesondere die langfristigen Risiken hätten offenbart werden müssen. Der 8. Zivilsenat hat in seinem Hinweisbeschluss vom 18. 4. 2005 zur Sache 8 U 6/05 in einem vergleichbaren Fall, der beiden Parteivertretern bekannt ist, hierzu u. a. folgendes ausgeführt:

"Bei dem Erwerb einer Immobilie zum Zweck der Vermögensbildung ist es für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung, welche Aufwendungen er erbringen muss, um das Objekt mit seinen Mitteln erwerben und halten zu können. Kernstück der Beratung ist die Ermittlung des monatlichen Eigenaufwandes, die den potentiellen Käufer von der Möglichkeit überzeugen soll, die Immobilie aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse erwerben und halten zu können. Die Beratung verfehlt ihren Zweck, wenn sie sich auf das Jahr der Anschaffung beschränkt und bereits absehbare ungünstige Veränderungen der Mieteinnahmen oder Unterhaltungskosten nicht berücksichtigt (vgl. BGHZ 156, 371, 377). Der Beratende muss den Interessenten deshalb bei der Berechnung des Eigenaufwandes über die mit dem Beitritt zu einem Mietpool verbundenen Kostenrisiken besonders aufklären. (vgl. BGH Urteil vom 14. Januar 2005 - V ZR 260/03, BeckRS 2005 01669; OLG Karlsruhe Urteil vom 21. November 2004 - 15 U 4/01 - BeckRS 2004 12376). Er verletzt seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Ertragserwartung der Immobilie gibt und den Interessenten dadurch zum Vertragsschluss veranlasst (vgl. BGH a.a.O.). .... Verkauft wurde der Klägerin (und ihrem Ehemann) ausdrücklich - so das notarielle Kaufvertragsangebot der Beklagten - eine vermietete Eigentumswohnung. Der Mietpool, dem sie beitreten mussten, führt nun aber dazu, dass sie letztlich selbst keinerlei Einfluss auf die Rendite ihrer Kapitalanlage nehmen konnten und ihnen der Vorteil der Vermietung ihrer Wohnung nicht uneingeschränkt zugute kam, weil sie den Nachteil des Leerstandes möglicherweise zahlreicher anderer Wohnungen mitzutragen hatten. Die Mietpoolkonstruktion bedingt zudem eine weitgehende Abhängigkeit von der Kompetenz und Zuverlässigkeit des Mietpoolverwalters, der, weil ihm die Vermietung des Wohnungseigentums übertragen ist, anstelle der Eigentümer den wirtschaftlichen Erfolg der Kapitalanlage maßgeblich beeinflusst, und das zudem langfristig. Die "Vereinbarung über Mietenverwaltung" sieht zwar die Möglichkeit einer Kündigung nach Ablauf von fünf Jahren vor; tatsächlich kann jedoch der Eigentümer während der Laufzeit des Vorausdarlehens - in der Regel mindestens zwanzig Jahre - nur mit Zustimmung der den Eigentumserwerb finanzierenden B ... Bausparkasse kündigen. Der Mietpool schützt sicherlich teilweise vor den Folgen des Leerstandes der eigenen Wohnung, er "sozialisiert" aber auch Leerstände und Forderungsausfälle und führt zu einer Mithaftung für die Verpflichtungen anderer Miteigentümer und für Rechtsverfolgungskosten. Weiter besteht, worauf die Klägerin schon in der Klageschrift hingewiesen hat, das Risiko überhöhter Ausschüttungen aus dem Mietpool, weil die monatlichen Mieteinnahmen zur Bedienung des Kapitaldienstes an die B ... Bausparkasse überwiesen werden. Das bedingt eine Darlehensaufnahme durch den Mietpool, der dann wiederum zum Nachteil aller Eigentümer mit den Darlehenszinsen belastet wird. Letztlich führt die Mietpoolkonstruktion dazu, dass Gegenstand des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien weniger der Kauf einer vermieteten Eigentumswohnung zum Zweck der Vermögensbildung oder der Alterssicherung ist, sondern eher der Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds. Das hat auch Auswirkungen auf die Art und den Inhalt der Beratung und Aufklärung des Käufers, wenn - wie hier - der Verkäufer diese zwecks Förderung der Bereitschaft zum Vertragsschluss übernimmt."

Diese Ausführungen sind zutreffend und werden vom Senat uneingeschränkt geteilt.

Neben der Tatsache, dass eine Belehrung über die allgemeinen Risiken des Mietpools erforderlich gewesen wäre, war die Beratung auch deswegen fehlerhaft, weil der Klägerin ein falsches Bild von der Ertragskraft des konkreten Mietpools und damit von der Höhe der für die Rentabilität entscheidenden Einnahmen vermittelt worden ist.

Die der Klägerin ausgehändigte "Unverbindliche Musterberechnung für Erwerb und Wirtschaftlichkeit" beziffert die Mieteinnahmen auf netto 8,90 DM/qm (nach Abzug von Verwaltungs- und Nebenkosten sowie der Instandhaltungsrücklagen). Eine derartige Ausschüttung hat der Mietpool nie erreicht. Die Klägerin hat unter Vorlage der maßgeblichen Unterlagen vorgetragen, wie sich der Mietpool entwickelt hat. Dabei sind die Abrechnungen für die Jahre 1994 und 1995 nur schwer durchschaubar. Sie stellen keine ordnungsgemäße Rechnungslegung dar. Ähnliches gilt für die Abrechnungen für 1997 und 1998. Ordnungsgemäße Berechnungen sind der Klägerin erst ab 1999 ausgehändigt worden. Aus der Abrechnung für 1994 ist zu entnehmen, dass das Mietpoolergebnis bei 5,98 DM/qm gelegen haben muss. Für 1995 ergeben sich 6,45 DM/qm. Danach setzte ein stetiger Rückgang ein (Schriftsatz der Klägerin vom 9. 5. 2005 S. 10/11). Für das Jahr 2004 verblieben noch 0,72 DM/qm.

Der Senat ist der Überzeugung, dass bereits bei Abschluss des Kaufvertrags feststand oder zumindest vorhersehbar war, dass ein Ergebnis von 8,90 DM/qm nicht zu erreichen war. Indiz hierfür ist zunächst die schlichte Höhe des zugesagten Betrags. Die Abrechnung für 1994 beziffert die Sollmieten auf 910.821,70 DM. Hiervon waren in jedem Fall die fixen Kosten abzuziehen, und zwar Hausgeld mit 375.484,65 DM, Mietpoolgebühr mit 44.017,40 DM und Kontogebühren mit 15.143,07 DM. Hinzu kam noch die Grundsteuer, für die kein Betrag genannt war. Von den Einnahmen entfielen daher ca. 48 % auf Kosten. Für 1995 ergibt sich ein ähnliches Bild. Bei Sollmieten in Höhe von 1.370.427,93 DM entstanden Kosten von 561.091,93 DM für Hausgeld, 33.145,49 DM für Grundsteuer, 68.505,22 DM für Mietpoolgebühr und 24.701,83 DM an Zinsen. Dies ist ein Kostenfaktor von ca. 50 %. Die übrigen in der Abrechnung enthaltenen Positionen erhöhen diesen Faktor nochmals. Um einen Nettomietzins von 8,90 DM/qm zu erreichen, hätte demgemäss der Bruttomietzins bei ca. 13,30 DM/qm liegen müssen. Zwar konnte ein Teil der genannten Kosten auf den Mieter umgelegt werden. Dies galt aber z. B. nicht für die Instandhaltungsrücklage, die hier offenbar im sogenannten Hausgeld enthalten war. Ferner - und dies ist ein entscheidender Gesichtspunkt - hing das Ergebnis des Mietpools davon ab, dass das Objekt vollständig vermietet war und dass alle Mietzinsschulden auch tatsächlich erfüllt wurden. Denn Leerstände oder Forderungsausfälle waren auf alle Eigentümer umzulegen. Im übrigen zeigt die Beklagte keine Gesichtspunkte auf, die es plausibel machen könnten, dass es zu einem unvorhersehbaren Rückgang der Erträge aus dem Mietpool gekommen ist und warum der in die Berechnung eingestellte Betrag nicht erreicht wurde. Der Beklagten waren die Einnahmen aus der Zeit vor dem Verkauf bekannt. Sie wusste also, mit welchen Nettoerträgen realistischer Weise zu rechnen waren. Es war daher einfach, zu errechnen, welche Erträge ein Erwerber nach Abzug aller mit dem Mietpool verbundenen Kosten und unter Berücksichtigung der zwangsläufigen Risiken voraussichtlich erzielen würde. Die Beklagte legt nicht dar, anhand welcher Faktoren der in die Berechnung eingestellte Nettomietzins ermittelt worden ist und aufgrund welcher Umstände sie berechtigter Weise davon ausgehen konnte, dass der Klägerin in Zukunft dieser Ertrag nachhaltig zufließen würde. Demgemäss ist davon auszugehen, dass dem genannten Betrag entweder keine ordnungsgemäße Bewertung zugrunde lag oder dass er schlicht falsch war. Dies hätte offenbart werden müssen.

Die Beklagte kann sich dabei nicht mit dem Argument entlasten, mit dem Beitritt zum Mietpool und seiner weiteren Entwicklung habe sie nichts zu tun, dieser sei vielmehr der Finanzierung zuzuordnen. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass die Finanzierung und damit auch der Beitritt zum Mietpool Teil eines einheitlichen standardisierten Vertriebskonzepts war. Verkauf und Finanzierung erfolgten durch die von der Beklagten zwischengeschalteten Vermittler aus "einer Hand". Demgemäss kann dieser Bereich nicht ausgeklammert werden. Zum anderen haben die Vermittler ihre Beratung auch auf diesen Punkt erstreckt. Demgemäss muss die Beklagte hierfür einstehen.

3) Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte ferner gegen die Feststellung des Landgerichts, dass die unzutreffende Beratung für den Vertragsabschluss auch kausal geworden ist. Die Beklagte hat die insoweit gegen sie sprechende Vermutung nicht entkräftet. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht mit dem Einwand entlasten, die Kläger hätten nach Erhalt der Vertragsunterlagen über die Finanzierung keinen Versuch unternommen, sich vom Vertrag zu lösen; aus diesem Grund habe diese Frage in Wahrheit nicht die Bedeutung gehabt, die ihr jetzt zugemessen werde. Es ist nahe liegend, dass sich ein Käufer an einen notariell beurkundeten Vertrag gebunden fühlt und auch dann noch an ihm festhält, wenn er nachträglich negative Erkenntnisse erlangt. Aus seinem Stillhalten bzw. seiner Vertragstreue kann daher keinesfalls der Schluss gezogen werden, er hätte den Vertrag auch dann geschlossen, wenn er die Erkenntnisse schon vorher gehabt hätte. Im übrigen sind den Klägern die weiteren Unstimmigkeiten hinsichtlich der angegebenen Mieteinnahmen erst viel später bekannt geworden.

4) Die von der Beklagten eingeschalteten Berater haben auch schuldhaft gehandelt. Dieses Verschulden muss sich die Beklagte zurechnen lassen (§ 278 BGB). Die steigenden Belastungen aus der Finanzierung, die durch das gewählte Finanzierungskonstrukt bedingte lange Laufzeit der Verträge und das hiermit verbundene Risiko des Vorausdarlehens, die Innenprovision und die Risiken und Nachteile des Mietpoolbeitritts waren bekannt. Die Berater handelten daher jedenfalls fahrlässig, wenn sie der Klägerin die in Rede stehenden Punkte nicht offenbarten. Dabei ist es nicht erforderlich, dass dem einzelnen Berater alle die für die fehlerhafte Beratung maßgeblichen Punkte bewusst waren. Da die Beklagte sich einer festen Vertriebsstruktur bedient hat und die Immobilien nach einem einheitlich Konzept verkauft und finanziert wurden, war sie verpflichtet, die von ihr beauftragten Personen mit dem Wissen auszustatten, das für eine zutreffende und vollständige Beratung erforderlich war. Jedenfalls hätte die Beklagte sicherstellen müssen, dass ein entsprechender Informationsfluss stattfindet. Soweit Versäumnisse in diesem Bereich liegen, haftet die Beklagte aus eigenem Verschulden.

5) Der Schaden der Klägerin liegt in der Belastung mit dem Kaufpreis. Diesen muss die Beklagte gegen Rückübereignung der Wohnung zurückzahlen. Zwar wendet die Beklagte mit Recht ein, dass sich die Klägerin im Wege der Vorteilsausgleichung die erlangten Steuervorteile anrechnen lassen muss. Diese Vorteile können aber bei der Abrechnung der weiteren Schäden, die die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag sichern lässt, berücksichtigt werden. Da die Klägerin ausweislich der Musterberechnung auch nach Berücksichtigung etwaiger Steuervorteile monatlich etwas zuzahlen musste, steht fest, dass die in Rede stehenden Vorteile jedenfalls nicht den mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Schaden beeinflussen.

6) Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag zu Recht stattgegeben. Nähere Darlegungen zur Höhe ihres Schadens waren von der Klägerin zur Begründung ihres Feststellungsinteresses nicht zu verlangen. Insbesondere steht nicht fest, ob und wie sich die Klägerin aus den zur Finanzierung geschlossenen Verträgen lösen kann.

7) Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

8) Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht. Der Senat behandelt die die Entscheidung tragenden Rechtsfragen im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Tatsache, dass die Beklagte eine Vielzahl von Prozessen wegen vergleichbarer Vorgänge führt und dass hierzu auch unterschiedliche Entscheidungen einzelner Instanzgerichte ergangen sind, verleiht dem Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage des Beratungsverschuldens ist jeweils im Einzelfall zu klären. Soweit der Senat von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Offenbarungspflicht von Innenprovisionen abweicht, handelt es sich nur um einen von mehreren Gesichtspunkten, die zur Haftung führen. Das Urteil wird bereits durch die übrigen Punkte getragen. Jeder dieser Punkte ist für sich geeignet, den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu stützen.

Ende der Entscheidung

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