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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 20.05.2008
Aktenzeichen: 13 WF 91/08
Rechtsgebiete: VV RVG, ZPO


Vorschriften:

VV RVG Nr. 3105
VV RVG Nr. 2300
ZPO § 331 Abs. 3
1. Eine Terminsgebühr gemäß Nr. 3105 VV RVG entsteht nicht, wenn im schriftlichen Vorverfahren ein Versäumnisurteil verfahrensfehlerhaft ohne Antrag ergangen ist.

2. Eine Kürzung der Verfahrensgebühr im Prozesskostenhilfeverfahren kommt nicht in Betracht, wenn wegen eines unbedingten Klageauftrags eine Geschäftsgebühr nicht entstanden ist.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss

13 WF 91/08 13 WF 92/08

In der Familiensache

hat der 13. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...

am 20. Mai 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Iburg vom 28.01.2008 und 31.01.2008 werden aufgehoben. Die an den beigeordneten Rechtsanwalt zu zahlende ProzesskostenhilfeVergütung wird auf 272,87 € festgesetzt.

Beschwerdewert: 220,33 €

Gründe:

I.

Der Kläger hat von dem Beklagten, seinem Vater, Kindesunterhalt verlangt und ihn vorprozessual durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 13.07.2007 zur Auskunft über erzieltes Arbeitseinkommen aufgefordert. Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Zustellung der Klage, die einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gemäß § 331 Abs. 3 ZPO nicht enthielt, ist im schriftlichen Vorverfahren ein rechtskräftiges Versäumnisurteil ergangen. Der beigeordnete Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr und einer 0,5 Terminsgebühr nach dem gerichtlich festgesetzten Streitwert von 2.352,00 € nebst Auslagenpauschale und Mwst., insgesamt eine Vergütung von 368,66 €. Mit Beschluss vom 13.12.2007 setzte der Kostenbeamte die Kosten auf 148,33 € fest, weil er eine Terminsgebühr als nicht entstanden ansah und wegen einer vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr die Verfahrensgebühr auf 0,65 kürzte. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers entschied das Amtsgericht Bad Iburg am 28.01.2008, dass eine Geschäftgebühr nicht anzurechnen sei. Durch ergänzenden Beschluss vom 31.01.2008 wies es den Kostenbeamten weiter an, die Terminsgebühr festzusetzen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin vom 13.02.2008. Durch Beschluss der Einzelrichterin vom 20.03.08 ist die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen worden.

II.

Die gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde ist teilweise erfolgreich. Eine Terminsgebühr ist nicht anzusetzen (hierzu unter 1.). Dagegen hat die Anrechnung einer hälftigen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr hier zu unterbleiben (hierzu unter 2.). Damit war die Vergütung in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe festzusetzen (Verfahrensgebühr: 209,30 zzgl. 20, Pauschale zzgl. 43,58 Mwst. = 272,87 €).

1. Die Terminsgebühr ist nicht entstanden, weil es an dem erforderlichen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils fehlt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist ein solcher Antrag nicht konkludent gestellt worden. § 331 Abs. 3 ZPO setzt neben dem Sachantrag einen zusätzlichen Prozessantrag des Klägers voraus. Diese klare gesetzliche Regelung würde umgangen, wenn der Sachantrag stets einen konkludenten Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils enthielte.

Der Vorschrift der Nr. 3105 VV RVG zu Folge fällt die Terminsgebühr unter anderem dann in Höhe von 0,5 an, wenn ein Termin wahrgenommen wird, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und lediglich ein Antrag auf Versäumnisurteil gestellt wird. Gemäß Anm. 1 Ziff. 2 zu Nr. 3105 VV RVG entsteht die Gebühr auch dann, wenn "eine Entscheidung gemäß § 331 Abs. 3 ZPO ergeht". Die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn der Antrag fehlte, das Versäumnisurteil also verfahrensfehlerhaft erging, wird uneinheitlich beantwortet. Teils wird die Entstehung der Terminsgebühr unter Hinweis darauf befürwortet, dass der Gesetzeswortlaut allein auf das Ergehen der Entscheidung abstelle und nicht zu überprüfen sei, ob diese in prozesswidriger Weise ergangen sei. Überdies müsse der Kläger gemäß § 139 ZPO auf das Fehlen des Antrags hingewiesen werden und der Beklagte werde durch die Festsetzung der Gebühr nicht beschwert (Thüringer OLG, MDR 2006, 1196. OLG München, JurBüro 2007, 589). Nach anderer Auffassung ist der Antrag Voraussetzung für die Entstehung der Gebühr (OLG Düsseldorf, MDR 1984, 950 zu § 35 BRAGO. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, VV 3105 Rz. 7. Gerold/Schmidt/v.Eicken/ Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl. 2006, 3105 VV Rz. 23).

Der Senat schließt sich der letzteren Ansicht an. Der Gesetzeswortlaut wird unzulässig verkürzt, wenn nur auf Anm. 1 Ziff. 2 zu VV 3105 RVG abgestellt wird, da Nr. 3105 VV RVG ausdrücklich an die Stellung eines Antrags auf Versäumnisurteil anknüpft. In der Anm. 1 Ziff. 2 wird lediglich klargestellt, dass dies auch gilt, wenn eine Entscheidung im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 331 Abs. 3 ZPO ergeht, ohne damit auf das Erfordernis eines Antrags zu verzichten. Dies wäre auch nicht sachgerecht, denn mit der Gebühr wird die anwaltliche Tätigkeit vergütet, die im Fall des § 331 Abs. 3 ZPO neben der durch die Verfahrensgebühr bereits abgegoltenen Erhebung einer schlüssigen Klage ausschließlich im Stellen des Antrags auf Erlass eines Versäumnisurteils besteht.

2. Eine Geschäftgebühr ist hier nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Dabei kann dahinstehen, ob eine vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr grundsätzlich auch im Prozesskostenhilfeverfahren auf die Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Eine Geschäftsgebühr entsteht nämlich nicht, wenn von vorneherein ein unbedingter Klageauftrag erteilt wurde (Hartmann aaO., Nr. 2300 VV RVG Rz. 3). Dann dient die außergerichtliche Tätigkeit der Vorbereitung der gerichtlichen Rechtsverfolgung und wird durch die im gerichtlichen Verfahren entstehenden Gebühren abgegolten. Hier hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beklagten zwar vorprozessual durch Schreiben vom 13.07.2007 zur Auskunft über erzieltes Arbeitseinkommen aufgefordert. Mit Schriftsatz vom 27.12.2007 hat er aber vorgetragen, ihm sei vom Beginn der Beauftragung an ein unbedingter Klageauftrag erteilt worden. Hiervon hat der Senat in Ermangelung anderer Anhaltspunkte auszugehen.

Ende der Entscheidung

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