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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Urteil verkündet am 07.06.2006
Aktenzeichen: 3 U 48/05
Rechtsgebiete: ARB 75


Vorschriften:

ARB 75 § 4 Abs. 2 Buchst. a
Der Rechtsschutzversicherer muss sich bei der Deckungszusage das Leistungsverweigerungsrecht gem. § 4 Abs. 2 a ARB 75 nicht vorbehalten, wenn er die Einwände der Gegenpartei zwar kannte, aber nicht erkennen konnte, ob die Einwände Erfolg haben würden, weil der zugrunde liegende Sachverhalt noch streitig war. In einem solchen Fall darf der Rechtsschutzversicherer sich zunächst auf die Richtigkeit der Sachdarstellung seines Versicherungsnehmers verlassen.
Oberlandesgericht Oldenburg Im Namen des Volkes Urteil

3 U 48/05

Verkündet am 7. Juni 2006

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Amtsgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 08.04.2005 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 396,25 € zu zahlen. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 5/6 und die Beklagte 1/6.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Kläger beansprucht von der Beklagten Leistungen der Rechtsschutzversicherung im Zusammenhang mit Rechtstreitigkeiten des Klägers und seiner Ehefrau mit den Eheleuten F... aus einem am 15.10.1998 abgeschlossenen Grundstückskaufvertrag.

Für den Kläger bestand bei der Beklagten eine Rechtsschutzversicherung, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Rechtsschutzversicherung ARB 75 zugrunde liegen und die einen Selbstbehalt von 200 DM vorsieht. Der Kläger begehrt die Übernahme von Verfahrenskosten aus den selbständigen Beweisverfahren 3 OH 23 und 27/00 des Landgerichts Aurich sowie der Klage und Widerklage in dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 des Landgerichts Aurich (= 13 U 60/03 OLG Oldenburg = BGH V 311/03).

Der Kläger und seine Ehefrau waren Eigentümer des Hausgrundstücks ... E.... Die Eheleute F... besichtigten das Haus Anfang September 1998. Mitte September 1998 trat unterhalb der Duschwanne der Dusche im Badezimmer des Hauses Wasser aus. Die Undichtigkeiten wurden am 17.09.1998 von dem Mitarbeiter G... der Firma I... Gesellschaft für Haustechnik mbH & Co. KG (im Folgenden Fa. I...) behoben, wofür die Firma am 21.09.1998 646,12 DM berechnete.

Bei der Beurkundung des Kaufvertrages vom 15.10.1998, URNr. 353/98 des Notars S... in Emden, brachten die Kläger die Reparatur und ihren Anlass nicht zur Sprache. Durch den Vertrag verkauften der Kläger und seine Ehefrau den Grundbesitz für 480.000 DM an die Eheleute F....

In § 6 Abs. 4 des Vertrages ist bestimmt:

"Die Übertragung erfolgt in dem Zustand, in dem der Grundbesitz sich jetzt befindet. Irgendwelche Gewähr für Größe, Güte und Beschaffenheit wird seitens des Verkäufers nicht geleistet, auch keine Haftung für Fehler und / oder Mängel übernommen.

Der Verkäufer versichert, dass ihm keine versteckten oder unsichtbaren Mängel an dem Kaufobjekt bekannt sind."

Der Kläger und seine Ehefrau übergaben das Haus Ende Juli 1999 an die Eheleute F.... Nach Ihrem Einzug in das Haus nahmen die Eheleute F... die Bildung von Feuchtigkeit und Geruch im Haus wahr.

In dem Beweisverfahren 3 OH 27/00 stellte der Dipl.-Architekt Sch... in seinem Gutachten vom 24.11.2001 fest, dass bei dem 1983 errichteten und nicht unterkellerten Haus die nach DIN 18195 vorgeschriebene horizontale Feuchtigkeitssperre auf der Sohlplatte fehle.

In dem Beweisverfahren 3 OH 23/00 stellte der Sachverständige für Messungen und Beurteilungen von Innenraumluft Dipl.-Ing. B... in seinem Gutachten vom 14.08.2000 fest, dass (zum Zeitpunkt der Besichtigung im Juni 2000) zum Teil leicht und zum Teil auch extrem erhöhte Konzentrationen an Schimmelpilzen und -bakterien im Wohnzimmer, Flur, Bad, Arbeitszimmer sowie der Abseite neben dem Arbeitszimmer vorhanden waren. In seinem Ergänzungsgutachten vom 14.02.2001 stellte der Sachverständige B... fest:

"Ergänzende Kontrollen auf der anderen Seite der Wand in Höhe der Geschossdecke (Bereich Treppenaufgang) ergaben allerdings, dass sich hier ein starker Pilz und Bakterienbefall unter der (erneuerten) Tapete gebildet hat..... Die Ausbesserung der Tapete in diesem Bereich macht deutlich, dass dieser Schaden vor dem Verkauf des Hauses aufgetreten ist und damals falsch saniert wurde. Es wurde offensichtlich eine neue Tapete tapeziert, obwohl die Ursache noch nicht beseitigt war bzw. die Durchfeuchtung nicht ausgetrocknet war."

Die Eheleute F... gelangten zu der Auffassung, dass das Haus schon vor ihrem Einzug feucht gewesen sei und der Kläger und seine Ehefrau das bemerkt haben müssten. Mit Schreiben vom 08.03.2000 wandten sich die damaligen Bevollmächtigten der Eheleute F... an die damaligen Bevollmächtigten des Klägers und seiner Ehefrau, die Rechtsanwälte R... und W.... Rechtsanwalt W... erwiderte hierauf mit Schreiben vom 15.03.2000. Mit Schreiben vom 17.03.2000, dem das Schreiben vom 15.03.2000 beigefügt war, suchte er bei der Beklagten um Versicherungsschutz nach. Die Beklagte erteilte dem Kläger daraufhin eine Deckungszusage für diesen Versicherungsfall.

Der Kläger und seine Ehefrau, denen zu Ohren gekommen war, dass die Eheleute F... sie gegenüber Dritten angeblich als "Betrüger" bezeichnet haben sollen, erhoben in dem Verfahren 3 O 1433/01 des Landgerichts Aurich am 06.11.2001 Klage, mit der sie von den Eheleuten F... die Unterlassung beanspruchten, sie als Betrüger zu bezeichnen.

Die Beklagte hat für die Unterlassungsklage den Gerichtskostenvorschuss (975 DM - Selbstbehalt 200 DM = 775 DM = 396,25 €) gezahlt.

Mit Schriftsatz vom 27.02.2002 erhoben die Eheleute F... Widerklage auf Zahlung von 309.961,75 €, die die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages sowie diverse Schadenspositionen umfasste. Sie stützten ihre Klage auf die Behauptung, dass das Haus schon früher feucht gewesen sei und die Kläger dieses gewusst hätten. Die Kläger stellten das in Abrede und stellten den Antrag, die Widerklage abzuweisen.

Das Landgericht Aurich hat mit Urteil vom 07.03.2003 dem Beklagten des Ausgangsverfahrens, Prof. Dr. F..., verboten, die Kläger als Betrüger zu bezeichnen. Die Klage gegen die Beklagte Frau F... wurde abgewiesen. Das Landgericht hat die Widerklage ebenfalls abgewiesen.

Auf die Berufung der Eheleute F... hat das Oberlandesgericht Oldenburg durch Teilurteil vom 15.09.2003 die Klage gegen den Beklagten Prof. Dr. F... mangels Wiederholungsgefahr abgewiesen. Durch Schlussurteil vom 24.11.2003 hat das Oberlandesgericht der Widerklage stattgegeben. Zuvor hatte es u. a. Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen G.... Danach sah es der Senat es als erwiesen an, dass die Kläger bei Vertragsabschluss einen wesentlichen Mangel im Rechtssinne, nämlich die Durchfeuchtung der Wand des Badezimmers zum Treppenhaus hin, arglistig verschwiegen haben.

Die Beklagte hat bei der Übernahme der Kosten für die Berufungsinstanz den Vorbehalt erklärt, dass die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aufgrund von Versicherungsfällen ausgeschlossen ist, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich und rechtwidrig verursacht hat.

Sie hat dem Rechtsanwalt Dr. Ge... für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH 6.923,80 € gezahlt.

Im Ausgangsverfahren sind - nach Verrechnung gezahlter Vorschüsse - 6.307,04 € Gerichtskosten angefallen. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers und seiner Ehefrau haben in erster Instanz 9.471,89 € Gebühren berechnet. Die Bevollmächtigten der Eheleute F... haben 8.885,02 € verlangt.

Im Beweisverfahren 3 OH 23/00 hat die Beklagte mit Schreiben vom 12.04.2000 nach Zugang der Antragsschrift der Eheleute F..., der Erwiderung des Klägers und seiner Ehefrau sowie eines Anschreibens der Rechtsanwälte R... und W... vom 03.04.2000 die Deckung der Kosten vorbehaltlos zugesagt. In diesem Verfahren sind insgesamt 6.214,19 € Gerichtskosten angefallen, auf die der Kläger bereits 1.073,04 € gezahlt hat.

In dem Beweisverfahren 3 OH 27/00 hat die Beklagte keine Kostenübernahme erklärt. Hier sind insgesamt 4.555,38 € Gerichtskosen angefallen.

Die mit der Klage geltend gemachte Forderung umfasst folgende Positionen (Bezifferung wie im erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts):

1. Gebühren der Prozessbevollmächtigten der Eheleute F... aus dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 erster Instanz 8.885,02 €

2. Gerichtskosten des Rechtsstreits 3 O 1433/01 erster Instanz 6.307,04 €

3. Gerichtskosten des Beweisverfahrens 3 OH 23/00 5.141,15 €

4. Gerichtskosten des Beweisverfahrens 3 OH 27/00 4.555,38 €

5. Anwaltsgebühren der Kläger aus dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 erster Instanz 9.471,89 €

6. Weitere Gerichtsgebühren des Beweisverfahrens 3 OH 23/00 1.073,04 €.

Der Kläger hat behauptet, dass weder er noch seine Ehefrau die Eheleute F... getäuscht hätten. Das Urteil des Oberlandesgerichts sei in diesem Punkt falsch und entfalte hier auch keine Bindung. Die Aussage des Zeugen G... sei in weiten Teilen falsch. Die Wände seien nicht stark durchfeuchtet gewesen, es seien nur die Fugen im Bad verfärbt gewesen. Insbesondere sei die Wand des Badezimmers zum Treppenhaus nicht durchfeuchtet gewesen.

Zudem habe sich dort zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch kein Schimmelpilz gebildet gehabt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 26.111,63 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.

und insoweit hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Forderung der Eheleute Prof. Dr. Si... und F... aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Aurich vom 02.06.2004 in Höhe eines Teilbetrages von 24.888,59 € freizustellen.

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte R... & Partner, ..., aus der Kostenrechnung vom 29.03.2004, Nr. ..., über 9.471,89 € freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen

und hat widerklagend beantragt,

den Kläger im Wege der Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 7.320,05 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Widerklagforderung setzt sich zusammen aus den von der Beklagten bezahlten Positionen:

1. Gerichtskostenvorschuss für die Klage in 3 O 1433/01 396,25 €

2. Gebühren Rechtsanwalt Dr. Ge... (Nichtzulassungsbeschwerde) 6.923,80 €.

Die Beklagte hat behauptet, dass zum Zeitpunkt der Reparatur der Dusche am 18.09.1998 die Wände der Dusche zum Arbeitszimmer und zum Treppenhaus durchfeuchtet gewesen seien.

Der Zeuge G... habe die Ehefrau des Klägers darauf hingewiesen, dass die im Bereich der Dusche geöffneten Wände noch 4 - 6 Wochen geöffnet gehalten werden sollten.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Beklagte verurteilt,

1. den Kläger von der Forderung der Eheleute Prof. Dr. Si... F... und H... F... aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Aurich vom 02.06.2004 in Höhe eines Teilbetrages von 7.157,29 € freizustellen,

2. den Kläger von der Gebührenforderung der Rechtsanwälte R... und Partner, ..., aus der Kostenrechnung vom 29.03.2004, Nr. ..., über 1.629,74 € freizustellen,

3. an den Kläger 1.073,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.08.2005 zu zahlen.

Außerdem hat es die Widerklage abgewiesen.

Es hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte dem Grunde nach die Übernahme folgender Kosten schulde:

a) Gerichtskosten des selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 23/00;

b) Kosten des Rechtsstreits 3 O 1433/01 erster Instanz, soweit sie durch die Klage verursacht worden seien;

c) Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Beklagte habe insoweit jeweils vorbehaltlos die Deckung der Kosten zugesagt und könne sich deshalb nicht mehr auf den Ausschluss des Versicherungsschutzes nach § 4 Abs. 2 a ARB 75 berufen.

Demgegenüber habe die Beklagte die Kosten für das Beweisverfahren 3 OH 27/00 nicht übernommen. Dasselbe gelte für die Rechtsverteidigung des Klägers und seiner Ehefrau gegen die in dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 erhobene Widerklage.

Daraus folge, dass der Kläger von der Beklagten die Übernahme sämtlicher Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 23/00 sowie der Nichtzulassungsbeschwerde in dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 verlangen könne. Von den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 27/00 habe die Beklagte nichts zu übernehmen. Die Kosten des Rechtsstreits 3 O 1433/01 erster Instanz habe die Beklagte nur nach dem (Teil) Wert der Klage (15.000 DM) zu übernehmen.

Die Beklagte habe dem Kläger danach 1.073,04 € Gerichtskosten, die der Kläger bereits für das selbständige Beweisverfahren 3 OH 23/00 gezahlt habe, zu erstatten und ihn von den übrigen Gerichtskosten in Höhe von 5.141,15 € freizustellen. Ebenso habe die Beklagte den Kläger von - anteiligen - Kosten des Rechtsstreits 3 O 1433/01 erster Instanz in Höhe von 455,30 € (Gerichtskosten), 1.629,74 € (Anwaltsgebühren Klägervertreter) und 1.560,84 € (Anwaltsgebühren Beklagtenvertreter), mithin insgesamt 7.157,29 €, freizustellen. Daraus folge zugleich, dass die Beklagte die 396,25 € Gerichtskosten sowie die Rechtsanwaltsgebühren für die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zurückfordern könne. Deshalb sei die Widerklage insgesamt unbegründet.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung erstrebt die Beklagte weiterhin die Klagabweisung und fordert im Wege der Widerklage - nur noch - 396,25 €.

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Versicherungsschutz nach § 4 Abs. 2 a ARB 75 ausgeschlossen sei. Der Kläger habe deshalb weder in dem selbständigen Beweisverfahren 3 OH 23/00 noch in dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 Anspruch Leistungen der auf Rechtsschutzversicherung. Die Beklagte habe - aufgrund der ihr vorher übermittelten Informationen - keinerlei Veranlassung gehabt, die Deckungszusagen mit einem entsprechenden Vorbehalt zu versehen. Daraus folge auch, dass sie den Gerichtskostenvorschuss in dem Rechtsstreit 3 O 1433/01 ohne Rechtsgrund geleistet habe.

Die Beklagte rügt ferner, dass das Landgericht die auf die Klage entfallenden Kosten des Rechtsstreits 3 O 1433/01 nach dem entsprechenden Teilwert berechnet und nicht dem Anteil der Klage an dem Gesamtstreitwert entsprechend berechnet habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Teilaufhebung des Urteils des Landgerichts Aurich ( 3 O 905/04 (236) vom 08.04.2005 die Klage abzuweisen und den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 396,25 € zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, dass es der Beklagten nicht zugute kommen könne, wenn gegen eine Klage, deren Kosten die Rechtsschutzversicherung zu decken habe, Widerklage erhoben werde.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen G..., A... und E....

II.

Die Berufung der Beklagten, die sich gegen die Verurteilung erster Instanz sowie gegen die Abweisung der Widerklage im Umfang von 396,25 € richtet, ist zulässig und begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag der Parteien und § 1 Abs. 1 ARB 75 auf Deckung der Kosten des Rechtsstreits 3 O 1433/01 sowie des selbständigen Beweisverfahrens 3 OH 23/00 des Landgerichts Aurich.

Nach § 4 Abs. 2a ARB 75 ist die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet, weil Versicherungsfälle, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich und rechtswidrig verursacht hat, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen sind.

Der Kläger hat den Rechtsstreit und das selbständige Beweisverfahren dadurch herbeigeführt, dass er beim Abschluss des Kaufvertrages mit den Eheleuten F... am 15.10.1998 das Vorhandensein eines ihm bekannten Mangels entgegen § 6 Abs. 4 des Kaufvertrages verschwiegen hat.

Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme war bei Abschluss des Kaufvertrages die Wand des Badezimmers zum Treppenhaus in Höhe der Duschwanne durchfeuchtet und deshalb für Schimmelbildung anfällig. Das ergibt die überzeugende Aussage des Zeugen G.... Der Zeuge hat ausgesagt, dass er Mitte September 1998 im Auftrag der Eheleute A... als Mitarbeiter der Firma I... nach Undichtigkeiten im Bereich der Dusche im Badezimmer des Hauses der Eheleute A... gesucht habe. Der Austritt von Wasser sei dadurch zu erkennen gewesen, dass die Fugen zwischen den Fliesen nicht mehr so hell gewesen seien, wie im übrigen Badezimmer. Von der Abseite her, die von dem zur Rückwand der Dusche hin gelegenen Zimmer her zugänglich gewesen sei, habe er die Wand so geöffnet, dass er Zugang zu dem unterhalb der Duschwanne gelegenen Hohlraum gehabt habe. Das Wasser sei aus dem Siphon und dem Abflussrohr der Duschwanne ausgetreten. Er habe die Undichtigkeit behoben. Insoweit wird die Aussage des Zeugen von keiner der Parteien in Zweifel gezogen und steht insbesondere im Einklang mit dem von ihm ausgefüllten Arbeitszettel (Beiakten 3 OH 27/00 Blatt 49), der Lageskizze, dem Lichtbild sowie der Rechnung der Firma I... vom 21.09.1998 (Beiakten 3 O 1433/01 Band II Blatt 406 bzw. Blatt 407 bzw. Blatt 408). Der Zeuge hat weiter bekundet, dass an der auf den Lichtbildern in den Beiakten 3 O 1433/01 Band II Blatt 405 sichtbaren Stelle Feuchtigkeit ausgetreten sei und zu einer schwachen Verfärbung der Tapete geführt habe.

Auch insoweit überzeugt die Aussage den Senat, weil sie sich zwanglos in die unstreitig gegebenen Umstände einfügt. Dass die Wand an dieser Stelle durchfeuchtet gewesen sein soll, verträgt sich ohne weiteres mit der Art des aufgetretenen Defekts (nämlich austretendem Wasser unterhalb der Duschwanne) sowie der Lage der feuchten Stelle. Sie befindet sich an der Wand des Treppenhauses, die unmittelbar an die Dusche angrenzt, und dort in Höhe der Duschwanne und darunter. Es liegt nahe, dass sich das unter der Duschwanne stehende Wasser durch die direkt angrenzende Wand ausgebreitet und die Tapete auf der Rückseite der Wand durchfeuchtet hat. Zur Überzeugung des Senats von der Richtigkeit der Aussage trägt auch bei, dass der Zeuge den Sachverhalt ohne Tendenz zur Übertreibung geschildert hat. Das findet darin seinen Ausdruck, dass er klargestellt hat, dass die am 17. September 1998 erkennbare Verfärbung deutlich geringer gewesen ist, als die Farbunterschiede auf dem Lichtbild. Es kommt hinzu, dass der Zeuge Fragen, die er nicht mit Gewissheit beantworten konnte, mit der gebotenen Zurückhaltung beantwortet hat. Das betrifft die Frage, ob er auch die Wasserleitung zur Armatur der Dusche, so wie auf dem Lichtbild 3 O 1433/01 Band II, Blatt 407 ersichtlich, freigelegt habe. Hierzu hat er lediglich die Schlussfolgerung geäußert, dass er die Leitung freigelegt haben müsse, wenn dort nicht später noch andere Personen gearbeitet hätten.

Der Umstand, dass die Leitung möglicherweise nicht von dem Zeugen G..., sondern erst später freigelegt worden sei, berührt deshalb die Glaubhaftigkeit der Aussage und die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht. Für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen spricht zudem, dass er kein besonderes eigenes Interesse an dem Ausgang des Rechtsstreits haben kann. Der Senat traut dem Zeugen auch zu, der Durchfeuchtung der Wand besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu haben, weil er von Berufs wegen damit befasst war.

Die Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen G... führt zwingend zu dem Schluss, dass die Aussagen der Zeuginnen A... und E... zu der Frage, ob die Wand zum Treppenhaus hin durchfeuchtet war, nicht zutreffen können.

Auch die vom Kläger dargelegte Möglichkeit, dass nach Übergabe des Hauses an die Käufer weitere Arbeiten zur Behebung von Undichtigkeiten im Bereich der Dusche durchgeführt worden sein könnten, führt nicht zu einer abweichenden Beweiswürdigung. Zwar spricht einiges dafür, dass - wie auf dem Lichtbild in den Beiakten 3 O 1433/01 Band II Blatt 407 zu sehen - die Zuleitungen zur Armatur der Dusche freigelegt worden sind und dies erst nach Übergabe an die Käufer geschehen ist. Die Aussage des Zeugen G... ergibt jedenfalls nichts Gegenteiliges. Für die Darstellung des Klägers spricht zudem der Wortlaut des von den Käufern vorgelegten Privatgutachtens des Architekten Dipl.-Ing. V... vom 30.04.2001. Darin heißt es:

"Zwischenzeitlich hat von Herrn Dipl.-Ing. B... eine 2. Ortsbesichtigung stattgefunden.

Dabei wurden die Rohrleitungen der Duscharmatur im DG freigelegt, hier wurde eine undichte Abdichtung der Armatur im Fliesenbelag festgestellt aufgrund dessen die Wand erneut durchfeuchtet wurde."

Es ist also denkbar, dass nach Übergabe des Hauses Ende Juli 1999 Feuchtigkeit im Bereich der Duscharmatur ausgetreten ist.

Es liegt aber buchstäblich näher, dass der Schimmel an der Wand des Treppenhauses von dem Wasser ausgelöst worden ist, das unterhalb der Duschwanne ausgetreten ist, als von dem, das aus der Duscharmatur ausgetreten ist, die sich in einer anderen Wand befindet und deutlich höher gelegen ist. Um aus dem Hohlraum unterhalb der Duschwanne an die später schimmelbefallene Stelle zu gelangen, musste das Wasser lediglich eine Wand durchdringen. Um aus der Duscharmatur zu der Stelle zu gelangen, hätte das Wasser zunächst in der betroffenen Wand herabsinken, dann in die im rechten Winkel anschließende Wand eindringen und dort austreten müssen.

Die Umstände lassen auch den Schluss zu, dass der Kläger die Durchfeuchtung der Wand erkannt hat. Zwar war die Verfärbung der Tapete nach der Aussage des Zeugen G... zunächst nur schwach. Unstreitig ist aber, dass die Wand des Treppenhauses dort, wo sich (eventuell später) Schimmel gebildet hat, neu tapeziert und gestrichen worden ist. Zwar kann nicht sicher festgestellt werden, wann diese Arbeiten ausgeführt worden sind. Dafür, dass die Käufer die Wand an dieser Stelle neu tapeziert und gestrichen hätten, ist nichts vorgetragen. Dagegen spricht auch, dass bei der Übergabe des Hauses Ende Juli 1995, etwa 10 1/2 Monate nach dem Wasserschaden, eine Verfärbung der Tapete von den Käufern nicht bemerkt worden und wahrscheinlich auch nicht vorhanden war.

Der Kläger hat im Vorprozess zwar behauptet, dass die Tapete an der Stelle noch von dem Vorbesitzer gestammt habe; er und seine Ehefrau hätten die Wand nicht tapeziert, sondern nur malern lassen. Dafür, dass es hierfür zu einem anderen Zeitpunkt als nach dem Wasserschaden im September 1998 eine Veranlassung gegeben hätte, haben die Kläger jedoch nichts vorgetragen. Davon, dass die Tapete und/oder ihr Anstrich nur zufällig an der Stelle ausgebessert worden ist, die am 17.09.1998 durchfeuchtet später von Schimmel befallen war, geht der Senat nicht aus.

Die Beklagte war nicht gehalten, sich das Leistungsverweigerungsrecht aus § 4 Abs. 2a ARB 75 bei der Erteilung der Deckungszusagen für den Rechtsstreit und das selbständige Beweisverfahren 3 OH 23/00 dadurch zu erhalten, dass sie die Zusagen mit entsprechenden Vorbehalten versah. Dabei ist davon auszugehen, dass die ARB 75, insbesondere § 4 ARB 75, nicht vorsehen, dass die Versicherung die Deckungszusage mit einem entsprechenden Vorbehalt zu versehen hat. Deshalb darf sich die Versicherung grundsätzlich auch dann auf § 4 Abs. 2a ARB berufen, wenn sie sich das in der Deckungszusage nicht ausdrücklich vorbehalten hat (Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz 27. Auflage, Rdn. 40 zu § 4a ARB 75). Wenn aber Tatsachen sowohl für den Ausgang des Rechtsstreits als auch für die Leistungsfreiheit der Versicherung relevant sind, kann ein Bedürfnis für den Schutz des Versicherungsnehmers vor der Rücknahme der einmal erteilten Deckungszusage bestehen. Der Versicherungsnehmer, der den Ausgang des Rechtsstreits nicht vorhersagen kann, wird sich auf das Kostenrisiko des in seinem Ausgang ungewissen Prozesses häufig nur einlassen, wenn er sich auf die Deckungszusage der Versicherung verlassen kann. Denn das versicherte Risiko besteht gerade darin, den Versicherungsnehmer vor den Kostenrisiken des verlorenen Rechtsstreits zu schützen. Damit würde es sich nicht vertragen, wenn die Deckung letztlich vom erfolgreichen Ausgang des Prozesses abhängig gemacht und bis zum Schluss in der Schwebe bleiben würde.

Dazu, wann der Vorbehalt erforderlich ist, werden verschiedene Auffassungen vertreten. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass der Vorbehalt dann erforderlich ist, wenn durch den Vortrag der Gegenseite (der gegnerischen Partei des den Versicherungsfall bildenden Rechtsstreits) der Sachverhalt bekannt ist, aus dem sich ein vorsätzliches Verhalten des Versicherungsnehmers ergeben kann. Auch wenn der Versicherer nicht erkennen könne, ob der Einwand letztlich Erfolg haben werde, sei ein Hinweis auf § 4 Abs. 2a ARB 74 erforderlich (Harbauer/Maier, Rechtsschutzversicherung, 7. Auflage, Rdn. 155 zu § 4a ARB 75). Nach anderer Ansicht (OLG Düsseldorf, NVersZ 2002, S. 190) ist ein Vorbehalt auch dann nicht erforderlich, wenn die Rechtsschutzversicherung zwar die Einwände der Gegenpartei kannte, aber nicht erkennen konnte, ob die Einwände Erfolg haben würden, weil der zugrundeliegende Sachverhalt noch streitig war.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Kläger die Beklagte vor dem Rechtsstreit 13 O 1433/01 nur durch die Übersendung des Antrages auf Versicherungsschutz vom 17.03.2000 sowie des Schriftsatzes seiner damaligen Bevollmächtigten vom 15.03.2000 unterrichtet. In dem Schriftsatz vom 15.03.2000 heißt es, Bezug nehmend auf § 6 Abs. 4 des Kaufvertrages:

"Arglist ist meinem Mandanten nicht anzulasten. Zunächst einmal wird bestritten, dass die behaupteten Mängel sich überhaupt in dem Objekt befinden. ..... Damals, wie während der gesamten Zeit des Bewohnens durch meine Mandanten traten an dem Haus Mängel nicht auf, jedenfalls nicht solche, wie Sie hier darlegen. Das Haus war trocken. Es ist nur einmal ein kleiner Wasserschaden aufgetreten, der sofort nach Bemerken beseitigt worden ist, nämlich so wie sie zu Ziffer 9 ihres Schreibens ausführen. Es war die Dichtung einer Duschbatterie leck geworden, so dass zwischen Gästezimmer und Dusche im Obergeschoss sich Feuchtigkeit bemerkbar machte. Diese Feuchtigkeit ist nicht bis nach unten durchgedrungen. Dieser Mangel ist nach dem Bemerken sofort beseitigt worden. Ihre Mandaten wurden hierauf eingehend aufmerksam gemacht, insbesondere wurde ihnen dargelegt, dass für spätere Fälle in dieser Art eine Lücke in der Wand offengelassen wurde, so dass aus dem hinteren Bereich an die Schadstelle gelangt werden konnte. Andere Feuchtigkeit ist meinem Mandanten während der gesamten Dauer des Bewohnens nicht aufgefallen, insbesondere sind keine "Notreparaturen" ausgeführt worden."

Der Kläger und seine Ehefrau haben es damit ausdrücklich in Abrede gestellt, dass es im Zusammenhang mit der Reparatur der Dusche zu einer Durchfeuchtung der Wand des Treppenhauses gekommen sei und sie die Stelle, an der die Wand durchfeuchtet gewesen sein soll, nachträglich tapeziert oder übermalt hätten.

Vor dem Hintergrund des Beweisergebnisses dieses Prozesses haben der Kläger und seine Ehefrau die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 15.03.2000 unrichtig unformiert. Ein etwaiges Vertrauen darin, dass die Beklagte ihre Deckungszusage auch auf der Grundlage des wahren Sachverhalts aufrechterhalten würde, ist danach nicht schützenswert. Von der Darstellung des Sachverhalts durch den Versicherungsnehmer ausgehend, hatte die Beklagte keine Veranlassung, ihre Deckungszusage mit einem Vorbehalt zu versehen. Sie durfte und musste dabei zunächst einmal davon ausgehen, dass ihr Versicherungsnehmer seine Obliegenheit aus § 15 Abs. 1a ARB 75 erfüllt und der Prüfung den vom Kläger mitgeteilten Sachverhalt zugrundelegen.

Der Kläger hat erklärt, dass er die Beklagte vor der Erteilung der Deckungszusage für das selbständige Beweisverfahren 3 O 23/00 durch die Übersendung der Antragsschrift vom 28.03.2000 "mit allen Unterlagen, die vom Landgericht Aurich zugestellt worden sind" unterrichtet habe. Welche das waren, lässt sich weder den Akten noch den Beiakten 3 OH 23/00 entnehmen. Der Antrag vom 28.03.2000 enthält zwar u.a. folgenden Passus:

"Die Antragsteller (gehen) davon aus, dass die o.g. Mängel den Antragsgegnern bereits vor dem Kaufvertragsabschluss vom 15.10.1998 bekannt waren. Es ist davon auszugehen, dass sie den mikrobiellen Befall von Schimmelpilzen und Bakterien bereits vor dem 15.10.1998 wahrgenommen haben. Um diese Arglist nachweisen zu können, ist dieses Verfahren notwendig."

Aber auch das musste die Beklagte noch nicht dazu veranlassen, ihre Deckungszusage mit einem Vorbehalt zu versehen, weil sie sich zunächst auf die Richtigkeit der Sachdarstellung des Klägers verlassen durfte.

Die Klage war deshalb insgesamt abzuweisen.

2. Aus den Ausführungen zu 1. folgt, dass die Beklagte auch nicht verpflichtet war, 396,25 € Gerichtskosten vorzuschiessen und den Betrag deshalb gemäß § 812 Abs. 1 BGB zurückfordern kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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