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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 08.04.2008
Aktenzeichen: 6 W 209/07
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 14
Die Erhebung von Gebühren für die Prüfung der Amtsführung eines Notars (hier: 6000,00 Euro), deren Höhe sich an die Zahl der von dem Notar vorgenommenen Urkundsgeschäfte orientiert, ist verfassungsrechtlich unbedenklich.
OBERLANDESGERICHT OLDENBURG Beschluss

6 W 209/07

In der Kostensache

betreffend den Notar S...,

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 8. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Notars vom 1. November 2007 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aurich vom 22. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die weitere Beschwerde ist gemäß § 14 Abs. 5 Satz 1 KostO zulässig, weil das Landgericht sie zugelassen hat. Sie ist indes nicht begründet. Die von dem Beschwerdeführer erhobenen Bedenken gegen die der angegriffenen Kostenrechnung zugrunde liegende Gebühr in Höhe von 600,00 EUR gemäß Nr. 6.2 des Gebührenverzeichnisses der Anlage 1 JVKostG sind nicht stichhaltig.

So irrt der Beschwerdeführer bereits, wenn er annimmt, Gebühren seien nur zulässig als ein Ausgleich für Vorteile, die dem Betroffenen durch die zugrunde liegende Amtshandlung gewährt werden. Vielmehr ist anerkannt, dass insbesondere die Kostendeckung ein legitimer Gebührenzweck ist. mit Gebühren wird regelmäßig die besondere Zweckbestimmung verfolgt, Einnahmen zu erzielen, um spezielle Kosten der individuell zurechenbaren öffentlichen Leistung ganz oder teilweise zu decken (vgl. BVerfGE 108, 1 (18) unter Hinweis auf BVerfGE 50, 217 (226). 97, 332 (345)). So liegt es hier.

Wie das Landgericht im Einzelnen ausgeführt hat, liegen die tatsächlichen Verwaltungskosten einer Prüfung der Amtsführung des Notars deutlich über dem in der Gebührenrechnung in Ansatz gebrachten Betrag. Die Notarprüfung ist dem jeweils geprüften Notar auch individuell zurechenbar. Ihre Erforderlichkeit folgt aus dem Umstand, dass der Notar hoheitliche Aufgaben eigenständig und ohne Einbindung in eine Behördenstruktur nach Art eines Freiberuflers wahrnehmen und dabei im Übrigen auch die für die Hoheitstätigkeit anfallenden Gebühren vereinnahmen darf und diese nicht etwa an den Staat abführen muss. Aus diesem Grund greift auch die Auffassung des Beschwerdeführers zu kurz, die Notarprüfung sei eine staatliche Pflichtaufgabe, die allen Bürgern zugute komme und bei der der Staat in erster Linie eigene Interessen wahrnehme. Ohne eine Überwachung und regelmäßige Prüfung der Amtsführung der Notare wäre nämlich die Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf sie nicht zu rechtfertigen. Stellt sich somit die Amtsprüfung als Kehrseite der Übertragung des öffentlichen Amts dar, kann nicht zweifelhaft sein, dass die Prüfung jedenfalls auch im wohlverstandenen Interesse des Notars erfolgt, der sein Amt regelmäßig nicht aus purem Altruismus, sondern zur Erzielung von Einnahmen aus der Erhebung von Notargebühren ausübt.

Dass mit der einzelnen Notarprüfung für den Notar kein messbarer wirtschaftlicher Vorteil verbunden ist, der abzuschöpfen wäre, begründet keine Bedenken gegen die Recht und insbesondere Verfassungsmäßigkeit der Gebühr, da diese bereits durch den Gebührenzweck der Kostendeckung gerechtfertigt ist. Neben letzterem kann der Ausgleich von Vorteilen ein weiterer legitimer Gebührenzweck sein (vgl. BVerfGE 108, 1 (18). Hervorhebungen durch den Senat. vgl. auch BVerfGE 97, 332 (345) m.w.N.), diese (und weitere) Gebührenzwecke müssen aber nicht kumulativ vorliegen.

Die Gebühr ist auch der Höhe nach angemessen. Der Gesetzgeber darf bei der Ordnung der Gebührenerhebung und -bemessung generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen (vgl. BVerfGE 108, 1 (19)). Er verfügt über einen weiten Entscheidungs- und Ermessensspielraum, welche individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen er einer Gebührenpflicht unterwerfen und welche Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze er hierfür aufstellen will. Grenzen ergeben sich dabei insbesondere aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn, demzufolge die mit der Gebührenregelung verfolgten Zwecke nicht außer Verhältnis zu der dem Bürger auferlegten Gebühr stehen dürfen (vgl. BVerfGE 50, 217 (226 f.)). Die Verknüpfung zwischen Kosten und Gebührenhöhe muss sachgerecht sein (vgl. BVerfGE 97, 332 (345)). Nach diesen Maßstäben begegnet die Gebührenbemessung, die sich an der Zahl der von dem jeweiligen Notar im Jahr vorgenommenen Urkundsgeschäfte orientiert und nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten der Justizverwaltung deckt, keinen Bedenken und ist angemessen.

Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu erkennen. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, Gleich gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (vgl. BVerfGE 42, 64 (72). 71, 255 (271). stRspr). Art. 3 Abs. 1 GG ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterscheide von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfGE 55, 72 (88). 99, 367 (388)). Hier bestehen zwischen Notaren einerseits und den von dem Beschwerdeführer angeführten Vergleichsberufungsgruppen andererseits so erhebliche Unterschiede, dass eine unterschiedliche Regelung der Gebührenpflichtigkeit der staatlichen Aufsicht ohne weiteres gerechtfertigt ist. So ist der Vergleich der Notare mit Richtern, Rechtspflegern und Gerichtsvollziehern schon im Ansatz verfehlt. Richter und Beamte stehen in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zu ihrem jeweiligen Dienstherrn und werden dafür von diesem alimentiert. Demgegenüber entspricht die Tätigkeit eines Notars gerade im Hinblick auf seine Bezüge und seine Haftung weit mehr der eines Freiberuflers als derjenigen eines staatlichen Bediensteten (vgl. BVerfGE 47, 285 (320)). Insolvenzverwalter und Betreuer bekleiden kein öffentliches Amt mit hoheitlichen Befugnissen, sondern werden lediglich im Einzelfall gerichtlich bestellt.

Ende der Entscheidung

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